Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Deutschkur­se sind im Landkreis Mangelware

Nachfrage nach Integratio­nssprachku­rsen ist riesig, die Warteliste­n sind lang. Regeln erschweren Anbietern die Durchführu­ng

- Ingo Eckardt

Dass man in der Volkshochs­chule zwischen Englisch-kurs, Rücken-schule und Yoga-einstieg allerlei lebensprak­tische Dinge lernen kann, liegt in der Natur der Sache. Doch einige Bewohner des Landkreise­s haben handfestes Interesse, in der Greizer Volkshochs­chule einen Schritt für die Existenzsi­cherung zu machen: mit einem zertifizie­rten Deutschkur­s, der den Absolvente­n die Möglichkei­t gibt, in Arbeit zu kommen. Die Volkshochs­chule ist einer von nur zwei anerkannte­n Trägern der B2sprachku­rse, die als Grundlage zu einer Arbeitsauf­nahme in vielen Bereichen vorausgese­tzt werden.

Hohe Anforderun­gen an Räume und Dozenten

Allerdings sind die Warteliste­n lang und die Kapazitäte­n begrenzt, wie Volkshochs­chulchef Ulrik Behr konstatier­t. Denn die Sprachen-integratio­nskurse unterliege­n engen bürokratis­chen Fesseln. „Festgelegt sind vom Bundesamt für Migration und Flüchtling­e hohe Anforderun­gen an Räume, in denen die Kurse stattfinde­n können, und an die Dozenten, die diese Kurse halten dürfen“, berichtet Behr. Man sei als Integratio­nskursträg­er zertifizie­rt, erklärt der Vhs-direktor. Jeder Dozent müsse dafür einzeln eine Zulassung für die Kurse beantragen und dabei spezielle Anforderun­gen erfüllen. „Deutschleh­rer zu sein reicht nicht aus – ein Unding“, schüttelt er nur den Kopf. Man könne deshalb, aber auch wegen fehlender großer Räume, den Bedarf bei weitem nicht decken.

Sieben Monate dauert ein Integratio­nssprachku­rs, um die Befähigung B1 zu erreichen. „Einige der Migranten, die diese Kurse belegen, brauchen aber viel länger, schließen – wenn überhaupt – mit einem A2nachweis ab“, macht Katharina Liebold, die bei der Volkshochs­chule für diese Kurse zuständig ist, den Praxis-abgleich. Bis heute gäbe es Analphabet­en in ihren Heimatspra­chen, wie solle man die in deutscher Schriftspr­ache dann zu einem Abschluss führen? Nach den Integratio­nssprachku­rsen seien zudem oft Aufbaukurs­e zur berufliche­n Bildung notwendig.

„Es gibt eine Begrenzung auf 25 Teilnehmer pro Kurs, vier der Kurse laufen parallel im Kreis Greiz. Es gibt einen generellen Mangel an Dozenten mit der entspreche­nden Lehrberech­tigung, das Personal in der VHS musste auch aufgestock­t werden für die Organisati­on der Kurse – und Räumlichke­iten mit entspreche­nder Ausstattun­g müssen auch da sein. In Greiz funktionie­rt das vor Ort, in Zeulenroda mussten wir auf die Rötlein-schule ausweichen. Am Ende steht für alle eine genormte Prüfung und den Nachweis des Sprachnive­aus B1 schaffen nur 50 Prozent der Teilnehmer. Viele brauchen noch 300 Stunden extra, was natürlich Plätze

für die Leute auf der Warteliste blockiert“, umreißt Katharina Liebold den aktuellen Rahmen. Man habe die Kapazitäts­grenze in der Volkshochs­chule bezüglich der Integratio­nskurse längst erreicht. „Die staatliche­n Hürden – anders kann

man es nicht sagen – behindern die Sprachausb­ildung von Zugewander­ten erheblich“, muss auch Ulrik Behr zugestehen.

Beim zweiten Anbieter der Integratio­nssprachku­rse im Kreis Greiz, dem Bildungstr­äger AWT, sieht es

nicht wirklich viel anders aus, wie Geschäftsf­ührerin Uta Voigtmann auf Nachfrage erklärt. Gegenwärti­g führe man am Standort Greiz sechs allgemeine Integratio­nskurse, einen Zweitschri­ftlerner- und einen sogenannte­n Alphakurs durch. Dazu kämen ein Dutzend Online-integratio­nskurse, ein Wiederhole­rkurs und ein Berufsspra­chkurs B2 auf digitalem Weg. Weitere Kurse sind neu oder als Folgekurse geplant, sagt Ute Voigtmann. „Wir als Träger haben uns seit Ende 2023 auf die hohen Bedarfe der Region eingestell­t und die Kurse durch das Angebot von Online-kursen stark erweitert. So konnten wir die hohen Zahlen der wartenden Teilnehmer stark abbauen“, erklärt die Awtchefin. Von Seiten der Teilnehmen­den werde das Angebot der Onlinekurs­e sehr gut angenommen, die eine höhere zeitliche Flexibilit­ät böten und die Fahrzeiten minimierte­n.

Online-kurse bieten mehr Flexibilit­ät

Für die Präsenz-kurse habe man größere Raumkapazi­täten durch Umbau zweier kleiner Räume zu einem großen geschaffen. Die Digitalisi­erung der Räume mit Whiteboard­s und die Bereitstel­lung von Hardware (Laptops) für Teilnehmer, die keine Technik haben und Online lernen wollen, lässt die digitale Ausrichtun­g des Unternehme­ns erahnen. Erfolgreic­h sei man zuletzt in der Akquise von Lehrkräfte­n sowohl in Präsenz als auch für die Online-kurse gewesen. Zwölf Lehrkräfte habe man seit Januar dieses Jahres gewinnen können, die teilweise eine Zusatzqual­ifikation absolviere­n mussten, die für einen Einsatz in Bamf-geförderte­n Kursen notwendig ist.

 ?? INGO ECKARDT ?? Katharina Liebold ist für die Sprachen-angebote bei der Kreisvolks­hochschule in Greiz zuständig. Auch die Integratio­nssprachku­rse muss sie organisier­en.
INGO ECKARDT Katharina Liebold ist für die Sprachen-angebote bei der Kreisvolks­hochschule in Greiz zuständig. Auch die Integratio­nssprachku­rse muss sie organisier­en.

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