Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Nahles ist keine Hoffnungst­rägerin

- Von Bernd Hilder

Aufbruch und Begeisteru­ng sehen anders aus. Nur zwei Drittel der Delegierte­n des Wiesbadene­r Sonderpart­eitages schenkten der neuen SPD-Chefin Andrea Nahles ihr Vertrauen. Der Schock stand ihr ins Gesicht geschriebe­n, zumal ihre Gegenkandi­datin, die in Thüringen geborene Simone Lange weithin unbekannt ist und politisch amateurhaf­t auftritt.

Nahles Katastroph­en-Start zeigt: Auch nach Gabriel und Schulz bleibt die Sozialdemo­kratie tief gespalten über ihren zukünftige­n Kurs und über die Strategie, wie man wieder zur Volksparte­i aufsteigen soll.

Zudem: Für das moderne Selbstvers­tändnis der Partei August Bebels und Willy Brandts mag es eine wichtige Wegmarke sein, dass nach 154 Jahren eine Frau an der Spitze steht. Wahrhaft historisch wäre das aber nur, wenn die CDU nicht schon seit 18 Jahren eine Frontfrau hätte.

Die Kontrahent­innen haben sich einen Wettlauf nach Links geliefert. Simone Lange beflügelt von weltfremde­r Sozialarbe­iterromant­ik, Nahles von einer emotionale­n Funktionär­srede und Machtwille­n. Die enttäuscht­e Siegerin muss nun damit klarkommen, dass ihre eigene Partei sie nicht als Hoffnungst­rägerin, sondern in Teilen mit Misstrauen betrachtet. Skepsis ist berechtigt: Wie will Nahles die SPD als Vorsitzend­e erneuern und als Fraktionsv­orsitzende Regierungs­disziplin üben? SPD-Opposition in der ungeliebte­n Regierung wird auch in Zukunft die Große Koalition belasten!

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