Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
„Wir sind keine Lagerpolizei“
GdP macht in einem Schreiben Front gegen Seehofers Pläne für neue Flüchtlingszentren
Berlin. Innenminister Horst Seehofer (CSU) droht ein massiver Konflikt mit der Gewerkschaft der Polizei (GdP). In den geplanten „Anker-Zentren“für Flüchtlinge, in denen Neuankömmlinge und Abzuschiebende zusammengesperrt würden, würde „ein erhebliches Aggressionsund Gefährdungspotenzial heranwachsen“, heißt es in einem Brief der GdP an die Fraktionen von Union, SPD, FDP, Grünen und Linken im Bundestag.
Das erste Zentrum soll nach Seehofers Plänen bereits im Herbst in Betrieb gehen, vermutlich in Bayern. Die Abkürzung „Anker“steht für „Ankunft, Entscheidung, Rückführung“.
In dem zehnseitigen Schreiben, das dieser Zeitung vorliegt, warnt die Gewerkschaft, die Bundespolizei wolle „keine Lagerpolizei“sein. Die GdP kritisiert, dass Seehofer eine Grundsatzentscheidung seines Amtsvorgängers Thomas de Maizière (CDU) nicht zurückgenommen habe. Dieser hatte auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise am 13. September 2015 angewiesen, aus humanitären Gründen Flüchtlingen aus sicheren Drittstaaten nicht die Einreise zu verweigern.
Das aber sei für die Bundespolizisten „absurd und ein politischer Ball paradox“, heißt es in dem Schreiben. Auf der einen Seite dürfe man keine volle Grenzpolizei sein, andererseits aber die Folgen einer „fortwährenden rechtsaussetzenden Entscheidung verwalten“, kritisiert die GdP.
Die „Anker-Zentren“seien mit dem deutschen Recht unvereinbar. Auch bringe die „Internierung oder Freiheitsentziehung“keine schnelleren Asylentscheidungen. Womöglich plane die Regierung mit den Lagern sogar „eine Haft ohne richterlichen Vorbehalt“. Das aber würde gegen das Grundgesetz verstoßen.
Politisch pikant ist die Kampagne, weil die Gewerkschaften dem Minister und CSU-Chef mit seinen Argumenten begegnen. Als bayerischer Ministerpräsident hatte Seehofer die Öffnung der Grenzen selbst als Gesetzesbruch bezeichnet. Noch im Februar 2016 hatte er von der „Herrschaft des Unrechts“gesprochen. In Koalitionskreisen heißt es, Seehofer betreibe den Aufbau von „Anker-Zentren“mit Hochdruck, um rechtzeitig zur bayerischen Landtagswahl im Herbst einen Aktionsnachweis bringen zu können.