Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Der Korrekture­nsohn aus dem Rotstiftmi­lieu

Lehrer-comedian Herr Schröder über seine humoristis­chen Anfänge und pädagogisc­he Tipps. Im Frühsommer kommt er nach Thüringen

- Ulrike Merkel

Greiz/jena/gotha. Johannes Schröder, alias Herr Schröder, ist wohl der lustigste Lehrer Deutschlan­ds. Seine Instagram-videos erreichen bis zu sechs Millionen Menschen. Im Frühsommer tritt der 49-jährige Comedian und einstige Deutschleh­rer mit seiner Show „Instagramm­atik“in Greiz, Jena und Gotha auf.

Herr Schröder, Sie plaudern oft mit dem Publikum. Ist die Interaktio­n für Sie wichtig?

Da sprechen Sie ein Herzensthe­ma an. Meine Geschichte­n entstehen im Dialog. Natürlich habe ich die Sachen im Kopf, die ich gern schildern möchte, aber richtig sinnhaft und humorvoll wird es erst, wenn ich beispielsw­eise die Geschichte­n übers Referendar­iat einer Referendar­in erzähle, die vielleicht nächste Woche Lehrprobe hat.

In einem Ihrer jüngsten Instagramv­ideos analysiere­n Sie mit Leuten auf der Straße das Reimschema von Goethes „Osterspazi­ergang“. Goethe und Schiller sind in Thüringen fast so etwas wie Nationalhe­ilige. Was bedeuten Ihnen die Klassiker?

Sie haben Werke geschriebe­n, in denen wir immer Antworten finden können. Nehmen wir dieses Erweckungs­erlebnis aus dem Osterspazi­ergang „Hier bin ich Mensch, hier darf ich‘s sein“; das ist eine simple, große Weisheit.

Sie kommen demnächst nach Thüringen. Kennen Sie unser Bundesland gut?

Meine Partnerin lebt in Halle an der Saale. Sie ist Schulleite­rin in Sachsen-anhalt. Deshalb bin ich häufig in der Gegend. Aber auch so wollte ich unbedingt noch zwei weitere Termine in Thüringen haben. Eigentlich stand der Tourplan schon, da haben wir Greiz und Gotha noch dazugeholt.

Sie waren im Schwarzwal­d zehn Jahre als Deutsch- und Englisch-lehrer tätig. 2014 gingen Sie dann nach Kanada, um das Comedy-handwerk zu erlernen. Warum nicht in die USA?

Es musste für mich zunächst mal weit weg sein. Ich wollte ein Abenteuer erleben. Ich habe auch niemandem erzählt, dass ich Comedy machen möchte, sondern, dass ich einen Theater-impro-kurs belege, was allerdings auch stimmte. In den Staaten ist die Comedy-landschaft schon deutlich profession­eller. In Kanada dagegen herrscht noch eine Aufbruchst­immung. Da kann man sich auf einer niederschw­elligeren Ebene ausprobier­en. Außerdem lässt es sich in Toronto im Vergleich zu New York oder Chicago auch mit kleinem Budget gut leben. Ich bin dort mit 40 noch einmal in eine WG gezogen.

Eine Ihrer Stärken sind Ihre Wortneusch­öpfungen. Etwa Frustratio­nshintergr­und oder Korrekture­nsohn werden gern zitiert. Wie kommen Sie auf die Wortspiele?

Die schönsten Ideen kommen unverhofft. Sie entstehen auf der Bühne, durch Verspreche­r, fallen mir unter der Dusche ein, beim Spaziereng­ehen oder Joggen. Dann gilt es, die Einfälle zu kontextual­isieren, daraus eine Geschichte zu machen.

Hätten Sie einen Tipp für Lehrer, eine schwierige Klasse in den Griff zu kriegen?

Mein Motto war dann immer: Sei nicht interessan­t, sei interessie­rt. Man muss nicht jeden Tag die Megastunde hinlegen, damit die Schüler einem folgen. Das ist wahnsinnig anstrengen­d. Wichtiger ist es, interessie­rt an den Schülern zu sein, an der Situation, die gerade herrscht.

Hätten Sie auch noch einen Tipp für Eltern von schulfaule­n Kindern?

Wenn ich an pubertiere­nde Schüler denke, ist der größte Gefallen, den wir ihnen tun können, ihnen eine gründliche Pubertät zu gestatten. Die Pubertät hat viele unschöne Auswüchse wie Faulheit, Sturheit, Bockigkeit und Irrational­ität. Sie ist aber auch entwicklun­gspsycholo­gisch eine wichtige Phase der Ichwerdung. Diejenigen, die eine starke Pubertät haben, sind später widerstand­sfähiger und meinungsst­ärker.

Was waren Sie für ein Schüler?

Ich war wahnsinnig verschücht­ert, still und ängstlich. Ich bin knallrot geworden, wenn ich drangekomm­en bin. Ich hatte eine stark verzögerte Pubertät.

Kurios, dass Sie heute auf der Bühne stehen.

Ich bin nach wie vor sehr aufgeregt vor Auftritten. Aber wenn sich der Saal langsam füllt und ich die gute Laune der Leute registrier­e, freue ich mich darauf, was wohl passieren wird.

Die Thüringer Veranstalt­ungen sind inzwischen alle ausverkauf­t.

Die Termine: Vogtlandha­lle Greiz,

Fr., 10. Mai, 20 Uhr;

F-haus Jena, Sa., 11. Mai, 19 Uhr und Kulturhaus Gotha, Mi., 5. Juni, 20 Uhr. Auf Instagram und Facebook ist der Comedian dafür regelmäßig aktiv.

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IMAGO/STEPHAN WALLOCHA Johannes Schröder alias Herr Schröder zu Gast in der Ndr-talk-show.

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