Mehr Speed im Heimnetz
QoS: Vorfahrt für Games, Video oder Telefon
Ein Heimnetz-Router sorgt in seiner ursprünglichen Funktion dafür, dass eine Internetverbindung (DSl-/Kabel-/Glasfaser-Anschluss) von mehreren Heimnetzgeräten gleichzeitig genutzt werden kann. Dabei soll der Router alle ausgehenden Datenpakete möglichst schnell an die gewünschte Adresse im Internet senden, während er alle eingehenden Datenpakete an den dafür vorgesehenen HeimnetzClient leitet – oder verwirft. Solange in einem Heimnetz nur gesurft, gemailt und heruntergeladen wird, kann der Router alle Datenpakete einfach nach der so genannten FIFO-Methode (First In First Out) behandeln. Dabei werden alle Datenpakete, die im Zwischenspeicher (Puffer) des Routers landen, der Reihe nach verarbeitet und weitergeleitet – und zwar in derselben Reihenfolge, in der sie im Router eingetroffen sind. landet beispielsweise ein großes Datenpaket vor einem kleineren Datenpaket im Speicher des Routers, dann wird das große Paket auch zuerst vom Router weitergeleitet – First In, First Out.
Was passiert, wenn der Daten-Traffic bis zur Auslastung ansteigt?
Das Routing über FIFO funktioniert weitgehend reibungslos, solange der Router alle ankommenden Daten schnell genug verarbeiten kann und keine engpässe auftreten. einen vorübergehenden Datenüberschuss kann der Router durch seinen Pufferspei- cher abfedern. erst wenn der Puffer des Routers voll ist und keine weiteren Datenpakete mehr aufnehmen kann, werden alle zusätzlich eintreffenden Datenpakete abgewiesen oder verworfen. Solch ein verworfenes Datenpaket geht – abhängig vom verwendeten Übertragungsprotokoll – entweder verloren oder muss erneut gesendet werden. Bei echtzeitübertragungen wie IPTV oder VoIP, die auf das schnelle, verbindungslose Protokoll UDP setzen, führen verlorene oder verworfene Datenpakete zu Qualitätseinbußen im Videobild oder beim Telefonieren. nicht zeitkritische Übertragungen, beispielsweise der Up- oder Download von Bildern, Dokumenten, e-Mail-Anhängen und
so weiter, werden über das verbindungsorientierte Protokoll TCP durchgeführt. Bei TCP lassen sich vom Router zurückgewiesene Datenpakete noch einmal senden, doch wird die Übertragungsgeschwindigkeit dadurch automatisch herabgesetzt.
Wie Engpässe an Heimnetzanbindungen entstehen können
Da die meisten Haushalte ihre Daten vorwiegend vom Internet aus ins Heimnetz (Downstream) übertragen, sind die Bandbreiten für Heimnetzanschlüsse asynchron ausgelegt, also beispielsweise 50 MBit/s für den Downstream, aber nur 5 MBit/s für den Upstream. Die deutlich schwächere Upstream-Verbindung kann somit sehr schnell zum Engpass werden. Bereits das Versenden einer E-Mail mit größerem Anhang oder ein Foto-Upload in die Cloud kann die Upstream-Bandbreite komplett belegen; was sich wiederum auf die Übertragungen aller Heimnetzteilnehmer auswirkt, die ebenfalls gerade Daten in dieselbe Richtung übertragen müssen. Weniger zeitkritische TCP-Übertragungen werden dadurch zwar etwas langsamer; doch diese Verzögerung ist nicht weiter dramatisch, da der übertragene Inhalt vollständig und ohne Qualitätsverlust am Ziel ankommen wird. Erheblich problematischer sind zeitkritische Übertragungen. Kommt es hier durch mehrere parallele Übertragungen zu einer Auslastung der Bandbreite, und der Router arbeitet einfach alle eintreffenden Pakete nach dem FIFO-Prinzip ab, würden zeitkritische Verbindungen sofort spürbar in ihrer Qualität beeinträchtigt werden. Bei länger anhaltender oder häufiger Auslastung lassen sich zeitkritische Dienste nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr nutzen. Aus diesem Grund muss ein moderner Router die Fähigkeit besitzen, zwischen zeitkritischen und weniger zeitkritischen Anwendungen zu unterscheiden. So kann er Datenpakete, die im Puffer des Routers auf die Weiterleitung warten, zeitkritischen und weniger zeitkritischen Anwendungen zuordnen und entsprechend priorisieren. Statt einer Warteschlange, in die alle eintreffenden Pakete in zeitlicher Reihenfolge eingereiht werden (FIFO), teilt der Router die Pakete im Puffer auf mehrere Warteschlangen auf, in denen die Pakete mit unterschiedlicher „Weiterleitungspriorität“eingereiht werden.
QoS setzt Prioritäten
Diese Art von intelligentem Verbindungsmanagement wird mit dem Begriff Quality of Service ( QoS) oder Dienstgüte umschrieben. Als Paradebeispiel für QoS im Router steht die (Echtzeit-)Übertragung eines Gesprächs über die Internetverbindung, das
als Voice over IP (VoIP) bezeichnet wird. Ein Telefongespräch über VoIP benötigt zwar von Haus aus keine große Bandbreite; doch würde diese Mindestbandbreite durch den Down- oder Upload eines anderen Clients im Heimnetz komplett in Anspruch genommen, hätte das sofort massive Auswirkungen auf die Gesprächsqualität. In einem All-in-One-Router mit integrierter VoIP-Telefonie und Schnittstellen für Analog-, DECT- oder ISDN-Telefone werden deshalb von Haus aus alle VoIP-Datenpakete priorisiert. Wenn mehrere Datenpakete am Router eintreffen, sorgt das Router-QoS dafür, dass die VoIP-Pakete vorrangig verarbeitet und weitergeleitet werden.
QoS-Einstellungen im Heimnetz-Router
In aktuellen Heimnetz-Routern gibt es meist zwei Möglichkeiten, mit der Sie eigenständig Datenströme zwischen Internet (WAN) und Heimnetz (LAN/WLAN) priorisieren oder regeln können. Die erste Möglichkeit ist anwendungsorientiert: Dabei bestimmen Sie, welche Anwendungen Ihr Router grundsätzlich bevorzugt abarbeiten soll; ganz gleich, welcher Ihrer Clients im Heimnetz diesen Dienst nutzt. Die zweite Möglichkeit ist die Client-basierte Methode: Hier können Sie einen Client oder eine Reihe mehrerer Clients im Heimnetz bestimmen, deren Datenpakete der Router grundsätzlich bevorzugen soll. Bitte beachten Sie, dass sich QoS ausschließlich auf Verbindungen bezieht, die zwischen Heimnetz und WAN-Schnittstelle (beziehungsweise das integrierte Modem) des Routers laufen. Alle Verbindungen zwischen Ihren Geräten innerhalb des Heimnetzes, also beispielsweise von Ihrem PC zur NAS oder vom Notebook zur IP-Kamera und so weiter, lassen sich mit dem QoS des Routers nicht beeinflussen.
QoS in der Fritzbox
In einem Fritzbox-Router sind die QoS-Einstellungen etwas versteckt unter Internet/ Filter/Priorisierung zu finden. AVM kombiniert die anwendungs- und clientbasierte Priorisierung, wobei die grundlegende Einteilung anwendungsbasiert ist. In den drei Rubriken Echtzeitanwendungen, Priorisierte Anwendungen und Hintergrundanwendungen lassen sich einzelne Regeln erstellen, die ein bestimmtes Netzwerkgerät, eine bestimmte Netzwerkanwendung oder eine Kombination aus beiden Eigenschaften definieren. Die Regeln werden dabei in absteigender Reihenfolge befolgt. Je höher die Regel steht, desto höher ist die Priorität.
Achtung: Sollte eine unter Echtzeitanwendungen eingetragene Netzwerkanwendung die komplette Bandbreite Ihres Internetzugangs belegen, werden für diesen Zeitraum keine Datenpakete anderer Netzwerkanwendungen übertragen. Wenn Sie die Fritzbox auch für Internettelefonie verwenden, sollten Sie die bereits voreingestellte Regel zur Netzwerkanwendung Internettelefonie in der Rubrik Echtzeitanwendungen unbedingt belassen – und möglichst keine weiteren Regeln unter dieser Rubrik eintragen. Nutzen Sie stattdessen die Rubrik Priorisierte Anwendungen, wenn Sie bestimmte Geräte oder Anwendungen im Heimnetz priorisieren möchten.
Netzwerkanwendungen definieren
Falls Ihnen die voreingestellten Netzwerkanwendungen für die Erstellung von QoS-Regeln nicht genügen, definieren Sie einfach Ihre eigenen Netzwerkanwendungen. Dazu gehen Sie im Routermenü der Fritzbox auf Internet/Filter/Listen und erstellen sich im Bereich Netzwerkanwendungen mit einem Klick auf die Schaltfläche Netzwerkanwendung hinzufügen das gewünschte Verbindungsprofil. Dabei vergeben Sie einen passenden Namen für das Profil, bestimmen das von der Netzwerkanwendung verwendete Protokoll (TCP, UDP, ...) und geben den Quell- und/oder Zielport (-bereich) der Anwendung an. Sobald Sie die neue Netzwerkanwendung gespeichert haben, steht Ihnen diese auch im Drop-down-Menü für Netzwerkanwendungen zur Verfügung, wenn Sie unter Internet/Filter/Priorisierung eine Neue Regel anlegen.
Das Problem mit den Pingzeiten bei Online-Games
Ein Problem, das vor allem Online-Gamer betrifft, sind Verzögerungen im Spielfluss, wenn spielerelevante Datenpakete zu langsam übertragen werden. Denn obwohl die Datenpakete, die zwischen dem GamingClient im Heimnetz (PC, Spielekonsole) und dem Gaming-Server im Internet hin und her wechseln, nur wenig Bandbreite beanspruchen, können diese durch konkurrierende Netzwerkanwendungen, wie einen plötzlich startenden Up- oder Download, erheblich abgebremst werden. Diese Abnahme der Verbindungsgeschwindigkeit lässt sich über die Pingzeit darstellen. Das ist die Zeitspanne, die ein kleines Datenpaket für die Strecke vom Sender zum Empfänger und zurück benötigt. Und diese Pingzeit erhöht sich, wenn die kleinen Datenpakete im vollgelaufenen Puffer des Routers abgebremst werden (siehe Kasten oben). Spezielle Gaming-Router können diese Verzögerungen umgehen. Netgears XR500 besitzt eine Anti-Bufferbloating-Funktion, mit der sich die maximal verfügbare (Upund Downstream-)Bandbreite künstlich verkleinern lässt. Gaming-relevante Datenpakete und Pings werden dann über die so geschaffene Überholspur geleitet.
Der Gaming-Router im Heimnetz
Allerdings besitzen Gaming-Router in der Regel kein integriertes Modem, sondern nur eine WAN-Schnittstelle. Wer einen Gaming-Router mit dessen WAN-Port an den LAN-Port eines AIO-Routers anschließt, sollte am AIO-Router keine LAN- oder WLANClients mehr betreiben und den Access Point des AIO-Routers am besten komplett abschalten. Stattdessen verwenden Sie ab jetzt den nachgeschalteten Gaming-Router als (WLAN-/LAN-)Zentrale im Heimnetz. Nur Telefon- und Smart-Home-Dienste können weiterhin über den AIO-Router laufen. Auch dürfen im AIO-Router (außer VoIP) keine weiteren Priorisierungen eingetragen sein. Und prüfen Sie über die Website Speedtest.net, ob der AIO-Router auch tatsächlich die volle Bandbreite Ihres Internetzugangs an den nachgeschalteten Gaming-Router weiterreicht.