Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Licht und Schatten
Geschichte verläuft nicht geradlinig. Neben Licht gibt es Schatten, menschlich verursachte Abgründe, mit denen nachfolgende Generationen kaum umgehen können. Das Dritte Reich mit Krieg und Verbrechen, die massenhaft mitgetragene oder tolerierte Vernichtung jüdischen Lebens, die Ideologie von Herrenmenschen, die andere zu Minderwertigen und Ungleichen erklären, sie missbrauchen, demütigen, morden, sind ein schweres Erbe. Es anzunehmen, erfordert Verantwortung.
Weimar wird auch als janusköpfige Stadt der zwei Gesichter bezeichnet. Hier Klassik und Bauhaus, Goethe, Schiller, van de Velde und Gropius. Dort Gauforum und Konzentrationslager Buchenwald mit Frick, Sauckel und Hitler. Sichtbar wird die Doppelgesichtigkeit im Museumsquartier der Moderne im
Stadtzentrum. Das Museum Neues Weimar entstammt ebenso Weimars silbernem Zeitalter im 19. Jahrhundert wie die Kunstgewerbeschule als Vorläufer des späteren Bauhauses. Sein Museum entstand nur einen Steinwurf davon entfernt. In den Raum dazwischen klotzten die Nazis eines ihrer Gauforen, wo jetzt erstmals ein Museum die gesamte Bandbreite der unmenschlichen Zwangsarbeit im europaweiten Einflussgebiet des Dritten Reiches thematisiert.
Lange mussten Zwangsarbeiter um Anerkennung und Würdigung kämpfen. Selbst die Entschädigungen der 2000er Jahre waren noch mit Zumutungen verbunden. Das neu entstandene und von der Gedenkstätte Buchenwald verantwortete Museum Zwangsarbeit ist auch eine späte Verbeugung vor den Opfern des öffentlichsten Verbrechens im Ns-reich. Es macht die Geschichte da sichtbar, wo sie stattfand – in der Mitte der Gesellschaft.
Dass sich die Klassik-stiftung Weimar parallel dazu erstmals den Ns-verstrickungen und Widersprüchlichen im Verhalten von Bauhäuslern in der selben Zeit stellt, schließt eine Lücke und erdet den Mythos von der allzeit sauberen Moderne.