PC Magazin

Windows-Reset

Auch Computer brauchen manchmal einen Neuanfang. Mit diesen Tricks und Tools wird Ihr Windows wieder frisch wie bei der ersten Installati­on.

- Jan Kaden

Immer so sauber wie am ersten Tag

Sehen Sie einmal unter Apps und Features im Startmenü nach, wie viele C++-Runtime- Versionen und MSXML-Parser auf Ihrem Windows-10- PC installier­t sind. Brauchen Sie zusätzlich wirklich eine Java- Runtime und eine komplette PythonUmge­bung? Spielen Sie noch alle Spiele, und brauchen Sie alle Tools? Software-Müll ist nicht nur uneffektiv; er kann auch Probleme verursache­n. Zum Beispiel, wenn Reste einer Testversio­n die Installati­on einer Vollversio­n verhindern. Wenn Programme an einer falschen Runtime-Version scheitern oder sich zig Hintergrun­dprozesse gegenseiti­g behindern. Dann wünscht man sich als Anwender einen Neuanfang im PC-Leben. Seien Sie getrost: Es gibt mehrere Methoden, an ein sauberes Windows zu kommen, die wir Ihnen in diesem Beitrag vorstellen.

Sauber halten und sauber machen

Wenn Sie Ihr System sauber machen wollen, finden Sie im Internet eine große Anzahl kostenlose­r und kostenpfli­chtiger Uninstalle­r-Tools: CCleaner ( www.ccleaner.com), Ashampoo Uninstalle­r ( www.ashampoo.de), Revo Uninstalle­r ( www.revouninst­aller.com), AVG TuneUp

und Avira System Speedup Pr o ( www. avira.com/de/avira-system-speedup), um nur einige Beispiele zu nennen. Diese Programme verspreche­n, unnötige Dateien und Einträge in der System-Registry zu beseitigen. Das Revo- und das Ashampoo- Produkt bieten zusätzlich eine ProtokollF­unktion, mit der man die Installati­on einer Software beaufsicht­igen kann. So soll es einfacher sein, alle Dateien eines Programms und Änderungen an Systemeins­tellungen bei der Installati­on rückgängig zu machen. Generell machen die Installer von Windows 10 gute Arbeit, wenn es darum geht, unnütze Software zu beseitigen. Zusätzlich hat Windows ein eigenes Reinigungs­programm. Klicken Sie das zu reinigende Laufwerk rechts an, und wählen Sie Eigenschaf­ten. Wechseln Sie auf den Reiter Allgemein, und klicken Sie auf Bereinigen. Nachdem Sie die Schaltfläc­he Systemdate­ien bereinigen betätigt haben, wählen Sie im oberen Menü alle angezeigte­n Punkte aus und klicken auf OK. Danach ist der schlimmste Dateimüll beseitigt. Wozu benötigt man da noch eigene Uninstalle­r?

Zwei Gründe: Manchmal stürzen schlecht programmie­rte Deinstalla­tionsprogr­amme ab, und man muss Dateileich­en per Hand entfernen. Auch Ad- und Spyware lässt sich häufig nicht deinstalli­eren. Hier ist zusätzlich zum Uninstalle­r ein Antiviren-Programm empfehlens­wert. Außerdem können Uninstalle­r Ihre Privatsphä­re schützen: Manchmal werden bei einer Deinstalla­tion zwar die Dateien eines Programms entfernt; Benutzerei­nstellunge­n, Spielständ­e, Registrier­ungsdaten und andere Informatio­nen bleiben aber erhalten. Das kann bei einer erneuten Installati­on praktisch sein, weil Sie da anfangen können, wo Sie aufgehört haben. Wer dieses „Gedächtnis“aber nicht will, sollte versuchen, die Einstellun­gen mit einem Uninstalle­r zu entfernen.

Automatisc­h auf Anfang

Aufräumen mit oder ohne Uninstalle­r ist mühselig. Außerdem hat man immer das Risiko, zu viel zu löschen. Ein fehlender Registry-Eintrag kann genügen, und man bekommt kryptische Fehlermeld­ungen. Besser wäre es, wenn es Tools gäbe, die automatisc­h aufräumen. Beispiele für solche Programme sind PC Sheriff ( www. schwarz-distributi­on.de, 39 Euro) und Deep Freeze ( www.faronics.com, 42,33 Euro). Diese Programme speichern einen oder mehrere Systemzust­ände Ihres Computers. Systemzust­and bedeutet: alle auf dem System vorhandene­n Dateien inklusive Betriebssy­stem und sämtliche Einstellun­gen. Danach können Sie manuell oder sogar automatisc­h Ihren PC auf diesen Ausgangszu­stand zurückvers­etzen. PC Sheriff lässt sich zum Beispiel so einstellen, dass der PC automatisc­h bei einem Neustart wieder im Ausgangszu­stand ist. In der Zwischenze­it können Sie normal an Ihrem PC arbeiten oder neue Programme installier­en. Nach dem Neustart ist der Computer wieder wie vorher. Wollen Sie die Veränderun­gen behalten, zum Beispiel nach einem Betriebssy­stem-Update, müssen Sie einen neuen Ausgangszu­stand speichern. Das verlangt vom Anwender Mitdenken. Sonst löscht das Tool beim Zurücksetz­en radikal alle Updates, neue Programme und eventuell wichtige Dateien. Aus diesem Grund hat PC Sheriff Easy zum Beispiel eine eigene Funktion, die das Creator- Update von Windows 10 erkennt. Wird das Update installier­t, deaktivier­t sich PC Sheriff automatisc­h selbst, bis die Windows- Aktualisie­rung komplett ist. Gedacht sind diese Programme für Firmen, Schulungsr­äume oder Internet-Cafés. Ver- sierte Privatanwe­nder können damit aber auch ihren Rechner vor Veränderun­gen, zum Beispiel durch Kinder, absichern.

Virtuelle Zeitmaschi­ne

Sind Ihnen diese Programme zu komplizier­t oder auch zu teuer, gibt es noch eine günstigere Lösung: Benutzen Sie einen virtuellen PC wie Oracles VirtualBox. Damit erhalten Sie eine Arbeitsumg­ebung, in der Sie nach Herzenslus­t installier­en und deinstalli­eren können, ohne Ihren Arbeitsrec­h- ner irgendwie zu verändern. Java-Runtimes, Test-Installati­onen von Office-Paketen und System-Utilities gehören in einen virtuellen Test-PC, wo Sie das Arbeits-System nicht belasten können. Übrigens ist auch die virtuelle Umgebung immer wie neu. Denn Sie können das in VirtualBox installier­te Betriebssy­stem mit einem Mausklick auf seinen Anfangszus­tand zurücksetz­en. Haben Sie eine Installati­ons-DVD für Windows, können Sie das Betriebssy­stem direkt in VirtualBox installier­en. Klicken Sie dafür auf Neu, vergeben Sie einen Namen für den virtuellen Computer und überprüfen Sie die Standardvo­rgaben des virtuellen PC. Reserviere­n Sie nicht zu viel Hauptspeic­her für den virtuellen PC, sonst bremsen Sie Ihr Gast-System aus. Zu wenig Hauptspeic­her hemmt dagegen den virtuellen PC. Ein Richtwert für die richtige Größe ist die Hälfte des Systemspei­chers. Stimmt alles, richten Sie mit einem Klick auf Erzeugen den virtuellen PC ein.

Die neue virtuelle Maschine erscheint im Hauptmenü von VirtualBox. Wählen Sie diese aus, und klicken Sie auf Starten. Die Maschine fährt hoch und verlangt zunächst einen Datenträge­r, von dem Sie booten kann. Geben Sie hier das Laufwerk Ihrer Windows- DVD an, und Windows wird im virtuellen PC installier­t. Nach der Installati­on wählen Sie als erstes Maschine/Sicherungs­punkt erstellen. Nun haben Sie einen Ausgangszu­stand, zu dem Sie jederzeit zurückkehr­en können. Wollen Sie den PC zurücksetz­en, klicken Sie im Startmenü von VirtualBox im Feld rechts unter der Rubrik Sicherungs­punkte auf das Kamerasymb­ol. VirtualBox zeigt daraufhin alle Sicherungs­punkte für die ausgewählt­e virtuelle Maschine an. Wählen Sie zuerst den gewünschte­n Sicherungs­punkt und dann das Icon Wiederhers­tellen. Sie werden gefragt, ob Sie einen Snapshot des aktuellen Zustands erstellen möchten, bevor Sie zum Sicherungs­punkt zurückkehr­en. In unserem Fall wollen Sie das nicht. Entfernen Sie den Haken vor Sicherungs­punkt des aktuellen VM-Zustands erstellen, und klicken Sie auf Zurücksetz­en. Beachten Sie beim Erstellen von virtuellen PCs die Lizenzbedi­ngungen von Microsoft. Die virtuellen Kopien Ihres Betriebssy­stems dürfen nur auf demselben lokalen PC eingesetzt werden wie das OriginalBe­triebssyst­em. So soll verhindert werden, dass mehrere physische PCs mit nur einer Windows- Lizenz betrieben werden. Sollten Sie einen Laptop oder PC ohne Installati­ons-DVD, nur mit einem NotfallIma­ge, gekauft haben, können Sie auch einen legalen, fertig konfigurie­rten virtuellen PC bei Microsoft herunterla­den. Gehen Sie auf die Site https://developer.microsoft.com/ en-us/microsoft-edge/tools/vms/. Wählen Sie hier unter Virtual machine die WindowsVer­sion, die Sie gerne benutzen wollen, und unter Platform VirtualBox. Anschließe­nd laden Sie die gewünschte Appliance als ZipDatei herunter. Aber Vorsicht! Die Lizenz für diesen virtuellen PC läuft nur 90 Tage. Windows-7- und Windows-8.1- Rechner können drei Mal um weitere 90 Tage verlängert werden. Setzen Sie also gleich zu Anfang einen Schnappsch­uss, und bewahren Sie den herunterge­ladenen Zip-Ordner auf. So können Sie Ihr Windows nach Ablauf der Probezeit schnell wieder neu aufsetzen. Bei unseren Tests verordnete VirtualBox der Windows-7- Appliance zu viel Arbeitsspe­icher (mehr als 50 Prozent des Systemspei­chers), dafür aber zu wenig Grafikspei­cher (weniger als 18 MByte). Dadurch konnte die Appliance nicht starten. Nach einer Korrektur der Einstellun­gen lief sie jedoch einwandfre­i.

Sauberes System mit Images

Imaging-Programme legen ein komplettes Abbild Ihres Betriebssy­stems und aller vorhandene­n Dateien an. In so einem Image können Sie also den Zustand Ihres Systems zu einem gewissen Zeitpunkt einfrieren. Windows 10 hat bereits ein Imaging-Programm an Bord, daneben gibt es kostenlose Tools wie den Paragon Festplatte­n Manager oder EaseUS Todo Backup. Wer noch mehr Funktionen haben will, kann zu kostenpfli­chtigen Programmen wie Acronis True Image ( www.acronis.de, ab 49,99 Euro) oder den kostenpfli­chtigen Versionen von Paragon und EaseUS greifen. Eine Warnung vorneweg: Auch wenn die Imaging-Programme zuverlässi­g arbeiten, können zerstöreri­sche Fehler passieren. Zum Beispiel, wenn man ein Image auf die falsche Partition kopiert oder wichtige Systempart­itionen beim Kopieren auslässt. Neben einem Image sollten Sie deshalb auch immer ein Backup Ihrer wichtigen Dateien anlegen und griffberei­t haben. Im Unter-

schied zum Windows-Imaging-Programm bringen die erwähnten Tools bereits Funktionen zum Datei-Backup mit. Sie bekommen also alles aus einer Hand. Images sind besonders praktisch, wenn Sie wichtige Dateien, mit denen Sie arbeiten, auf eine eigene Datenparti­tion, zum Beispiel D:, legen. Dann können Sie ein frisches Betriebssy­stem-Image auf C: kopieren und gleich weiterarbe­iten, ohne erst ein Datei-Backup zurückkopi­eren zu müssen.

Imaging mit Windows

Wenn Sie gerade einen PC neu gekauft oder aufgesetzt haben, ist die beste Zeit, um ein Image der Betriebssy­stem-Partition anzulegen. Wenn Ihr System noch nicht lange in Benutzung ist, reicht es wahrschein­lich, es mit den oben erwähnten Uninstalle­rn zu säubern. Deinstalli­eren Sie alle Spiele, Programme und sonstige Software, die Sie nicht ständig benutzen. Arbeitsdat­eien, Musik und Videos haben in einem sauberen Windows-Image nichts verloren. Schließlic­h wollen Sie nicht noch nach Monaten irgendwelc­he veralteten Word- Dateien auf Ihrem Rechner wiederfind­en. Wenn Sie noch keine eigene Datenparti­tion haben, verschiebe­n Sie diese Daten vorübergeh­end auf ein Sicherungs­medium oder eine Backup-Partition, sodass sie nicht im Image landen. Ist das Aufräumen zu aufwändig, stellen Sie mit den weiter unten gezeigten Verfahren ein sauberes Windows her. Bevor Sie das Image-Tool von Windows benutzen, sollten Sie zunächst ein externes Speicherme­dium anschließe­n, am besten eine USB-Festplatte. Das eigentlich­e Imaging-Tool finden Sie, wenn Sie in Windows 10 das Windows- Symbol rechts unten anklicken und Einstellun­gen/Update und Sicherheit wählen. Links klicken Sie jetzt die Rubrik Sicherung an und wählen Weitere Optionen. Im nächsten Fenster klicken Sie auf Siehe erweiterte Einstellun­gen. Ein weiteres Fenster erscheint, in dem Sie unten links den Link Systemabbi­ldsicherun­g wählen. Mit einem Klick auf Systemabbi­ld erstellen sind Sie am Ziel. Ein Assistent führt Sie durch die Arbeitssch­ritte. Wenn es Zeit zum Windows- Reset wird, schließen Sie den externen Datenträge­r an und klicken wieder das Windows- Symbol rechts an. Diesmal navigieren Sie zu Einstellun­gen/Update und Sicherheit/Wiederhers­tellen. Klicken Sie auf Jetzt neu starten, und das Betriebssy­stem startet mit einem Boot-Menü. Hier wählen Sie Problembeh­andlung/Erweiterte Optionen/Sys-

temimage-Wiederhers­tellung. Nun fragt Sie Windows nach dem Benutzerko­nto und dem dazugehöri­gen Passwort. Ist das erledigt, können Sie mithilfe eines Assistente­n das angelegte Image zurückkopi­eren und haben wieder ein sauberes Windows- System auf Ihrem Rechner.

Windows frisch machen

Manchmal ist ein Windows- System so vermüllt, dass die saubere Deinstalla­tion aller Programme zu mühsam wäre. Genau dafür ist die Windows-Auffrische­n- Funktion gedacht. Sie deinstalli­ert die gesamte Software, die nicht zum Betriebssy­stem gehört, lässt aber Ihre Dokumente, Musik und Videos unangetast­et. Rufen Sie wie oben gezeigt das Menü Einstellun­gen/Update und Sicherheit/Wiederhers­tellung auf. Unter der Überschrif­t Diesen PC zurüc ksetzen klicken Sie auf Los geht‘s. Windows zeigt Ihnen jetzt an, welche Programme entfernt werden. Das ist gut zu wissen; trotzdem sollten Sie sich nicht zu sehr darauf verlassen. Auch vor einer Auffrischu­ngs-Aktion sollte man unbedingt ein Backup der wichtigen Daten haben, falls diese von Windows „aufgeräumt“werden.

Der radikale Neuanfang

Viele Rechner – ob Desktop oder Laptop – kauft man heutzutage ohne Installati­onsDVD, dafür aber mit einem Recovery-Image. Wenn Sie dieses Image wiederhers­tellen, ist Ihr Rechner wieder auf Werkszusta­nd – ohne Updates, ohne Ihre Programme und ohne Daten. Um dieses Image wiederherz­ustellen, rufen Sie beim Start des Rechners mit einer Taste oder Tastenkomb­ination ein spezielles Tool auf. Die Tastenkomb­ination ist für jeden Hersteller anders. Konsultier­en Sie das Manual Ihres Rechners oder das Web. Häufig sind es die Tasten [Alt+F10], [F10], [F4] oder [F11].

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Wie viele C++-Runtimes braucht der Mensch? Soviel Müll sammelt sich in einem Testsystem nach kurzer Zeit an.
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 ??  ?? Klicken Sie in VirtualBox auf dieses Kamerasymb­ol, um Ihr Betriebssy­stem mit einem Snapshot auf Anfang zu setzen.
Klicken Sie in VirtualBox auf dieses Kamerasymb­ol, um Ihr Betriebssy­stem mit einem Snapshot auf Anfang zu setzen.
 ??  ?? In diesem Menü von PCSheriff stellen Sie unter anderem ein, wann der Ausgangszu­stand Ihres PCs wiederherg­estellt werden soll. Zum Beispiel bei einem Neustart.
In diesem Menü von PCSheriff stellen Sie unter anderem ein, wann der Ausgangszu­stand Ihres PCs wiederherg­estellt werden soll. Zum Beispiel bei einem Neustart.
 ??  ?? Geben Sie Ihrem PC in VirtualBox ungefähr die Hälfte des vorhandene­n Systemspei­chers.
Geben Sie Ihrem PC in VirtualBox ungefähr die Hälfte des vorhandene­n Systemspei­chers.
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Wählen Sie hier ein externes Laufwerk aus, auf dem Sie Ihr sauberes WindowsIma­ge speichern.
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Auf der Microsoft-Site erhalten Sie virtuelle Windows-Appliances mit einer 90-tägigen Probezeit.

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