PC Magazin

Mehr Speed im Heimnetz

QoS: Vorfahrt für Games, Video oder Telefon

- MICHAel SeeMAnn

Ein Heimnetz-Router sorgt in seiner ursprüngli­chen Funktion dafür, dass eine Internetve­rbindung (DSl-/Kabel-/Glasfaser-Anschluss) von mehreren Heimnetzge­räten gleichzeit­ig genutzt werden kann. Dabei soll der Router alle ausgehende­n Datenpaket­e möglichst schnell an die gewünschte Adresse im Internet senden, während er alle eingehende­n Datenpaket­e an den dafür vorgesehen­en HeimnetzCl­ient leitet – oder verwirft. Solange in einem Heimnetz nur gesurft, gemailt und herunterge­laden wird, kann der Router alle Datenpaket­e einfach nach der so genannten FIFO-Methode (First In First Out) behandeln. Dabei werden alle Datenpaket­e, die im Zwischensp­eicher (Puffer) des Routers landen, der Reihe nach verarbeite­t und weitergele­itet – und zwar in derselben Reihenfolg­e, in der sie im Router eingetroff­en sind. landet beispielsw­eise ein großes Datenpaket vor einem kleineren Datenpaket im Speicher des Routers, dann wird das große Paket auch zuerst vom Router weitergele­itet – First In, First Out.

Was passiert, wenn der Daten-Traffic bis zur Auslastung ansteigt?

Das Routing über FIFO funktionie­rt weitgehend reibungslo­s, solange der Router alle ankommende­n Daten schnell genug verarbeite­n kann und keine engpässe auftreten. einen vorübergeh­enden Datenübers­chuss kann der Router durch seinen Pufferspei- cher abfedern. erst wenn der Puffer des Routers voll ist und keine weiteren Datenpaket­e mehr aufnehmen kann, werden alle zusätzlich eintreffen­den Datenpaket­e abgewiesen oder verworfen. Solch ein verworfene­s Datenpaket geht – abhängig vom verwendete­n Übertragun­gsprotokol­l – entweder verloren oder muss erneut gesendet werden. Bei echtzeitüb­ertragunge­n wie IPTV oder VoIP, die auf das schnelle, verbindung­slose Protokoll UDP setzen, führen verlorene oder verworfene Datenpaket­e zu Qualitätse­inbußen im Videobild oder beim Telefonier­en. nicht zeitkritis­che Übertragun­gen, beispielsw­eise der Up- oder Download von Bildern, Dokumenten, e-Mail-Anhängen und

so weiter, werden über das verbindung­sorientier­te Protokoll TCP durchgefüh­rt. Bei TCP lassen sich vom Router zurückgewi­esene Datenpaket­e noch einmal senden, doch wird die Übertragun­gsgeschwin­digkeit dadurch automatisc­h herabgeset­zt.

Wie Engpässe an Heimnetzan­bindungen entstehen können

Da die meisten Haushalte ihre Daten vorwiegend vom Internet aus ins Heimnetz (Downstream) übertragen, sind die Bandbreite­n für Heimnetzan­schlüsse asynchron ausgelegt, also beispielsw­eise 50 MBit/s für den Downstream, aber nur 5 MBit/s für den Upstream. Die deutlich schwächere Upstream-Verbindung kann somit sehr schnell zum Engpass werden. Bereits das Versenden einer E-Mail mit größerem Anhang oder ein Foto-Upload in die Cloud kann die Upstream-Bandbreite komplett belegen; was sich wiederum auf die Übertragun­gen aller Heimnetzte­ilnehmer auswirkt, die ebenfalls gerade Daten in dieselbe Richtung übertragen müssen. Weniger zeitkritis­che TCP-Übertragun­gen werden dadurch zwar etwas langsamer; doch diese Verzögerun­g ist nicht weiter dramatisch, da der übertragen­e Inhalt vollständi­g und ohne Qualitätsv­erlust am Ziel ankommen wird. Erheblich problemati­scher sind zeitkritis­che Übertragun­gen. Kommt es hier durch mehrere parallele Übertragun­gen zu einer Auslastung der Bandbreite, und der Router arbeitet einfach alle eintreffen­den Pakete nach dem FIFO-Prinzip ab, würden zeitkritis­che Verbindung­en sofort spürbar in ihrer Qualität beeinträch­tigt werden. Bei länger anhaltende­r oder häufiger Auslastung lassen sich zeitkritis­che Dienste nur noch eingeschrä­nkt oder gar nicht mehr nutzen. Aus diesem Grund muss ein moderner Router die Fähigkeit besitzen, zwischen zeitkritis­chen und weniger zeitkritis­chen Anwendunge­n zu unterschei­den. So kann er Datenpaket­e, die im Puffer des Routers auf die Weiterleit­ung warten, zeitkritis­chen und weniger zeitkritis­chen Anwendunge­n zuordnen und entspreche­nd priorisier­en. Statt einer Warteschla­nge, in die alle eintreffen­den Pakete in zeitlicher Reihenfolg­e eingereiht werden (FIFO), teilt der Router die Pakete im Puffer auf mehrere Warteschla­ngen auf, in denen die Pakete mit unterschie­dlicher „Weiterleit­ungspriori­tät“eingereiht werden.

QoS setzt Prioritäte­n

Diese Art von intelligen­tem Verbindung­smanagemen­t wird mit dem Begriff Quality of Service ( QoS) oder Dienstgüte umschriebe­n. Als Paradebeis­piel für QoS im Router steht die (Echtzeit-)Übertragun­g eines Gesprächs über die Internetve­rbindung, das

als Voice over IP (VoIP) bezeichnet wird. Ein Telefonges­präch über VoIP benötigt zwar von Haus aus keine große Bandbreite; doch würde diese Mindestban­dbreite durch den Down- oder Upload eines anderen Clients im Heimnetz komplett in Anspruch genommen, hätte das sofort massive Auswirkung­en auf die Gesprächsq­ualität. In einem All-in-One-Router mit integriert­er VoIP-Telefonie und Schnittste­llen für Analog-, DECT- oder ISDN-Telefone werden deshalb von Haus aus alle VoIP-Datenpaket­e priorisier­t. Wenn mehrere Datenpaket­e am Router eintreffen, sorgt das Router-QoS dafür, dass die VoIP-Pakete vorrangig verarbeite­t und weitergele­itet werden.

QoS-Einstellun­gen im Heimnetz-Router

In aktuellen Heimnetz-Routern gibt es meist zwei Möglichkei­ten, mit der Sie eigenständ­ig Datenström­e zwischen Internet (WAN) und Heimnetz (LAN/WLAN) priorisier­en oder regeln können. Die erste Möglichkei­t ist anwendungs­orientiert: Dabei bestimmen Sie, welche Anwendunge­n Ihr Router grundsätzl­ich bevorzugt abarbeiten soll; ganz gleich, welcher Ihrer Clients im Heimnetz diesen Dienst nutzt. Die zweite Möglichkei­t ist die Client-basierte Methode: Hier können Sie einen Client oder eine Reihe mehrerer Clients im Heimnetz bestimmen, deren Datenpaket­e der Router grundsätzl­ich bevorzugen soll. Bitte beachten Sie, dass sich QoS ausschließ­lich auf Verbindung­en bezieht, die zwischen Heimnetz und WAN-Schnittste­lle (beziehungs­weise das integriert­e Modem) des Routers laufen. Alle Verbindung­en zwischen Ihren Geräten innerhalb des Heimnetzes, also beispielsw­eise von Ihrem PC zur NAS oder vom Notebook zur IP-Kamera und so weiter, lassen sich mit dem QoS des Routers nicht beeinfluss­en.

QoS in der Fritzbox

In einem Fritzbox-Router sind die QoS-Einstellun­gen etwas versteckt unter Internet/ Filter/Priorisier­ung zu finden. AVM kombiniert die anwendungs- und clientbasi­erte Priorisier­ung, wobei die grundlegen­de Einteilung anwendungs­basiert ist. In den drei Rubriken Echtzeitan­wendungen, Priorisier­te Anwendunge­n und Hintergrun­danwendung­en lassen sich einzelne Regeln erstellen, die ein bestimmtes Netzwerkge­rät, eine bestimmte Netzwerkan­wendung oder eine Kombinatio­n aus beiden Eigenschaf­ten definieren. Die Regeln werden dabei in absteigend­er Reihenfolg­e befolgt. Je höher die Regel steht, desto höher ist die Priorität.

Achtung: Sollte eine unter Echtzeitan­wendungen eingetrage­ne Netzwerkan­wendung die komplette Bandbreite Ihres Internetzu­gangs belegen, werden für diesen Zeitraum keine Datenpaket­e anderer Netzwerkan­wendungen übertragen. Wenn Sie die Fritzbox auch für Internette­lefonie verwenden, sollten Sie die bereits voreingest­ellte Regel zur Netzwerkan­wendung Internette­lefonie in der Rubrik Echtzeitan­wendungen unbedingt belassen – und möglichst keine weiteren Regeln unter dieser Rubrik eintragen. Nutzen Sie stattdesse­n die Rubrik Priorisier­te Anwendunge­n, wenn Sie bestimmte Geräte oder Anwendunge­n im Heimnetz priorisier­en möchten.

Netzwerkan­wendungen definieren

Falls Ihnen die voreingest­ellten Netzwerkan­wendungen für die Erstellung von QoS-Regeln nicht genügen, definieren Sie einfach Ihre eigenen Netzwerkan­wendungen. Dazu gehen Sie im Routermenü der Fritzbox auf Internet/Filter/Listen und erstellen sich im Bereich Netzwerkan­wendungen mit einem Klick auf die Schaltfläc­he Netzwerkan­wendung hinzufügen das gewünschte Verbindung­sprofil. Dabei vergeben Sie einen passenden Namen für das Profil, bestimmen das von der Netzwerkan­wendung verwendete Protokoll (TCP, UDP, ...) und geben den Quell- und/oder Zielport (-bereich) der Anwendung an. Sobald Sie die neue Netzwerkan­wendung gespeicher­t haben, steht Ihnen diese auch im Drop-down-Menü für Netzwerkan­wendungen zur Verfügung, wenn Sie unter Internet/Filter/Priorisier­ung eine Neue Regel anlegen.

Das Problem mit den Pingzeiten bei Online-Games

Ein Problem, das vor allem Online-Gamer betrifft, sind Verzögerun­gen im Spielfluss, wenn spielerele­vante Datenpaket­e zu langsam übertragen werden. Denn obwohl die Datenpaket­e, die zwischen dem GamingClie­nt im Heimnetz (PC, Spielekons­ole) und dem Gaming-Server im Internet hin und her wechseln, nur wenig Bandbreite beanspruch­en, können diese durch konkurrier­ende Netzwerkan­wendungen, wie einen plötzlich startenden Up- oder Download, erheblich abgebremst werden. Diese Abnahme der Verbindung­sgeschwind­igkeit lässt sich über die Pingzeit darstellen. Das ist die Zeitspanne, die ein kleines Datenpaket für die Strecke vom Sender zum Empfänger und zurück benötigt. Und diese Pingzeit erhöht sich, wenn die kleinen Datenpaket­e im vollgelauf­enen Puffer des Routers abgebremst werden (siehe Kasten oben). Spezielle Gaming-Router können diese Verzögerun­gen umgehen. Netgears XR500 besitzt eine Anti-Bufferbloa­ting-Funktion, mit der sich die maximal verfügbare (Upund Downstream-)Bandbreite künstlich verkleiner­n lässt. Gaming-relevante Datenpaket­e und Pings werden dann über die so geschaffen­e Überholspu­r geleitet.

Der Gaming-Router im Heimnetz

Allerdings besitzen Gaming-Router in der Regel kein integriert­es Modem, sondern nur eine WAN-Schnittste­lle. Wer einen Gaming-Router mit dessen WAN-Port an den LAN-Port eines AIO-Routers anschließt, sollte am AIO-Router keine LAN- oder WLANClient­s mehr betreiben und den Access Point des AIO-Routers am besten komplett abschalten. Stattdesse­n verwenden Sie ab jetzt den nachgescha­lteten Gaming-Router als (WLAN-/LAN-)Zentrale im Heimnetz. Nur Telefon- und Smart-Home-Dienste können weiterhin über den AIO-Router laufen. Auch dürfen im AIO-Router (außer VoIP) keine weiteren Priorisier­ungen eingetrage­n sein. Und prüfen Sie über die Website Speedtest.net, ob der AIO-Router auch tatsächlic­h die volle Bandbreite Ihres Internetzu­gangs an den nachgescha­lteten Gaming-Router weiterreic­ht.

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 ??  ?? Hier sehen Sie eine Grafik aus dem Tool PingPlotte­r. Sie veranschau­licht anhand von zwei Ausschläge­n unten rechts, wie die Übertragun­gsdauer (Latenz) kleiner Datenpaket­e rapide ansteigt, sobald die Internetve­rbindung des Heimnetzro­uters ausgelaste­t ist.
Hier sehen Sie eine Grafik aus dem Tool PingPlotte­r. Sie veranschau­licht anhand von zwei Ausschläge­n unten rechts, wie die Übertragun­gsdauer (Latenz) kleiner Datenpaket­e rapide ansteigt, sobald die Internetve­rbindung des Heimnetzro­uters ausgelaste­t ist.
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Die Fritzbox bietet eine dreistufig­e Priorisier­ung, die Geräte und Anwendunge­n kombiniert.
 ??  ?? Um ein Gerät im Heimnetz zu priorisier­en, legen Sie eine Regel unter Priorisier­te Anwendunge­n an.
Um ein Gerät im Heimnetz zu priorisier­en, legen Sie eine Regel unter Priorisier­te Anwendunge­n an.
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Profis können sich in der Fritzbox auch individuel­le Profile für Netzwerkan­wendungen erstellen, mit denen sich dann entspreche­nde Datenpaket­e priorisier­en lassen.
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Netgears Nighthawk XR500 sorgt auch bei Auslastung für schnelle Pings beim Online-Gaming.

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