Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Mehr Attacken gegen Ehrenamtler
Amts- und Mandatsträger im Fokus: Polizei ermittelt in mindestens 345 Fällen
Ehrenamtliche Politiker stehen zunehmend im Fokus von Angriffen. Die vorläufigen Zahlen der Thüringer Polizei zeigen das. Für 2022 stehen mindestens 345 Fälle in der vorläufigen Statistik, die gerade finalisiert wird.
Das geht aus der Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage des Cdu-abgeordneten Raymond Walk hervor. Der verweist auf Anfrage darauf, dass sich die Zahl der Attacken seit 2019 nahezu verdreifacht habe. „Diese Entwicklung ist erschreckend. Angriffe auf Amtsund Mandatsträger sind vollkommen inakzeptabel. Sie gefährden unsere Demokratie“, Walk.
Alle derzeit bekannten 345 Fälle aus dem vergangenen Jahr ordnet die Thüringer Polizei dem Bereich der politisch-motivierten Kriminalität zu. Dabei sticht ein Phänomenbereich besonders heraus, der seit zwei Jahren die Statistik dominiert: der Bereich „nicht zuzuordnen“. In diese Kategorie werden 198 Fälle des Vorjahres und 134 Fälle des Jahres 2021 gezählt. In den Jahren davor waren es deutlich weniger.
Für den innenpolitischen Sprecher der Linksfraktion im Landtag und Vorsitzenden des Innenausschusses, Sascha Bilay, zeigt das vor allem, dass die Erfassung quantitahat, sagte Raymond tiv problematisch ist, „was zu völlig unpräzisen Analysen führt“.
In den Jahren 2021 und 2022 dominierte in Thüringen ein Protestgeschehen, dass sich insbesondere gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-pandemie richtete. Die Gruppe derer, die in den vergangenen beiden Jahren das Protestgeschehen angeführt wird in der Statistik der politisch-motivierten Kriminalität allerdings nicht gesondert erfasst. Hier hinke die Statistik der Entwicklung hinterher, so der Linke-politiker.
Katharina Schenk (SPD), Staatssekretärin im Innenministerium, machte in dieser Woche im Landtag deutlich, dass die Thüringer Polizei „weiter alle Möglichkeiten ausschöpfen“wird, „um die Ausübung des freien Mandats zu ermöglichen“, so Schenk.
Der Fdp-landtagsabgeordnete Dirk Bergner, Innenpolitiker, ein Jahrzehnt ehrenamtlicher Bürgermeister einer Gemeinde in Ostthüringen und nach wie vor Kreistagsmitglied, sieht die Gesellschaft insgesamt in der Verantwortung, Angriffe auf ehrenamtliche Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker zurückzudrängen. Nur so könne, sagt er, eine Rückkehr zu einem sachlichen Diskurs gelingen.
Raymond Walk kritisiert indes, dass es die Landesregierung nach wie vor nicht geschafft hat, dafür Sorge zu tragen, dass die Beratungsstelle „Hatespeech“ihre Arbeit aufnehmen konnte. Diese sei bereits seit 2022 mit erheblichen finanziellen Mitteln ausgestattet.
Staatssekretärin Schenk verweist indes darauf, dass es bereits zahlreiche Möglichkeiten der Hilfe für betroffene Kommunalpolitiker gebe – diese sollen jetzt gebündelt werden.