Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Prachtvoll­e Särge in Greiz entdeckt

Geheimniss­e der Bestattung­skultur um 1900 in Greiz gelüftet

- Conni Winkler

Greiz. Ein morbider Schatz wurde in Greiz geborgen. Weil die Liegezeit in einem der fünf Schilbachg­räber auf dem Neuen Friedhof in Greiz abgelaufen war, wurde die Gruft geöffnet, um die Gebeine in ein Gemeinscha­ftsgrab zu überführen. Die Friedhofsm­itarbeiter trauten ihren Augen kaum und staunten nicht schlecht. Drei wunderbar verzierte Zinksärge kamen zutage. Weil die Mitarbeite­r wussten, dass sich Friedhofsf­ührerin Johanna Kühnast gut auskennt mit der Geschichte, wurde sie sofort hinzugeruf­en.

„Was für ein großes Glück für Greiz, dass diese wunderschö­nen Särge so gut erhalten geblieben sind. Sofort hatte ich die Idee, dass sie ins Mausoleum Waldhaus gestellt werden müssen“, erzählt Johanna Kühnast. Gesagt. Getan.

Nachdem die Gebeine würdevoll entnommen und auf dem Gemeinscha­ftsgrab beigesetzt wurden, ließ man zwei der drei Särge zum Mauheim soleum transporti­eren. „Ein Sarg war so verrottet, dass wir uns dagegen entschiede­n haben, ihn mit aufzustell­en“, sagte Corinna Zill, die Chefin der Tourist-info Greiz. Beim Anblick der Särge sei auch sie sofort von der Idee begeistert gewesen, sie im Mausoleum auszustell­en.

„Die Särge vermitteln anschaulic­h die Bestattung­skultur um 1900 und zeugen von großartige­r Handwerksk­unst“, betont die Tourismusc­hefin. In den Särgen aus dem Grab der Greizer Fabrikante­nfamilie Wilhelm Otto Schilbach (gestorben

1901), dem Gründer der Firma „Schilbach & Heine“wurden 1904 Frau Gertrud Luise Knoll, geborene Schilbach und im Jahr 1906 Frau Amelie Schilbach bestattet. Die Sarkophage sind mit aufwendige­n Ornamenten stilvoll verziert.

Das zugehörige Grabmal der Schilbachs in Jugendstil­manier auf dem Neuen Friedhof ist mit einem detaillier­t gearbeitet­en Marmorreli­ef ausgestatt­et. Als Sinnbild der Auferstehu­ng sieht man einen Engel mit mächtigen Schwingen, der mit seiner Hand gen Himmel weist und die Seelen der Verstorben­en

in Gottes Ewigkeit führt.

Auch Bürgermeis­ter Alexander Schulze zeigt sich hocherfreu­t. „Ich hab schon immer gesagt, dass man das Mausoleum aufwerten müsste, denn bisher war ja nur die nackige Grabplatte und ein paar Fotos der Fürstenfam­ilie zu sehen. Ich freue mich sehr, dass diese prachtvoll­en Särge jetzt dort stehen können“, sagte er. Das Herunterla­ssen der Sarkophage sei problemlos vonstatten­gegangen. „Der alte Mechanismu­s hat noch tadellos funktionie­rt“, erzählt Schulze. Früher hätten Jugendlich­e diesen Mechanismu­s zum Herablasse­n der Särge als Mutprobe benutzt.

Johanna Kühnast hat Informatio­nen zur Fabrikante­nfamilie zusammenge­tragen, die Gäste bei Führungen im Mausoleum erklärt bekommen. „Einen Höhepunkt in der Firmengesc­hichte bildete 1901 die Einweihung eines Kinderheim­es in Greiz- Aubachtal, ausgestatt­et mit Schlaf- und Speisesaal sowie zwei Spielplätz­en. 32 Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren kame dort unter. Zur feierliche­n Überg be war auch die fürstliche Famili Heinrich XXII. und drei sein Töchter anwesend“, erzählt Kü nast bei der Besichtigu­ng des Ma soleums.

„Nun haben die Familien Sch bach und Reuß ältere Linie ein weitere Verbindung. Diese han werklich aufwendig verzierten Sä ge der Fabrikante­n Schilbach h ben einen würdigen Platz in d Krypta des Mausoleums gefunde Es ist eine wunderbare Ergänzun die sich gut in die zeitliche Ästhet dieser Epoche einordnet“, find die Stadt- und Friedhofsf­ührerin.

Zu besichtige­n sind die Sark phage im Rahmen einer angemeld ten Kurzführun­g oder während d Sommeröffn­ungszeiten des Maus leums am 2. Juni, 14. Juli, 11. A gust, 8. September und 13. Oktobe in der Zeit von 11 bis 17 Uhr. A meldungen sind möglich über d Tourist-informatio­n unter der Tel fonnummer 03661/ 703293.

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CONNI WINKLER (2) Johanna Kühnast und Corinna Zill von der Tourist-informatio­n Greiz bestaunen die Verzierung­en an den geborgenen Schilbach-särgen.
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Zwei Särge aus dem Schilbachg­rab stehen jetzt im Mausoleum in Waldhaus.

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