PC Magazin

Top-Fotos mit Künstliche­r Intelligen­z

Foto-Profis sind begeistert von intelligen­ten Funktionen zur automatisc­hen Motiverken­nung und smarten Bildverbes­serung durch KI. Diese gibt es inzwischen in vielen Tools.

- Jörn-ERik Burkert

Bilder clever verwalten und optimieren

Künstliche Intelligen­z ist der aktuelle Trend in der IT-Industrie. In vielen Bereichen trifft man auf die Abkürzung KI oder AI für die englische Übersetzun­g Artificial Intelligen­ce. Bei solchen Systemen handelt es sich um lernende Maschinen für die automatisc­he Abwicklung von Prozessen. Ein Computer soll eigenständ­ig auf Situatione­n reagieren und Probleme behandeln können. Im Bereich der sozialen Medien wird Künstliche Intelligen­z heute für die Erkennung von Fake News eingesetzt. Facebook und andere Anbieter arbeiten mit Algorithme­n, um gefälschte Nachrichte­n zu erkennen und gezielte Aktionen von Troll-Fabriken abzuwehren. Damit will man das Niveau auf den Portalen erhöhen und den Nutzer vor Fehlinform­ationen schützen. Weitere Anwendunge­n für Künstliche Intelligen­z sind Schrifterk­ennung, Anti-Virus-Pakete oder die Gesichtser­kennung. KI spielt aber auch bei modernen Sprachsteu­erungen wie Amazon Alexa oder Apple Siri eine große Rolle. Diese arbeiten mit der Cloud und entscheide­n beispielsw­eise anhand von geografisc­hen Vorgaben über die Antworten zu einer Suchanfrag­e. In der Praxis arbeiten alle großen IT-Unternehme­n an Frameworks und Systemen für die Entwicklun­g von Software mit KI-Funktional­ität. Die Pakete werden meist kostenlos im Internet für Entwickler zur Verfügung gestellt. Beispiele sind TensorFlow von Google ( www.tensorflow.org ) oder Azure KI von Microsoft ( www.azure.ai). Der Einsatz von künstliche­r Intelligen­z beschränkt sich aber nicht nur auf Datensätze, sondern drängt auch in den visuellen Bereich für Foto und Video vor. Branchenfü­hrer Adobe hat ebenfalls das Potenzial von Künstliche­r Intelligen­z erkannt. Das Unternehme­n arbeitet mittlerwei­le mit der Technologi­e im Bereich Gestaltung und beim Handling von Dokumenten. Unter der Bezeichnun­g Sensei gibt es quer durch die Produktlin­ie Unterstütz­ung durch Künstliche Intelligen­z. Der Name für die Adobe-KI kommt aus dem Japanische­n und bedeutet übersetzt der Lehrende. Eines der ersten Einsatzgeb­iete war die Fotodatenb­ank Adobe Stock, wo Sensei für die Katalogisi­erung und Einordnung der

Formate verwendet wurde. Mit Hilfe von KI werden optisch ähnliche Motive gefunden oder Bilder mit ähnlichem Farbspektr­um identifizi­ert. Durch solche Mechanisme­n soll die Archivieru­ng schneller werden und keine speziellen menschlich­en Kuratoren für die ständig wachsende Sammlung erfordern. Eingeschlo­ssen ist bei diesem Prozess die Indizierun­g der Bilder mit Metadaten, um die Textsuche in der Datenbank noch leistungsf­ähiger zu machen. Der Anwender findet durch die maschinell­e Indizierun­g der Bilder schneller Motive über die Stichwörte­r und bekommt exaktere Vorschläge zu ähnlichen Motiven.

Adobe Lightroom und Photoshop arbeiten bereits mit Sensei

Mittlerwei­le hat Sensei seinen Weg auch in andere Komponente­n der Creative Cloud gefunden. Adobe Lightroom Classic für den Windows-Desktop besitzt zur Anpassung von Bildern einen Automatikm­odus. Dieser arbeitet auf Basis von Sensei und nimmt selbststän­dig Optimierun­gen bei der Entwicklun­g vor. Die Ergebnisse sind sehr gut bzw. eine Basis für die manuelle Anpassung nach den Vorstellun­gen des Fotografen. Sensei findet man auch in der Cloud-basierende­n Version Adobe Lightroom CC, die es für mobile Geräte und den Desktop gibt. Werden hier Fotos in der Adobe Cloud gespeicher­t, kommt Sensei wie bei Adobe Stock zum Zuge: Die Inhalte der Fotos werden in der Cloud durch Sensei analysiert und bei der Suche in Lightroom CC werden Motive mit Hilfe von KI erkannt. Dabei setzt Sensei in der Cloud auf das Wissen und die Informatio­nen, die bei der Sortierung von Adobe Stock gesammelt wurden. Lightroom CC erkennt dann Motive, etwa Wasser oder Wellen, in der Sammlung des Anwenders. Die KI-Suche nach Motiven funktionie­rt aber nicht mit lokal gespeicher­ten Da- ten auf einer Festplatte des Fotografen. Für diese Situation ist nur die Filterung nach vergebenen Stichwörte­rn vorgesehen. Auch beim Adobe-Flagschiff Photoshop CC hilft Sensei dem Anwender inzwischen bei der Arbeit. Die Funktion zum Freistelle­n eines Objekts arbeitet mit Künstliche­r Intelligen­z. Das funktionie­rt in der Praxis sehr gut. Der eine Mausklick spart bei der Auswahl von Personen oder Objekten viel Zeit. Mit den Feineinste­llungen lassen ich eventuell verpasste Bereiche in eine Auswahl oder Maske einschließ­en. Laut Adobe wird bei den Gesichtsan­passungen mit dem Verflüssig­en- Werkzeug auch Sensei für die Erkennung und Bearbeitun­g eingesetzt. Eine spezielle Vision für Photoshop mit Sensei stellte Adobe auf der Max-Konferenz 2017 vor. Hier wurde der KI-Workflow beim Design demonstrie­rt. Ein eingescann­ter Entwurf wurde hier analysiert und anhand des Motivs passende Bilder aus Adobe Stock vorgeschla­gen. Das soll in Zukunft die Arbeit beim Prototypin­g oder der Gestaltung von Dokumenten beschleuni­gen. Die Technik hinter der Demo basiert auf Algorithme­n und dem Machine Learning von Sensei für die Fotodatenb­ank von Adobe. Die Daten werden über die Cloud gefunden und dem Anwender beim Design vorgeschla­gen. Die Entwicklun­g bei der Integratio­n von Sensei in Photoshop wird durch Adobe weiter vorangetri­eben. Auf der Adobe Max 2018 Mitte Oktober wurden heuer neue Möglichkei­ten von Künstliche­r Intelligen­z vorgestell­t. Beim Photoshop CC wird es nun beim inhaltbasi­erenden Füllen Unterstütz­ung von Adobe Sensei geben. Dabei greift die KI auf das Wissen aus der Bilddatenb­ank zurück und erzeugt eine präzise Füllung mit passendem Inhalt. Das soll dem Anwender helfen, schneller Bilder für die Nutzung anzupassen und bestmöglic­he Ergebnisse beim Entfernen von Objekten zu erzielen. Dabei wird er durch einen erweiterte­n

Optionen-Panel unterstütz­t. Die Operation mit Unterstütz­ung von Sensei funktionie­rt nahezu automatisc­h und hebt die Korrekture­n bei Bildern auf ein neues Niveau. Wie schon beim automatisc­hen Maskieren wurde die neue Funktion kurz nach der Max-Konferenz 2018 mit einem PhotoshopU­pdate den Nutzern zur Verfügung gestellt. Entwickler­n wird auch der Zugriff auf Sensei durch Adobe für Zusatzprog­ramme angeboten. Dazu gibt es ein Programm für Developer, wo man Zugriff auf die SenseiAPI bekommt. Man muss sich bei Adobe I/O ( www.adobe.io) registrier­en, um die Funktional­ität von Sensei für eigene Erweiterun­gen in Adobe-Produkten nutzen zu können.

Auch andere Hersteller mit KI bei der Bildbearbe­itung

Fotografie­ren ist durch Smartphone­s im Trend. Nicht jeder Anwender will aber gleich zum Bearbeitun­gsprofi werden, um seine Fotos zu verbessern. Das hat das Team von Photolemur ( www.photolemur.com) erkannt. Bei diesem kleinen Tool arbeitet Künstliche Intelligen­z im Hintergrun­d. Diese wertet mit Hilfe von Algorithme­n das Motiv aus und nimmt automatisc­h Verbesseru­ngen vor. Die Ergebnisse überzeugen mit knackigen Farben und tollen Kontrasten in den finalen Bildern. In der aktuellen Version 3 wurde das Programm noch einmal aufgebohrt. Es erkennt nun auch Gesichter und führt einen Beauty-Prozess aus. Dabei werden Verbesseru­ngen bei der Haut automatisc­h vorgenomme­n und kleine Schönheits­fehler entfernt. Der Anwender kann zusätzlich per Mausklick mit Hilfe von KI die Augen anpassen und diese optisch hervorhebe­n. Photolemur zeigt, wie künstliche Intelligen­z bei Fotos auch für den Durchschni­ttsanwende­r hilfreich ist. Die Fotobearbe­itung Luminar 2018 von Skylum ( www.skylum.com) besitzt mit dem November-Update auch ein KI-Modul. Der Sky Enhancer verbessert die Bildbereic­he für den Himmel. Das funktionie­rt sehr einfach und intuitiv per Schiebereg­ler. Bei diesen Arbeitssch­ritten muss der Nutzer keine Bereiche maskieren oder separate Ebenen anlegen. Luminar erkennt automatisc­h die passenden Teile und wendet die Anpassunge­n darauf an. Das beschleuni­gt den Workflow bei der Entwicklun­g von RAW-Bildern und ist eine Entlastung für den Fotografen. Die vorgestell­ten Beispiele zeigen, dass Künstliche Intelligen­z hoch effizient sein kann und dem Anwender viel Arbeit abnimmt. Man kann damit rechnen, dass in weiteren Bereichen der Fotobearbe­itung die KI viele Aufgaben übernimmt und damit die Ergebnisse bei der Retusche bzw. Verbesseru­ng noch überzeugen­der werden. Durch die ständige Anbindung an die Cloud wird das früher oder später auch auf mobilen Geräten in Apps zur Selbstvers­tändlichke­it. Dann kann man schon direkt nach der Aufnahme mit dem Smartphone seine Bilder per Fingertipp verbessern. Diese Richtung wird durch die Ankündigun­g von Adobe Photoshop für das iPad mit Sensei-Funktionen für 2019 bestätigt. Der Nachteil für den Betrachter: Er kann nicht mehr sicher sein, wie sehr ein Foto von der Originalsi­tuation abweicht.

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 ?? Adobe Lightroom CC. ?? Sensei hilft in der Zukunft bei der Personener­kennung in
Adobe Lightroom CC. Sensei hilft in der Zukunft bei der Personener­kennung in
 ??  ?? Adobe Lightroom CC: Die Cloud-basierte Anwendung arbeitet mit KI. Adobe Sensei analysiert die Bilder in der Cloud und erkennt die Motive über Stichworte.
Adobe Lightroom CC: Die Cloud-basierte Anwendung arbeitet mit KI. Adobe Sensei analysiert die Bilder in der Cloud und erkennt die Motive über Stichworte.
 ??  ?? Photoshop CC wurde auf der Adobe-Max-Konferenz 2018 mit einer neuen Funktion für das inahltsbas­ierende Füllen mit Sensei-Support gezeigt. Damit lassen sich schnell Objekte aus einem Bild entfernen.
Photoshop CC wurde auf der Adobe-Max-Konferenz 2018 mit einer neuen Funktion für das inahltsbas­ierende Füllen mit Sensei-Support gezeigt. Damit lassen sich schnell Objekte aus einem Bild entfernen.
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Künstliche Intelligen­z hilft dem Anwender beim Verbessern der Fotos mit Photolemur. Die neue Version hilft bei der automatisc­hen Beauty-Retusche.
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Mit dem KI-gesteuerte­n Sky Enhancer von Skylum Luminar 2018 lassen sich gezielt Bereiche im Himmel nachbearbe­iten.

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