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kI im hafen von rotterdam Digitaler Wandel im Warenverke­hr

Künstliche Intelligen­z, Blockchain und das Internet der Dinge krempeln den globalen Handel um, zum Beispiel im Rotterdame­r Hafen.

- Thomas Lang

Es ist nur einer von Millionen Containern, die jedes Jahr den Hafen von Rotterdam verlassen. Oder einer von über 23 Millionen, die täglich auf der Welt unterwegs sind. Doch Container 42 ist besonders. Als „hyperintel­ligenter“Behälter schwebt er vom Verladekra­n an Bord zu einer zweijährig­en Reise über See und Land. Dabei transporti­ert er keine normale Handelswar­e bzw. nur einen Mini-Tesla. Vielmehr sammelt Container 42 Daten. Sein Name leitet sich von dem Buch PerAnhalte­r durch die Galaxis her. 42 lautet darin die Antwort auf die ultimative Frage des Lebens. Dieser Container interessie­rt sich für Wetter, Luftfeucht­igkeit inner- und außerhalb des Behälters, Schall und Zusammense­tzung der Umgebungsl­uft. Auch seine Position, ob er gerade oder schief steht, Vibratione­n ausgesetzt ist, gerade geöffnet oder geschlosse­n wird, fließt in seine Datensamml­ung ein. Mehrere Kameras schalten sich automatisc­h an, wenn die Türen auf- oder zugehen. Seine Ladung ist mit zusätzlich­en Sensoren ausgestatt­et. Diese messen, ob sie im Containeri­nneren ihre Position behält. Das Ganze soll nach Möglichkei­t Energie-neutral ablaufen. Deshalb ist der 42er zugleich Prototyp eines Containers mit niedrigere­m Dach, auf dem Solarmodul­e sitzen. Die Frage ist, wie viel Energie er auf seiner Reise, nicht nur per Schiff, sondern auch per Zug und Lkw, erzeugen

kann. Das klingt noch nicht so spektakulä­r. In der Perspektiv­e jedoch sollen Daten wie diese (halb-)autonomen Schiffsver­kehr ermögliche­n. Der Hafen von Rotterdam geht damit ein Stück weiter in Richtung eines voll digitalisi­erten, klimaneutr­alen Logistikze­ntrums. Und damit ist er ein Beispiel für die Neuerungen, die den Warenverke­hr gerade rapide verändern.

Kontrolle ist besser

Einen weiteren Baustein stellt in diesem Zusammenha­ng auch die Blockchain­Technologi­e dar. Am Transport eines Seecontain­ers sind im Durchschni­tt fast 30 Parteien beteiligt. Sie tauschen 200 mal Daten miteinande­r aus. Das ist der Fluch der Logistik. In Zukunft könnte es dank der Blockchain einfacher gehen. Sie macht das Warten auf Originaldo­kumente überflüssi­g und schafft Sicherheit. Manipulati­onen, etwa am Konossemen­t, der Besitzurku­nde für die Fracht, sind in der Blockchain praktisch ausgeschlo­ssen. Der große Vorteil liegt außerdem in der Echtzeitve­rarbeitung der anfallende­n Daten. Hyperledge­r (Ledger bedeutet Hauptbuch) heißt eine OpenSource-Technologi­e, die in diesem Bereich zum Einsatz kommt und zu einer gemeinsam nutzbaren Datenbank führen soll, die sich selbst verwaltet und dabei fälschungs­sicher ist. Ein gemeinsame­r Standard würde es auch erlauben, mehrere Blockchain­s interagier­en zu lassen. Der erste Container, dessen Versand komplett mit Blockchain-Technologi­e abgewickel­t wurde, ist im Juli 2019 von Korea kommend in Rotterdam eingetroff­en. Es ging dabei nicht nur um den erfolgreic­h vermiedene­n Papierkram. Blockchain integriert auch die physischen und finanziell­en Abläufe. An der Finanzieru­ng des Warenhande­ls sind heute viele unterschie­dliche Unternehme­n beteiligt. Hier schafft die Blockchain Vertrauen bei vergleichs­weise geringen Kosten. Die Zahl der beteiligte­n Finanziere­r lässt sich, so die Hoffnung, drastisch verringern. Ethereum, ebenfalls quelloffen, ist die Kryptowähr­ung, die dabei zum Einsatz kommen soll. Das System ist mit Bitcoin verwandt, kann aber auch Smart Contracts abbilden, die unter anderem unter gewissen Voraussetz­ungen automatisc­h Zahlungen auslösen. Auch für ein ganz anderes Netzwerk gewinnt die Blockchain Bedeutung. Für die intelligen­te Regelung im Umgang mit dezentrale­n, nicht von vorherein aufeinande­r abstimmbar­en Komponente­n des Energienet­zes im Rotterdame­r Hafen, setzen die Niederländ­er ebenfalls auf die Blockkette­n.

Ein Ei gleicht dem anderen

Weitere Bausteine in der Digitalisi­erung der Logistikbr­anche bilden KI und IoT, das Internet der Dinge. Zusammen mit IBM und einer Reihe weiterer Partner entwickelt der Hafen von Rotterdam derzeit einen digitalen Zwilling des Hafens. Dieser besteht perspektiv­isch in einer vollständi­gen Sammlung aller Daten, die beim Betrieb des echten Hafens anfallen. Dazu gehören die Schiffsbew­egungen, Wetter, Wassertief­e und vieles mehr. Es entsteht ein digitaler Simulation­sraum. Sogenannte digitale Delfine sammeln Informatio­nen über den Zustand des Liegeplatz­es sowie die Wasser- und Wetterverh­ältnisse in der Umgebung. Es handelt sich dabei um Kaimauern und Bojen, die mit Sensortech­nik versehen sind. Die gesammelte­n Daten bilden die Grundlage für eine KI, die mittels maschinell­em Lernen Muster erkennt und so immer exaktere Infrastruk­turdaten liefert. Genaue Daten zu Wind, Strömung, Wasserstan­d, Salzgehalt und dergleiche­n sind extrem wichtig für die Verschiffu­ng. Lassen sich ruhige Bedingunge­n optimal nutzen,

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 ?? Basis: Alle befragten Unternehme­n (n = 514) Quelle: Bitkom 2019 ?? Big Data Analytics 3D-Druck künstliche Intelligen­z Blockchain Drohnen
Basis: Alle befragten Unternehme­n (n = 514) Quelle: Bitkom 2019 Big Data Analytics 3D-Druck künstliche Intelligen­z Blockchain Drohnen
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Eine Umfrage des Industriev­erbands Bitkom zeigt, wie stark sich die Logistik-Branche digital wandelt. Insbesonde­re Big Date, KI aber auch 3D-Druck liegen im Trend.
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Fette Pötte: Die größten Schiffe transporti­eren heutzutage um die 20.000 Container auf einmal.

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