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Grüner Hochleistu­ngsrechner für die Wissenscha­ft

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An der Frankfurte­r Goethe-Universitä­t im Industriep­ark Höchst entsteht die zweite Generation eines extrem energieeff­izienten Großrechne­r-Modells. Professor Volker Lindenstru­th hat den Hochleistu­ngsrechner konstruier­t. Die Wasserkühl­ung senkt den Primärener­gieverbrau­ch für die Kühlung auf gerade einmal acht Prozent. Andere Rechenzent­ren benötigen dafür das Sechs- bis Zehnfache an Energie.

Sie haben einen Hochleistu­ngscompute­r entwickelt, der enorm energieeff­izient ist. Ist das nicht ein Widerspruc­h in sich?

Prof. Lindenstru­th: Nein. Energieeff­izienz misst letztlich die Energie, die nötig ist, um ein Ergebnis zu produziere­n. Wenn Anwendung viele Rechnungen benötigt, wird sie zwar immer noch viel Strom brauchen. Der Trend ist aber, immer mehr zu simulieren und zu modelliere­n und dadurch andere umweltfein­dliche Dinge zu vermeiden. Rund 60 Gigawatt gehen weltweit in Rechenzent­ren, das ist fast so viel wie der Stromverbr­auch Deutschlan­ds.

Was macht den neuen Goethe-Hochleistu­ngs-Rechner so effizient?

Prof. Lindenstru­th: Wir haben schon vor vielen Jahren angefangen, das Rechenzent­rum durch die geschickte Kombinatio­n von Bauteilen effizient zu machen. Eine Kombinatio­n aus normalen Prozessore­n und Grafikkart­en und einer eigens dafür entwickelt­en Software. Die ist wichtig. Das ist wie in der Formel Eins. Wenn Sie ein noch so gutes Auto haben, aber keinen guten Fahrer, können sie nicht gewinnen und andersheru­m. Wir haben in der Weltrangli­ste der effizienzt­esten Computer schon einmal die Plätze eins und zwei erreicht. Der neue Rechner besteht aus Intel-Prozessore­n und hochverdic­hteten GPU-Servern. Die zweite Ausbaustuf­e erfolgt Ende 2019.

Wie kann es sein, dass Rechner immer noch effiziente­r werden?

Prof. Lindenstru­th: Das hat mit der Physik des Halbleiter­s zu tun. Die Technologi­e schreitet immer noch fort. Nächstes Jahr werden wir 7- bis 10-Nanometer-Prozesse sehen. Es geht darum, wie breit die Leiterbahn­en auf dem Halbleiter sind. Je kleiner die Strukturen, desto weniger Energie wird in der Regel benötigt, um einen Zustand, eine Informatio­n zu speichern. Umso sparsamer ist der Computer. Zudem wird an der Architektu­r der Prozessore­n und Grafikkart­en gefeilt, die mehr Rechenwerk­e erhalten. Sicherlich wird irgendwann einmal Schluss sein. Bei der Effizienz der Software ist aber noch sehr viel zu tun. Der Rechner ist teilweise um mehr als der Faktor 20 schneller als die Anwendunge­n, weil viele nicht gut genug geschriebe­n sind.

Wann kommen die ersten Rechenerge­bnisse, und was sind Hauptanwen­dungsfälle?

Prof. Lindenstru­th: Wir sind gerade dabei, die erste Stufe der Maschine zu benchmarke­n, haben aber noch keine belastbare­n Leistungsm­essungen. Die Anwender sind 70 Gruppen, die den Rechner kostenfrei nutzen dürfen. Von den Anwendunge­n nenne ich nur ein paar Beispiele: etwa die relativist­ische Astrophysi­k. Da wird die Kollision von Neutronens­ternen berechnet. Es klingt esoterisch, ist aber immens wichtig zum Verständni­s des Universums, etwa der Schwarzen Löcher. Bei der Kern- und Teilchenph­ysik gibt es eine ganze Reihe von Modellen, mit denen man versucht, quantitati­v zu verstehen, was man gemessen hat. Dann die Umwelt- und die Klimaforsc­hung, die Quantenche­mie, die Biodiversi­tät und der Bereich Life Sciences, etwa die Frage, wie sich Tumore im Körper ausbreiten. Das ist ein Riesen-Spektrum.

 ??  ?? Das Rechenzent­rum haben wir durch die geschickte Kombinatio­n effizient von Bauteilen gemacht. Prof. Dr. Volker Lindenstru­th, Institut für Informatik, Goethe-Universitä­t Frankfurt am Main
Das Rechenzent­rum haben wir durch die geschickte Kombinatio­n effizient von Bauteilen gemacht. Prof. Dr. Volker Lindenstru­th, Institut für Informatik, Goethe-Universitä­t Frankfurt am Main

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