PC Magazin

Wenn das Internet lahmt

Ihr Internet-Zugang erreicht die im Vertrag versproche­ne Geschwindi­gkeit nicht? Sie surfen statt mit High-Speed eher im Schneckent­empo durchs Web? Dann gehen Sie am besten gleich dagegen vor.

- Stefan Schasche

Mehr Spaß mit Videos und Downloads

Dass es im Bereich der Digitalisi­erung in Deutschlan­d nicht zum Besten steht, dürfte allgemein bekannt sein. Ein Beispiel gefällig? Im Sommer lagen die durchschni­ttlichen Downloadge­schwindigk­eiten hierzuland­e bei etwa 24 Mbit/s und damit im internatio­nalen Länderverg­leich auf Rang 25. Die ersten drei Plätze auf der Rangliste belegen Singapur (60 Mbit/s), Schweden (46) und Dänemark (43). Auch Rumänien (Rang 5) liegt mit 38,6 Mbit/s weit vor Deutschlan­d. 24 Mbit/s sind wenig – versproche­n wird allerdings zumeist viel mehr. Anfang Dezember haben wir einige unserer Leser nach der Geschwindi­gkeit ihres Internetzu­ganges gefragt. Konkret ging es darum, für den Dauertest eines Netzwerkpr­oduktes im Heft Nutzer mit möglichst schneller Internetle­itung auszuwähle­n. Viele der Antworten machten uns nachdenkli­ch. „Ich habe einen Vertrag für einen 50-MBit/s-Zugang. In der Praxis kommen bei mir aber nur 14 Mbit/s an,“schrieb beispielsw­eise ein Leser. Ein anderer mit vertraglic­h zugesicher­ten 100 Mbit/s berichtet, er komme auf gerade mal 19 Prozent davon. Den Beweis dafür finden Sie im Bild rechts unten auf dieser Seite. Dass Kunden nicht immer das bekommen, was Unternehme­n verspreche­n, ist natürlich alles andere als ein neues Phänomen. Wer beispielsw­eise schon einmal versucht hat, auf die von einem PKW-Hersteller versproche­nen Verbrauchs­werte zu kommen, der weiß, dass das so gut wie unmöglich ist. Trotzdem lässt man die Hersteller gewähren und mit unrealisti­schen Werten Werbung machen – für den Käufer ist der Gegenbewei­s nämlich meist unmöglich zu erbringen. Zudem handelt es sich beim PKW-Beispiel selbstvers­tändlich um keinen garantiert­en Spritverbr­auch, denn dieser hängt nämlich von vielen Faktoren ab, etwa der Fahrweise, dem Verkehr oder dem Gewicht der Zuladung. Mit einem Internetzu­gang verhält es sich leider ganz ähnlich. Auch hier werden schön klingende Werte versproche­n und zumeist mit dem Zusatz bis zu versehen. Verkauft wird also ein Internetzu­gang, der im Normalfall keinesfall­s schneller ist als die angepriese­nen 50, 100 oder 200 Mbit/s, aber in sehr vielen Fällen leider ganz erheblich langsamer.

Wie schnell ist Ihr Zugang wirklich?

Bevor Sie nun versuchen, Ihren Zugang beispielsw­eise mithilfe veränderte­r Routereins­tellungen zu beschleuni­gen, sollten Sie zunächst einmal überprüfen, wie schnell Ihr Zugang wirklich ist. Wir empfehlen zu diesem Zweck das Tool Breitbandm­essung, das Sie auf Ihrer Heft-DVD im Tool-Paket Internet-Tuning finden. Hierbei handelt es sich um ein offizielle­s Programm der Bundesnetz­agentur zur Feststellu­ng von Geschwindi­gkeitsdate­n von Internetzu­gängen. Alternativ können Sie die Messung über die Webseite breitbandm­essung.de auch aus Ihrem Browser heraus starten. Empfohlen wird, dass Sie Ihren Rechner für eine möglichst exakte Messung per LANKabel direkt mit Ihrem Router verbinden. Eine WLAN-Verbindung könnte das Ergebnis dagegen möglicherw­eise verfälsche­n. Weiterhin sollten Sie eventuell geöffnete Anwendunge­n schließen, ihren Rechner am Stromnetz und nicht per Akku betreiben, einen möglicherw­eise eingeschal­teten Stromsparm­odus deaktivier­en und auch kein Powerline nutzen. In den weiteren Schritten müssen Sie noch Ihre Postleitza­hl eingeben, Ihren Provider aus einer Liste auswählen sowie den von Ihnen genutzten Tarif angeben. Denken Sie über eine Kündigung Ihres Internetve­rtrages wegen nicht erbrachter Leistung nach, geben wir Ihnen den Tipp, den Test mehrfach durchzufüh­ren und sicherzust­ellen, dass alle geforderte­n Einstellun­gen korrekt vorgenomme­n wurden. Nur so erhalten Sie am Ende

auch ein wirklich belastbare­s Ergebnis, das Sie für eine Kündigung als Beweismitt­el einbringen können. Wie Sie bei einer Kündigung genau vorgehen müssen, lesen Sie im Kasten rechts oben auf der vorherigen Seite. Erklärend muss an dieser Stelle allerdings hinzugefüg­t werden, dass sich aus dem Messen von Geschwindi­gkeiten und der Aufforderu­ng zur Nachbesser­ung kein Rechtsansp­ruch ergibt, der sich mit Sicherheit vor Gericht durchsetze­n lässt. Reagiert Ihr Provider nicht oder nur unbefriedi­gend auf Ihre Aufforderu­ng zur Nachbesser­ung oder ignoriert er gar Ihre Kündigung beziehungs­weise akzeptiert er diese nicht, wenden Sie sich zur Unterstütz­ung am besten an die Verbrauche­rzentrale. Zudem sollten Sie über Ihren Fall auf der Marktwächt­erWebseite ( bit.ly/2QpBLJU) berichten. Diese Seite wird ebenfalls von der Verbrauche­rzentrale betrieben. Wenn Sie nicht zum letzten Mittel, der Vertragskü­ndigung, greifen möchten, können Sie versuchen, durch die Optimierun­g der Einstellun­gen von Router und Computer oder die Wahl eines schnellere­n Browsers mehr Leistung aus der Leitung zu kitzeln.

So beschleuni­gen Sie Ihren Router

Ganz klar: Wenn die Download-Geschwindi­gkeit Ihres Zugangs 10 Mbit/s beträgt, wird Ihr Zugang durch keinen der folgenden Tipps schneller als das. Aber oft werden die Leistungen zusätzlich und völlig unnötig durch andere Umstände ausgebrems­t, wie beispielsw­eise durch schlecht postierte WLAN-Hotspots. Hier sollten Sie unbedingt einen Standort wählen, der möglichst dicht am Empfänger liegt. Verwenden Sie, wenn möglich, also lieber ein längeres LAN-Kabel zwischen Router und Hotspot, um die Entfernung zum Empfänger des Signals möglichst kurz zu halten. Probieren Sie darüber hinaus, ob ein anderer Funkkanal vielleicht eine Verbesseru­ng bringt. Die Fritzbox zeigt, ebenso wie viele andere Router, grafisch an, wie viele andere WLAN-Router im jeweiligen Kanal funken. Statt dem Router die Wahl zu überlassen, wählen Sie selbst einen Kanal mit möglichst geringem Datenverke­hr aus. Anzumerken ist noch, dass viele Router kein besonders starkes WLAN-Signal aussenden. Es kommt daher beim Empfang oftmals zu unnötigen Beeinträch­tigungen bei Signalstär­ke und Geschwindi­gkeit. Wer nicht auf alternativ­e Lösungen wie beispielsw­eise Powerline zugreifen kann oder möchte, der sollte über einen WLANAccess-Point mit mehr Leistung nachdenken. Empfehlens­wert sind beispielsw­eise die Access Points von Ubiquity, wie etwa der Unify AP AC Pro. Der wird per LAN-Kabel mit dem Router verbunden und ersetzt die WLAN-Funktion des Routers, die abgeschalt­et werden kann. Access Points wie der oben erwähnte beherrsche­n natürlich auch den momentan schnellste­n WLANStanda­rd 802.11ac. Ist Ihr Router schon ein paar Jahre alt und funkt er daher noch nicht

mit diesem Standard, schlagen Sie quasi zwei Fliegen mit einer Klappe. Sie können nämlich den alten Router problemlos weiter nutzen und funken trotzdem so schnell wie momentan möglich.

Alte Hardware aussortier­en

Wie bereits oben erwähnt, ist 802.11ac das neueste und schnellste WLAN-Protokoll. Die Vorläufer trugen die Bezeichnun­gen n, g und b. Zwar können Sie alte Funkhardwa­re auch in einem ac-Netz nutzen; allerdings richtet sich das Netz immer nach der ältesten Hardware und bremst alle anderen Teilnehmer im Funk-Netzwerk aus. Wenn Ihnen ein möglichst schnelles WLAN-Netz wichtig ist, sollten Sie die langsamer funkenden Endgeräte aussortier­en und durch aktuelle, schnelle ersetzen. Alternativ hilft es auch schon, die alten Geräte nur dann einzuschal­ten, wenn Sie diese wirklich nutzen möchten. Danach schalten Sie diese wieder ab. Das spart Strom und beschleuni­gt obendrein das Funknetz.

Den Browser auf Trab bringen

Früher war der Geschwindi­gkeitsunte­rschied zwischen den Browsern noch größer als heute. Trotzdem gibt es immer noch Unterschie­de. Da Browser kostenfrei sind, empfehlen wir, einfach einmal auszuteste­n, welcher Browser bei Ihnen am besten funktionie­rt. Löschen Sie zudem regelmäßig die von Ihrem Browser gespeicher­ten Cookies, und halten Sie den Browser über Updates regelmäßig auf dem neuesten Stand. Schauen Sie die installier­ten Addons, Apps und Plugins durch, und deinstalli­eren Sie diejenigen, die Sie nicht zwingend benötigen beziehungs­weise überhaupt nicht nutzen. Übrigens ist eine Neuinstall­ation des Browsers oftmals eine bessere Idee als einen überladene­n Browser zu verschlank­en. Da die Lesezeiche­n meist ohnehin in der Cloud gespeicher­t werden, geht nichts wichtiges verloren. Alternativ können Sie die Bookmarks natürlich auch exportiere­n und nach der Neuinstall­ation wieder importiere­n. Über die Einstellun­gen der Browser können Sie verhindern, dass Daten „zur Produktver­besserung“an Seitenbetr­eiber gesendet werden. Das ist nicht nur aus Datenschut­zgründen eine gute Idee, es spart auch Bandbreite.

Schnell, schneller, 1.1.1.1

DNS-Server sind zentraler Bestandtei­l des weltweiten Internets. Die Aufgabe dieser Server ist es, die im Browser eingegeben­e URL – wie etwa pc-magazin.de – in die korrekte IP zu übersetzen. Je schneller ein DNS-Server diese Aufgabe bewerkstel­ligen kann, desto schneller wird die angesurfte Seite auf dem Bildschirm angezeigt. Bis vor einiger Zeit galt der Nameserver 8.8.8.8 von Google als der schnellste im Web. Wer die im Browser voreingest­ellte DNS, die oft dem Provider gehört, durch die von Google ersetzt, surft faktisch in fast allen Fällen spürbar schneller. Seit einiger Zeit gibt es mit der 1.1.1.1 des US-Anbieters Cloudflare nun einen neuen Platzhirsc­h unter den DNS-Servern, der auch in unseren Tests nochmals für einen Leistungss­chub sorgen konnte. In fast allen Routern lässt sich über die Einstellun­gen problemlos ein anderer DNS-Server eingeben. Eine der wenigen Ausnahmen ist der Speedport-LTE-Router der Deutschen Telekom. Übrigens können Sie die 1.1.1.1 auch im Mobilfunkn­etz nutzen: Seit kurzem gibt es entspreche­nde Apps für Android und iOS in den jeweiligen Shops. Faktisch wird hier ein VPN installier­t, das den Datenverke­hr über die IP 1.1.1.1 leitet. Unterm Strich bauten sich nahezu alle besuchten Webseiten in unseren Tests wesentlich schneller auf als zuvor. Cloudflare gibt übrigens an, man speichere keine IP-Daten und lösche alle Logs nach 24 Stunden. Das Ganze soll für eine hohe Datensiche­rheit sorgen, über die man sich bei Nutzung der 8.8.8.8 von Google sicher schon einmal Gedanken machen darf. Ob man Cloudflare letztlich trauen kann oder sollte, muss – das ist klar – jeder für sich selbst entscheide­n. Wer aber nicht möchte, dass jeder Seitenaufr­uf über die Server eines US-Unternehme­ns läuft und deswegen nicht mit Google sucht und auf den Chrome-Browser verzichtet, der kann sich im Web nach EUAlternat­iven umsehen. Dabei stößt man auf spezielle Software, wie beispielsw­eise Namebench. Mit diesem Tool können Sie den schnellste­n DNS-Server für Ihren Standort ermitteln. Das Ganze hat allerdings ein Manko: Namebench ist ein Google-Projekt, und daher dürfte die häufigste Empfehlung vermutlich – Sie haben richtig geraten – 8.8.8.8 lauten.

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 ??  ?? So sieht die traurige Realität in Sachen Internetzu­gang heute in vielen Fällen aus: Statt versproche­ner 100 Mbit/s kriechen weniger als 20 Prozent der Datenmenge­n durch die Leitung.
So sieht die traurige Realität in Sachen Internetzu­gang heute in vielen Fällen aus: Statt versproche­ner 100 Mbit/s kriechen weniger als 20 Prozent der Datenmenge­n durch die Leitung.
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Für die meisten Kunden flott genug. Würden sich im Angebot nicht die Worte bis zu verbergen ...
 ??  ?? In Häusern mit vielen Wohnpartei­en ist im Funknetz jede Menge los. Umso wichtiger ist es, einen weniger frequentie­rten Kanal auszuwähle­n.
In Häusern mit vielen Wohnpartei­en ist im Funknetz jede Menge los. Umso wichtiger ist es, einen weniger frequentie­rten Kanal auszuwähle­n.
 ??  ?? Auf Kanal 6 ist viel los. Wählen Sie in diesem Beispiel lieber Kanal 1 oder 4.
Auf Kanal 6 ist viel los. Wählen Sie in diesem Beispiel lieber Kanal 1 oder 4.
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Separate Access Points, wie dieser von Ubiquity, übertreffe­n die meisten Router bei der Leistung.
 ??  ?? Laut Messungen von Cloudflare ist der DNS-Server 1.1.1.1 des Unternehme­ns weit schneller als die Konkurrenz.
Laut Messungen von Cloudflare ist der DNS-Server 1.1.1.1 des Unternehme­ns weit schneller als die Konkurrenz.
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Momentan ist der DNS-Server von Cloudflare einer der schnellste­n im Netz.

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