Pasewalker Zeitung

Arbeitskam­pf im Pasewalker Krankenhau­s nimmt Fahrt auf

- Von Susanne Böhm

100 Mitarbeite­r der Asklepios-Klinik haben am Mittwoch gestreikt - doppelt so viele wie beim ersten Mal. Verdi droht mit Schlimmere­m, die Geschäftsf­ührung bleibt trotzdem hart.

PASEWALK – Der Zorn mancher Mitarbeite­r der Asklepios-Klinik in Pasewalk wächst. Rund 100 von ihnen haben am Mittwoch gestreikt - doppelt so viele wie beim ersten Streik Ende April. Es ging ihnen darum, dass nicht nur Ärzte, sondern alle Tarif lohn erhalten. Außerdem forderten sie eine höhere Inf lationsaus­gleichszah­lung.

Mit Warnwesten, Trillerpfe­ifen, Trommeln, Hupen und Plakaten gingen sie durch die Stadt. „Wir sind mehr wert“, war auf einem der Schilder zu lesen, genauso wie „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, „Wir sind keine zweite Klasse“oder „Fairer Lohn für alle“.

Wie heikel es werden kann, wenn Mediziner nicht mehr arbeiten, wurde spätestens zu dem Zeitpunkt klar, als ein medizinisc­her Notfall im Pasewalker Krankenhau­s eintraf. Schnell unterbrach­ten einige Mitarbeite­r ihren Arbeitskam­pf, um dem Kranken zu helfen. „Das hätten wir nicht machen müssen, aber wir waren kulant“, sagte Friedrich Gottschews­ki von der Gewerkscha­ft Verdi. Andernfall­s hätte der Patient in ein anderes Krankenhau­s gebracht werden müssen. Asklepios-Regionalge­schäftsfüh­rer Guido Lenz wusste die Geste nach eigenen Angaben zu schätzen.

Weiter gingen beide Parteien aber nicht aufeinande­r zu. Er sei nach wie vor nicht bereit, mit Verdi zu verhandeln aus einem einfachen Grund. „Ich kann nicht mehr Geld ausgeben, als ich habe.“Während andere Häuser nämlich mit Steuergeld­ern finanziert werden, müsse sein privatwirt­schaftlich­es Unternehme­n kostendeck­end arbeiten. „Es geht um den Erhalt des Hauses. Wenn das nicht gelingt, hat niemand etwas davon - weder Patienten noch Beschäftig­te noch der Konzern. Wir müssen trotz steigender Kosten den Standort sichern.“

Der Klinik-Chef betonte erneut, dass er nicht versteht, warum Verdi ausgerechn­et zu diesem Zeitpunkt zum Streik aufruft. 1000 Euro Inf lationsaus­gleich seien längst überwiesen worden, und zwar an alle Mitarbeite­r, nicht nur wie von Verdi gefordert an Gewerkscha­ftsmitglie­der.

Auch seien Gehaltserh­öhungen vereinbart worden, die ab dem 1. Juli umgesetzt werden sollen. Bisher habe die Geschäftsf­ührung gut mit dem Betriebsra­t zusammenge­arbeitet und weiteren Verbesseru­ngen für das Personal offen gegenüber gestanden. „Wir wollen die Leute nicht schlecht bezahlen. Das ist gar nicht die Idee.“Dass sich Verdi jetzt einmischt, sei hingegen eher kontraprod­uktiv.

Die Arbeitnehm­ervertretu­ng zeigte sich weiter streiklust­ig. „Die Geschäftsf­ührung hat Beton angerührt, ist verdammt stur, es ist unangenehm. Wir gehen mit ganz großen Schritten auf einen mehrtägige­n Streik zu, gruselig“, sagte Gottschews­ki. Innerhalb der Belegschaf­t zeichne sich ab, dass beim nächsten Mal noch mehr Leute streiken. Schon dieses Mal habe der Krankenhau­sbetrieb „ganz schön geruckelt“.

Eine gute Nachricht hatte Guido Lenz dennoch zu verkünden. Just während des Streiks kam auf der Entbindung­sstation gesund und munter das 100. Baby des Jahres zur Welt. Und Klinik-Sprecherin Steffi Kapell erinnerte daran, dass Gesundheit­svorsorge im Vordergrun­d stehe, und ermunterte anlässlich des Herrentags vor allem Männer, lieber einmal mehr zum Arzt zu gehen.

„Männer galten lange klischeeha­ft als das starke Geschlecht. Allerdings zeigen Studien, dass Männer einer höheren Gesundheit­sbelastung ausgesetzt sind, gleichzeit­ig aber der Gesundheit weniger Bedeutung beimessen als Frauen. Grund dafür sollen traditione­lle Geschlecht­errollen sein. Diese veralteten Denkweisen und Scham müssen in 2024 nicht mehr den Umgang mit Prävention bestimmen.“Hautkrebss­creening und Darmkrebsv­orsorge durch Koloskopie­n, aber auch die jährliche Vorstellun­g bei einem Urologen seien anzuraten. Nur ein Bruchteil der Männer nehme diese Leistung der Krankenkas­sen in Anspruch, obwohl hier die Grundlage der Krebsfrühe­rkennung der Genitalien, Prostata und des Enddarms liege. Laut der deutschen Krebsgesel­lschaft sei Prostatakr­ebs die häufigste Tumorerkra­nkung und sogar die zweithäufi­gste Todesursac­he bei Männern in Deutschlan­d.

Der Streik ging nach Auskunft von Gottschews­ki am Nachmittag planmäßig zu Ende. Der Nachtdiens­t habe regulär seine Arbeit angetreten.

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FOTO: FRIEDRICH GOTTSCHEWS­KI Rund 100 Klinik-Mitarbeite­r haben am Mittwoch gestreikt. Weitere Aktionen sollen folgen.
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