Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Ein Kultstar zum Anfassen

David Hasselhoff lässt in der Sparkassen-Arena in Jena mit seinen Fans Jugendträu­me aufleben – und zeigt Bilder aus dem Jahr 

- Von Martin Moll

Jena. Irgendwann geben die Ordner auf – und den Weg frei. Es sind zu viele Fans, die von den Sitzen aufspringe­n und Richtung Bühne rennen, um ihm so nahe zu sein wie irgendwie möglich. Ein Foto schießen, ihm zujubeln, ihn vielleicht sogar umarmen. Ihn, den einzig wahren David Hasselhoff. Die Sparkassen-Arena in Jena gleicht an diesem Freitagabe­nd einem Tollhaus und viele der geschätzt 1500 glückselig­en Konzertbes­ucher fragen sich auf dem Heimweg: Was genau habe ich da gerade eigentlich erlebt?

Sie selbst sind Teil der zweieinhal­bstündigen Show, liefern ordentlich Stimmung und bieten was fürs Auge. Wobei man besser zweimal hinschaut, um sicherzuge­hen, dass all dies nicht bloß ein Traum ist. Dutzende Masken-Hasselhoff­s sind angereist, eine sonnenbebr­illte Männertrup­pe trägt rosa T-Shirts, „Don‘t hassel the Hoff“steht vorne drauf. Nein, dem „Hoff“will an diesem Abend selbstvers­tändlich niemand auf den Senkel gehen. Zu gut ist die Stimmung.

Fünf Frauen wirbeln durcheinan­der, um die Buchstaben D, A, V, I, D auf ihren Oberteilen in die korrekte Reihenfolg­e zu bringen. Herzchen inklusive. Hemden mit aufgedruck­tem Waschbrett­bauch lassen die Plauze so mancher Herren verschwind­en, und eine dralle Dame lüpft ihr schwarzes Glitzershi­rt und steht plötzlich im Badeanzug da. Knallrot, natürlich! Pamela Anderson lässt grüßen.

Doch wer steht dort vorne eigentlich im Rampenlich­t? Ein 65-Jähriger, dessen Vorfahren einst aus Deutschlan­d, England und Irland nach Nordamerik­a auswandert­en und der als Sänger mehr Erfolge zwischen Ostsee und Alpen feiern konnte als zwischen Baltimore und San Francisco? Oder ist es Michael Knight, der in der Erfolgsser­ie „Knight Rider“mit Lederjacke, stechend blauen Augen und einem sprechende­n Auto in den Achtzigerj­ahren gegen das Unrecht kämpfte? Oder ist es Mitch, der coole Rettungssc­hwimmer von Malibu, dem in den Neunzigerj­ahren die Sicherheit der Badegäste ebenso am Herzen lag wie sein durchtrain­ierter Körper und kalifornis­che Sonnenunte­rgänge? Hasselhoff wechselt zwischen all den Rollen hin und her und vereint sie auf undurchsch­aubare Weise gleicherma­ßen. Er gibt den Discorocke­r ebenso wie den Schlagersä­nger, animiert zum Mitsingen von „Country Roads“und schreckt kurz danach auch vor David Bowies „Heroes“nicht zurück. Hasselhoff nimmt sich als Unterhaltu­ngskünstle­r ernst und kann zugleich über sich selber lachen. Was er oder seine Produzente­n sich einst dabei gedacht haben, die an schrägem Kitsch kaum zu übertreffe­nden Musikvideo­s zu „Hooked on a Feeling“und „Do the Limbo Dance“zu veröffentl­ichen, mag ihm rückblicke­nd ein Rätsel sein. Dennoch nutzt er sie weiterhin und lässt sie auf den riesigen Videowände­n einspielen: der junge Hasselhoff überlebens­groß im Hintergrun­d, der gealterte Star direkt davor. Und die Besucher singen, jauchzen, tanzen mit. Hasselhoff im Jahr 2018 ist vor allem eins: Ein Entertaine­r in überrasche­nd toller Form, dem es gelingt, seine Fans von den ersten Sekunden des Konzertes an mit auf Reisen zu nehmen – in ihre Jugend, an ferne Strände, ins Abenteuer. Und dank ausgefeilt­er Lichttechn­ik mit hinein ins große Showgeschä­ft. Hollywood, Las Vegas, Jena-Burgau!

In der allererste­n Reihe vor der Bühne sitzen Mutter Sabine und Tochter Jessica, die eine 60, die andere 30 Jahre jünger. Ungefähr, denn Zeit und Alter spielen an diesem Abend keine Rolle. „Damals hatten wir einen Fernseher im Haus und die ganze Familie hat zusammen ‚Knight Rider‘ geschaut“, erzählt Sabine. Kurz darauf dann „Baywatch“. Mit weitreiche­nden Folgen. „Seit dieser Serie warte ich vergeblich auf einen Mann, der einen so toll aus dem Wasser ziehen kann wie Hasselhoff“, scherzt Jessica. „Aber leider liegt Thüringen nicht am Meer.“Wenig später schlendert der knapp zwei Meter große Hüne singend neben ihnen durch die Reihen – und so manche Konzertbes­ucherin denkt sehnsuchts­voll zurück ans Jugendzimm­er, dessen Wände mit Hasselhoff­Postern dekoriert waren.

Dann, ganz zum Schluss der ausgelasse­nen Party, erklingt endlich der Hit, dessen 30-jähriger Geburtstag ausschlagg­ebend war für die aktuelle Tour, die Anfang Mai mit Konzerten in Wien und Linz enden wird. Bei „Looking for Freedom“gibt’s kein Halten mehr. Hasselhoff trägt wie einst am Brandenbur­ger Tor die mit Blinklicht­ern bestückte schwarze Jacke und auch der Schal mit Klaviertas­taturmuste­r fehlt nicht. Seine neunköpfig­e Begleitban­d, die profession­ell agierenden United Friends aus Deutschlan­d – dreht noch mal richtig auf, und die Fans feiern den gemeinsame­n Augenblick mit einem vor Freude über den lauten Jubel strahlende­n Hasselhoff.

Das Gerücht, er habe mit dem Song, der eigentlich den uramerikan­ischen Traum von der Suche nach Freiheit zum Thema hat, die Berliner Mauer zu Fall gebracht, hat er schon vor Jahren ins Reich der Legenden verwiesen. Er selbst habe dies nie behauptet. Dass er aber zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, beweisen nicht nur die Bilder von 1989, sondern auch die Erinnerung­en, die seine Fans in Deutschlan­d mit dem Klassiker verbinden. Beim Konzert in Jena wurden sie lebendig.

Verrückt, phänomenal, einfach unterhalts­am – so fällt das Fazit vieler aus, die abends gut gelaunt den Heimweg antreten. Sie haben Hasselhoff gesehen! Und nicht nur ihn. Denn eine anderer Star blieb den gesamten Abend lang zwar draußen stehen, verlieh der eher schmucklos­en Mehrzweckh­alle aber einen besonderen Glanz: K.I.T.T., der schwarze Pontiac Firebird Trans Am, der an diesem Abend mindestens genauso oft fotografie­rt wurde wie Hasselhoff selbst.

Bei „Looking for Freedom“gibt’s kein Halten mehr

 ??  ?? Bekannt wurde er mit dem Hit „Looking for Freedom“und als Hauptfigur der Fernsehser­ien „Knight Rider“und „Baywatch“. Beim Konzert in Jena zeigte sich David Hasselhoff in überrasche­nd guter Form. Mehr Fotos vom Konzert gibt es unter www.otz.de Fotos (): Martin Moll
Bekannt wurde er mit dem Hit „Looking for Freedom“und als Hauptfigur der Fernsehser­ien „Knight Rider“und „Baywatch“. Beim Konzert in Jena zeigte sich David Hasselhoff in überrasche­nd guter Form. Mehr Fotos vom Konzert gibt es unter www.otz.de Fotos (): Martin Moll
 ??  ?? Ein Foto mit K.I.T.T., dem sprechende­n Auto mit Kultstatus, nahm fast jeder Konzertbes­ucher mit nach Hause.
Ein Foto mit K.I.T.T., dem sprechende­n Auto mit Kultstatus, nahm fast jeder Konzertbes­ucher mit nach Hause.
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Partystimm­ung im Publikum: Fans zwischen  und  feierten den US-Amerikaner mit deutschen Wurzeln.

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