Warum Strasburg Flüchtlinge aus Frankreich hochleben lässt
Was wäre Strasburg ohne die aus Frankreich eingewanderten Hugenotten? Vielleicht würde es die Stadt gar nicht geben. Mit einem Festwochenende wird dort an die Glaubensflüchtlinge erinnert.
STRASBURG – Es ist ein markantes Jahr in der Geschichte Strasburgs: 1691 wanderten mehrere Hugenotten-Familien ein und wurden in der Stadt sesshaft. Von 244 Personen ist die Rede. Belegt ist, dass die französischen Glaubensflüchtlinge die durch die Folgen des Dreißigjährigen Krieges und der Pest sowie durch mehrere große Brände am Boden liegende Stadt vor dem Untergang gerettet haben. Sie haben viele neue, hier unbekannte Berufe mitgebracht: Wollkratzer, Hutmacher oder Tabakpflanzer.
Weil Strasburg an die Einwanderung der Hugenotten vor 333 Jahren erinnern will, plant die Stadt ein Festwochenende vom 19. bis 21. April. Gleichzeitig soll an den 200. Geburtstag des Schriftstellers mit hugenottischer Abstammung Otto Roquette erinnert, dessen Vater in Strasburg geboren wurde.
Die Geschichte der Hugenotten in Strasburg ist gut erforscht, sagt Strasburgs Museumsleiter Barnim Rödiger. Wichtigen Anteil daran hätten Hans-Jürgen Kopp und Monika Spiller, die sich im Rahmen eines einjährigen ABM-Projektes der Pomerania im Jahr 2000 mit der Geschichte der Hugenotten in der Stadt beschäftigt haben. Die seit Jahren bestehende Dauer-Ausstellung zu den Hugenotten im Museum baue darauf auf, sagt Rödiger.
Bei Recherchen zur Neugestaltung dieser Ausstellung sei dem Museumsbeirat der Name Otto Roquette aufgefallen. „Er ist ein Nachfahre der in Strasburg eingewanderten Hugenotten. Seine Familie gehörte mit zu den Ersten, die aus Südfrankreich kamen und sich hier ansiedelten“, berichtet der Museumsleiter. Otto Roquette sei neben Theodor Fontane der bekannteste Schriftsteller hugenottischer Herkunft. Er und seine Werke seien damals sehr beliebt gewesen, aber schon nach ein, zwei Generationen sei er in Vergessenheit geraten. Sein bekanntestes Werk sei das Versepos „Waldmeisters Brautfahrt“, das 1851 erschienen ist und von dem es etliche Auflagen gab. Roquette sei sich seiner Strasburger Wurzeln bewusst gewesen, noch heute gebe es Nachfahren von der Familie in der Region.
Für die überarbeitete Ausstellung werde eine zeitgemäße Auswahl von Exponaten zu den Glaubensflüchtlingen getroffen. Anhand der Hugenotten könne man gut die Verknüpfung Strasburgs mit der europäischen Geschichte darstellen. „Noch ist nicht alles vollständig und fertig“, so der Museumsleiter.
Das Festwochenende beginnt am Freitag, 19. April, um 17 Uhr mit einer Ausstellung und einem Vortrag inklusive musikalischer Umrahmung zur 1691 eingewanderten Familie Roquette. Um 19 Uhr wird im Alten Gemeindehaus der Film „Verstehen Sie die Béliers?“gezeigt.
Am Sonnabend, 20. April, ist um 14 Uhr ein historischer Stadtrundgang mit „Herrn Hugenot“vorgesehen, bei dem der Museumsleiter in eine historische Tracht steigt. Anschließend gibt es Kaffee und Kuchen im Alten Gemeindehaus. Gegen 16 Uhr ist die Vorstellung der neuen Publikation „Auf den Spuren von Migration in Strasburg (Um.)“mit anschließender Lesung und Musik aus „Waldmeisters Brautfahrt“im Museum vorgesehen.
Am Sonntag, 21. April, lädt die evangelische Kirchengemeinde um 9.30 Uhr zu einem Jubiläumsgottesdienst in die St. Marienkirche ein. Zusammen mit der französisch-reformierten Gemeinde wird ein ökumenischer Festgottesdienst gefeiert.