Android rooten
Eine schicke neue Oberfläche, lästige Apps deinstallieren, mehr Energie sparen – oft scheitern diese Pläne an fehlenden Android-Root-Rechten. Gewinnen Sie die Kontrolle über Ihr Gerät zurück! ■ Fabian Ba mbusch
Apps, die Sie nur so nutzen können
Root-Berechtigungen auf Ihrem Android-Gerät versprechen Zugang zu den neuesten Funktionen des Betriebssystems, erweiterten Gestaltungsspielraum für die Benutzeroberfläche und Zugriff auf individuelle Handhabung der Hardware. Wir zeigen Ihnen Vorteile und Nachteile des Rootens und bereiten Sie vor, dies am eigenen Smartphone oder Tablet auszuprobieren.
Was bedeutet Root?
Eine Vielzahl an Android-Funktionen bleibt dem Benutzer von Haus aus verwehrt. Nur wer ‚Root‘-berechtigt ist (Englisch für ‚Wurzel‘) hat Zugriff darauf. Da Android aber Open Source ist, stehen Hobby-Programmierer bei jeder neuen Android-Version schon in den Startlöchern, schreiben Software zur Freischaltung des Root-Zugangs und bieten diese zum kostenlosen Download an. Die Methodik, mit der gerootet wird, kann je nach Gerätemodell unterschiedlich verlaufen und unterschiedliche Schritte umfassen (mehr dazu im Kasten auf Seite 97).
Nachteile und Risiken
Uneingeschränkter Zugang auf die grundlegenden Berechtigungen des Betriebssystems bedeutet zwangsläufig auch Potenzial
für Schaden an der Hardware bzw. für Sicherheitslücken, die sich auftun. Bevor Sie die Vorteile des Rootens genießen, sollten Sie Folgendes berücksichtigen:
Bleibende Hardware-Schäden
– Es besteht ein nicht zu unterschätzendes Risiko, während des Root-Verfahrens Ihr Smartphone oder Tablet so zu beschädigen, dass es den Neustart verweigert. Der Fachbegriff dafür ist ‚Bricking‘, da das Gerät nunmehr nur noch als Briefbeschwerer dienlich wäre. Dies setzt allerdings voraus, dass Sie die Root-Anleitung fahrlässig missachtet haben. Vorsicht ist geboten! Bricking kann die gesetztliche Gewährleistung infrage stellen (siehe Kasten auf dieser Seite).
Malware-Risiko
– Android in der Version 7.0 und höher ist mittlerweile bedeutend sicherer als noch vor einigen Jahren. Viele der nun standardmäßigen Sicherheitsvorkehrungen werden beim Rooten jedoch ausgehebelt. Das Risiko erhöhter Malware-Gefahr gebietet also die Nutzung einer Antivirus-App sowie weiterer Apps zur Absicherung Ihres Browsers und E-Mail-Verkehrs.
Malware-App-Risiko
– Darüber hinaus müssen Sie sichergehen, dass nur vertrauenswürdige Apps installiert werden. Unlautere Apps müssen nach der Installation zwar mindestens einmalig um Erlaubnis für den Root-Zugang bitten – ist sie aber erteilt, hat das Programm umfassenden Zugriff aufs Betriebssystem. Ohne Ihr Wissen kann eine solche App zum Beispiel zusätzliche Programme zum Diebstahl Ihrer Daten und persönlichen Informationen nachinstallieren. Zudem kann es Sicherheitsmechanismen umgehen.
App-Inkompatibilität
– Android-Apps haben neuerdings die Option, Root-Benutzern den Dienst zu verweh- ren. Google nennt diese Option SafetyNet. Nur wenige Apps nutzen noch SafetyNet. Darunter finden sich vor allem BankingApps sowie Googles eigenes Bezahlsystem Android Pay, aber auch die beliebten Spiele Pokemon Go und Super Mario Run. Die Root-App Magisk Mod ( https://goo.gl/ dYKUNo) bietet mittlerweile jedoch eine Option, die die Prüfung von SafetyNet außer Kraft setzt. Weitere Anbieter dürften bald folgen.
Keine automatischen Updates
– Gerootete Android-Geräte erhalten größtenteils keine automatischen Betriebssystem-Updates mehr direkt von Google. Viele Entwickler bieten dem Benutzer das Upgrade über deren Root-App an. Falls das nicht pünktlich geschieht, erkundigen Sie sich auf der Webseite Ihrer Root-App nach Lösungen. Unterm Strich ist das Rooten von Android-Geräten also keineswegs für Android- oder gar Computer-Laien zu empfehlen. Die gewonnene Freiheit geht einher mit größerer Verantwortung und negativen Konsequenzen, falls Risiken vernachlässigt werden.
Vorteile und Zusatzfunktionen
Wer sich bislang nicht abschrecken lassen konnte und weiterhin beabsichtigt, sein Smartphone oder Tablet zu rooten, kommt in den Genuss folgender Vorteile:
+ Android manuell nachrüsten
Wer kein Pixel- oder Nexus-Smartphone benutzt, wartet derzeit, bis die Dritthersteller ihre eigenen Versionen von Android 8.0/8.1 vorbereiten. Ältere Modelle bleiben womöglich auf 7.0 sitzen. Dies gilt aber nicht unbedingt für Root-Geräte. Alte Smartphones und Tablets können nachgerüstet werden, selbst wenn der Hersteller offiziell den Support und OS-Updates eingestellt hat. Suchen Sie im Internet nach Custom ROMs für Ihr Gerätemodell in der
aktuellen Android-Version und verlängern Sie damit die Lebensdauer Ihres Gerätes.
+ Oberflächenanpassung
Viele Android-Benutzer sehnen sich nach der Zeit von Android 4.0, nicht aufgrund des Funktionsumfangs, sondern aufgrund des schwarz-blauen UI-Designs. Leider hat sich Android mittlerweile zugunsten eines viel grelleren Weiß davon verabschiedet. Mit Root holen Sie sich den Nachtmodus zurück; Apps zur Anpassung der Benutzeroberfläche in jede beliebige Farbe legen Filter über die UI-Elemente und passen Schriftarten und Animationen an. Dies geschieht nicht nur in der Google Menüführung, sondern auch für Dritt-Apps.
+ CPU-Taktung bestimmen
Die Zeiten, als träge Smartphones der rasanten App-Entwicklung und steigenden Hardware-Voraussetzungen hinterherhinkten, sind vorbei. Selbst Mittelklasse-Smartphones sind leistungsstark genug, um die meisten Apps mühelos auszuführen. Mit Root verringern Sie deshalb ganz einfach die Taktung Ihrer Smartphones-CPU für bessere Batterieoptimierung. Gleichzeitig steht Ihnen die Möglichkeit offen, außergewöhnlich fordernde Programme wie 3DSpiele mit übertakteter CPU zu starten.
+ Batterieleistung verbessern
Android besitzt zwar einen Energiesparmodus, jedoch bleibt dabei wenig Gestaltungsfreiheit für den Benutzer. Die Verringerung von Animationen und Einschränkung von Funktionalität geschieht automatisch. Abgesehen von besserer Konfigurierbarkeit erkennen batterieschonende Root-Apps eigenständig Hintergrundprogramme, die nicht benötigt werden, und versetzen sie automatisch in den Schlafmodus. Das verringert die CPU-Last im Allgemeinen und ermöglicht die Arbeit selbst bei untertakteter CPU.
+ Lokale Backups erstellen
Das Android-eigene Backup wird automatisch in den Cloud-Speicher Google Drive hochgeladen. Backup-Apps mit Root-Rechten erweitern diese Funktionalität um ein Vielfaches: Backups sind verschlüsselbar, es lassen sich mehrere Restore-Punkte anlegen, App-Einstellungen mehrerer Benutzerprofile können einzeln erfasst werden, Backups stehen lokal zur Verfügung bzw. lassen sich auch auf dritten Cloud-Speichern bzw. private Server hochladen und vieles, vieles mehr.
+ Wifi Tethering nachrüsten
Mit Wifi Tethering verwandeln Sie Ihr Android-Gerät in einen mobilen Hotspot. Auto-
risierte Geräte nutzen so die mobile Datenverbindung Ihres Geräts, um ins Internet zu gelangen. Bei einem Vertragshandy kann diese Funktion vom Netzbetreiber deaktiviert worden sein. Ist dies der Fall, so finden Sie Root-Apps zum Rückgängigmachen.
+ Custom ROMs installieren
Bei Custom ROMs handelt es sich quasi um benutzerdefinierte Firmwares, die das Standard-OS ersetzen. Oft findet man einen Funktionsumfang, den es in bisherigen Android-Versionen noch nicht gegeben hat. Zudem präsentieren sich viele Custom ROMs beachtlich schick. Hier einige der beliebtesten: LineageOS (ehemals CyanogenMod), SlimRoms, Paranoid Android, Resurrection Remix, Dirty Unicorns etc. Prüfen Sie vor der Installation aber genau, ob Ihr Gerät mit der gewünschten ROM kompatibel ist.
+ Werbung auf App-Ebene blockieren
Die digitale Werbeindustrie ist so aufdringlich, dass Adblocker zur Standardausrüstung von Browser-Apps gehören. Doch innerhalb von Drittapps ist man weiterhin oft penetranten Werbemethoden ausgesetzt, wie spontanen Pop-ups, die zum versehentlichen Klicken einladen, oder der automatischen Wiedergabe von Videoclips. Werbeblocker mit Root-Zugang unterdrücken Werbeanzeigen auf App-Ebene. Um ehrliche App-Entwickler mit dezenten Werbebannern nicht abzustrafen, sollte diese Art von Werbeblocker aber nur im Extremfall zum Einsatz kommen.
+ Bloatware verschieben/deinstallieren
Für die meisten Android-Benutzer der wichtigste Aspekt beim Rooten: vorinstallierte Programme, die vom Benutzer unerwünscht sind (Bloatware). Diese Apps sind üblicherweise als System-Apps deklariert und lassen sich darum weder löschen noch auf eine SD-Karte auslagern. Mit Root sind beide Lösungen kein Problem. Vergewissern Sie sich vor dem Löschen nur, dass es sich beim Programm auch wirklich um keine echte System-Apps handelt. Custom ROMs beinhalten übrigens von Haus aus keinerlei Bloatware.
Fazit
Da Android von Version zu Version besser wird, ist Rooten längst nicht mehr so notwendig wie früher. Dennoch lassen sich auf gerooteten Geräten genügend weitere Funktionen freischalten – ganz zu schweigen von der erweiterten Kontrolle, die man als Root-User hat. Entscheiden Sie also selbst, ob die neuen Vorteile den Aufwand für Sie wert sind, und behalten Sie die Risiken im Blick. whs