Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Pragmatische Energiepolitik gefordert
Wirtschaftsvertreter kritisieren auf Cdu-energieforum rein ideologische Entscheidungen
In der Thüringer Wirtschaft wächst der Frust über die Energiepolitik und ihre Folgen. Der Angriffskrieg auf die Ukraine sei nicht der Auslöser, sondern ein Beschleuniger für das, was in den letzten Jahrzehnten nicht getan wurde, sagte Thomas Zaremba, Geschäftsführer der Energieversorgung Rudolstadt beim 2. Energieforum der Cdu-landtagsfraktion. „Der Krieg zeigt uns, wie abhängig wir von fossilen Energieträgern sind. Es wurde zwar viel über den Abbau solcher Abhängigkeiten geredet, bei den Erneuerbaren aber nicht wirklich gehandelt. Irgendwann wird der Krieg vorüber sein, die Energiekrise aber nicht“, so Zaremba im gut besuchten Plenarsaal des Landtages.
Technologieoffenheit forderte der Chef der Erfurter Stadtwerke, Peter Zeiß. Alles, was funktioniere, müsse eingebunden werden. Dazu gehöre auch die Tiefengeothermie. „In Erfurt wird seit zehn Jahren gebohrt. In 5000 Metern Tiefe gibt es heißen Granit, der für die Wärmeversorgung genutzt werden kann. Für die hohen Kosten brauchen wir aber eine Risikoteilung“, sagte Zeiß.
Stefan Lobenstein, Präsident der Handwerkskammer Erfurt, mahnte, für energieintensive Betriebe wie Bäckereien, Textilreiniger, Kfzwerkstätten oder Fleischereien sei bezahlbare Energie eine Frage des Überlebens. „Die wirtschaftliche Situation vieler Betrieben ist besorgniserregend. Viele stehen am Rand ihrer Existenz. Ohne staatliche Hilfen sind sie nicht lebensfähig“, sagte Lobenstein. Nach einer Umfrage seien bei über 80 Prozent der Handwerksbetriebe die Energiekosten
um über 60 Prozent gestiegen. Zudem forderte Lobenstein eine Ausbildungsinitiative. Die Energiewende sei ohne Fachkräfte, die Anlagen errichten und reparieren, nicht zu schaffen. „Das erfordert die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Ausbildung“, sagte er.
Es war bereits das zweite Energieforum, zu dem die Landes-cdu Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik eingeladen hat. In einem eigenen Energieplan fordert die Oppositionspartei einen Energiemix, darunter neben Quellen wie Wind und Sonne auch Biogas- und Wasserstofftechnologien, mit
denen Thüringen seinen Energiebedarf mittel- und langfristig aus eigener Kraft deckt. Jede verfügbare Kilowattstunde werde gebraucht und müsse genutzt werden, sagte Landesparteichef Mario Voigt. „Wir werden nicht ohne Kernkraft auskommen. 20 Länder planen neue Kernkraftwerke, darunter Ägypten, Argentinien, China, Japan. Wir werden sie auch wieder in Deutschland bauen. Die drei noch bestehenden werden wir weiterbetreiben. Von den älteren werden wir einige wieder ans Netz nehmen, davon bin ich zutiefst überzeugt und das finde ich auch nicht schlimm“, sagte Voigt.
Mehrfach forderten Redner pragmatische Lösungen. Statt dessen werde je nach Parteibuch aus rein ideologischen Erwägungen an unsinnigen Vorhaben festgehalten. Elmar Dräger, Geschäftsführer der Geotechnik Heiligenstadt, sagte, selbst wenn Deutschland komplett Co2-neutral würde, beträfe das nur einen Bruchteil der globalen Emissionen. Der Ingenieur verwies auf heimische Erdgasvorkommen, deren Förderung Deutschland für 30 Jahre unabhängig machen würde. „Das würde uns Zeit und den Ingenieuren Freiheit verschaffen für kreative Lösungen“, sagte Dräger.