kI im hafen von rotterdam Digitaler Wandel im Warenverkehr
Künstliche Intelligenz, Blockchain und das Internet der Dinge krempeln den globalen Handel um, zum Beispiel im Rotterdamer Hafen.
Es ist nur einer von Millionen Containern, die jedes Jahr den Hafen von Rotterdam verlassen. Oder einer von über 23 Millionen, die täglich auf der Welt unterwegs sind. Doch Container 42 ist besonders. Als „hyperintelligenter“Behälter schwebt er vom Verladekran an Bord zu einer zweijährigen Reise über See und Land. Dabei transportiert er keine normale Handelsware bzw. nur einen Mini-Tesla. Vielmehr sammelt Container 42 Daten. Sein Name leitet sich von dem Buch PerAnhalter durch die Galaxis her. 42 lautet darin die Antwort auf die ultimative Frage des Lebens. Dieser Container interessiert sich für Wetter, Luftfeuchtigkeit inner- und außerhalb des Behälters, Schall und Zusammensetzung der Umgebungsluft. Auch seine Position, ob er gerade oder schief steht, Vibrationen ausgesetzt ist, gerade geöffnet oder geschlossen wird, fließt in seine Datensammlung ein. Mehrere Kameras schalten sich automatisch an, wenn die Türen auf- oder zugehen. Seine Ladung ist mit zusätzlichen Sensoren ausgestattet. Diese messen, ob sie im Containerinneren ihre Position behält. Das Ganze soll nach Möglichkeit Energie-neutral ablaufen. Deshalb ist der 42er zugleich Prototyp eines Containers mit niedrigerem Dach, auf dem Solarmodule sitzen. Die Frage ist, wie viel Energie er auf seiner Reise, nicht nur per Schiff, sondern auch per Zug und Lkw, erzeugen
kann. Das klingt noch nicht so spektakulär. In der Perspektive jedoch sollen Daten wie diese (halb-)autonomen Schiffsverkehr ermöglichen. Der Hafen von Rotterdam geht damit ein Stück weiter in Richtung eines voll digitalisierten, klimaneutralen Logistikzentrums. Und damit ist er ein Beispiel für die Neuerungen, die den Warenverkehr gerade rapide verändern.
Kontrolle ist besser
Einen weiteren Baustein stellt in diesem Zusammenhang auch die BlockchainTechnologie dar. Am Transport eines Seecontainers sind im Durchschnitt fast 30 Parteien beteiligt. Sie tauschen 200 mal Daten miteinander aus. Das ist der Fluch der Logistik. In Zukunft könnte es dank der Blockchain einfacher gehen. Sie macht das Warten auf Originaldokumente überflüssig und schafft Sicherheit. Manipulationen, etwa am Konossement, der Besitzurkunde für die Fracht, sind in der Blockchain praktisch ausgeschlossen. Der große Vorteil liegt außerdem in der Echtzeitverarbeitung der anfallenden Daten. Hyperledger (Ledger bedeutet Hauptbuch) heißt eine OpenSource-Technologie, die in diesem Bereich zum Einsatz kommt und zu einer gemeinsam nutzbaren Datenbank führen soll, die sich selbst verwaltet und dabei fälschungssicher ist. Ein gemeinsamer Standard würde es auch erlauben, mehrere Blockchains interagieren zu lassen. Der erste Container, dessen Versand komplett mit Blockchain-Technologie abgewickelt wurde, ist im Juli 2019 von Korea kommend in Rotterdam eingetroffen. Es ging dabei nicht nur um den erfolgreich vermiedenen Papierkram. Blockchain integriert auch die physischen und finanziellen Abläufe. An der Finanzierung des Warenhandels sind heute viele unterschiedliche Unternehmen beteiligt. Hier schafft die Blockchain Vertrauen bei vergleichsweise geringen Kosten. Die Zahl der beteiligten Finanzierer lässt sich, so die Hoffnung, drastisch verringern. Ethereum, ebenfalls quelloffen, ist die Kryptowährung, die dabei zum Einsatz kommen soll. Das System ist mit Bitcoin verwandt, kann aber auch Smart Contracts abbilden, die unter anderem unter gewissen Voraussetzungen automatisch Zahlungen auslösen. Auch für ein ganz anderes Netzwerk gewinnt die Blockchain Bedeutung. Für die intelligente Regelung im Umgang mit dezentralen, nicht von vorherein aufeinander abstimmbaren Komponenten des Energienetzes im Rotterdamer Hafen, setzen die Niederländer ebenfalls auf die Blockketten.
Ein Ei gleicht dem anderen
Weitere Bausteine in der Digitalisierung der Logistikbranche bilden KI und IoT, das Internet der Dinge. Zusammen mit IBM und einer Reihe weiterer Partner entwickelt der Hafen von Rotterdam derzeit einen digitalen Zwilling des Hafens. Dieser besteht perspektivisch in einer vollständigen Sammlung aller Daten, die beim Betrieb des echten Hafens anfallen. Dazu gehören die Schiffsbewegungen, Wetter, Wassertiefe und vieles mehr. Es entsteht ein digitaler Simulationsraum. Sogenannte digitale Delfine sammeln Informationen über den Zustand des Liegeplatzes sowie die Wasser- und Wetterverhältnisse in der Umgebung. Es handelt sich dabei um Kaimauern und Bojen, die mit Sensortechnik versehen sind. Die gesammelten Daten bilden die Grundlage für eine KI, die mittels maschinellem Lernen Muster erkennt und so immer exaktere Infrastrukturdaten liefert. Genaue Daten zu Wind, Strömung, Wasserstand, Salzgehalt und dergleichen sind extrem wichtig für die Verschiffung. Lassen sich ruhige Bedingungen optimal nutzen,