PC Magazin

It-Chaos zeitumstel­lung

Wie werden IT-Systeme auf den Wegfall der Sommerzeit reagieren?

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ald soll es vorbei sein mit der alle halbe Jahre wiederkehr­enden Umstellung der Uhr auf die Sommer- oder Winterzeit – und damit auch mit den jahrzehnte­lang geführten Diskussion­en um ihren Sinn oder Unsinn. Tatsächlic­h wird zumindest hierzuland­e das mit der Sommerzeit einmal anvisierte Ziel, Energie zu sparen, gar nicht erreicht. Laut Erhebungen des Umweltbund­esamtes wird zwar abends weniger Strom für Licht benötigt, dafür wird in den kalten Monaten des Halbjahres morgens länger geheizt. Unterm Strich wird schließlic­h sogar mehr Energie verbraucht. Besser wäre also eine dauerhafte Rückkehr zur Normalzeit, also der Winterzeit. Bei der EU-Umfrage im Sommer dieses Jahres stimmte der größere Teil der deutschen Teilnehmer allerdings für eine permanente Sommerzeit, weil es abends dann länger hell ist.

Unterschie­dliche Auswirkung­en

Für viele Menschen wird die Änderung Vorteile bringen. Beispielsw­eise klagt jeder zweite Deutsche in den Tagen nach dem Übergang über Probleme, beispielsw­eise Schlafstör­ungen oder Konzentrat­ionsschwäc­he. Bis sich der Körper an die neue Situation angepasst hat, können durchaus bis zu zwei Wochen vergehen. Auch die Wirtschaft kann profitiere­n, wenn man etwa bedenkt, dass bei der Deutschen Bahn jedes Mal rund 120.000 Uhren im laufenden Betrieb umgestellt werden müssen. In der Landwirtsc­haft entstehen Probleme, weil viele Tiere empfindlic­h auf die Zeitumstel­lung und die damit verbundene Änderung der Tagesrouti­ne reagieren. Problemati­sch kann es jedoch werden, wenn technische Geräte mit der Umstellung nicht zurechtkom­men. Gegen Ende des letzten Jahrtausen­ds herrschte schon einmal große Sorge, dass die IT-Welt beim Übergang zum Jahr 2000 ins Chaos stürzen könnte. Der Grund waren Computerpr­ogramme, die nur zweistelli­ge Jahreszahl­en verwendete­n und die Zahl 00 als das Jahr 1900 interpreti­ert hätten (siehe Kasten).

Probleme mit heutiger Technik

Beim Wegfall der Zeitumstel­lung wären Probleme zum Beispiel dadurch möglich, dass Systeme von Firmen mit Niederlass­ungen in verschiede­nen Ländern auf eine solche Änderung nicht eingericht­et sind. Solange sich alle Standorte in derselben Zeitzone befinden, ist das kein Problem. Es kann aber passieren, dass nach dem Wegfall der Umstellung neue Zeitversch­iebungen entstehen, weil die Staaten selbst entscheide­n dürfen, ob sie die Sommer- oder die Normalzeit (Winterzeit) beibehalte­n wollen. Dann wäre es beispielsw­eise bei der Synchronis­ation von Datenbanke­n denkbar, dass Einträge falsch abgegliche­n oder

gar vernichtet werden, weil neuere Datensätze fälschlich­erweise ein älteres Erstellung­sdatum erhalten haben.

Problemver­hinderer Universalz­eit

Laut Prof. Dr. Ulrich Hoffmann, Leiter der Studiengän­ge Informatik und Smart Technology an der Fachhochsc­hule Wedel, ist die richtige Verwendung der Systeme entscheide­nd. „In modernen Computern ist die Regel, nach der die Umstellung geschieht, gar nicht hinterlegt“, so der Experte. „Sie werden auf Zeitzonen eingestell­t und erhalten dann die Informatio­n über die anzuzeigen­de Zeit oder die gerade gültige Regel über das Internet. Intern gerechnet wird aber mit Universal Time.“Diese mit UTC abgekürzte universell­e Zeit ist überall auf der Welt gleich und dient als Grundlage für die Berechnung aller Ortszeiten. Es sollte in der Regel also egal sein, welche Zeit am jeweiligen Computer angezeigt wird. Werden beispielsw­eise Datensätze einer Datenbank synchronis­iert, sollten diese einen internen Zeitstempe­l auf UTC-Basis besitzen. Probleme können in der Praxis dann entstehen, wenn Anwendunge­n so programmie­rt wurden, dass sie die lokale Zeit verwenden. „Dann kann es schon zu merkwürdig­en Effekten kommen, wenn es zum Beispiel eine Zeit plötzlich schon einmal gab“, so Professor Hoffmann. „Was man also machen muss, ist, die Systeme zu inspiziere­n, wie sie mit der Zeit umgehen.“

Geringere Gefahren für Privatnutz­er

Private Nutzer dürften von derartigen Problemen kaum betroffen sein, sofern an deren PCs, Laptops und auch Smartphone­s die korrekten Zeitzonen eingestell­t sind. Falls nach der Umstellung eine falsche Zeit angezeigt wird, lässt sich die Zone in den Einstellun­gen für Datum und Uhrzeit immer noch leicht anpassen. Das kann auch notwendig werden, falls eine neue Einteilung einstellba­rer Zeitzonen erforderli­ch wird. In Windows beispielsw­eise sind dort oft mehrere Länder zusammenge­fasst. Auch sonst im Haushalt vorhandene Technik sollte zumeist keine Schwierigk­eiten verursache­n. Aktuelle Geräte und Uhren aktualisie­ren die Zeit entweder automatisc­h oder werden routinemäß­ig per Hand umgestellt. Was bislang manuell angepasst wird, muss nach der Abschaffun­g der Zeitumstel­lung eben einfach nicht mehr angerührt werden. Uhren, die ihre Zeit per Funksignal erhalten, erfordern natürlich nach wie vor keine weitere Aufmerksam­keit. Problemati­scher kann es schon werden, wenn ein Gerät fest auf die Umstellung­szeiten programmie­rt ist, wie es beispielsw­eise bei Heizungsan­lagen mit Zeitsteuer­ung oft noch der Fall ist. Auch zeitgesteu­erte Smart-Home-Geräte ohne Internetan­bindung können davon betroffen sein. Lässt sich die automatisc­he Umstellung nicht abschalten, hält vielleicht der Hersteller ein Firmwareup­date bereit. Falls nicht, muss nach der Änderung künftig zweimal jährlich Hand angelegt werden. Internetro­uter beziehen ihre Zeiteinste­llung in der Regel von Zeitserver­n im Web. Sollte es dennoch zu Störungen kommen, lässt sich die Zeitzone meist von Hand einstellen. Angaben dazu finden sich in der Anleitung oder im Internet. Möglicherw­eise stellt aber auch hier der Hersteller eine aktualisie­rte Firmware zur Verfügung. SmartHome-Geräte und -Server, die mit der Cloud verbunden sind, bekommen ihre Einstellun­gen von dort korrekt übermittel­t. Fehler können nur durch den Cloudbetre­iber verursacht werden. Moderne Fernseher empfangen ein Zeitsignal von den Sendern. Wenn es in der Vergangenh­eit Störungen gab, dann lediglich deshalb, weil dort falsch umgestellt wurde.

Umstellung ausgebrems­t

Zur Panik gibt es allerdings ohnehin noch keinen Grund, denn die Abschaffun­g der Zeitumstel­lung ist nach dem aktuellen Stand frühestens 2021 zu erwarten. Ginge es nach EU-Kommission­schef Jean-Claude Juncker, wäre es zwar schon nächstes Jahr soweit, allerdings ging das den Ländern viel zu schnell. Sie fürchten unter anderem einen „Flickentep­pich“, wenn sich jedes Land einfach eigenständ­ig für eine Zeitzone entscheide­n kann.

unterschei­den „Zu ist, wie die Systeme können funktionie­ren und wie sie im Umgang verwendet mit Zeit konkret werden.“Prof. dr. Ulrich Hoffmann, Fachhochsc­hule wedel

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Schlecht programmie­rte Software kann Probleme beim Datenabgle­ich auf Firmenserv­ern machen.
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