Knipsen verboten
Die neue europäische Datenschutzgrundverordnung verunsichert Fotografen und stellt die bisherigen Regeln zum Recht am eigenen Bild infrage.
Neue Regeln für Fotografen
Aufatmen unter Fotografen und Juristen: Keinen Monat nach Inkrafttreten der EUDatenschutzgrundverordnung (DSGVO), entschied das Oberlandesgericht (OLG) Köln zur umstrittenen Frage: Gilt für Personenbilder nur die DSGVO oder ist das deutsche Kunsturheberrechtsgesetz (KUG) weiterhin anzuwenden. Seit dem Beschluss vom 18.06.2018 (AZ: 15 W 27/18) gibt es für Fotografen mehr Rechtsklarheit.
Wann sind Bildnisse personenbezogen?
Abgebildete sind sowohl nach DSGVO als auch nach KUG geschützt (Recht am eigenen Bild). Das Persönlichkeitsrecht ist bereits verletzt, wenn der Abgebildete identifiziert werden könnte. Solange der Mensch erkennbar bleibt, etwa anhand seiner Kleidung oder bestimmter Charakterzüge, und gilt keine gesetzliche Ausnahme, müssen Sie ihn vor der Abbildung fragen.
KUG gilt für Presse und privat
Im Kölner Fall verlangte der Abgebildete, Fotos von ihm in einem Fernsehbeitrag zu löschen bzw. zu verpixeln. Er war bei der Arbeit gefilmt worden in einem Bericht über die Räumung eines Gebäudes. Erwähnt wurde er nicht, man sah ihn lediglich kurzzeitig – wie andere auch – als Beispiel eines vor Ort tätigen Wachmanns. Die Abbildung sei im öffentlichen Interesse meinte das OLG Köln und ordnete sie als Bildnis der Zeitgeschichte ein, § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. A rtikel 85 DSGVO erlaube es, nationale Gesetze, für die Verarbeitung zu journalistischen Zwecken weiter anzuwenden. Datenschutz und Pressefreiheit seien untereinander abzuwägen. Damit gelte für Aufnahmen der Presse ausschließlich das deutsche Recht, wie das KUG. Erfolgt eine Aufnahme zur journalistisch-redaktionellen Berichterstattung, gilt dies auch für Blogger, YouTuber und Instagramer.
Private Fotos fallen nicht unter DSGVO
Fotografieren Sie ausschließlich zu persönlichen oder familiären Zwecken gilt das deutsche Recht. Vorteil: Keine datenschutzrechtlichen Informationspflichten.
Fotografieren Sie aus beruflichen oder kommerziellen Zwecken und gehören nicht zur Presse, gilt die DSGVO mit allen Informationspflichten.
Wann dürfen Sie Personen ohne Einwilligung fotografieren?
Nach dem KUG gilt: Fotos von sogenannten absoluten Personen der Zeitgeschichte, etwa von Politikern oder berühmten Sportlern, dürfen Sie zu Informationszwecken ohne Einwilligung veröffentlichen. Relative Personen der Zeitgeschichte, die aufgrund eines aktuellen Ereignisses kurz in der Öffentlichkeit stehen, dürfen Sie ebenfalls ungefragt abbilden. Gleiches gilt für Fotos, auf denen Personen als sogenanntes Beiwerk, etwa vor einer Sehenswürdigkeit erscheinen.
Irrtum: Auf Versammlungen ist nicht alles erlaubt
Nur weil sich jemand in die Öffentlichkeit begibt und demonstriert, muss er keine Portraits dulden, es sei denn er ist eine Person der Zeitgeschichte. Fotos von Demonstrationen sind nach dem KUG erlaubt, wenn Sie in die Menge hineinfotografieren. Gleiches gilt für Veranstaltungen in Räumen. Hier ist zudem das Hausrecht zu beachten.
Wann benötigen Sie eine Einwilligung?
Ist der Abgebildete erkennbar und gilt keine der Ausnahmen des KUG, müssen Sie vor dem Fotografieren fragen. Selbst wenn Sie ein Foto einer Person zu privaten Zwecken in Ihr Facebook-Profil einstellen, mit wenigen Freunden teilen oder Hochzeitsfotos für Gäste freigeben, das Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Personen ist zu beachten. Sind privat angefertigte Fotos einem unbeschränkten Personenkreis zugänglich, etwa auf einer Website, einem frei zugänglichen Facebook-Profil oder unter einem Link, halten Sie die Vorgaben der DSGVO ein. Eine Einwilligung muss freiwillig und informiert erfolgen, aber nicht schriftlich. Es ist im Streitfall aber einfacher. Personen können auch durch Posieren zustimmen. Können Sie nach KUG weder Einwilligung noch eine gesetzliche Ausnahme für sich beanspruchen, ist das Veröffentlichen des Fotos eine Straftat, § 33 KUG, auch für die Presse.
Tipp: Filmen Sie eine Person, nehmen Sie deren Einverständnis mit auf. Protestiert diese, sollten Sie dies respektieren.
Professionelle Fotografien
Bei geschäftlichen Fotoshootings ist die DSGVO samt Informationspflichten zu be achten, etwa für Portraitfotos, für Werbung sowie für Fotos auf Konferenzen oder Hochzeiten u.a. Engagieren Sie einen Fotografen für Portraits, erklären Sie sich mit der Abbildung einverstanden, sonst wäre ein Shooting nicht möglich. Jedoch darf der Fotograf selbst, ohne Ihre Zustimmung, die Fotos weder veröffentlichen, noch als Referenz nutzen. Sie wiederum dürfen das Foto nur mit Zustimmung des Urhebers veröffentlichen. Regeln Sie, die Ihnen eingeräumten Nutzungsrechte.
Berechtigtes Interesse
Die DSGVO erlaubt es, Personen ohne Einwilligung zu fotografieren, wenn ein „berechtigtes Interesse“des Veranstalters oder des Fotografen besteht, Art. 6 Abs. 1 lit. f). Dies ist abzuwägen mit dem Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten. Hier ist z.B. zu berücksichtigen, ob jemand mit Fotos rechnen musste. Auf der anderen Seite steht das Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Bei Kindern ist die Ausnahme tabu, ebenso in intimen Situationen oder wenn das Foto eine Person diskreditiert oder sensible Daten daraus hervorgehen, wie Religion oder sexuelle Orientierung. Auf diese Ausnahme könnten sich etwa Vereine berufen, um über Sportveranstaltungen zu berichten. Wie die Klausel künftig auszulegen sein wird, bleibt abzuwarten. Orientieren Sie sich bei der Auslegung an den bisherigen Ausnahmen des KUG. Holen Sie im Zweifel eine Einwilligung ein.
TIPP: Können Sie sich auf diese Ausnahme stützen, tun Sie es. Eine erteilte Einwilligung hat den Nachteil, dass diese jederzeit widerrufbar ist. Weisen Sie bereits in der Einladung zu einer Veranstaltung und auf dieser selbst, etwa am Eingang, deutlich darauf hin, wer die Datenschutz-Kontaktperson ist, was Sie konkret mit den Fotos planen und worin Ihr berechtigtes Interesse besteht und teilen alle notwendigen Informationen nach der DSGVO mit. Denken Sie als Profi-Fotograf an die Informationspflichten auf der Website, ein Verfahrensverzeichnis sowie an einen Vertrag zur Auftragsverarbeitung, wenn Sie Fotos in der Cloud speichern.