DDR-Schauspieler wieder in kleiner Kirche auf Usedom zu erleben
Mit zwei Neuproduktionen trumpft im Sommer die Reihe „Klassik am Meer“in Koserow auf. Gründervater Jürgen Kern ist auch mit 84 Jahren noch lange nicht müde.
KOSEROW – Beglückte Rückschau wandelt sich in erwartungsvollen Ausblick: Auf dem Erfolg von 19 ausverkauften Vorstellungen in der vorjährigen Jubiläumssaison - der 25.! - will sich die Koserower Reihe „Klassik am Meer“nicht ausruhen. Längst haben die Vorbereitungen für einen weiteren Theatersommer in der kleinen Kirche begonnen, der in zwei neuen Inszenierungen erneut mit großen Namen auftrumpft: mit Schauspiel-Legende Peter Bause in einer Soloversion von Henrik Ibsens Drama „Peer Gynt“und Kurt Tucholskys sommerleichter Liebesgeschichte
„Schloss Gripsholm“.
„Zwei Klassiker, die anzuschauen sich lohnen wird“, verspricht Theatermann Jürgen Kern, Gründervater der Reihe, die seit 1999 prominente Schauspieler und sehenswerte, qualitätvoll unterhaltende Inszenierungen
auf die Insel bringt. Gerade 84 geworden, bekennt er, sich seinem „Baby“wohl „zeitlebens in Liebe eng verpflichtet“zu fühlen. Die überaus erfolgreiche Saison 2023 mit dem Molière-Stück „Der Geizige“bewirke zusätzliche Motivation für die neue Spielzeit - wenngleich es nicht weniger als ein Kraftakt sei, die Finanzierung zu stemmen, angesichts steigender Preise für Proberäume und Hotelzimmer am Ende auf schwarze Zahlen zu kommen und zugleich vom hohen künstlerischen Anspruch nicht abzulassen.
„So stabil wie engagiert“sei dabei das Team mit Kasse, Catering, Technik und vielem mehr, würdigt er die Unterstützung vor Ort. Verlass sei auch auf Gönner und Sponsoren, Unternehmen und die Kurverwaltungen der Bernsteinbäder: „Sie sind uns von Anfang an freundschaftlich verbunden; anders ginge es gar nicht.“
Im Ambiente von Ort und Kirche fänden „Form und Inhalt einander in einer ganz besonderen Weise“, preist Kern die Atmosphäre der Theaterabende. „Nicht nur für das Publikum, auch für die Künstler hat das etwas
Einzigartiges.“Er selbst komme „jeden Sommer mit großer Sehnsucht auf die Insel und reise im Herbst wieder ermutigt ab. Und ich weiß, dass es vielen meiner Kollegen ähnlich geht“.
Bis das Ensemble in diesem Sommer auf die Insel kommt, wird ab Mai zunächst im Theaterhaus Berlin-Mitte geprobt. Regie bei „Peer Gynt“führt Philip Tiedemann, der in Koserow unter anderem schon Sean O'Caseys „Juno und der Pfau“, George Taboris Farce „Mein Kampf“und die Erich-Kästner-Revue „Pension Kästner“inszenierte. Seine Spielfassung des „nordischen Faust“macht aus dem personenreichen Epos um den Bauernsohn, der sich mit viel Erfindungsgabe und der Hilfe von Zauberwesen durch die Welt schlägt, ein flottes Solo für Volksschauspieler Peter Bause. „Dieses Stück wollten wir schon lange produzieren, jetzt passt es“, freut sich Kern.
Er selbst übernimmt künstlerische Mitarbeit bei Angelika Perdelwitz' Inszenierung von „Schloss Gripsholm“. Als bewusst gewählter Kontrapunkt im Repertoire komme Tucholskys Sommermärchen beschwingt und sonnendurchf lutet daher, erzähle reizend und verlockend von der Schönheit der Liebe, verspricht er und setzt auf: „Momente, die allen Krisen unserer Zeit trotzen mögen“.
„Peer Gynt“hat am 5. Juli Premiere, „Schloss Gripsholm“am 12. Juli. Sich wöchentlich abwechselnd, werden beide Produktionen dann bis zum 12. beziehungsweise 13. September jeweils zehn Mal gespielt. Der Kartenvorverkauf über die Internetseite www.klassik-am-meer.de bzw. das Portal Reservix hat bereits begonnen.