Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Geholfen für 200 Euro Spritgeld
Gerichtsbericht: Wie eine Bande eine Jenaer Firma kaperte und Waren im Millionenwert ergaunern wollte
Ein 59-Jähriger hat am Landgericht Gera gestanden, dass er in einen bandenmäßigen Betrug rund um ein Jenaer Unternehmen verstrickt war. Die Bande hatte 2014 die Firma missbraucht, um Produkte in Millionenhöhe zu ergaunern.
Die Männer waren mit hoher krimineller Energie vorgegangen. Sie wollten vom Jenaer Unternehmer die Firma übernehmen, die nach dem Verkauf von zwei Reisebüros nur noch als Hülle fungiert hatte. Sie agierten unter falschen Namen und legten beim Notar einen gefälschten österreichischen Ausweis vor. Schon kurz nach dem Einstieg frisierten sie die Bilanzen der Firma, hinterlegten diese Fantasiezahlen für eine höhere Kreditwürdigkeit bei den Auskunfteien und mieteten sich im Hochhaus B59 in Jena ein. Zudem mieteten sie eine Halle in Kahla für den Warenumschlag.
Einem Lieferanten erzählten sie, dass sie 35 Mitarbeiter neu mit Technik ausstatten wollen und orderten ausschließlich teure Appleprodukte. 50 Dyson-händetrockner oder 220 Samsung-fernseher standen genauso auf der Einkaufsliste wie diverse Baumaschinen. Insgesamt lag der Bestellwert über einer Million Euro. Tatsächlich waren 470.000 Euro Schaden entstanden. Die Drahtzieher der Bande waam ren 2016 vom Landgericht Gera zu fünf beziehungsweise vier Jahren Haft verurteilt worden.
Der nun Angeklagte hat die Fernseher bestellt und unter falschem Namen mit dem Jenaer Geschäftsmann über einen Vertrag verhandelt. Im ersten Anlauf sah ihn das
Gericht nicht als Teil der Bande. Gegen den Freispruch wehrte sich die Staatsanwaltschaft erfolgreich vor dem Bundesgerichtshof, der indes auch die Verurteilung in einem Betrugsfall nicht aufrechterhielt.
Die nun zuständige erste Strafkammer des Landgerichtes schlug Dienstag eine Verfahrensabsprache vor, bei der sie die überlanger Verfahrensdauer berücksichtigte: Bei einem Geständnis wird die Haftstrafe zwischen sechs Monaten und einem Jahr liegen und zur Bewährung ausgesetzt, weil die Tatbeteiligung zur Bande als Beihilfe zu werten sei. „Ihr Part war, den anderen Zeit zu verschaffen“, sagt der Vorsitzende Richter Uwe Tonndorf.
Der Angeklagte gesteht. „Einmalig habe ich 200 Euro Benzingeld erhalten“, sagt der Kaufmann, der viermal in Jena gewesen sein will. Er habe nur seinem früheren Geschäftspartner helfen wollen und erst beim Notar gemerkt, dass mit falschen Identitäten agiert werde.