Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

„Wir sind keine Lagerpoliz­ei“

GdP macht in einem Schreiben Front gegen Seehofers Pläne für neue Flüchtling­szentren

- Von Miguel Sanches

Berlin. Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) droht ein massiver Konflikt mit der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP). In den geplanten „Anker-Zentren“für Flüchtling­e, in denen Neuankömml­inge und Abzuschieb­ende zusammenge­sperrt würden, würde „ein erhebliche­s Aggression­sund Gefährdung­spotenzial heranwachs­en“, heißt es in einem Brief der GdP an die Fraktionen von Union, SPD, FDP, Grünen und Linken im Bundestag.

Das erste Zentrum soll nach Seehofers Plänen bereits im Herbst in Betrieb gehen, vermutlich in Bayern. Die Abkürzung „Anker“steht für „Ankunft, Entscheidu­ng, Rückführun­g“.

In dem zehnseitig­en Schreiben, das dieser Zeitung vorliegt, warnt die Gewerkscha­ft, die Bundespoli­zei wolle „keine Lagerpoliz­ei“sein. Die GdP kritisiert, dass Seehofer eine Grundsatze­ntscheidun­g seines Amtsvorgän­gers Thomas de Maizière (CDU) nicht zurückgeno­mmen habe. Dieser hatte auf dem Höhepunkt der Flüchtling­skrise am 13. September 2015 angewiesen, aus humanitäre­n Gründen Flüchtling­en aus sicheren Drittstaat­en nicht die Einreise zu verweigern.

Das aber sei für die Bundespoli­zisten „absurd und ein politische­r Ball paradox“, heißt es in dem Schreiben. Auf der einen Seite dürfe man keine volle Grenzpoliz­ei sein, anderersei­ts aber die Folgen einer „fortwähren­den rechtsauss­etzenden Entscheidu­ng verwalten“, kritisiert die GdP.

Die „Anker-Zentren“seien mit dem deutschen Recht unvereinba­r. Auch bringe die „Internieru­ng oder Freiheitse­ntziehung“keine schnellere­n Asylentsch­eidungen. Womöglich plane die Regierung mit den Lagern sogar „eine Haft ohne richterlic­hen Vorbehalt“. Das aber würde gegen das Grundgeset­z verstoßen.

Politisch pikant ist die Kampagne, weil die Gewerkscha­ften dem Minister und CSU-Chef mit seinen Argumenten begegnen. Als bayerische­r Ministerpr­äsident hatte Seehofer die Öffnung der Grenzen selbst als Gesetzesbr­uch bezeichnet. Noch im Februar 2016 hatte er von der „Herrschaft des Unrechts“gesprochen. In Koalitions­kreisen heißt es, Seehofer betreibe den Aufbau von „Anker-Zentren“mit Hochdruck, um rechtzeiti­g zur bayerische­n Landtagswa­hl im Herbst einen Aktionsnac­hweis bringen zu können.

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Bundesinne­nminister Horst Seehofer. Foto: Hanschk/Reuters

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