Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Das Ende der Steinzeit
Als deutsche Filmkomödie kommt das Comedy-theatersolo „Caveman“jetzt in unsere Kinos
„Du musst mir was versprechen“, sagt Claudia zu Bobby, als ihre Liebe ganz frisch ist: „Lass uns niemals wie Mann und Frau werden!“Schnitt. Traualtar. Schnitt. Sieben Jahre (!) später. Sie sind Mann und Frau geworden: weniger als Paar, mehr als jene Antipoden, denen Loriot einmal andichtet, sie passten einfach nicht zusammen.
So erfüllen sie pars pro toto und scheinbar zwangsläufig alte Rollenklischees in einer, wie man heute so zu sagen pflegt, heteronormativen Welt. Denn die sind ihnen, das ist seine behauptete Erkenntnis, seit Urzeiten eingeschrieben. Deshalb redet sie ständig und er kaum, deshalb füllt sie sechs Kleider- und drei Schuhschränke, während er nur schwer dazu zu kriegen ist, sich mal ein neues Hemd anzuschaffen, deshalb haben sie sehr verschiedene Ansichten von der Ordnung der Dinge. Was sich hier, in der modernen Welt, angeblich Bahn bricht, ist der Instinkt des Höhlenmenschen.
Davon lebt bis heute „Caveman – Du sammeln. Ich jagen!“, das Comedy-theatersolo von Rob Becker: 1991 in San Francisco uraufgeführt, 1995 an den Broadway gelangt. Seit 2000 ist das, als Tourneeproduktion in sechs verschiedenen Besetzungen, ein deutscher Dauerbrenner, der in diesem Jahr auch in Gera, Gotha und Erfurt gezeigt wird, in der Regie von Esther Schweins, die in der Verfilmung gastweise auftritt. Diese stammt von Laura Lackmann, Buch und Regie, die die Herkunft des Stoffes filmisch übersetzt: in das Debüt des Verlegenheitsautoverkäufers Bobby als Stand-up-comedian, dem Varieté-betreiber Thomas Hermanns (fast ein Cameoauftritt) eine Bühne bietet. Minuten zuvor scheint ihm Claudia endgültig den Laufpass gegeben zu haben.
Bleibtreu hält Maß, wenn er die Maßlosigkeit seiner Figur zeigt
Kurzerhand wirft er sein Programm schlechter Witze über Bord und erzählt nun tatsächlich wie aus dem Stegreif von Beziehungsproblemen. So gelangt die Komödie spielend zu filmischen Rückblenden – sowie zu Rückblenden in Rückblenden – in denen Bobby die „Vierte Wand“durchbricht, er in die Kamera und
also zu uns spricht. Erst erklärt und verklärt, dann reflektiert er sein „steinzeitliches Macho-gehabe.“
Moritz Bleibtreu ist dafür eine hervorragende Besetzung, weil er Maß hält, wenn er die Maßlosigkeit seiner Figur in Szene setzt: Mit grenzdebil verstörter Verständnislosigkeit stolpert er durch seine Ehe, ohne jemals zu dick aufzutragen. Und Laura Toncke gelingt es, eine Claudia zu spielen, die zwischen ihrem Selbstbild und dem Abziehbild changiert, das der Ehemann von ihr zeichnet. Sie bedient das Klischee, dann hintertreibt sie es.
Dergleichen lässt sich auch von Laura Lackmann sowie ihrem Film insgesamt sagen, der lange vorgibt, an der längst haltlos gewordenen Steinzeit-hypothese festzuhalten. Er beutet sie gnadenlos aus, um ihr letztlich den Boden zu entziehen.
Beklagt sich Bobby eben noch, entmannt zu werden, weil ihn seine Frau jedenfalls nicht als Versorger benötigt, wirft er schließlich eher befreit als verzweifelt in den Raum: „Keine Ahnung, was einen modernen Mann ausmacht.“Bis dahin hat
der alles in allem unterhaltsame 100-Minuten-film aber doch einige Durststrecken zu überstehen. Er ist allzu offensichtlich auf ein Gagfeuerwerk angelegt, das mal mehr, mal weniger gut zündet; es gelingt nicht durchgehend, aus aneinander gereihten Sketchen voller Situationskomik eine schlüssige und geschlossene Erzählung zu machen.
Wotan Wilke Möhring ist darin Bobbys Freund und dessen Gegenbild: Sein Hoffmann müsste dem Klischee nach schwul sein, ist aber ein gefühlsbetonter Hetero, mit vielen „weiblichen“Anteilen. Sein metaphorischer Sprachfehler, das Lispeln, wirkt indes deplatziert. Derweil bleibt Martina Hill als Claudias Freundin Nike (in die Hoffmann heimlich verliebt ist) hier weit unter ihren spielerischen Möglichkeiten.
„Caveman“bedient überkommene und zugleich immer noch wirksame Geschlechterrollen, versucht aber auch, sich davon zu emanzipieren. Das geht nur halbwegs gut. In der Vermarktung startet der Film am Mittwoch in speziell an Frauen gerichteten Voraufführungen – ein Format fast wie aus der Steinzeit.
Offizieller Kinostart am 26. Januar: im Capitol Altenburg und Eisenach, PAB Bad Salzungen, im Cinestar Erfurt, Weimar und Jena, Kino im Schillerhof Jena, Cineplex Gotha, Rudolstadt und Suhl.