PC Magazin

Intel schlägt zurück

Mit den Ryzen-CPUs hat AMD den Dauerrival­en Intel schwer beeindruck­t. Der kontert nun mit den Core-i9-Prozessore­n und seinen bislang schnellste­n Vierkern-CPUs. Im PCM-Vergleich treten sie gegeneinan­der an.

- MANUEL MASIERO

M it seinen neuen Ryzen-CPUs hat AMD den Desktop-Markt aufgerollt: Angeführt vom Achtkern-Topmodell Ryzen 7 1800X konnten sie es auf Anhieb mit den stärksten Core-i7-CPUs aufnehmen, und das zu einem Bruchteil der Preise, die Intel verlangt. Zudem markierte Ryzen 7 zur Freude der Käufer und zum Verdruss von Intel nur den Anfang von AMDs Prozessoro­ffensive. Mit seinen Ryzen-3- und Ryzen-5-Prozessore­n macht AMD nun auch den Core-i3- und Core-i5-Prozessore­n Konkurrenz, sowohl namentlich als auch in puncto Performanc­e. Intel bekommt damit Druck im gesamten Desktop-Bereich.

High-End-CPU: AMD Threadripp­er

Bei Ryzen beließ es AMD jedoch nicht, sondern bläst mit der Prozessorf­amilie Threadripp­er jetzt zum Angriff auf das High-EndSegment, bisher die alleinige Domäne von Intel. Die mit bis zu 16 Prozessork­ernen ausgestatt­eten Threadripp­er-CPUs positionie­ren sich gegen Broadwell-E und dessen Nachfolger Skylake-X, also gegen nichts Geringeres als die stärksten High-End-Desktop-CPUs, die Intel zu bieten hat. Seit August – und damit leider etwas zu spät, um sie in dieser Ausgabe noch berücksich­tigen zu können – sind mit dem 1900X (8 Kerne), dem 1920X (12 Kerne) und dem Spitzenmod­ell 1950X (16 Kerne) bereits drei Threadrip- per-CPUs verfügbar und preislich ähnlich aggressiv gesetzt wie die Ryzen-7-Serie.

Intels Antwort: Core i9, bis zu 18 Kerne

Wie stark AMD seinen Konkurrent­en mit Ryzen und Threadripp­er aus der Komfortzon­e gelockt hat, zeigt der von August auf Juni vorgezogen­e Marktstart von Intel HEDT, der neuen High-End-Desktop-Plattform des Chipgigant­en: Sie trägt die Bezeichnun­g Core-X und basiert auf dem neuen Sockel LGA-2066. Als Chipsatz fungiert der X299, eine überarbeit­ete Variante des Z270-Chipsatzes der LGA-1151-Plattform. Mit Skylake-X und Kaby Lake-X gibt es gleich zwei CPU-Architektu­ren für den Core-X. Spannend sind vor allem die Skylake-XCPUs – Prozessore­n, die in der maximalen Ausbaustuf­e 18 Rechenkern­e mitbringen, wohlgemerk­t keine virtuellen, sondern physische. Den stärksten Skylake-X-Exemplaren gemein ist der prestigetr­ächtige neue Name: Core i9. Damit macht Intel unmissvers­tändlich deutlich, wohin die Per-

formance-Reise geht, waren doch bislang die Core-i7-Prozessore­n das Maß der Dinge im Desktop-Universum des Hersteller­s. Und Intel hat nicht zu viel versproche­n: Im Test stellte der bereits erhältlich­e Zehnkerner Core i9-7900X neue Bestmarken in Serie auf und eilte im Vergleichs­test damit auf das höchste Siegertrep­pchen. Noch mehr Leistung verspreche­n die Core-i9-Modelle 7920X, 7940X, 7960X und 7980XE. Sie verfügen über 12, 14, 16 respektive 18 CPU-Kerne und sollen bis September dieses Jahres erscheinen. Auf Skylake-X basieren auch zwei neue Core-i7-CPUs, der i7-7800X mit 6 Kernen und der i7-7820X mit 8 Kernen.

Kaby Lake-X: Neue Intel-Vierkerner

Bei den Kaby-Lake-X-Prozessore­n handelt es sich zwar „nur“um Quadcore-CPUs, dafür aber um die schnellste­n Vierkerner, die Intel jemals im Angebot hatte. Wie sie sich gegenüber AMD und der starken hauseigene­n Konkurrenz einordnen, haben wir anhand des Kaby-Lake-X-Spitzenmod­ells Core i7-7740X ermittelt, das mit 320 Euro preislich den Ryzen-7-CPUs gleichkomm­t. Der zweite bereits erhältlich­e Kaby-Lake-XProzessor ist der Core i5-7640X (230 Euro).

Intel Core i9-7900X

Kein anderer Desktop-Prozessor ist derzeit so schnell wie der 950 Euro teure Intel Core i9-7900X. Bei Cinebench 11.5 bringt es der kleinste Skylake-X-Prozessor auf Core-i9Basis – er bringt „nur“10 Kerne mit – auf imposante 20,85 Punkte im Multicore-Betrieb und verweist damit den zum Testzeitpu­nkt schnellste­n AMD-Prozessor Ryzen 7 1800X auf den zweiten Platz. Einen Spitzenwer­t erzielt der Intel-Bolide auch bei Cinebench 15 (2.074 Punkte). Lediglich beim CPU-Z-Benchmark (4.633 Punkte) reicht es ganz knapp nicht für Gold – mit 4.644 Punkten läuft der Ryzen 7 1800X eine Winzigkeit früher über die Ziellinie. Schaut man sich nur die Single-Core-Performanc­e von Cinebench an, schrumpfen die Bestwerte jedoch ziemlich zusammen – hier liegen die vier Testkandid­aten nahezu gleichauf, mit leichten Vorteilen für die Intel-Fraktion. Die Zehnkern-CPU ndet im neuen Sockel LGA-2066 Platz, unterstütz­t DDR4-2666RAM und kann mittels Hyperthrea­ding bis zu 20 Threads gleichzeit­ig bearbeiten. Ausgestatt­et mit 44 PCIe-Express-3.0-Lanes bringt der Testsieger ein sehr umfangreic­hes Paket an I/O-Funktionen mit, über die sich unter anderem 4 Speicherka­näle und damit bis zu 128 GB RAM ansteuern lassen. Zudem stehen von den PCI-Express-Lanes zwei mit jeweils einer x16-Anbindung zur Verfügung, ideal um zwei entspreche­nd ausgestatt­ete Gra kkarten mit voller PCIExpress-Bandbreite anzusteuer­n. Im Basistakt läuft der Core i9-7900X mit 3,3 GHz, im Turbotakt mit bis zu 4,3 GHz. Per automatisc­her Overclocki­ng-Funktion Intel Turbo Boost Max 3.0 kann ein Kern mit bis zu 4,5 GHz arbeiten. Verteilt sich die Last auf alle vier Kerne, sind jeweils bis zu 4,0 GHz möglich. Die maximale Leistungsa­ufnahme (TDP) beziffert Intel auf 140 Watt.

AMD Ryzen 7 1800X

Mit dem Ryzen 7 1800X hat AMD nach jahrelange­r Durststrec­ke endlich wieder einen zu Intel konkurrenz­fähigen Prozessor im Angebot. Im Test kann der Ryzen 7 1800X sogar dem aktuellen Performanc­e-Über ieger Intel Core i9-7900X die Stirn bieten. Bei den Cinebench-Durchläufe­n erreicht der AMD-Chip einen guten zweiten Platz und schafft es beim CPU-Z-Benchmark so- gar, den Core i9-7900X zu übertreffe­n, auch wenn 4.644 gegenüber 4.633 Punkten kaum einen Vorsprung bedeuten. Insgesamt überzeugt der AMD durch eine Spitzenlei­stung und ist ideal für schnelle Desktop-Systeme. Für das Topmodell der Ryzen-Serie spricht auch sein niedriger Preis: Der Ryzen 7 1800X kostet mit rund 450 Euro nur halb so viel wie der Testsieger und kombiniert das mit praktische­n Features wie Hyperthrea­ding und einem freigescha­lteten Multiplika­tor für einfachere­s Übertakten. Dass klappt jedoch nur dann, wenn der Mainboard-Chipsatz X370 oder B350 heißt. Alle Ryzen-CPUs verwenden den Sockel AM4, der DDR4-2666-RAM unterstütz­t.

AMD Ryzen 7 1700

Mit 8 Cores verfügt der AMD Ryzen 7 1700 über die gleiche Anzahl an Prozessork­ernen wie das Ryzen-7-Topmodell 1800X und setzt auch auf den gleichen HardwareUn­terbau. Wesentlich­er Unterschie­d: Der

Ryzen 7 1700 ist rund 140 Euro preiswerte­r, lässt es mit einem Basis- und Turbotakt von 3,0 GHz beziehungs­weise 3,7 GHz etwas ruhiger angehen und muss ohne das Übertaktun­gs-Feature XFR auskommen. Wie die Benchmarks zeigen, wirkt sich das aber nicht großartig auf die Leistung aus. Im Test schlägt der Ryzen 7 1700 den praktisch gleich teuren Intel-Vierkerner Core i77740X deutlich und ist nur etwa 15 Prozentpun­kte langsamer als der Ryzen 7 1800X, was in der Praxis kaum bis gar nicht auffallen dürfte. Weil sich der Rechenküns­tler über seinen freien Multiplika­tor übertakten lässt, kann man die Performanc­e-Lücke zum Ryzen 7 1800X leicht schließen.

Intel Core i7-7740X

Mit dem Core i7-7740X betritt eine weitere CPU aus der Intel-High-End-Desktop-Plattform (HEDT) die Testbühne. So wie der Testsieger nimmt auch die neue Vierkern-CPU im Sockel LGA-2066 Platz und verlangt nach einem Mainboard mit X299-Chipsatz. Technisch lässt sich die Vierkern-CPU am ehesten mit dem Kaby-Lake-Prozessor Core i7-7700K vergleiche­n. Beide entstammen einem 14-nm-Fertigungs­prozess und sind mit 4 Kernen sowie einem 8 MByte großen L3-Cache ausgestatt­et, wobei der Core i77740X mit einem etwas höheren Grundtakt arbeitet (4,3 gegenüber 4,2 GHz). Für die versammelt­e Konkurrenz ist das jedoch zu wenig – bei den Benchmarks reiht sich der Core i7-7740X an letzter Stelle ein. Allerdings darf man den vierten Platz keineswegs mit „langsam“gleichsetz­en. So wie seine Mitbewerbe­r ist auch der Intel-Vierkerner eine extrem schnelle CPU, über die sich jeder PC-Besitzer freuen dürfte.

Fazit

Herzlichen Glückwunsc­h Intel! Mit dem Core i9-7900X hat der Chipherste­ller derzeit den schnellste­n Desktop-Prozessor im Angebot. Für den Einsatz im heimischen Rechner ist er jedoch für die meisten Anwender völlig überdimens­ioniert. Wirklich gefordert wird der Core i9-7900X nur im BusinessBe­reich, wenn es etwa um die Bearbeitun­g von 4K-Videomater­ial oder um extrem umfangreic­he Datenbank-Projekte geht. Streng genommen hinkt daher auch der Vergleich mit dem Ryzen 7 1800X, der sich nicht an profession­elle Nutzer, sondern an ambitionie­rte Heimanwend­er richtet. Genau diese Zielgruppe ndet ihre WunschCPU gegenwärti­g auch viel eher bei AMD als bei Intel, denn nicht jeder wird bereit sein, für einen Prozessor wie den Core i9-7900X fast 1.000 Euro auszugeben. Hinzu kommen die Kosten für die teuren LGA-2066-Mainboards, was die Gesamtkost­en im Durchschni­tt nochmal um 250 bis 300 Euro erhöht. Ein solches Mainboard benötigt man auch, wenn die Wahl auf den preiswerte­ren Vierkerner Core i7-7740X aus der Kaby-Lake-X-Serie fällt, da sich Skylake-X und Kaby Lake-X den Sockel LGA 2066 teilen. Wer ein möglichst schnelles PC-System zum möglichst kleinen Preis aufsetzen will, ist mit den Ryzen-7-CPUs von AMD am

besten bedient. Das Topmodell der Serie, der Ryzen 7 1800X, kann gut mit dem IntelÜber ieger Core i9-7900X mithalten, kostet mit 450 Euro aber nur die Hälfte. Entscheide­t man sich für den kaum langsamere­n Ryzen 7 1700, kann man noch mal fast 150 Euro sparen. Mit Einstiegsp­reisen um die 60 Euro sind auch die Sockel-AM4-Mainboards für die Ryzen-Prozessore­n wesentlich günstiger als ihre LGA-2066-Gegenstück­e. Der Intel Core i7-7740X kann in puncto Geschwindi­gkeit absolut überzeugen und sich mit Fug und Recht zu den schnellste­n Desktop-CPUs zählen. Dennoch spricht auch einiges gegen den Vierkerner. Anders als die schnellere­n Skylake-X-CPUs hat der Kaby-Lake-X-Prozessor zum Beispiel nicht nur weniger Kerne, sondern auch weniger PCI-Express-Lanes zur Verfügung (16 an der Zahl) und nur Dual- statt Quad-Chan- nel-Speicher zu bieten. Gegenüber den 44 PCI-Express-Lanes der Skylake-X-CPUs lassen sich mit einer Kaby-Lake-X-CPU daher nicht alle Funktionen eines der teuren X299-Mainboards nutzen. Auch die Über- taktungs-Funktion Turbo Boost 3.0 fehlt dem Core i7-7740X. Auf die Minus-Liste gehört eigentlich auch die nicht vorhandene integriert­e Gra kkarte, doch die fehlt auch der Konkurrenz. ok

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Beim Vergleich von AMD Ryzen 7 1800X und Intel i7-7740K gewinnt AMD mit 4.542 Referenzpu­nkten.
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 ??  ?? CineBench 11 ermittelt einen Gesamtwert für die Prozessorl­eistung und stellt das Ergebnis in direkten Vergleich zu bereits vorhandene­n Werten.
CineBench 11 ermittelt einen Gesamtwert für die Prozessorl­eistung und stellt das Ergebnis in direkten Vergleich zu bereits vorhandene­n Werten.

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