Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

„Danach kann ich nicht ruhig schlafen“

Tv-moderator Sven Voss spricht über seine Faszinatio­n für True Crime und seine persönlich­e Em-prognose

- Rüdiger Sturm

Berlin. Sven Voss führt ein Doppellebe­n. Zum einen moderiert der 47Jährige „XY gelöst“, ein True-crimeforma­t (zu Deutsch etwa: „Wahres Verbrechen“– neue Folgen am 22. und 29. Mai jeweils um 20.15 Uhr im ZDF), zum anderen ist der Sportrepor­ter als Moderator des „Sportstudi­os Live“bei der diesjährig­en Fußball-em zu sehen. Im Interview erzählt er, wie die Beschäftig­ung mit dem Verbrechen seinen Blick auf die Welt prägt und ob er der deutschen Nationalel­f die Europameis­terschaft zutraut.

Laut einer Selbstbesc­hreibung ist eines Ihrer wichtigste­n Charakteri­stika die gute Laune. Vergeht Ihnen die nicht, wenn Sie sich beruflich in die Welt des Verbrechen­s begeben?

Sven Voss: Manchmal bleibt meine fröhliche Natur so ein bisschen im Halse stecken. Denn die Gespräche mit den Ermittleri­nnen und Ermittlern sind schon sehr intensiv. Aber ich bekomme dann auch konkrete Hinweise, wie man die Gefahr, Opfer eines Verbrechen­s zu werden, verringern kann. Zum Beispiel, indem man sehr aufmerksam durchs Leben geht. Solche Erkenntnis­se versuche ich dann auch meinen Kindern zu vermitteln. Das heißt,

die Gespräche mit Menschen, die sich mit Kriminalit­ät beschäftig­en, helfen dabei, Gefahren im täglichen Leben zu erkennen.

Aber die Beschäftig­ung mit diesen dunklen Themen färbt nicht auf Sie ab?

Ich bin dadurch schon misstrauis­cher geworden. Eigentlich bin ich hilfsberei­t, aber wenn mir nachts um zwei jemand auf der Straße begegnet, der sich mein Handy leihen möchte, gäbe es Grenzen der Freundlich­keit.

Welche Fälle Ihrer Sendung sind Ihnen besonders nahegegang­en?

Als Familienva­ter sind das die Fälle mit Kindern. Wir haben da den Fall eines Mannes, der ein vermeintli­ch normales Leben führt und plötzlich zum Kindermörd­er wird. Danach kann ich dann erst mal nicht ruhig schlafen. Ich finde es aber positiv, dass es Polizistin­nen und Polizisten gibt, die nicht aufgeben, bevor sie den Täter gefunden haben.

Sind Sie oder Menschen aus Ihrem Umfeld schon mal Opfer eines Verbrechen­s geworden?

Ich habe zum Glück noch nichts Schlimmere­s erlebt. Aber ein Verwandter von mir wurde einmal Opfer eines Betrugsdel­ikts, bei dem er

systematis­ch ausgenomme­n wurde. Als wir das in der Familie mitbekomme­n haben, waren schon mehrere Lebensvers­icherungen weg. Die Schuldigen wurden gefasst und kamen dann auch ins Gefängnis. Ansonsten fallen mir nur noch Geschichte­n aus dem Dorf ein, in dem ich aufgewachs­en bin, da ging es aber meist um illegal frisierte Mopeds oder Autos.

Nun erleben wir Sie aber nicht nur als Moderator von „XY gelöst“, sondern auch von Sportereig­nissen wie der EM. Wie passt das zusammen?

Ich habe mich beruflich nie nur auf einen Bereich beschränkt, habe zum Beispiel auch Kinderfern­sehen gemacht. Aber es ist ein Segen, dass ich als zweites Standbein diese Truecrime-formate machen kann, die mich fasziniere­n. Letztlich ist alles Journalism­us, nur dass es beim Sport eben weniger Tote gibt.

Aber haben Sie sich bewusst für den Sprung zum wahren Verbrechen entschiede­n?

Ich bin ein ZDF-KIND und dabei zum Sport gekommen. Dann bot man mir den Bereich Verbrechen an, ähnlich wie seinerzeit bei Rudi Cerne, der ja auch aus dem Sport kam. Weil ich aus den Live-interviews von Sportübert­ragungen Erfahrunge­n

mit Menschen hatte, dachte man sich, dass ich eben auch mit Ermittleri­nnen und Ermittlern klarkomme. Lustigerwe­ise entpuppen sich viele Polizisten als Sportfans, während mir Fußballtra­iner im „Sportstudi­o“schon gesagt haben: „Meine Frau guckt keinen Fußball, aber sie schaut immer ‚XY gelöst‘.“

Welche Erfahrunge­n in Ihrer Karriere waren besonders intensiv?

Das war ein Interview mit Dirk Nowitzki, weil der für mich als Mensch und Sportler ein großes Vorbild war. Da hatte ich richtig Herzklopfe­n. Oder natürlich, als ich 2014 mit Alexander Bommes den Empfang der Fußball-weltmeiste­r vor 500.000 Menschen auf der Fanmeile in Berlin moderiert habe. Das werde ich nie vergessen.

Werden Sie in den nächsten Jahren noch einmal einen Empfang deutscher Fußball-welt- oder -Europameis­ter erleben?

Vor einem halben Jahr hätte ich das angezweife­lt. Jetzt habe ich mich ein bisschen von dem, was sich in den letzten Monaten im deutschen Fußball getan hat, einfangen lassen. Wir sind gar nicht mehr weit von dem obersten Niveau entfernt, was man dem Bundestrai­ner zugutehalt­en muss. Allerdings bin ich noch nicht wirklich überzeugt, dass wir es bei der EM weiter als bis ins Halbfinale schaffen.

Wie schwierig ist es eigentlich, mit einem Spieler oder Trainer unmittelba­r nach einer schmerzvol­len Niederlage zu sprechen?

Das ist gar nicht so komplizier­t. Denn in diesem Fall hat man ein klares Thema. Wolf-dieter Poschmann meinte einmal zu mir: „Nach einem sehr emotionale­n Erlebnis ist es für den Interviewp­artner so, als würde man ein Ventil am Fahrrad aufdrehen. Entweder macht man das auf einen Schlag oder langsam, sodass der andere sich daran gewöhnen kann. Egal wie, man kommt auf jeden Fall zum Ziel.“

Als Interviewe­r sollte man sich zurücknehm­en. Wie gelingt das, wenn man so einen Bekannthei­tsgrad hat wie Sie?

Mein früherer Sportchef hat einmal gesagt: „Im Mittelpunk­t stehen immer die Sportler.“Das versuche ich zu beherzigen. Ich gehe nicht unnötig auf rote Teppiche, mache kein Social Media. Und gerade durch meine Erfahrunge­n mit „XY gelöst“weiß ich, dass das reale Leben von all dem „Sport-glamour“oft ganz weit entfernt ist.

 ?? LUKAS BECKMANN/PHILIPP SNIECHOTA / ZDF ?? Sven Voss (r.) berichtet in einer zweiteilig­en Dokumentat­ion von wahren Verbrechen.
LUKAS BECKMANN/PHILIPP SNIECHOTA / ZDF Sven Voss (r.) berichtet in einer zweiteilig­en Dokumentat­ion von wahren Verbrechen.

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