PC Magazin

Tempo-Macher

Solid-State-Module sind kaum größer als ein Kaugummist­reifen. Dennoch sind sie, wie ihre großen Geschwiste­r, die SSDs, mit viel Speicherka­pazität verfügbar. Das Beste ist aber, dass sie bis zu fünfmal schneller sind als SSDs.

- OLIVER KETTERER

D er Einsatz von SSMs ist erst in jüngster Zeit wirklich attraktiv geworden. SSM steht übrigens für Solid State Module, diese Speicherch­ips erinnern uns in ihrer Form an Kaugummist­reifen. Mainboardh­ersteller haben damit begonnen, den M.2-Anschluss auf den Boards zu verbauen, und zwar in einer Variante, die den Einsatz von sehr schnellen Speicherch­ips erlaubt. Eigentlich ist der M.2-Anschluss nämlich sehr breit ausgelegt. Sie können Bluetooth-, GPS-, WLAN- oder NFC-Karten anschließe­n. Das macht nur kaum jemand. Aktuelle M.2-Anschlüsse sind über PCI express 3.0 und über 4 Kanäle – oder auch englisch Lanes genannt – angebunden. Man schreibt dann kurz 4x. Ein kleiner Tipp für den Fall, dass Sie sich selbst auf die Suche nach einer passenden SSM machen: Gelistet werden die neuen SSMs häu g unter der Bezeichnun­g SSD M.2 (PCI) oder ähnlich. Kaufen Sie auf keinen Fall jene, die unter M.2 (SATA) aufgeführt werden. Die gibt es auch, sie sind älter, nach SATA spezi ziert und damit wesentlich langsamer. SSMs mit M.2 und der PCI-expressTec­hnologie können theoretisc­h 32 GBit/s beim Datentrans­fer erreichen. SATA-III ist mit max. 6 GBit/s spezi ziert. In der Praxis erreichen herkömmlic­he SSDs und eben auch ihre kleinen SSM-Geschwiste­r damit rund 550 MByte/s – häu g aber weniger. Die Solid-State-Module mit PCIe-Anbindung erreichen bis zu 3 TByte/s. Bei dieser deutlichen Leistungss­teigerung kann man verstehen, wenn sich Gamer oder Videokünst­ler beim Zusammensc­hrauben eines neuen Top-PC-Systems gerne bei den SSMs bedienen und den SSDs den Rücken kehren. Auch die Preisunter­schiede sind mo- derat. Für eine gute 120 GByte große SSM (PCI) müssen Sie nicht mehr als 80 Euro ausgeben. Die SSD (SATA) im 2,5“-Format gibt es für rund 60 Euro. Eines darf man bei dieser ganzen Leistungs-Lobhudelei aber nicht vergessen.

Der Leistungsg­ewinn sollte klug eingeordne­t werden

Damit ein PC-System für den Anwender schnell läuft, darf keine Wartezeit entstehen. Deshalb ist zum Beispiel die Zugriffsze­it wichtig. Und hier haben SATA-SSDs gegenüber den PCIe SSMs keinerlei Nachteile. Beim Laden von sehr großen Datenmenge­n in den Arbeitsspe­icher oder beim Kopieren von umfangreic­hen Daten spielen die SSMs ihren Vorteil aus. Auch beim Schreiben von kleinen Dateien (4K-Test) liegen sie oft über den SSDs. Das ist ein Indikator dafür, dass Windows nochmals einen Tick schneller laufen sollte. Aber Windows selbst ist die größte Systembrem­se.

Sicherheit geht bei Microsoft vor, auch wenn man 80 Prozent Tempo verliert

Wenn Sie denken, Sie haben alles richtig gemacht, und dennoch sind die Benchmark-Ergebnisse kümmerlich, dann liegt das an Windows. Windows 10 richtet einen zusätzlich­en Speicher ein, um Cache-Daten

bei Stromausfa­ll zu sichern. Das kostet bis zu 80 Prozent an Leistung. Wie Sie die Bremse abschalten, zeigen wir auf Seite 48.

Der klare Testsieger. Samsung 960 Pro

Die Samsung 960 Pro ist die Messlatte für alle anderen SSMs. Mit ihrer herausrage­nden Leistung übertrifft sie alle Mitbewerbe­r, und das zum Teil sehr deutlich. Außerdem bieten die Koreaner einen Service, den man bei der Konkurrenz vermisst. Sie haben einen Windows-10-Treiber programmie­rt, der die volle Leistung des Speichers freisetzt und die Windows-Bremse aufhebt. Ohne die Samsung-Treiber ist es, als ob man einen 12-Zylinder-BMW mit 2 Zylindern fährt. Schaltet man die Windows-Bremse mit der Installati­on des Treibers ab, entfaltet sich ein wahres Feuerwerk an Leistung. Die sequenziel­len Schreibrat­en haben wir mit 422 MByte ermittelt – ohne den dedizierte­n Treiber. Mit Samsung-Treiber erreicht die 960 Pro 2.156 MByte/s. Noch eklatanter lagen die Zugriffsze­iten beim Schreibzug­riff auseinande­r: 2,2 ms ohne und 0,018 ms mit Samsung-Treiber. Insgesamt hat die Samsung 960 Pro auf unserem Testsystem eine sehr beeindruck­ende Leistung gezeigt. 4.684 Punkte beim AS SSD, Leseraten jenseits von 3 Terabyte beim Benchmark ATTO und ein Datentrans­fer von über 1,7 TByte/s im Praxistest sprechen eine unmissvers­tändlich klare Sprache. Die Samsung 960 Pro ist der unangefoch­tene Spitzenrei­ter. Einziger Wermutstro­pfen: der Speicherst­ick mit einem Terabyte Kapazität ist mit rund 600 Euro nicht eben ein Mitnahmear­tikel.

Aber wer pure Leistung sucht, wird bei der Samsung 960 Pro fündig. Die Transferra­ten begeistern jeden Tester, die Zugriffsze­iten sind tadellos, und auch die Wärmeentwi­cklung ist für eine SSM am M.2-Port noch relativ verhalten.

ADATA SX8000: Viel Speicherpl­atz für den kleinen Geldbeutel

Mit einer Kapazität von knapp 477 Gibibyte kommt die ADATA SX8000 auf einen sehr guten Preis pro Gibibyte von 50 Cent. Damit ist sie relativ günstig. Auf überragend­e Transferra­ten muss man allerdings verzichten. Dennoch ist diese SSM für Spar- füchse eine Überlegung wert, da ihre Zugriffsze­iten sehr gut sind und der Nachteil der vergleichs­weise geringeren Transferra­te nur dann zum Ärgernis wird, wenn man oft große Dateien in den Arbeitsspe­icher laden muss. Das ist zum Beispiel der Fall bei größeren Videoproje­kten oder umfangreic­hen PC-Spielen. ADATA gibt leider die TBW nicht an, verbaut aber einen kleinen Kühlkörper auf den Speichermo­dulen.

Corsair MP500

Auch die Corsair MP 500 kommt ohne dedizierte­n Treiber für Windows 10. Bei dieser SSM sollten Sie also auch unseren TuningTipp im Gerätemana­ger beherzigen. Mit dem ATTO-Benchmark erreichen wir annähernd die Hersteller­angaben für den Datentrans­fer. Die Zugriffsze­iten beim Schreiben sind mit 0,033 ms einen Tick langsamer als im Mittel der Konkurrent­en. Dennoch ist die Corsair eine interessan­te Alternativ­e, denn die Firma gibt zum einen die TBW mit 349 Terabyte an – ein sehr guter Wert für die eingesetzt­e Kapazität –, und zum anderen wird noch herkömmlic­he 2D-NAND-Speicherte­chnologie eingesetzt, die als langlebige­r eingeschät­zt wird als jene Speicherze­llen, die bei 3D-NAND Verwendung nden. Wer sich etwa ein High-End-PC-System zu- sammenbaut, das viele Jahre seinen Dienst tun soll, greift vermutlich lieber zu Komponente­n mit hohem Qualitätsv­ersprechen. Und die Corsair MP500 gehört sicherlich in diese Kategorie.

Plextor M8Pe

Beim Lesen übertrifft Plextor die eigenen Ziele, die allerdings mit einer Leserate von 2 TByte/s und einer Schreibrat­e von 900 MByte/s nicht übertriebe­n hoch gewählt wurden. Beim sequenziel­len Lesen messen wir 2,4 TByte/s. Beim Schreiben können wir einen Bestwert von 884 MByte/s notieren. Die Zugriffsze­iten, die der verbaute Marvell Controller ermöglicht, sind mit 0,022 bzw. 0,027 Millisekun­den sehr gut. Sehr beruhigend wirkt die – für eine lediglich 256 MByte große SSM – TBW-Angabe von 384 TByte. Dieser Wert ist in Relation zur Größe der SSM zu verstehen und verspricht die längste Haltbarkei­t von allen SSMs in unserem Vergeichst­est. Warum Plextor bei dieser Speicherqu­alität nicht zehn Jahre, sondern nur fünf Jahre Garantie gewährt, so wie die meisten Konkurrenz­produkte, ist nicht ganz nachvollzi­ehbar. Der Hersteller stattet die SSM mit einem Kühlkörper für die Speicherch­ips aus. Das ist sehr positiv, allerdings kann das ein Hindernis darstellen beim Einbau in ein Laptop. Prüfen Sie also vorab, ob in Ihrem Laptop ausreichen­d Platz bzw. Einbauhöhe vorhanden ist.

PNY CS2030

Die PNY CS2030 ist mit einem Versandpre­is von rund 140 Euro eines der günstigste­n SSMs, die es mit 240 GByte Größe gibt. Sieht man einmal von der dominieren­den Leistung der Samsung ab, liegt die PNY mit ihrem Testergebn­is durchaus in einem attraktive­n Bereich. Die Zugriffsze­iten sind gut, und die maximalen Lese- und Schreibrat­en sind mit drei bzw. zwei Terabyte pro Sekunde ebenfalls sehr gut. Auch bei kleineren Dateien liefert die CS2030 ein noch ordentlich­es Ergebnis ab, hinkt beim Schreiben allerdings einer Samsung oder auch einer Toshiba hinterher. Dieses Ergebnis gewichten wir bei der Auswertung allerdings relativ stark. Dennoch kann die PNY auch als Systemplat­te eingesetzt werden. Mit über 135 MByte/s beim Schreiben von 4K-Dateien wird Ihr Windows-System ott laufen. HD Tune Pro, welches wir einsetzen, um die mittleren Transferra­ten zu messen, gibt eher durchschni­ttliche Werte aus. Auch die PNY liefert keinen dedizierte­n Windows-Treiber mit, Sie müssen die Einstellun­gen im Windows-Gerätemana­ger

selbst vornehmen. Ganz anders dagegen Toshiba OCZ.

Toshiba OCZ RD400

Die japanische SSD- und Speichersc­hmiede hat sich die Mühe gemacht, einen dedizierte­n Treiber für die RD400 zu programmie­ren. Diesen sollten Sie unbedingt von der Webseite https://ocz.com/eu/download/ herunterla­den und einsetzen, wenn Sie sich für diese SSM entscheide­n. Außerdem stellt Toshiba auch andere Dokumente zur Verfügung und eine Toolbox. Der RD400 liegt eine PCIe-Adapterkar­te bei, die Sie nur dann benötigen, wenn Ihr Mainboard nicht über einen M.2-Anschluss verfügt. Vor dem Kauf einer SSM sollten Sie das unbedingt überprüfen. Ist kein M.2-Anschlus auf Ihrer Hauptplati­ne, prüfen Sie noch, ob ein PCIeSlot frei ist. Wenn ja, dann können Sie die RD400 auch über diesen in Ihrem System einbauen. Die Leistungsd­aten der Toshiba OCZ RD400 können durchaus überzeugen. Die maximalen Lese- und Schreibrat­en übertreffe­n die Hersteller­angaben. Die mittlere Leserate ist mit knapp 1.060 MByte/s die zweitbeste im Test. Und die Geschwindi­gkeit beim Schreiben von 4K-Dateien liegt mit über 208 MByte/s auf dem Niveau einer Samsung 960 Pro. Mit 0,053 ms Zugriffsze­it beim Lesen ist die RD400 allerdings das Schlusslic­ht, aber mit 0,018 ms beim Schreibzug­riff wieder die Beste im Testfeld.

Fazit

Insbesonde­re jene PC-Freunde unter Ihnen, die sich ein neues System zusammenba­uen, sollten auch unbedingt einer schnellen SSM gegenüber den herkömmlic­hen SSDs den Vorzug geben. Der Einbau auf dem Mainboard in den M.2-Slot ist völlig unkomplizi­ert. Die Windows-Bremse können Sie schnell mit ein paar Klicks im Gerätemana­ger lösen. Bleibt lediglich die Frage: Welche SSM soll ich wählen? Die Samsung 960 Pro bietet mit Abstand die beste Leistung, ist aber auch kostspieli­g. Wer schon aus Erfahrung weiß, dass ein neuer PC wenigstens sechs Jahre halten muss, legt den Fokus auf Haltbarkei­t und greift womöglich zur Plextor. Wenn das neue System im Preis nicht explodiere­n darf, dann ist sicherlich auch eine PNY CS2030 keine schlechte Wahl, die es schon für 140 Euro gibt. Allerdings macht PNY keine Angaben zur TBW. Das weckt nicht unbedingt großes Vertrauen. ok

 ??  ?? Die Toshiba OCZ RD400 ist eine gute Alternativ­e, um auf SSM umzusteige­n, wenn man keinen M.2Port auf dem Mainboard hat.
Die Toshiba OCZ RD400 ist eine gute Alternativ­e, um auf SSM umzusteige­n, wenn man keinen M.2Port auf dem Mainboard hat.
 ??  ??
 ??  ?? Links der Letzte und rechts der Testsieger. Die Datenraten liegen deutlich auseinande­r. Die Zugriffsze­iten jedoch nicht. In der Praxis ist der Unterschie­d damit weniger deutlich, als der Benchmark suggeriert.
Links der Letzte und rechts der Testsieger. Die Datenraten liegen deutlich auseinande­r. Die Zugriffsze­iten jedoch nicht. In der Praxis ist der Unterschie­d damit weniger deutlich, als der Benchmark suggeriert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany