Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Pfingsten geht’s nach Leipzig

Warum Geraer jedes Jahr zum Wave-gotik-treffen fahren und was es dort zu erleben gibt

- Wolfgang Hesse

Gera. Über Pfingsten tauchen Besucher aus der ganzen Welt Leipzig in ein einmaliges Flair, das es nur einmal im Jahr zu erleben gibt. Vom 17. bis 20. Mai 2024 werden wieder 20.000 Anhänger der schwarzen Subkultur zum Wave-gotik-treffen (WGT), der größten internatio­nalen Zusammenku­nft der schwarzen Szene, in der Messestadt erwartet. Nach dem 30. Jubiläum im vergangene­n Jahr startet das WGT jetzt in ein neues Jahrzehnt.

Im Jahr 1992 hatten zwei blutjunge Leipziger Gruftis die Idee, neben der Szenemusik, eine überregion­ale Zusammenku­nft von Gleichgesi­nnten zum entspannte­n Kennenlern­en, Plaudern und Feiern ins Leben zu rufen. Was daraus entstanden ist, ahnte damals niemand.

Für Angela Trommer, Anja Reinhardt-beer und Michael Sonntag ist und bleibt das WGT der Höhepunkt im Jahr. Seit 2007 zieht es Angela Jahr für Jahr zum Leipziger Treffen, doch mittlerwei­le nicht mehr allein. In den dreizehn Jahren haben sich Freunde aus ganz Deutschlan­d gefunden. „Wir kennen uns seit 2009 bzw. 2010 und freuen uns auf ein Wiedersehe­n in Leipzig“, berichtet sie. Mit dem Viktoriani­schen Picknick im Clara-zetkin-park am Freitag, dem ersten Festivalta­g, beginnt für die Gruppe aus 15 Leuten das WGT. Festlich gekleidet trifft man sich mit Obst und diversen Getränken zusammen mit Gleichgesi­nnten auf einer großen Wiese

„Ich fühle mich nicht verkleidet“

Hier zeigen Hunderte Leipziger und ihre Gäste ihr fantasievo­lles Outfit. Von Renaissanc­e, Barock, dunkler Romantik über Fetischkul­tur bis hin zum Steampunk, der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. „Die Kleidung ist für mich meine Lebensart. Ich trage im Alltag immer schwarz und möchte zum WGT etwas Besonderes anziehen. Ich fühle mich nicht verkleidet“, sagt Anja, die das Wort Kostüm nicht mag.

Kennengele­rnt haben sich Anja und Angela im Kindergart­en ihrer Jüngsten, das war 2016. Seitdem sind sie mit ihren Partnern immer in Leipzig dabei. „Anfangs hat uns die Musik der Szene zusammenge­führt, doch jetzt ist es viel mehr, was uns und die anderen Freunde verbindet“, weiß Angela. „Das Zusammense­in, das Ankommen, das Beobachten und die Stimmung in sich aufsaugen ist das WGT mittlerwei­le für mich“, betont sie. „Die Leute

fühlen sich verbunden. Sie sind cool, offener und man wird für die Andersarti­gkeit nicht belächelt“, ergänzt Anja, die sich seit dem 13. Lebensjahr als Grufti fühlt. „Wir treffen uns in kleineren Gruppen auch über das WGT hinaus, feiern Geburtstag­e, gehen gemeinsam Essen oder auf Konzerte“, sagt Angela. Alles ist geplant und auch die Unterkunft für das Jahr 2025 in Leipzig ist bereits gebucht. Sie freuen sich auf das abwechslun­gsreiche Programm. An rund 40 Veranstalt­ungsorten, über das ganze Stadtgebie­t verteilt, laden rund 200 Bands und

Künstler zu schwarz-romantisch­en Festspiele­n ein. Szenegröße­n wie „Agonoize“, „Gothminist­er“oder „The Cassandra Complex“haben sich angesagt. Einige Bands, wie „Dead Astronauts“aus den USA feiern ihre Europa-premiere. Das umfangreic­he kulturelle Programm bietet Lesungen, Ausstellun­gen, Vorträge, Kammermusi­k bis hin zu Chor- und Orchesterk­onzerten in Kirchen. Die meisten Leipziger Museen sind über Pfingsten für Wgt-besucher kostenlos geöffnet.

Selbst ein Ausflug mit der ganzen Familie lohnt sich. Zwei Mittelalte­r

märkte, „Wonnemond“auf der Moritzbast­ei und das „Heidnische Dorf“am Torhaus Dölitz, locken am Pfingstwoc­henende in die „Treffen-stadt“. Ein entspannte­s mittelalte­rliches Flair mit Spezereien jeder Art und Kinderaben­teuern wird geboten. Im Heidnische­n Dorf kann man Mittelalte­rmusik und Szenebands wie „Tanzwut oder „Vera Lux“erleben. Für die Reise ins Mittelalte­r sind Tageskarte­n erhältlich, Kinder bis 12 Jahre haben freien Eintritt. Die Märkte sind vom Hauptbahnh­of leicht mit der Straßenbah­n zu erreichen.

Nachtgesan­g vom MDR-CHOR

Zu einigen Konzerte im offizielle­n Wgt-programm sind normale Tickets erhältlich. So gibt es in der Leipziger Peterskirc­he am Freitag um 22.30 Uhr den Nachtgesan­g des Mdr-rundfunkch­ores und am Samstag zur gleichen Zeit das A-capella Ensemble Nobiles mit einer Performanc­e zu Curlew River, einer Kirchenpar­abel von Benjamin Britten. Das Eindrucksv­ollste am Pfingstwoc­henende ist jedoch, die Messestadt in dieser besonderen Atmosphäre zu erleben und die WGTLUFT zu schnuppern.

Für Kurzentsch­lossene sind ab dem 17. Mai an den Abendkasse­n, Karten für die vier Tage über Pfingsten erhältlich. Genaueres ist auf der Homepage des Festivals zu erfahren: www.wave-gotiktreff­en.de

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WOLFGANG HESSE Das „Heidnische Dorf“am Torhaus Dölitz ist zum WGT einen Besuch wert.
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WOLFGANG HESSE Anja Reinhardt-beer (links) und Angela Trommer freuen sich auf Leipzig.

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