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Streaming-Abmahnwell­e droht

Der Europäisch­e Gerichtsho­f verunsiche­rt Sport-, Musik- und Filmliebha­ber. Eine neue Abmahnwell­e droht.

- RECHTSANWÄ­LTIN VILMA NICLAS, BERLIN

Auch Zuschauer verhalten sich illegal

F ilme ansehen oder Musik hören per Stream ist eine Urheberrec­htsverletz­ung, sofern Sie erkennen können, dass es ein rechtswidr­iges Angebot ist. Das hat jetzt der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) entschiede­n (RS: C-527/15). Bisher war nur klar, dass sich Streaming-Anbieter urheberrec­htswidrig verhalten, wenn sie ungefragt nicht frei verfügbare Filme oder Musik anbieten. Der Abruf dieser Streams war bisher urheberrec­htlich eine Grauzone.

Illegal kopierte Filme als Stream per Add-on ansehen

Vor dem EuGH stritten zwei niederländ­ische Parteien: Eine Stiftung, die Urheber vertritt, wollte den Verkauf der Multimedia­box lmspeler stoppen. Auf der Hardware befand sich ein Add-on, welches es Nutzern sehr leicht und kostenfrei ermöglicht­e, Bild- und Tonmateria­l anzusehen, das ohne Erlaubnis der Urheber im Internet zugänglich sei. Die Anbieter waren in der Software direkt verlinkt. Die Multimedia­box wurde mit diesem Add-on beworben. Der EuGH ist der Meinung, dass der Sach- verhalt nicht die Ausnahme in Art. 5 Abs. 1 und 5 der EU-RL 2001/29 (in Deutschlan­d: § 44a Urheberrec­htsgesetz) erfülle. Danach sind üchtige und vorübergeh­ende Kopien zulässig, die einen integralen und wesentlich­en Teil eines technische­n Verfahrens darstellen. Denn der Nutzer müsse prüfen, ob der alleinige Zweck des Ansehens des Streams darin bestehe, eine rechtmäßig­e Nutzung eines Werkes zu ermögliche­n. Dies lehnte der EuGH im konkreten Fall ab. Sofern Dritte auf ihren Websites urheberrec­htlich geschützte Werke als Stream ohne Erlaubnis anböten, beeinträch­tige dies die normale Verwertung der Werke. Indem Nutzer diese abspielen und vorübergeh­end vervielfäl­tigten, könne dies die berechtigt­en Interessen der Rechteinha­ber ungebührli­ch verletzen und dazu führen, dass sich die rechtmäßig­en Transaktio­nen bezüglich dieses Werkes verringern. Der Hauptanrei­z für die potenziell­en Erwerber einer solchen Mediabox liege ja genau darin, dass darauf Software vorinstall­iert sei, die ihnen Websites zugänglich mache, auf denen urheberrec­htlich geschützte Filme ohne Erlaubnis der Rechteinha­ber abrufbar seien, meint der EuGH. Der Nutzer verschaffe sich damit freiwillig und in Kenntnis der Sachlage Zugang zu einem kostenlose­n, nicht zugelassen­en und geschützte­n Filmangebo­t. In solchen Fällen könne der Nutzer sich nicht auf die gesetzlich­e Ausnahme berufen. Das Ansehen des Streams sei illegal. Die Nutzer hätten aufgrund der Werbung für den Medienspie­ler davon ausgehen müssen, dass die Streams rechtswidr­ig sind. Dies war im entschiede­nen Fall unstrittig und maßgeblich für die Entscheidu­ng des EuGH. In vielen anderen Fällen ist dies jedoch nicht so eindeutig. Ob das Ansehen eines Streams urheberrec­htlich erlaubt ist, müssen Sie jedes Mal prüfen. Es hat sich also nicht viel verändert. Auch bisher verbot § 53 Urheberrec­htsgesetz, Filme privat zu kopieren, wenn Sie erkennen konnten, dass der Film offensicht­lich rechtswidr­ig im Internet angeboten wird. Ähnliche Kriterien gelten nun für das Ansehen von Streams. Inwiefern kann man Nutzer ermitteln, um Urheberrec­htsverletz­ungen zu verfolgen? Riskant leben Nutzer, die ihre persönlich­en Daten auf Plattforme­n mit erkennbar illegalen Angeboten eingeben. Sofern aber die Anbieter der Plattforme­n für einen Auskunftsa­nspruch nicht aus ndig zu machen sind, helfen dort erfasste IP-Adressen der Nutzer allein nicht weiter.

Fazit

Es ist nicht in jedem Fall verboten, sich einen Stream anzusehen. Es kommt auf den Inhalt an und darauf, ob der Stream illegal angeboten wird und ob Sie dies erkennen konnten. Wer Fußballspi­ele im Live-Stream ansieht, die nicht of ziell frei verfügbar sind, riskiert eine Abmahnung, ebenso bei Filmen und Musik. Es gibt also weiterhin keine Rechtssich­erheit: Kaum ein Nutzer kann auf StreamingP­ortalen zweifelsfr­ei beurteilen, ob diese legal sind. Es verbleibt eine Grauzone und damit Abmahngefa­hr, sofern Sie nicht Spotify, Net ix, andere Dienste oder FernsehMed­iatheken nutzen. tr

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