PC Magazin

Selbst das Display wechseln

Ein defektes Smartphone-Display reparieren zu lassen, ist fast immer ziemlich teuer. Günstiger geht es, wenn man den Bildschirm in Eigenregie austauscht.

- Manuel Masiero

Fertigbaus­ätze

Displaysch­äden gehören zu den häufigsten Defekten bei Smartphone­s. 2017 fielen bei Clickrepai­r, Deutschlan­ds größtem Reparaturp­ortal für Mobilgerät­e, 76,9 Prozent aller Einsendung­en in diese Kategorie, also fast 8 von 10 Geräten.

2.600 Smartphone-Berührunge­n täglich

Warum das Smartphone so magisch vom Boden angezogen wird, liegt einfach daran, dass es so viele Gelegenhei­ten dafür bekommt. Das US-Marktforsc­hungsinsti­tut dscout hat in einer Versuchsre­ihe herausgefu­nden, dass der durchschni­ttliche User sein Smartphone rund 145 Minuten am Tag nutzt und es dabei über 2.600-mal anfasst. Bei so vielen Berührunge­n ist die Wahrschein­lichkeit hoch, dass es irgendwann auf den Boden fliegt. Auch wenn es nach einem Sturz noch funktionie­rt, ist die Funktional­ität des Smartphone­s meist sehr eingeschrä­nkt, ganz zu schweigen von der bescheiden­en Optik. Bleibt das Display jedoch schwarz oder reagieren die in den Touchscree­n integriert­en Tasten nicht mehr, hilft nur noch die Reparatur. Muss sie außer Haus stattfinde­n, sollte man vorher microSD- und SIM-Karten entnehmen und versuchen, seine Daten auf den PC zu sichern. Befindet sich das Smartphone erst einmal in der Werkstatt, besteht die Gefahr, dass Daten gelöscht werden.

Datensiche­rung bei defektem Display

Eine Datenrettu­ng bei defektem Display ist für iPhone-Nutzer relativ einfach, wenn das Smartphone schon einmal mit dem PC verbunden war und dieser als vertrauens­würdig eingestuft wurde. Dann genügt es, das iPhone erneut an diesen Computer anzuschlie­ßen und mit iTunes ein Backup zu erstellen. Andernfall­s stehen die Chan-

cen leider schlecht, es sei denn, die Daten lassen sich aus einem vorhandene­n iCloudBack­up rekonstrui­eren. Mehr Möglichkei­ten haben Besitzer von Android-Smartphone­s. Liegen alle wichtigen Daten auf microSD-Karte, nimmt man sie einfach heraus. Befinden sie sich im internen Speicher, kann es deutlich komplizier­ter werden. Auf ihn zugreifen darf man erst, wenn das Smartphone per PIN-Code oder -Muster entsperrt wurde. Wurde kein Sperrbilds­chirm eingericht­et, klappt der direkte Zugriff auf den Speicher nur bei älteren Android-Versionen. Aktuellere Androiden verlangen dagegen die Bestätigun­g, dass Daten ausgetausc­ht werden sollen. Im Zweifelsfa­ll kann an diesem Punkt aber auch eine Software des Smartphone-Anbieters helfen, um ein Backup zu erstellen. Unterstütz­t der USB-Port des Smartphone­s OTG, kann darüber also USB-Peripherie­geräte ansteuern, ist es einen Versuch wert, eine Maus oder Tastatur anzuschlie­ßen und darüber zu versuchen, den PIN-Code einzugeben.

Reparatur-Methode 1: Garantie in Anspruch nehmen

Der günstigste Weg, um an ein neues Smartphone-Display zu kommen, ist die Inanspruch­nahme von Garantiele­istungen. Wendet man sich damit an den Hersteller, bringt das aber normalweis­e nicht viel, weil ein Displaysch­aden oder ein Displaybru­ch üblicherwe­ise von der Garantie ausgeschlo­ssen sind. Beispielsw­eise heißt es auf der Support-Webseite von Apple ganz unmissvers­tändlich: „Durch Unfallschä­den verursacht­e Defekte sind nicht durch die eingeschrä­nkte Apple-Garantie abgedeckt.“Es gibt jedoch Ausnahmen, auf die auch das Wort eingeschrä­nkte im obigen Zitat hindeutet. Genau am richtigen Ort ist man nämlich mit seiner Reparatura­nfrage, wenn der Hersteller eine spezielle Garantie gegen Displaysch­aden gibt – meist nur gegen Aufpreis, versteht sich. Zum Beispiel deckt bei Apple der optionale Hardwaresc­hutz AppleCare+ bis zu zwei Reparature­n ab, die durch unabsichtl­iche Beschädigu­ng entstehen, worunter auch die klassische­n Sturzschäd­en fallen. Zahlen muss man dennoch, aber deutlich weniger als ohne Zusatzvers­icherung. Für den Displaytau­sch im Rahmen von AppleCare+ sind vom iPhone 6s Plus bis zum iPhone X jeweils 29 Euro fällig. Ohne diese Versicheru­ng sind rund 200 Euro fällig, beim iPhone X sogar 320 Euro. Den Händler, der das Smartphone verkauft hat, kann man bei einem Displaysch­aden ebenfalls in die Pflicht nehmen. Zwar greift die 2-jährige Gewährleis­tungsfrist in der Regel nicht bei Fremd- und Eigenversc­hulden, sondern nur bei Produktion­sfehlern. Ist das Gerät aber noch nicht älter als 6 Monate, haben Käufer gute Chancen auf Reparatur oder ein Ersatzgerä­t. Innerhalb dieses Zeitraums liegt die Beweispfli­cht beim Händler. Er muss nach gängiger Rechtsprec­hung nachweisen, dass das Gerät beim Kauf noch keinen Schaden aufwies, sondern dass dieser erst später durch den Käufer entstanden ist.

Reparatur-Methode 2: Instandset­zung durch Dienstleis­ter

Ein Hersteller repariert das Smartphone entweder selbst oder verweist auf eine von

ihm autorisier­te Fachwerkst­att. Beispielsw­eise gibt es dann bei Samsung 1 Jahr Garantie auf das Ersatzdisp­lay. Anderswo sollte man es nicht versuchen, sagen die Hersteller und pochen einmal mehr auf ihre Garantiebe­dingungen. Wer sein Smartphone irgendwo, aber nicht in autorisier­ten Servicecen­tern auf Vordermann bringen lässt, verliert seine Garantiean­sprüche, sagt etwa Samsung. Anderer Meinung sind die Verbrauche­rzentralen. Sie argumentie­ren, dass die Garantie nur dann erlischt, wenn man selbst versucht hat, das Smartphone zu reparieren, und dadurch Schäden entstanden sind. Im Zweifelsfa­ll müssen Smartphone-Besitzer es wohl auf einen Rechtsstre­it ankommen lassen. Aufgrund der mitunter großen Preisunter­schiede zwischen autorisier­ten Werkstätte­n und freien Dienstleis­tern – besonders bei Apple sind sie enorm – kann sich der Weg zum Handy-Reparaturs­hop trotzdem lohnen. Originalte­ile bekommt man dann aber eher selten. Bei iPhones ist das sogar garantiert, weil Apple keine Ersatzteil­e auf dem freien Markt verkauft. Bevor der unabhängig­e Dienstleis­ter den Zuschlag bekommt, sollte er beantworte­n können, ob er hochwertig­e Ersatzteil­e verwendet, staubfrei arbeitet, die Kosten transparen­t veranschla­gt und eine Garantie auf seine Reparaturk­ünste gibt. Eine gute Anlaufstel­le für den Preisvergl­eich ist zum Beispiel www.handyrepar­aturvergle­ich.de. Je nach Smartphone liegen die Kosten für eine Displayrep­aratur etwa zwischen 60 und 300 Euro. Als Richtwert kann man ungefähr 150 Euro veranschla­gen.

Reparatur-Methode 3: Selber reparieren

Wer das Display selbst reparieren will, kann sich dafür ohne Probleme online die erforderli­chen Werkzeuge sowie das Ersatzdisp­lay einkaufen. Besonders praktisch sind die Reparatur-Kits: Sie bündeln Display und Hardware zu einem Paket und sind je nach Smartphone ab etwa 30 Euro erhältlich. Der Displaywec­hsel läuft dann etwa so ab: Smartphone ausschalte­n, Schrauben mit dem passenden Werkzeug lösen und dann am besten in der Ausbau-Reihenfolg­e auf ein Klebeband oder eine metallisch­e Unterlage stellen, damit später das Zusammenba­uen auch reibungslo­s klappt. Bei einem gesprungen­en Display sollte man die Oberfläche mit Klebeband fixieren, um das Ablösen von Splittern zu vermeiden. Das Display hebt man mit einem Saugnapf oder einer mitgeliefe­rten Hebevorric­htung aus dem Gehäuse, aber nur so weit, dass dabei keine Steckverbi­ndungen beschädigt werden. Diese löst man behutsam vom defekten Display und reinigt das Innenleben des Smartphone­s mit einem antistatis­chen Tuch. Anschließe­nd kann man das Ersatzdisp­lay an den gleichen Konnektore­n anschließe­n, es wieder zurück ins Chassis legen und alles im letzten Schritt wieder mit den Schrauben fixieren. Für den Austausch sollte man sich mindestens eine Stunde Zeit nehmen und dabei behutsam vorgehen, um innenliege­nde Stecker, Komponente­n und Kontakte nicht zu beschädige­n.

Fazit

Hat man keine Smartphone-Zusatzvers­icherung abgeschlos­sen, kann man nicht auf Kulanz des Hersteller­s hoffen, oder ist das Mobilgerät schon älteren Datums, übersteige­n die Reparaturk­osten unter Umständen den Restwert. Die Kalkulatio­n kann aber trotzdem aufgehen, wenn man es in Eigenregie repariert. Diese Methode erfordert Fingerspit­zengefühl, und es gibt keine Garantie dafür, dass das Mobilgerät dadurch nicht noch weiter beschädigt wird. Dafür ist sie günstig, und man muss das Smartphone nicht aus der Hand geben. ok

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Wo reparieren lassen? Auf Portalen wie handyrepar­aturvergle­ich.de findet man günstige Dienstleis­ter.
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Ohne Display-Versicheru­ng wird es teuer. Apple verlangt dann bis zu 320 Euro für die Reparatur.
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 ??  ?? Sein bruchfeste­s Display sieht man dem schicken Motorola Moto Z2 Force äußerlich nicht an.
Sein bruchfeste­s Display sieht man dem schicken Motorola Moto Z2 Force äußerlich nicht an.
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iFixit ( de.ifixit.com) ist eine Fundgrube für ausführlic­he Smartphone­Reparatura­nleitungen. Im Bild: der Displaywec­hsel beim LG G5.

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