PC Magazin

Die bessere Liste

Mindmaps bieten eine schnelle und besonders anschaulic­he Art, Ideen zu sammeln und zu strukturie­ren. Intuitiv entfalten Sie damit Ihre Projekte.

- WOLF HOSBACH

S ind Sie ein Freund von Listen jeglicher Art? Ich bin es: Merklisten, Einkaufsli­sten, Urlaubspac­klisten, Ideenliste­n, To-do-Listen, Projektlis­ten, Meeting-Vorbereitu­ngs-Listen, Wie-ändere-ich-mein-Leben-Listen usw. – vielleicht, weil ich ein bisschen vergesslic­h bin oder mich gelegentli­ch komplexen Anforderun­gen im Beruf gegenübers­ehe. Hier gilt es, Ordnung zu schaffen und eine gut strukturie­rte Übersicht über alle Aspekte zu bekommen. Besonders sorgenfrei fühlt man sich, wenn man mit einem Blick den aktuellen Stand eines Vorhabens erfassen kann. Dafür sind normale Listen oft zu einfach, zu eindimensi­onal. Es gibt nur oben, unten und irgendwie mittendrin. Das gleicht dem Versuch, mit einem dicken Pinsel einen Rembrandt zu malen, was wenig erquicklic­h dürfte. Sehr viel erfreulich­er sind Mindmaps, quasi das ligrane Pinselset des Listenküns­tlers. Mind Mapping eröffnet dem Listenfreu­nd eine Vielzahl neuer Dimensione­n: Er verwaltet mehrere Listen – theoretisc­h sogar alle – in einer, er strukturie­rt seine Ideen mehrdimens­ional und differenzi­ert sie aus. Und er kann Prioritäte­n hervorhebe­n. Die Strukturen lassen sich im Prozess jederzeit umgruppier­en, verschiebe­n und mit neuen Zusammenhä­ngen versehen. Kurz, es gibt kaum eine übersichtl­ichere und kreativere Art, sein Hirn zu sortieren als mit einer Mindmap. Die Ur-Idee der Mindmap ist, Gedanken in ihrer assoziativ­en Kette festzuhalt­en, also in der Folge, in der sie aus dem Geist quillen – als Fluss von Gedanken, bei der eine Idee auf der anderen beruht. Diese Verkettung­en legt der Mindmapper in Äste nie-

der, die sich nach außen verzweigen. Ganze Äste oder einzelne Zweige lassen sich verschiebe­n, kombiniere­n, auf eine andere Ebene stellen, zerp ücken und neu zusammense­tzen. So gewinnen die Ideen schnell visuell an Struktur und nden sich in einer praktikabl­en und eben sehr übersichtl­ichen Form. Diese Grundform der Mindmap erinnert an ein Baumdiagra­mm, mit dem Unterschie­d, dass nicht nur ein Stamm nach oben wächst, sondern viele in alle Richtungen – ein Ideengestr­üpp.

Digitaler Partyplane­r

Die prozessori­entierte Arbeit mit Mindmaps funktionie­rt eigentlich nur mit einer Software (früher musste man auf dem Boden knien und Tapetenrol­len bekritzeln – da war mir meine Karteikärt­chenwirtsc­haft lieber), denn nur digital begleitet die Ideensamml­ung das komplette Projekt, wächst mit ihm, passt sich geänderten Anforderun­gen an, spiegelt zu jeder Zeit die Parameter des Vorhabens und bleibt fortdauern­d unverzicht­bar. Für die meisten Zwecke – und für den Einstieg allemal – reicht das kostenlose Freemind 1.0 ( freemind.sourceforg­e.net) aus. Es basiert auf Java und bietet auf der Webseite einen Windows-Installer, der Java bereits enthält. Weitere fertige Versionen gibt es für Linux oder Mac. Wenn Sie das Programm nach der Installati­on starten, sehen Sie eine leere Mindmap vor sich – mit einem ovalen Feld Neue Mindmap. Wenn Sie dieses anklicken, können Sie es bearbeiten. Tragen Sie zum Beispiel Party ein. Mit Strg + S speichern Sie das Projekt, party.mm lautet der vorgeschla­gene Name (die Projektdat­ei nden Sie unter Extras zum Heft auf DVD). Nun fügen Sie einen Ast ( auch Knoten genannt) hinzu, am besten mit der EinfgTaste. Fehlt diese auf Ihrer (Laptop-)Tastatur, wählen Sie mit der rechten Maustaste im Kontextmen­ü Neuer Unterknote­n. Den neuen Ast nennen Sie Gäste. Mit einem neuen Einfg hängen Sie an den vorhandene­n Ast einen Zweig, zum Beispiel Paul (ein Gast eben). Nun wollen Sie parallel zu Paul weitere Gäste anfügen und nicht weiter verzweigen. Statt Einfg drücken Sie Enter und fügen Elvira unter Paul hinzu usw. Nun setzen Sie parallel zu Gäste einen weiteren Knoten hinzu: Hotels. Dieser erscheint unterhalb von Gäste. Nun fügen Sie mit Einfg und Enter ein paar Hotels hinzu – und Ihre Mindmap nimmt langsam Formen an. Falls Sie mit der Optik oder der Struktur nicht zufrieden sind, haben Sie eine Reihe von Sortiermög­lichkeiten. Sie können beispielsw­eise Hotels nach oben schieben: Strg + Pfeil-nach-oben. (Während „ lt + Pfeil-nach-oben die Ansicht vergrößert). Beim Verschiebe­n nimmt Freemind alle Zweige eines Astes mit, also alle Hotels, die Sie zugefügt haben. Ähnlich können Sie die Hotels in die richtige Reihenfolg­e bringen (etwa nach Preis oder Entfernung sortiert). Elemente lassen sich aber auch mit der Maus verschiebe­n. Schnappen Sie sich zum Beispiel den ganzen Knoten Hotels und ziehen Sie ihn von rechts nach links ( Party leuchtet dann links grau auf). Nun wandern alle Hotels auf die andere Seite des Hauptknote­ns – zur besseren Übersicht. Umsortiere­n lassen sich auch einzelne Gäste, um Sie zum Beispiel nach und nach auf die Hotels zu verteilen. Sie haben immer im Blick, wer wo eingebucht ist oder wer noch einen Schlafplat­z braucht.

Einen Knoten löschen, das geht am einfachste­n mit Entf. Abgearbeit­ete To-dos verschwind­en auf diese Weise von der Liste und für immer aus dem Kopf.

Tipp: Wenn Sie den Text eines Knotens ändern wollen, ist das kein Problem, solange noch keine Zweige an ihm hängen. Denn dann lässt er sich nicht mehr mit einem Klick ändern, sondern nur noch mit der F2-Taste.

Die dritte Dimension

Die zweidimens­ionale Struktur steht nun. Für Einzelfäll­e lässt sich noch eine dritte ergänzen, in Form von direkten Querverbin­dungen zwischen zwei Knoten, als dünne Line. Zum Beispiel soll Heike sich um die Party-Location kümmern. Heike würde theoretisc­h also beim Ast Gäste als auch beim Ast Aufgaben erscheinen. Um hier eine visuelle Verbindung zu schaffen, markieren Sie erst den einen Knoten, dann mit Strg den zweiten, sodass beide grau hinterlegt sind. Nun tippen Sie fertig ist die Linie. Im Kontextmen­ü mit der rechten Maustaste bekommen Sie zur Linie ein paar weitere Optionen, zum Beispiel versehen Sie die Linie mit Pfeilen, ändern ihre Stärke oder löschen sie wieder. Diese Querverwei­se sollten Sie sparsam einsetzen, denn sie gehen stark zulasten der Übersichtl­ichkeit. Soweit zu den harten Fakten, der Rest ist ein bisschen Spielerei mit Farben, Schriftgrö­ßen und Astdicken. Sehr hilfreich sind die Symbole auf der linke Seite des Programms. Mit grünen Haken und roten Kreuzen markieren Sie beispielsw­eise den Erfolg eines bestimmten Vorhabens (Restaurant Sushis Heaven hat etwa Ruhetag). So gibt es Smileys, bunte Ziffern, Blitze, Ampeln, Fähnchen etc. für jeden Bedarf. Wollen Sie ein Symbol löschen, wählen Sie das kleine rote x ganz oben in der Symbolleis­te.

Pro -Tools und Cloud-Dienste

Freemind als Freeware richtet sich klar an private Anwender und einfache Ideensamml­ungen. Profession­ellen Ansprüchen dient Mindjet ( www.mindjet.de), das aber auch gleich mit 415 Euro zu Buche schlägt. Dafür bekommt der Business-Anwender viele Vorlagen, Diagramme, Organigram­me, Präsentati­onsmodi und Tools für die höhere Projektpla­nung. Eine sehr schöne Android- und iOS-App gibt es dazu. In unserem letzten Test (Heft 1/17) erhielt Mindjet 93 Punkte und ein Sehr gut. Eine weitere Gruppe an Mind Mappern tummelt sich in der Cloud. Der Vorteil ist klar: Der Reisende kann über den Browser von überall aus auf seine Maps zugreifen. Gut gefallen hat uns das Online-Tool von Mindmeiste­r ( www.mindmeiste­r.com), das von den Funktionen her Freemind in nichts nachsteht. Drei Maps sind kostenlos, für sechs Euro im Monat gibt es dann unbegrenzt­es Mappen und mehr Funktionen (etwa PDF-Export oder Bilder-Upload). Obwohl Mindmeiste­r im Browser läuft, bietet der Hersteller mobiloptim­ierte Apps. Einer der größten Mängel von Freemind ist tatsächlic­h das Fehlen einer brauchbare­n App für das Smartphone. Im Vergleich mit den Apps von Mindjet oder Mindmeiste­r nden sich im Google-Store eher Notlösunge­n. Am besten ge el uns noch Z-Mind ( bit.ly/2jtnvTb), das Freemind-Dateien öffnen und bearbeiten kann. Am Tablet ist die gra sche Variante schlicht, aber brauchbar, am Smartphone sollte der Anwender die Listenansi­cht wählen – die Liste hat uns wieder … whs

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 ??  ?? Mit Icons lassen sich einzelne Aspekte ansprechen­d hervorhebe­n. Freemind bietet eine Vielzahl der bunten Logos.
Mit Icons lassen sich einzelne Aspekte ansprechen­d hervorhebe­n. Freemind bietet eine Vielzahl der bunten Logos.
 ??  ?? Mindmaps schaffen einen schnellen und dynamische­n Überblick über ein Projekt (hier: Freemind).
Mindmaps schaffen einen schnellen und dynamische­n Überblick über ein Projekt (hier: Freemind).
 ??  ?? Querverbin­dungen lassen sich mit Pfeilen ziehen. Wegen der Übersichtl­ichkeit sollten Sie diese aber sparsam einsetzen.
Querverbin­dungen lassen sich mit Pfeilen ziehen. Wegen der Übersichtl­ichkeit sollten Sie diese aber sparsam einsetzen.
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 ??  ?? Mindmappin­g gibt es auch als Onlinedien­st, hier Mindmeiste­r. Der Anwender hat von überall her Zugriff auf seine Ideen.
Mindmappin­g gibt es auch als Onlinedien­st, hier Mindmeiste­r. Der Anwender hat von überall her Zugriff auf seine Ideen.
 ??  ?? … meist kehrt der Anwender zur wenig motivieren­den Listenansi­cht (links) zurück (hier: Zmind).
… meist kehrt der Anwender zur wenig motivieren­den Listenansi­cht (links) zurück (hier: Zmind).
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Mindmanage­r bietet viele profession­elle Funktionen, allerdings für viel Geld.
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Für das Smartphone ist das Angebot an Mindmaps mager, da der Bildschirm für komplexe Mind-Gespinste zu klein ist …

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