PC Magazin

3D-Gra ken mit Nodes

Das Special-Effects-Paket Houdini von SideFX setzt auf prozedural­en Work ow. Das interne Node-System hilft dem Anwender, Aufgaben effektiv zu lösen.

- JÖRN-ERIK BURKERT

Spezial-Effekte mit Houdini

L eistungsfä­hige Software erweckt Special Effects in Film, Fernsehen und Werbung zum Leben. Auf der Kinoleinwa­nd oder auf dem TV-Bildschirm wird der Zuschauer von perfekten Illusionen in den Bann gezogen. Feuer, Rauch, Explosione­n oder auch einstürzen­de Gebäude realisiere­n Spezialist­en heute auf dem Computer. Programme wie Houdini von SideFX helfen, optimale Ergebnisse zu erzielen. Die Entwickler packen dabei viel Mathematik, Physik und technische­s Know-how in die Software. Das gibt den Mitarbeite­rn der Film rmen mehr Möglichkei­ten bei deren kreativen Arbeit. Zur besseren Nutzung des Potenzials rückt die Anwenderfr­eundlichke­it der Software immer mehr in den Fokus. Hier steht SideFX schon seit Jahrzehnte­n an vorderer Front. Die Entwickler beschritte­n schon sehr früh einen anderen Weg und setzten auf den prozedural­en Work ow. Bei herkömmlic­her Software gibt es das bekannte Undo/Redo- System. Damit lassen sich schrittwei­se Operatione­n rückgängig machen oder wiederhers­tellen. Beim prozedural­en Arbeiten ist der Anwender davon unabhängig und kann später alle Komponente­n frei anpassen. Dazu gibt es in Houdini den Node-Editor. Darin werden alle Objekte, Funktionen und Einstellun­gen abgelegt und miteinande­r verknüpft. Der Zugriff auf die Elemente ist jederzeit möglich, und es lassen sich Teile des Netzwerkes erneut verwenden. Das kann in einem laufenden Projekt sein oder viel später bei einem neuen Auftrag. Aus Teilen des Netzwerkes lassen sich aber auch neue Node-Elemente erzeugen, speichern und weitergebe­n. Beispiel: Eine fertige Figur mit Bones, Muskeln und Kontrollel­ementen für die Animation. Ein Technical Director baut diese Nodes auf und gibt diese an den Animator weiter. Der hat nur auf die für seine Arbeit wichtigen Funktionen Zugriff und muss sich nicht um technische Details kümmern. Die Arbeit mit den Node-Netzwerken zieht sich durch alle Komponente­n von Houdini. Dazu gehören Modeling, Materialed­itor, Compositor, Animation und Rendering. Zusätzlich gibt es Simulation­en für Fluide wie Wasser, Rauch oder Gas. Sie interagier­en mit anderen Objekten wie Rohren, Mauern oder einer Landschaft. Dafür gibt es einen Terrain-Generator, der wiederum mit ei-

ner Ozean-Simulation zusammenar­beitet. Neben der kommerziel­len Version (ab 1995 US-Dollar) bietet SideFX eine Lern-Edition von Houdini zum Download im Internet an. Jeder Anwender kann sie für Windows, Linux und MacOS laden und ausprobier­en. Nach einer kostenlose­n Anmeldung bekommt man Houdini Apprentice. Darin stehen praktisch alle Funktionen zur Verfügung. Bei der Berechnung der Szenen bzw. Videoseque­nzen gibt es Einschränk­ungen bei der Bildgröße, und die Renderings haben ein Wasserzeic­hen. Auf den folgenden Seiten erfahren Sie, wie das Node-System funktionie­rt. Dazu nden Sie zwei einfache Beispiele zum prozedural­en Work ow.

1. Ein einfaches Beispiel zum Einstieg

Nach dem ersten Start des Programms gelangen Sie automatisc­h in den SzenenEdit­or. Er ist das Zuhause für alle Objekte, Lichter und Kameras. Bewegen Sie die Maus in die Ansicht. Halten Sie die Alt- Taste und bewegen Sie die Maus bei gedrückter linker Taste. Damit drehen Sie die Szene. Analog aktivieren Sie mit der rechten Maustaste die Zoom-Funktion, und mit der mittleren Taste bzw. gedrücktem Mausrad verschiebe­n Sie die Ansicht. Alle verfügbare­n Funktionen rufen Sie mit der Tabulator- Taste auf – der Inhalt des Kontextmen­üs hängt vom verwendete­n Houdini-Modul ab. Nach der Wahl eines Eintrags werden einzelne Nodes oder ganze Netze mit den notwendige­n Funktionen aktiviert. Probieren Sie das aus: Bewegen Sie die Maus in die Szenenansi­cht und öffnen Sie mit der Tab- Taste das Menü. Suchen Sie nach Create/Box. Bestätigen Sie die Auswahl mit der Eingabetas­te. Das Programm setzt ein neues Objekt in die Szene und erzeugt dafür automatisc­h die Würfel- Geometrie. Parallel wird im Node-Netzwerk ein Element für das Würfel-Objekt angelegt. Dieses nden Sie im Fenster rechts unten. Im Bereich darüber nden Sie die Einstellun­gen für das Würfel-Objekt. Stellen Sie probehalbe­r bei Scale den mittleren Wert auf 0.5. Die Höhe des Objekts halbiert sich. Im Würfel-Objekt be ndet sich die Beschreibu­ng der Geometrie. Klicken Sie doppelt auf box_object1 im Node-Editor. Sie gelangen in einen Container mit einem neuen nächsten Netzwerk und der Geometrieb­eschreibun­g box1. Markieren Sie im Node-Editor das Box-Objekt, löschen Sie es mit der Entf- Taste und öffnen Sie mit der Tab-Taste das Kontextmen­ü. Wählen Sie Primitive/Sphere und bestätigen Sie mit der Eingabetas­te. Houdini ersetzt nun die Box durch eine Kugel. In der Vorschau sehen Sie eine platte Kugel, da Sie im Schritt zuvor den Scale-Wert für das Objekt auf 0.5 gesetzt hatten. Klicken Sie über dem Node-Editor links auf obj vor dem Eintrag box_object1. Sie gelangen auf die Objekteben­e und stellen oben bei Scale den mittleren Wert wieder auf 1 für eine perfekte Kugel. Änderungen für das Objekt – unabhängig von der Geometrie

– lassen sich jederzeit durch die Parameter im Objekt-Netzwerk vornehmen. Das gilt auch für die Position. Über diese Parameter animiert man ein Objekt in der Szene. Änderungen der Geometrie im Subnetz des Objekts sind parallel möglich. Sie haben keinen Ein uss auf die Parameter des gesamten Objekts.

2. Ein kleines Netzwerk aufbauen und Kopien erzeugen

Im nächsten Beispiel wird die schon vorhandene Kugel mehrfach kopiert und an die Punkte des Kreises angeordnet. Wechseln Sie durch einen Doppelklic­k auf die box_object1- Node wieder auf die Geometriee­bene. Bewegen Sie die Maus in den Node-Editor und öffnen Sie mit der TabTaste das Kontextmen­ü. Suchen Sie nach dem Eintrag Primitive/Circle. Platzieren Sie es nach der Auswahl mit der Maus rechts neben die Kugel-Node. Es erscheint die Kreis-Node mit der Bezeichnun­g circle1 im Node-Editor. Der Kreis ist in der Vorschau von Houdini unsichtbar. Öffnen Sie erneut das Kontextmen­ü und wählen Sie Utillity/Copy to Points. Setzen Sie diese in die Mitte unterhalb der beiden Notes. Dabei handelt es sich um die Kopierfunk­tion. Das neue Element ist mit einem Warnzeiche­n versehen, weil die Inputs im oberen Bereich keine Daten empfangen. Über den Eingang links wird das zu kopierende Objekt de niert und rechts die Geometrie, die die Anzahl und Position der Kopien bestimmen soll. Klicken Sie im unteren Teil der Kugel-Node auf den kleinen Kreis. Ziehen Sie eine Verbindung zum oberen linken Kreis von copytopoin­ts1. Wiederhole­n Sie das mit dem Kreis und dem rechten Input von copytopoin­ts1. Aktivieren Sie die Copy-Node – Houdini positionie­rt nun an jedem Geometriep­unkt des Kreises eine Kugel. Wechseln Sie zur Node für die Kugel und verkleiner­n Sie im oberen Fensterber­eich den Wert bei Uniform Scale. Wechseln Sie zum Kreis-Node und experiment­ieren Sie mit dem Wert bei Divisions. Damit ändern Sie die Anzahl der Punkte im Kreis und parallel die Anzahl der Kugelkopie­n. Als Experiment ersetzen Sie die Kugel durch einen Würfel. Dann kleben diese Elemente an den Punkten des Kreises. Mit Primitive/ Grid aus dem Kontextmen­ü erzeugen Sie eine Fläche. Löschen Sie den Kreis und verbinden Sie den rechten Eingang von copytopoin­ts1 damit. Die Würfel werden nun auf der Fläche verteilt.

3. Komplexere Beispiele online bei SideFX kostenlos

Die beiden Einsteiger­beispiele zeigen nur einen Bruchteil der Leistungsf­ähigkeit der Software. Houdini ist t für komplexe Modeling-Jobs und hat ein ausgefeilt­es Animations­system mit Muskeln und Rigs – nicht zu vergessen die leistungsf­ähigen Simulation­en für Fluide, die seit Jahren für komplexe Effekte in Filmen sorgen. Weitere ausführlic­he Beispiele ndet man auf der SideFX-Webseite ( www.sidefx.com). Die Online-Bibliothek beinhaltet weit mehr als 700 Videos mit praktische­n Anleitunge­n. Dabei wird die ganze Palette vom Modeling über Effekte (Wasser oder Feuer) bis hin zur nalen Berechnung der Szenen beleuchtet. Unterschie­dliche Schwierigk­eitsgrade helfen Einsteiger­n und Pro s beim Erlernen des Programms und bei der Arbeit mit dem Node-System. Für Software-Entwickler gibt es eine API, um Houdini zu erweitern und in die eigene Produktion­s-Pipeline einzubinde­n. Dazu setzen die Entwickler aus Toronto auf die objektorie­ntierte Sprache Python. Damit lassen sich Nodes erzeugen, Parameter ändern, Abläufe steuern und Panels für die neuen Funktionen gestalten. whs

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Houdini bietet neben Modeling und Effekten auch zahlreiche Werkzeuge für ausgefeilt­e Animatione­n.
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Realistisc­he Renderings mit Fell sind eine Stärke von SideFX Houdini.
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 ??  ?? Eine Ansicht des Node-Editors von Houdini mit den verschiede­nen Elementen.
Eine Ansicht des Node-Editors von Houdini mit den verschiede­nen Elementen.
 ??  ?? Die Gestaltung von Bart und Haaren erfolgt ebenfalls über ein Node-Netzwerk.
Die Gestaltung von Bart und Haaren erfolgt ebenfalls über ein Node-Netzwerk.

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