Intel schlägt zurück
Mit den Ryzen-CPUs hat AMD den Dauerrivalen Intel schwer beeindruckt. Der kontert nun mit den Core-i9-Prozessoren und seinen bislang schnellsten Vierkern-CPUs. Im PCM-Vergleich treten sie gegeneinander an.
M it seinen neuen Ryzen-CPUs hat AMD den Desktop-Markt aufgerollt: Angeführt vom Achtkern-Topmodell Ryzen 7 1800X konnten sie es auf Anhieb mit den stärksten Core-i7-CPUs aufnehmen, und das zu einem Bruchteil der Preise, die Intel verlangt. Zudem markierte Ryzen 7 zur Freude der Käufer und zum Verdruss von Intel nur den Anfang von AMDs Prozessoroffensive. Mit seinen Ryzen-3- und Ryzen-5-Prozessoren macht AMD nun auch den Core-i3- und Core-i5-Prozessoren Konkurrenz, sowohl namentlich als auch in puncto Performance. Intel bekommt damit Druck im gesamten Desktop-Bereich.
High-End-CPU: AMD Threadripper
Bei Ryzen beließ es AMD jedoch nicht, sondern bläst mit der Prozessorfamilie Threadripper jetzt zum Angriff auf das High-EndSegment, bisher die alleinige Domäne von Intel. Die mit bis zu 16 Prozessorkernen ausgestatteten Threadripper-CPUs positionieren sich gegen Broadwell-E und dessen Nachfolger Skylake-X, also gegen nichts Geringeres als die stärksten High-End-Desktop-CPUs, die Intel zu bieten hat. Seit August – und damit leider etwas zu spät, um sie in dieser Ausgabe noch berücksichtigen zu können – sind mit dem 1900X (8 Kerne), dem 1920X (12 Kerne) und dem Spitzenmodell 1950X (16 Kerne) bereits drei Threadrip- per-CPUs verfügbar und preislich ähnlich aggressiv gesetzt wie die Ryzen-7-Serie.
Intels Antwort: Core i9, bis zu 18 Kerne
Wie stark AMD seinen Konkurrenten mit Ryzen und Threadripper aus der Komfortzone gelockt hat, zeigt der von August auf Juni vorgezogene Marktstart von Intel HEDT, der neuen High-End-Desktop-Plattform des Chipgiganten: Sie trägt die Bezeichnung Core-X und basiert auf dem neuen Sockel LGA-2066. Als Chipsatz fungiert der X299, eine überarbeitete Variante des Z270-Chipsatzes der LGA-1151-Plattform. Mit Skylake-X und Kaby Lake-X gibt es gleich zwei CPU-Architekturen für den Core-X. Spannend sind vor allem die Skylake-XCPUs – Prozessoren, die in der maximalen Ausbaustufe 18 Rechenkerne mitbringen, wohlgemerkt keine virtuellen, sondern physische. Den stärksten Skylake-X-Exemplaren gemein ist der prestigeträchtige neue Name: Core i9. Damit macht Intel unmissverständlich deutlich, wohin die Per-
formance-Reise geht, waren doch bislang die Core-i7-Prozessoren das Maß der Dinge im Desktop-Universum des Herstellers. Und Intel hat nicht zu viel versprochen: Im Test stellte der bereits erhältliche Zehnkerner Core i9-7900X neue Bestmarken in Serie auf und eilte im Vergleichstest damit auf das höchste Siegertreppchen. Noch mehr Leistung versprechen die Core-i9-Modelle 7920X, 7940X, 7960X und 7980XE. Sie verfügen über 12, 14, 16 respektive 18 CPU-Kerne und sollen bis September dieses Jahres erscheinen. Auf Skylake-X basieren auch zwei neue Core-i7-CPUs, der i7-7800X mit 6 Kernen und der i7-7820X mit 8 Kernen.
Kaby Lake-X: Neue Intel-Vierkerner
Bei den Kaby-Lake-X-Prozessoren handelt es sich zwar „nur“um Quadcore-CPUs, dafür aber um die schnellsten Vierkerner, die Intel jemals im Angebot hatte. Wie sie sich gegenüber AMD und der starken hauseigenen Konkurrenz einordnen, haben wir anhand des Kaby-Lake-X-Spitzenmodells Core i7-7740X ermittelt, das mit 320 Euro preislich den Ryzen-7-CPUs gleichkommt. Der zweite bereits erhältliche Kaby-Lake-XProzessor ist der Core i5-7640X (230 Euro).
Intel Core i9-7900X
Kein anderer Desktop-Prozessor ist derzeit so schnell wie der 950 Euro teure Intel Core i9-7900X. Bei Cinebench 11.5 bringt es der kleinste Skylake-X-Prozessor auf Core-i9Basis – er bringt „nur“10 Kerne mit – auf imposante 20,85 Punkte im Multicore-Betrieb und verweist damit den zum Testzeitpunkt schnellsten AMD-Prozessor Ryzen 7 1800X auf den zweiten Platz. Einen Spitzenwert erzielt der Intel-Bolide auch bei Cinebench 15 (2.074 Punkte). Lediglich beim CPU-Z-Benchmark (4.633 Punkte) reicht es ganz knapp nicht für Gold – mit 4.644 Punkten läuft der Ryzen 7 1800X eine Winzigkeit früher über die Ziellinie. Schaut man sich nur die Single-Core-Performance von Cinebench an, schrumpfen die Bestwerte jedoch ziemlich zusammen – hier liegen die vier Testkandidaten nahezu gleichauf, mit leichten Vorteilen für die Intel-Fraktion. Die Zehnkern-CPU ndet im neuen Sockel LGA-2066 Platz, unterstützt DDR4-2666RAM und kann mittels Hyperthreading bis zu 20 Threads gleichzeitig bearbeiten. Ausgestattet mit 44 PCIe-Express-3.0-Lanes bringt der Testsieger ein sehr umfangreiches Paket an I/O-Funktionen mit, über die sich unter anderem 4 Speicherkanäle und damit bis zu 128 GB RAM ansteuern lassen. Zudem stehen von den PCI-Express-Lanes zwei mit jeweils einer x16-Anbindung zur Verfügung, ideal um zwei entsprechend ausgestattete Gra kkarten mit voller PCIExpress-Bandbreite anzusteuern. Im Basistakt läuft der Core i9-7900X mit 3,3 GHz, im Turbotakt mit bis zu 4,3 GHz. Per automatischer Overclocking-Funktion Intel Turbo Boost Max 3.0 kann ein Kern mit bis zu 4,5 GHz arbeiten. Verteilt sich die Last auf alle vier Kerne, sind jeweils bis zu 4,0 GHz möglich. Die maximale Leistungsaufnahme (TDP) beziffert Intel auf 140 Watt.
AMD Ryzen 7 1800X
Mit dem Ryzen 7 1800X hat AMD nach jahrelanger Durststrecke endlich wieder einen zu Intel konkurrenzfähigen Prozessor im Angebot. Im Test kann der Ryzen 7 1800X sogar dem aktuellen Performance-Über ieger Intel Core i9-7900X die Stirn bieten. Bei den Cinebench-Durchläufen erreicht der AMD-Chip einen guten zweiten Platz und schafft es beim CPU-Z-Benchmark so- gar, den Core i9-7900X zu übertreffen, auch wenn 4.644 gegenüber 4.633 Punkten kaum einen Vorsprung bedeuten. Insgesamt überzeugt der AMD durch eine Spitzenleistung und ist ideal für schnelle Desktop-Systeme. Für das Topmodell der Ryzen-Serie spricht auch sein niedriger Preis: Der Ryzen 7 1800X kostet mit rund 450 Euro nur halb so viel wie der Testsieger und kombiniert das mit praktischen Features wie Hyperthreading und einem freigeschalteten Multiplikator für einfacheres Übertakten. Dass klappt jedoch nur dann, wenn der Mainboard-Chipsatz X370 oder B350 heißt. Alle Ryzen-CPUs verwenden den Sockel AM4, der DDR4-2666-RAM unterstützt.
AMD Ryzen 7 1700
Mit 8 Cores verfügt der AMD Ryzen 7 1700 über die gleiche Anzahl an Prozessorkernen wie das Ryzen-7-Topmodell 1800X und setzt auch auf den gleichen HardwareUnterbau. Wesentlicher Unterschied: Der
Ryzen 7 1700 ist rund 140 Euro preiswerter, lässt es mit einem Basis- und Turbotakt von 3,0 GHz beziehungsweise 3,7 GHz etwas ruhiger angehen und muss ohne das Übertaktungs-Feature XFR auskommen. Wie die Benchmarks zeigen, wirkt sich das aber nicht großartig auf die Leistung aus. Im Test schlägt der Ryzen 7 1700 den praktisch gleich teuren Intel-Vierkerner Core i77740X deutlich und ist nur etwa 15 Prozentpunkte langsamer als der Ryzen 7 1800X, was in der Praxis kaum bis gar nicht auffallen dürfte. Weil sich der Rechenkünstler über seinen freien Multiplikator übertakten lässt, kann man die Performance-Lücke zum Ryzen 7 1800X leicht schließen.
Intel Core i7-7740X
Mit dem Core i7-7740X betritt eine weitere CPU aus der Intel-High-End-Desktop-Plattform (HEDT) die Testbühne. So wie der Testsieger nimmt auch die neue Vierkern-CPU im Sockel LGA-2066 Platz und verlangt nach einem Mainboard mit X299-Chipsatz. Technisch lässt sich die Vierkern-CPU am ehesten mit dem Kaby-Lake-Prozessor Core i7-7700K vergleichen. Beide entstammen einem 14-nm-Fertigungsprozess und sind mit 4 Kernen sowie einem 8 MByte großen L3-Cache ausgestattet, wobei der Core i77740X mit einem etwas höheren Grundtakt arbeitet (4,3 gegenüber 4,2 GHz). Für die versammelte Konkurrenz ist das jedoch zu wenig – bei den Benchmarks reiht sich der Core i7-7740X an letzter Stelle ein. Allerdings darf man den vierten Platz keineswegs mit „langsam“gleichsetzen. So wie seine Mitbewerber ist auch der Intel-Vierkerner eine extrem schnelle CPU, über die sich jeder PC-Besitzer freuen dürfte.
Fazit
Herzlichen Glückwunsch Intel! Mit dem Core i9-7900X hat der Chiphersteller derzeit den schnellsten Desktop-Prozessor im Angebot. Für den Einsatz im heimischen Rechner ist er jedoch für die meisten Anwender völlig überdimensioniert. Wirklich gefordert wird der Core i9-7900X nur im BusinessBereich, wenn es etwa um die Bearbeitung von 4K-Videomaterial oder um extrem umfangreiche Datenbank-Projekte geht. Streng genommen hinkt daher auch der Vergleich mit dem Ryzen 7 1800X, der sich nicht an professionelle Nutzer, sondern an ambitionierte Heimanwender richtet. Genau diese Zielgruppe ndet ihre WunschCPU gegenwärtig auch viel eher bei AMD als bei Intel, denn nicht jeder wird bereit sein, für einen Prozessor wie den Core i9-7900X fast 1.000 Euro auszugeben. Hinzu kommen die Kosten für die teuren LGA-2066-Mainboards, was die Gesamtkosten im Durchschnitt nochmal um 250 bis 300 Euro erhöht. Ein solches Mainboard benötigt man auch, wenn die Wahl auf den preiswerteren Vierkerner Core i7-7740X aus der Kaby-Lake-X-Serie fällt, da sich Skylake-X und Kaby Lake-X den Sockel LGA 2066 teilen. Wer ein möglichst schnelles PC-System zum möglichst kleinen Preis aufsetzen will, ist mit den Ryzen-7-CPUs von AMD am
besten bedient. Das Topmodell der Serie, der Ryzen 7 1800X, kann gut mit dem IntelÜber ieger Core i9-7900X mithalten, kostet mit 450 Euro aber nur die Hälfte. Entscheidet man sich für den kaum langsameren Ryzen 7 1700, kann man noch mal fast 150 Euro sparen. Mit Einstiegspreisen um die 60 Euro sind auch die Sockel-AM4-Mainboards für die Ryzen-Prozessoren wesentlich günstiger als ihre LGA-2066-Gegenstücke. Der Intel Core i7-7740X kann in puncto Geschwindigkeit absolut überzeugen und sich mit Fug und Recht zu den schnellsten Desktop-CPUs zählen. Dennoch spricht auch einiges gegen den Vierkerner. Anders als die schnelleren Skylake-X-CPUs hat der Kaby-Lake-X-Prozessor zum Beispiel nicht nur weniger Kerne, sondern auch weniger PCI-Express-Lanes zur Verfügung (16 an der Zahl) und nur Dual- statt Quad-Chan- nel-Speicher zu bieten. Gegenüber den 44 PCI-Express-Lanes der Skylake-X-CPUs lassen sich mit einer Kaby-Lake-X-CPU daher nicht alle Funktionen eines der teuren X299-Mainboards nutzen. Auch die Über- taktungs-Funktion Turbo Boost 3.0 fehlt dem Core i7-7740X. Auf die Minus-Liste gehört eigentlich auch die nicht vorhandene integrierte Gra kkarte, doch die fehlt auch der Konkurrenz. ok