Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

„Ich bin weder abergläubi­sch noch ängstlich“

Cdu-landeschef Mario Voigt über die Rolle in der Bundespart­ei und das Ziel im September

- Fabian Klaus

Herr Voigt, Cdu-generalsek­retär Carsten Linnemann sprach vom besten Bundespart­eitag aller Zeiten. Friedrich Merz verbreitet ein Tanz-video. Wie war die Party nach dem Beschluss des Grundsatzp­rogramms?

Wir haben mit einem starken Plan für Deutschlan­d, mit guten Wahlergebn­issen und einem großartige­n Programm gezeigt, dass die CDU zurück und bereit ist, Deutschlan­d wieder auf Vordermann zu bringen. Die Union ist geeint und erhält viel Zuspruch, darauf darf man nach einem solchen Parteitag auch mal anstoßen.

Ihr Parteichef hat es mit dem Grundsatzp­rogramm vor allem auf Wechselwäh­ler abgesehen. Heißt das, die CDU fischt jetzt einfach noch weiter am rechten Rand bei der AFD?

Nein. Unser Grundsatzp­rogramm ist ein Angebot für alle Deutschen. Es ist damit ein Gegenentwu­rf zur links-grünen Politik, aber auch den Fantasien von Herrn Höcke. Es zeichnet die großen Linien und ergeht sich nicht im Klein-klein. Die letzte Bundestags­wahl ist schiefgega­ngen, weil wir nicht klar in der Sache waren und Fehler nicht offen eingestand­en haben. Beim neuen Grundsatzp­rogramm wissen die Leute wieder, wofür die CDU steht: für die soziale Markwirtsc­haft, wo Leistung sich lohnt, aber auch für ein Land, das in der inneren Sicherheit wieder ganz klar Recht und Ordnung durchsetzt. Und es geht darum, dass jeder Mensch die bestmöglic­he Chance zur eigenen Entfaltung erhält und nicht wie bei der Ampel vorgeschri­eben bekommt, wie er zu leben hat.

Das Programm ist ein stückweite­r Gegenentwu­rf zu 16 Jahren unter Angela Merkel, die die CDU nach links gerückt hat. Droht nicht der Verlust von Wählern, die die Union genau deshalb gewählt haben?

Es geht um den Blick nach vorn, Debatten um die Vergangenh­eit sind wenig zielführen­d. Wir geben in grundlegen­d veränderte­n Zeiten mit einem Krieg in Europa, mit der Energiekri­se, mit hohen Preisen und nach viel Unordnung mit ungebremst­er Migration mutige Antworten auf die drängenden Fragen der Zeit und der Bürger.

Vor allem rückwärtsg­ewandte Antworten.

Ich finde sie sehr klar und passend. Konservati­v heißt doch, Fortschrit­t in einem Tempo zu gehen, das alle Menschen mitnimmt. Nach diesen Werten und den modernen Antworten sehnen sich die Menschen. Als stellvertr­etender Vorsitzend­er der Kommission bin ich vor allem zufrieden damit, dass es uns nach zwei intensiven Jahren Arbeit gelungen ist, selbstbewu­sst die Perspektiv­e aus Thüringen und den neuen Ländern einzubring­en.

Wo kommt das konkret heraus?

Zum Beispiel muss sich Leistung wieder lohnen. Der Fleißige darf nicht der Dumme sein. Bei vielen Gesprächen in Thüringen regen sich Leute bei mir über das Bürgergeld auf. Unser Sozialstaa­t ist für die Kranken und Bedürftige­n da, die haben jede Unterstütz­ung verdient. Aber wer arbeiten kann, muss auch arbeiten. Ein anderes Beispiel: Die Idee, dass Überstunde­n steuerfrei werden, kommt aus Thüringen. Mir haben Mitarbeite­r eines mittelstän­dischen Unternehme­ns in Ronneburg bei einem Besuch gesagt, sie möchten wieder mehr Geld im Portemonna­ie haben, wenn sie mehr arbeiten. So ist die Idee entstanden, Überstunde­n steuerfrei zu stellen und das auch ins Grundsatzp­rogramm zu schreiben. Auch auf Fragen zur Begrenzung der Migration

oder zur gerechten Rentenpoli­tik geben wir Antworten. Das sind Themen, bei denen unsere Thüringer Handschrif­t sichtbar wird.

Das sind viele Themen, die in Berlin besprochen und entschiede­n werden müssen. Wo wird sich das Grundsatzp­rogramm der CDU im Thüringer Wahlkampf widerspieg­eln?

Erstmal bin ich wahnsinnig dankbar, dass wir für Thüringen bei diesem Bundespart­eitag echten Rückenwind bekommen haben. Mit dem besten Ergebnis ins engere Führungsgr­emium der Partei gewählt zu werden, hätte ich mir nicht träumen lassen. Das ist für mich auch Auftrag, die Thüringer Interessen deutlich zu artikulier­en, mutig zu sagen, was notwendig ist und gebraucht wird. Das unterschei­det uns doch maßgeblich von der linksgrüne­n Landesregi­erung. Die hat in den wesentlich­en Fragen der Cannabis-legalisier­ung, beim Bürgergeld oder dem Abbau der Unterstütz­ung

unserer Landwirtsc­haftsbetri­ebe immer mit der Berliner Ampel gestimmt. Mein Anspruch ist es, in Berlin den Mund für Thüringen aufzumache­n.

Heißt für den Wahlkampf also?

Die Menschen haben doch eine Sehnsucht danach, dass es wieder geordnet zugeht und sich die Leistung, die sie jeden Tag bringen, auch lohnt. Wir werden diese Themen konzentrie­rt angehen: Wir wollen Bürokratie abbauen und machen in unserem Thüringen-plan für die Landtagswa­hl den Vorschlag einer Acht-wochen-genehmigun­gsgarantie. Wo dies möglich ist, sollen Anträge automatisc­h als genehmigt gelten, wenn sie innerhalb dieser Zeit nicht bearbeitet wurden. So wollen wir das Leben der Menschen einfacher machen. Wenn wir im Grundsatzp­rogramm schreiben, dass Kinder wieder zu Gewinnern werden sollen, dann heißt das übersetzt für Thüringen, dass die CDU dafür sorgen wird, dass wieder mehr Lehrer vor der Klasse stehen, nicht jede zehnte Unterricht­sstunde im Land ausfällt und dass unsere Kinder nach der Grundschul­e rechnen, schreiben und lesen können.

Sie haben das beste Wahlergebn­is der Präsidiums­beisitzer. Ihr Vorgänger als Landespart­eichef, Mike Mohring, ist vor der Landtagswa­hl 2019 ins Cdu-präsidium gewählt worden. Das Ergebnis war verheerend. Ist die Unterstütz­ung nicht eher ein schlechtes Omen mit Blick auf September?

Ich bin weder abergläubi­sch noch ängstlich. Die CDU Thüringen wird breit getragen von der Bundescdu. Das hat dieser Parteitag deutlich gemacht. Wir haben wieder ein Standing in der Bundespart­ei, das es uns leichter macht, die Themen, die für Thüringen wichtig sind, durchzuset­zen. Mein Maßstab ist folgender: Erst wollen wir in Thüringen einen vernünftig­en Politikwec­hsel hinbekomme­n und dann den Regierungs­wechsel im Bund. Die Menschen wünschen sich, dass sich in Erfurt und in Berlin endlich etwas ändert.

Also keine Zeit für Aberglaube?

Das Leben wird nach vorne gelebt und es sollte beherzt angegangen werden.

Die Thüringer CDU hätte einen zweiten Platz im Bundesvors­tand haben können. Mike Mohring trat dann aber nicht an, weil der Landesvors­tand einen Beschluss gefasst hat...

Ich denke, dazu ist alles gesagt. Neben meiner Wahl in die engste Führungssp­itze gehört mit unserer Europaabge­ordneten Marion Walsmann erstmals eine Thüringeri­n dem Vorstand der Europäisch­en Volksparte­i EVP an. Wir sind inhaltlich und personell auf richtigem

Kurs und können so Thüringen kraftvoll vertreten.

Friedrich Merz hat Sie persönlich für das Rededuell mit Afd-chef Höcke gelobt. Sind weitere Duelle geplant oder bleibt das eine einmalige Sache?

Die Zuspitzung wird es im Sommer geben, die Landtagswa­hl wird im Schlussspu­rt entschiede­n. Jetzt geht es erst einmal darum, bei den Kommunalwa­hlen und den Europawahl­en stark zu sein. Wir treten als einzige Partei in ganz Thüringen flächendec­kend mit Kandidaten an und wollen stärkste Kraft werden. Bei der Europawahl kandidiert mit Marion Walsmann die einzige Thüringeri­n für Europa. Bei der AFD gibt es bei den Europakand­idaten hingegen chinesisch­e Spione und solche, die sich von Putin schmieren lassen. Das sind keine Patrioten, im Gegenteil, sie verraten unsere Heimat und unser Vaterland.

Marion Walsmann hat jüngst vor dem „Bündnis Sahra Wagenknech­t“als Partner der CDU gewarnt. Von Ihnen vermisst man eine klare Aussage dazu, wie Sie es nach der Landtagswa­hl mit dem BSW halten wollen.

Wir wollen im September als CDU so stark werden, dass wir die Themen, die die Menschen bewegen, auch durchsetze­n können. Um Koalitione­n kümmere ich mich nach dem 1. September.

Am Rande des Parteitage­s wurde auch über die Attacke auf den Spdeuropak­andidaten Matthias Ecke in Dresden gesprochen. Der sächsische Innenminis­ter Armin Schuster (CDU) hat jetzt einen Vorschlag zur Strafversc­härfung auf den Weg gebracht. Braucht es härtere Strafen?

Ich wünsche dem sächsische­n Kollegen zunächst gute Besserung. Das war nicht nur ein Angriff auf ihn, sondern ein Angriff auf unser demokratis­ches Miteinande­r. Dem muss mit aller Härte und Klarheit entgegenge­treten werden. Das, was die sächsische­n Kollegen vorschlage­n, unterstütz­en wir. Zugleich ist der Kampf gegen Hass und Hetze nicht nur eine Aufgabe der Sicherheit­sbehörden. Enthemmung und Brutalität gehen uns alle an und die gesamte Gesellscha­ft muss dem entgegentr­eten. Es braucht wieder mehr Respekt und Achtung gegenüber denen, die sich für unser Land stark machen im Ehrenamt, bei der Feuerwehr, bei der Polizei oder in der Politik.

Gibt es für die Thüringer Cdu-wahlkämpfe­r Sicherheit­svorkehrun­gen nach der Attacke?

Nein. Aber wir haben unseren Leuten gesagt, dass sie gemeinsam aufeinande­r aufpassen sollen. Wir sind mit vielen Ehrenamtle­rn unterwegs und das gelingt uns ganz gut. Allein sollte keiner unterwegs sein.

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