Tempo-Macher
Solid-State-Module sind kaum größer als ein Kaugummistreifen. Dennoch sind sie, wie ihre großen Geschwister, die SSDs, mit viel Speicherkapazität verfügbar. Das Beste ist aber, dass sie bis zu fünfmal schneller sind als SSDs.
D er Einsatz von SSMs ist erst in jüngster Zeit wirklich attraktiv geworden. SSM steht übrigens für Solid State Module, diese Speicherchips erinnern uns in ihrer Form an Kaugummistreifen. Mainboardhersteller haben damit begonnen, den M.2-Anschluss auf den Boards zu verbauen, und zwar in einer Variante, die den Einsatz von sehr schnellen Speicherchips erlaubt. Eigentlich ist der M.2-Anschluss nämlich sehr breit ausgelegt. Sie können Bluetooth-, GPS-, WLAN- oder NFC-Karten anschließen. Das macht nur kaum jemand. Aktuelle M.2-Anschlüsse sind über PCI express 3.0 und über 4 Kanäle – oder auch englisch Lanes genannt – angebunden. Man schreibt dann kurz 4x. Ein kleiner Tipp für den Fall, dass Sie sich selbst auf die Suche nach einer passenden SSM machen: Gelistet werden die neuen SSMs häu g unter der Bezeichnung SSD M.2 (PCI) oder ähnlich. Kaufen Sie auf keinen Fall jene, die unter M.2 (SATA) aufgeführt werden. Die gibt es auch, sie sind älter, nach SATA spezi ziert und damit wesentlich langsamer. SSMs mit M.2 und der PCI-expressTechnologie können theoretisch 32 GBit/s beim Datentransfer erreichen. SATA-III ist mit max. 6 GBit/s spezi ziert. In der Praxis erreichen herkömmliche SSDs und eben auch ihre kleinen SSM-Geschwister damit rund 550 MByte/s – häu g aber weniger. Die Solid-State-Module mit PCIe-Anbindung erreichen bis zu 3 TByte/s. Bei dieser deutlichen Leistungssteigerung kann man verstehen, wenn sich Gamer oder Videokünstler beim Zusammenschrauben eines neuen Top-PC-Systems gerne bei den SSMs bedienen und den SSDs den Rücken kehren. Auch die Preisunterschiede sind mo- derat. Für eine gute 120 GByte große SSM (PCI) müssen Sie nicht mehr als 80 Euro ausgeben. Die SSD (SATA) im 2,5“-Format gibt es für rund 60 Euro. Eines darf man bei dieser ganzen Leistungs-Lobhudelei aber nicht vergessen.
Der Leistungsgewinn sollte klug eingeordnet werden
Damit ein PC-System für den Anwender schnell läuft, darf keine Wartezeit entstehen. Deshalb ist zum Beispiel die Zugriffszeit wichtig. Und hier haben SATA-SSDs gegenüber den PCIe SSMs keinerlei Nachteile. Beim Laden von sehr großen Datenmengen in den Arbeitsspeicher oder beim Kopieren von umfangreichen Daten spielen die SSMs ihren Vorteil aus. Auch beim Schreiben von kleinen Dateien (4K-Test) liegen sie oft über den SSDs. Das ist ein Indikator dafür, dass Windows nochmals einen Tick schneller laufen sollte. Aber Windows selbst ist die größte Systembremse.
Sicherheit geht bei Microsoft vor, auch wenn man 80 Prozent Tempo verliert
Wenn Sie denken, Sie haben alles richtig gemacht, und dennoch sind die Benchmark-Ergebnisse kümmerlich, dann liegt das an Windows. Windows 10 richtet einen zusätzlichen Speicher ein, um Cache-Daten
bei Stromausfall zu sichern. Das kostet bis zu 80 Prozent an Leistung. Wie Sie die Bremse abschalten, zeigen wir auf Seite 48.
Der klare Testsieger. Samsung 960 Pro
Die Samsung 960 Pro ist die Messlatte für alle anderen SSMs. Mit ihrer herausragenden Leistung übertrifft sie alle Mitbewerber, und das zum Teil sehr deutlich. Außerdem bieten die Koreaner einen Service, den man bei der Konkurrenz vermisst. Sie haben einen Windows-10-Treiber programmiert, der die volle Leistung des Speichers freisetzt und die Windows-Bremse aufhebt. Ohne die Samsung-Treiber ist es, als ob man einen 12-Zylinder-BMW mit 2 Zylindern fährt. Schaltet man die Windows-Bremse mit der Installation des Treibers ab, entfaltet sich ein wahres Feuerwerk an Leistung. Die sequenziellen Schreibraten haben wir mit 422 MByte ermittelt – ohne den dedizierten Treiber. Mit Samsung-Treiber erreicht die 960 Pro 2.156 MByte/s. Noch eklatanter lagen die Zugriffszeiten beim Schreibzugriff auseinander: 2,2 ms ohne und 0,018 ms mit Samsung-Treiber. Insgesamt hat die Samsung 960 Pro auf unserem Testsystem eine sehr beeindruckende Leistung gezeigt. 4.684 Punkte beim AS SSD, Leseraten jenseits von 3 Terabyte beim Benchmark ATTO und ein Datentransfer von über 1,7 TByte/s im Praxistest sprechen eine unmissverständlich klare Sprache. Die Samsung 960 Pro ist der unangefochtene Spitzenreiter. Einziger Wermutstropfen: der Speicherstick mit einem Terabyte Kapazität ist mit rund 600 Euro nicht eben ein Mitnahmeartikel.
Aber wer pure Leistung sucht, wird bei der Samsung 960 Pro fündig. Die Transferraten begeistern jeden Tester, die Zugriffszeiten sind tadellos, und auch die Wärmeentwicklung ist für eine SSM am M.2-Port noch relativ verhalten.
ADATA SX8000: Viel Speicherplatz für den kleinen Geldbeutel
Mit einer Kapazität von knapp 477 Gibibyte kommt die ADATA SX8000 auf einen sehr guten Preis pro Gibibyte von 50 Cent. Damit ist sie relativ günstig. Auf überragende Transferraten muss man allerdings verzichten. Dennoch ist diese SSM für Spar- füchse eine Überlegung wert, da ihre Zugriffszeiten sehr gut sind und der Nachteil der vergleichsweise geringeren Transferrate nur dann zum Ärgernis wird, wenn man oft große Dateien in den Arbeitsspeicher laden muss. Das ist zum Beispiel der Fall bei größeren Videoprojekten oder umfangreichen PC-Spielen. ADATA gibt leider die TBW nicht an, verbaut aber einen kleinen Kühlkörper auf den Speichermodulen.
Corsair MP500
Auch die Corsair MP 500 kommt ohne dedizierten Treiber für Windows 10. Bei dieser SSM sollten Sie also auch unseren TuningTipp im Gerätemanager beherzigen. Mit dem ATTO-Benchmark erreichen wir annähernd die Herstellerangaben für den Datentransfer. Die Zugriffszeiten beim Schreiben sind mit 0,033 ms einen Tick langsamer als im Mittel der Konkurrenten. Dennoch ist die Corsair eine interessante Alternative, denn die Firma gibt zum einen die TBW mit 349 Terabyte an – ein sehr guter Wert für die eingesetzte Kapazität –, und zum anderen wird noch herkömmliche 2D-NAND-Speichertechnologie eingesetzt, die als langlebiger eingeschätzt wird als jene Speicherzellen, die bei 3D-NAND Verwendung nden. Wer sich etwa ein High-End-PC-System zu- sammenbaut, das viele Jahre seinen Dienst tun soll, greift vermutlich lieber zu Komponenten mit hohem Qualitätsversprechen. Und die Corsair MP500 gehört sicherlich in diese Kategorie.
Plextor M8Pe
Beim Lesen übertrifft Plextor die eigenen Ziele, die allerdings mit einer Leserate von 2 TByte/s und einer Schreibrate von 900 MByte/s nicht übertrieben hoch gewählt wurden. Beim sequenziellen Lesen messen wir 2,4 TByte/s. Beim Schreiben können wir einen Bestwert von 884 MByte/s notieren. Die Zugriffszeiten, die der verbaute Marvell Controller ermöglicht, sind mit 0,022 bzw. 0,027 Millisekunden sehr gut. Sehr beruhigend wirkt die – für eine lediglich 256 MByte große SSM – TBW-Angabe von 384 TByte. Dieser Wert ist in Relation zur Größe der SSM zu verstehen und verspricht die längste Haltbarkeit von allen SSMs in unserem Vergeichstest. Warum Plextor bei dieser Speicherqualität nicht zehn Jahre, sondern nur fünf Jahre Garantie gewährt, so wie die meisten Konkurrenzprodukte, ist nicht ganz nachvollziehbar. Der Hersteller stattet die SSM mit einem Kühlkörper für die Speicherchips aus. Das ist sehr positiv, allerdings kann das ein Hindernis darstellen beim Einbau in ein Laptop. Prüfen Sie also vorab, ob in Ihrem Laptop ausreichend Platz bzw. Einbauhöhe vorhanden ist.
PNY CS2030
Die PNY CS2030 ist mit einem Versandpreis von rund 140 Euro eines der günstigsten SSMs, die es mit 240 GByte Größe gibt. Sieht man einmal von der dominierenden Leistung der Samsung ab, liegt die PNY mit ihrem Testergebnis durchaus in einem attraktiven Bereich. Die Zugriffszeiten sind gut, und die maximalen Lese- und Schreibraten sind mit drei bzw. zwei Terabyte pro Sekunde ebenfalls sehr gut. Auch bei kleineren Dateien liefert die CS2030 ein noch ordentliches Ergebnis ab, hinkt beim Schreiben allerdings einer Samsung oder auch einer Toshiba hinterher. Dieses Ergebnis gewichten wir bei der Auswertung allerdings relativ stark. Dennoch kann die PNY auch als Systemplatte eingesetzt werden. Mit über 135 MByte/s beim Schreiben von 4K-Dateien wird Ihr Windows-System ott laufen. HD Tune Pro, welches wir einsetzen, um die mittleren Transferraten zu messen, gibt eher durchschnittliche Werte aus. Auch die PNY liefert keinen dedizierten Windows-Treiber mit, Sie müssen die Einstellungen im Windows-Gerätemanager
selbst vornehmen. Ganz anders dagegen Toshiba OCZ.
Toshiba OCZ RD400
Die japanische SSD- und Speicherschmiede hat sich die Mühe gemacht, einen dedizierten Treiber für die RD400 zu programmieren. Diesen sollten Sie unbedingt von der Webseite https://ocz.com/eu/download/ herunterladen und einsetzen, wenn Sie sich für diese SSM entscheiden. Außerdem stellt Toshiba auch andere Dokumente zur Verfügung und eine Toolbox. Der RD400 liegt eine PCIe-Adapterkarte bei, die Sie nur dann benötigen, wenn Ihr Mainboard nicht über einen M.2-Anschluss verfügt. Vor dem Kauf einer SSM sollten Sie das unbedingt überprüfen. Ist kein M.2-Anschlus auf Ihrer Hauptplatine, prüfen Sie noch, ob ein PCIeSlot frei ist. Wenn ja, dann können Sie die RD400 auch über diesen in Ihrem System einbauen. Die Leistungsdaten der Toshiba OCZ RD400 können durchaus überzeugen. Die maximalen Lese- und Schreibraten übertreffen die Herstellerangaben. Die mittlere Leserate ist mit knapp 1.060 MByte/s die zweitbeste im Test. Und die Geschwindigkeit beim Schreiben von 4K-Dateien liegt mit über 208 MByte/s auf dem Niveau einer Samsung 960 Pro. Mit 0,053 ms Zugriffszeit beim Lesen ist die RD400 allerdings das Schlusslicht, aber mit 0,018 ms beim Schreibzugriff wieder die Beste im Testfeld.
Fazit
Insbesondere jene PC-Freunde unter Ihnen, die sich ein neues System zusammenbauen, sollten auch unbedingt einer schnellen SSM gegenüber den herkömmlichen SSDs den Vorzug geben. Der Einbau auf dem Mainboard in den M.2-Slot ist völlig unkompliziert. Die Windows-Bremse können Sie schnell mit ein paar Klicks im Gerätemanager lösen. Bleibt lediglich die Frage: Welche SSM soll ich wählen? Die Samsung 960 Pro bietet mit Abstand die beste Leistung, ist aber auch kostspielig. Wer schon aus Erfahrung weiß, dass ein neuer PC wenigstens sechs Jahre halten muss, legt den Fokus auf Haltbarkeit und greift womöglich zur Plextor. Wenn das neue System im Preis nicht explodieren darf, dann ist sicherlich auch eine PNY CS2030 keine schlechte Wahl, die es schon für 140 Euro gibt. Allerdings macht PNY keine Angaben zur TBW. Das weckt nicht unbedingt großes Vertrauen. ok