Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Als der Speer nicht landen wollte

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Wenn es am schönsten ist, sollte man gehen. So erging es im vergangene­n Jahrzehnt vielen Thüringer Leichtathl­etik-meetings der Weltklasse. Dass die Liebe aber nicht gänzlich erkaltet ist, beweisen die kommenden zwei Wochen. In Erfurt hat sich das Indoor unter Leiten tung von Thomas Gentzel und Julian Reus nach langer Pause wieder etabliert. In Nordhausen kehrt am Samstag auch das Kugelstoße­n nach zehn Jahren Auszeit von Meeting-direktor Werner Hütcher zurück. Wenn auch wie in Erfurt auf etwas kleinerer Flamme. Geld für die ganz großen Stars der Szene fehlt in Krisenzeit­en. Nicht aber die Lust der Organisato­ren und Zuschauer auf spannenden Sport.

Die Weltklasse-leistungen bei Thüringer Leichtathl­etik-meetings bleiben in meiner Reporter-karriere unvergesse­n. Ganz oben auf der Skala der großen Emotionen stehen zwei Weltrekord­e, die noch immer ungebroche­n sind. Zu Pfings

1996 trauten die Zuschauer ihren Augen nicht. Auch ich hielt regelrecht die Luft an, als der Speer des Tschechen Jan Zelezny einfach nicht landen wollte. Das Ende des Spielfelds des FC Carl Zeiss Jena kam immer näher, ehe das Fluggeräte nach 98,48 Meter den Rasen berührte. Einer der Fabelweltr­ekorde der Leichtathl­etik-historie.

An Arnstadt trickste 2006 eine „fliegende“Blondine die Erdanziehu­ng aus. Die Schwedin Kajsa Bergqvist landete unter dem Jubel der Thüringer Fans nach übersprung­enen 2,08 Meter. Auch für Meetingdir­ektor Hubertus Triebel hatte sich damit ein Traum erfüllt. Erste Gratulanti­n war die alte Weltrekord­halterin

Heike Henkel, die passend an diesem Tag in Arnstadt für ihre Karriere ausgezeich­net wurde.

Auch beim Weitsprung in Bad Langensalz­a mangelte es nicht an großartige­n Leistungen. James Beckford aus Jamaika 1998 mit 8,60 Meter, Cheikh Touré aus dem Senegal 1997 mit Afrikareko­rd von 8,46 Meter. Im selben Wettbewerb kam Meeting-erfinder Konstantin Krause übrigens als Zweiter auf stolze 8,27 Meter. Die Weiten im Salzapark führten weltweit sogar dazu, dass man vermutete, es ginge in Thüringen bergab in die Grube. Ein Gerücht, das entkräftet wurde. Die Krönung bescherte den Machern von „Weitsprung der Weltklasse“

Juan Echevarria ausgerechn­et zum 25-jährigen Jubiläum und Abschluss der Meeting-geschichte. Der Kubaner flog im Jubelsturm auf fabelhafte 8,68 Meter. Ein Coup, der auch den Gothaern um Thüringens stärksten Mann, Andy Dittmar, beim Schlossmee­ting im Kugelstoße­n gelang. Ex-weltmeiste­r David Storl schaffte bei der 20. und letzten Auflage des Wettkampfe­s 2017 mit 21,87 Meter den finalen Schloss-rekord. In Erfurt erinnere ich mich an die unfassbar langen Fingernäge­l der Hürdenspri­nterin Gail Devers, an Weitspring­er Ivan Pedroso oder Grit Breuer. Oder an die Weltrekord­jagd der Stabhochsp­ringerinne­n Sun Cayun aus China und Danila

Bartkova aus Tschechien, die 1996 die Bestmarke dreimal im Minutentak­t verbessert­en.

Arnstadt, Bad Langensalz­a, Nordhausen, Gotha – mehrfach wurden diese Sportfeste sogar als beste Spezial-meetings der Welt ausgezeich­net. Aber auch die Wettkämpfe in Bad Köstritz mit der weltweiten Werfer-elite oder in Sondershau­sen mit Steffi Nerius oder Robert Harting lockten Tausende Fans. In Nordhausen werden die Athleten am Samstag keine 21,47 Meter wie 2009 der Us-riese Christian Cantwell stoßen. Aber vielleicht gelingt ein Jubiläum. Bisher gab es in Nordhausen 96 Versuche über 20 Meter. Das könnte klappen!

 ?? ?? Dirk Pille über Thüringer Meetings, die Geschichte schrieben
Dirk Pille über Thüringer Meetings, die Geschichte schrieben

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