Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Zermürbte Leipziger spielen sich um die Champions League
Trainer Hasenhüttl: Haben oben nichts verloren. Rangnick stoppt Vertragsgespräche mit Trainer und Spielern
Leipzig. Nicht mehr dran denken! Am Tag nach dem 2:5 (0:3) gegen Hoffenheim, 15 Gegentreffern in den vergangenen vier Spielen und vier Punkten Rückstand auf Tabellenplatz vier, war das Thema Champions League für RB Leipzigs Fans gegessen.
Vorerst. Rund 80 von ihnen hatten sich Sonntag zu einem Fanmarsch zum Trainingsgelände verabredet, um ihre Unterstützung zu demonstrieren. Nicht um weiter an einem Ziel festzuhalten, das zu erreichen bei nur drei ausstehenden Spielen zwar noch möglich, aber wenig wahrscheinlich ist. Nicht in dieser Verfassung. So zogen sie am Morgen Richtung Trainingsplatz und sangen: „Werdet zu Legenden! Kämpfen bis zum Ende! Für die Euro-Liga, RBL!“.
RB Leipzig schließt mit Champions League ab
Mannschaft und Trainier-Team waren gerührt. Der Vizemeister im freien Fall – und trotzdem waren Unterstützer gekommen, um zu zeigen: So schnell könnt’ ihr uns nicht vergraulen. Hände reichten einander, Spieler schrieben Autogramme, HandyKameras klickten. „Die Fans haben ein feines Gespür dafür, dass wir im ersten Jahr mit der Vize-Meisterschaft zwar die Sterne vom Himmel gespielt haben, im Jahr darauf aber nicht Meister werden oder die Champions League gewinnen“, sagte RB-Trainer Ralph Hasenhüttl. „Dafür sind wir noch zu jung.“
Dann eben Europa League. Mit der Königsklasse haben die Leipziger abgeschlossen. „Darüber brauchen wir nicht mehr reden“, sagt Torhüter Peter Gulacsi. Hasenhüttl nickte diese Einschätzung später ab. „In dieser Verfassung haben wir dort oben nichts verloren!“Zu desolat war der Auftritt seiner Mannschaft. Gut eine Viertelstunde lang hatte RB das Sechs-Punkte-Spiel gegen den Tabellennachbarn aus Sinsheim einigermaßen im Griff, dann fiel das erste Gegentor und Leipzig durch teils groteske Fehler in seine Einzelteile auseinander. Vor dem 0:1 durch Mark Uth (14.) ließ Gulacsi einen Schuss von Nico Schulz abtropfen. Dem 0:2 durch Serge Gnabry (35.) ging ein Fehler von Willi Orban voraus, der Kapitän vertändelte ein Zuspiel von Stefan Ilsanker. Das 0:3 vor dem Pausenpfiff ging auf die Konten von Ibrahima Konaté, der Pavel Kaderabek nicht am Flanken hinderte, und Bernardo, der Uth nicht deckte (45.).
Ein wenig Trost fand Hasenhüttl in der zweiten Hälfte, die für sich betrachtet 2:2 ausging, weil Naby Keita (58.) verkürzte und Dayot Upamecano nach zwei weiteren TSG-Treffern (Andrej Kramaric, 59. und Lukas Rupp, 63.) das zweite RBTor erzielte (88.), obwohl die Sachsen zu diesem Zeitpunkt in Unterzahl spielten. Emil Forsberg war in der 47. Minute von Florian Grillitsch so lange an Trikot und Füßen bearbeitet worden, bis der Schwede nach hinten ausschlug. Schiedsrichter Tobias Welz zeigte dem Spielmacher Rot und musste sich im Anschluss den Vorwurf gefallen lassen, das erste Foul nicht gepfiffen zu haben. „Diese Regelung ist der Wahnsinn“, befand Hasenhüttl, „da wird das Opfer zum Täter gemacht.“
Die Niederlage könnte Folgen haben, die über schlechte Laune der Fans oder das Verspielen europäischer Träume hinausreichen: Die sportliche Talfahrt und das 2:5-Debakel gegen Hoffenheim hat sich offenbar bereits auf die Gespräche zur Vertragsverlängerung mit Hasenhüttl auswirkt – die legte RB-Sportdirektor Ralf Rangnick nämlich bis zum Saisonende auf Eis.
„Wir haben dem Trainer gesagt, dass wir in den drei Wochen, die wir noch haben, die komplette Konzentration auf die drei Spiele brauchen“, sagt Rangnick, nahm aber nicht nur den Trainer in die Pflicht: „Das gilt für alles, auch für Spieler wie Timo Werner oder den ein oder anderen.“(mit fs)