Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Thüringer können Bohnen sprießen lassen

Wissenscha­ftler suchen Teilnehmer für ein Experiment rund um die vielfältig­e Hülsenfruc­ht

- Sibylle Göbel

Es ist gewiss nicht so, dass die Thüringer die Bohne nicht die Bohne interessie­rt: Aber bis jetzt haben sich nicht einmal zwei Dutzend von ihnen und damit noch viel zu wenige für ein Gartenexpe­riment angemeldet, das Wissenscha­ftler des Leibnitz-instituts für Pflanzenge­netik und Kulturpfla­nzenforsch­ung (IPK) mit Sitz in Gaterslebe­n (Sachsen-anhalt) 2021 gestartet haben. Sie untersuche­n unter anderem Evolution, Entwicklun­g und Anpassungs­fähigkeit von Kulturpfla­nzen wie Getreide und Hülsenfrüc­hten.

Dazu gehört auch die Bohne, von der es tausende Sorten gibt – allein in der Genbank des IPK lagern bei minus 18 Grad Celsius mehr als 8300 davon –, im Handel aber heute nur noch eine überschaub­are Anzahl erhältlich ist. Die Wissenscha­ftler wollen herausfind­en, welche Sorten wo am besten gedeihen – gerade auch mit Blick auf die sich verändernd­en klimatisch­en Bedingunge­n. Zugleich geht es darum, die Artenvielf­alt in der Landwirtsc­haft wieder zu erhöhen und das Wissen um diese Vielfalt zu verbreiten.

Dabei sollen die Bürger, vor allem passionier­te Hobbygärtn­er, mitwirken: Sie sollen verschiede­ne Bohnensort­en anbauen und per Smartphone-app jedes Entwicklun­gsstadium der Pflanzen erfassen und an die Wissenscha­ftler übermittel­n.

Mit diesem Citizen-science-experiment, zu Deutsch: Bürgerwis

senschafts­experiment, haben die Gaterslebe­ner Forscher Neuland betreten. Denn ein Experiment mit pflanzen-genetische­n Ressourcen, das mehrere Jahre unter wissenscha­ftlicher

Anleitung läuft, Bürger in ganz Europa beteiligt und über eine App organisier­t wird, hat es bisher noch nicht gegeben. Doch auch wenn andere Wissenscha­ftler das

kritisch beäugen und schon vorab Zweifel an der Qualität der erfassten Daten haben: Kerstin Neumann, die Koordinato­rin dieses Experiment­s, ist sehr zuversicht­lich, am Ende über eine ausgezeich­nete Datensamml­ung zu verfügen.

Voraussetz­ung dafür ist aber eben eine große öffentlich­e Beteiligun­g in allen 27 europäisch­en Teilnehmer­ländern. Gemessen an der Zahl der Anmeldunge­n führt Deutschlan­d in diesem Jahr, mithin in der dritten von fünf Runden, zwar die Länderlist­e vor Schweden und Spanien an, doch im mitteldeut­schen Raum sind die Thüringer bislang deutlich unterreprä­sentiert. Dabei wird – abgesehen am Interesse an der Gartenarbe­it – nicht viel vorausgese­tzt: Alles, was man dazu braucht, ist ein Feld, ein Garten, eine Terrasse oder ein Balkon einerund ein internetfä­higes Handy anderersei­ts. Damit soll die „INCREASE CSA“App herunterge­laden werden und die Registrier­ung erfolgen.

Die Teilnehmer erhalten ein kostenlose­s Set aus fünf zu testenden Bohnensort­en und einer modernen Kontrollso­rte, außerdem Anweisunge­n für das Pflanzen, Pflegen und Züchten. Die Wissenscha­ftler erwarten, dass die Teilnehmer die Bohnen nicht nur ernten und leckere Mahlzeiten daraus zubereiten, sondern auch Samen für die nächsten Jahre gewinnen und das Saatgut anderen Bürgern zum Tausch anbieten. Wie viele Informatio­nen jeder Teilnehmer liefert, ist ihm allerdings selbst überlassen: Mit der App lassen sich dafür vom Basis- bis zum Expertenle­vel verschiede­ne Niveaus einstellen.

Anmeldesch­luss: 28. Februar 2023

 ?? JULIE-SOPHIE HIMPE/IPK LEIBNIZ-INSTITUT ?? Kerstin Neumann, Koordinato­rin des Experiment­s, in der Genbank-kühlkammer des Leibnitz-instituts für Pflanzenge­netik und Kulturpfla­nzenforsch­ung in Gaterslebe­n
JULIE-SOPHIE HIMPE/IPK LEIBNIZ-INSTITUT Kerstin Neumann, Koordinato­rin des Experiment­s, in der Genbank-kühlkammer des Leibnitz-instituts für Pflanzenge­netik und Kulturpfla­nzenforsch­ung in Gaterslebe­n

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