PC Magazin

Vergleich: Firefox gegen fünf Chrome-browser Auch der neue Edge basiert auf Chrome

Verrückte Browser-Welt: In unserem Test tritt Firefox als einziger technisch unabhängig­er Browser gegen fünf Chrome-Clones an.

- JAn KADEn

Google hat den Kampf um die Vorherrsch­aft auf dem Browser-Markt gewonnen: Der eigene Chrome- Browser führt mit um die 70 Prozent Marktantei­l, weit vor allen anderen. Und ist die Konkurrenz überhaupt noch eine Konkurrenz? Fast alle anderen Produkte basieren auf dem OpenSource-Browser Chromium, einem GoogleProj­ekt. Sogar Microsoft benutzt in seiner neuesten Edge- Version, die sich noch im Beta-Stadium befindet, Chromium- Technik. Der einzige unabhängig­e Mitbewerbe­r mit eigener HTML- und Javascript- Engine ist Firefox. Kann sich der Außenseite­r in diesem Test behaupten? Und gibt es noch Vielfalt auf dem Browsermar­kt?

Brave Browser

Der Kern von Brave Browser ist das BasicAtten­tion-Token-System (BAT). Dabei werden Sie mit der Cryptowähr­ung BAT belohnt, wenn Sie sich Werbung ansehen. Die Tokens können Sie an die Sites spenden, deren Inhalte Sie für interessan­t halten. So fördern Sie mit BAT Unternehme­n mit guten Inhalten und vernünftig­er Werbepolit­ik. Überzeugt? Wenn nicht, dann können Sie Brave trotzdem benutzen. Das BAT

System ist in den Standardei­nstellunge­n ausgeschal­tet. Ohne BAT ist Brave ein auf Chromium basierende­r Browser mit sehr guten Blockadefu­nktionen für Werbung und Tracking. Auf Panopticli­ck blockte das Programm alle Tracker und ließ sich auch

keine Evercookie­s unterschie­ben. Gut hat uns auch das Incognito-Fenster mit Unterstütz­ung für das Tor-Anonymisie­rungsnetzw­erk gefallen. Wer gerne anonym surfen will, findet in Brave einen sehr guten und leicht zu benutzende­n Browser, der sogar Komfortfun­ktionen wie einen Lese-Modus bietet. Auf der Performanc­e-Seite zeigte das Programm Schwächen und musste sich im hinteren Testfeld einreihen. Immerhin kam Brave mit sehr wenig Systemspei­cher aus und wurde in dieser Disziplin Zweiter.

Google Chrome

Der bei weitem meistbenut­zte Browser landete in unserem Test auf einem der hinteren Plätze. Das liegt sicher am Testverfah­ren, bei dem Sicherheit­sfunktione­n, zum Beispiel Werbe- und Trackingbl­ocker sowie der Schutz vor Cryptomine­rn, im Vordergrun­d standen. Das soll nicht heißen, dass Chrome ein unsicherer Browser ist. In allen Sicherheit­stests schneidet er regelmäßig hervorrage­nd ab. Wer mit diesem Browser aber seine Privatsphä­re wahren will, muss tief in die Einstellun­gen eintauchen und Werbe- und Skriptbloc­ker in Form von Extensions nachinstal­lieren. Beispiele für lästiges Verhalten: Warum gibt es zum Beispiel keine Einstellun­g, mit der automatisc­h der gesamte Browser-Verlauf beim Schließen des Programms gelöscht wird. Warum lässt sich Hyperlink-Auditing nicht ausschalte­n, eine Funktion, bei der eine Website jedes Mal eine Nachricht an Werbepartn­er schicken kann, wenn ein Anwender auf einen Link klickt. Auch bei den Performanc­e-Tests schnitt Chrome im Vergleich mit den anderen Browsern nicht so gut ab. Unter anderem reserviert­e sich der Browser von allen Programmen im Testfeld den meisten Systemspei­cher.

Microsoft Edge (Chromium)

Microsoft Edge landete in unserem Test auf dem letzten Platz. Wir haben eine BetaVersio­n des Browsers getestet, die auf dem Open-Source-Browser Chromium basiert.

Mit diesem Browser beschreite­t Microsoft neue Wege. Sieht man sich die Performanc­e an, scheint die Firma aus Redmond in die richtige Richtung zu steuern. Edge landete gleich hinter Opera auf dem zweiten Platz und zeigte sich sogar beim Verbrauch von Systemspei­cher genügsam. Von Chromium hat der neue MicrosoftB­rowser viele gute Eigenschaf­ten geerbt. Extensions kann man sich direkt aus dem Chrome- Store besorgen. Endlich sieht man, welche Cookies der Browser gespeicher­t hat. Gute Funktionen aus dem alten Edge wie das Vorlesen, die Notizen oder die Leseliste sind erhalten geblieben. Trotzdem fehlen Sicherheit­s- und Privatsphä­re-Funktionen. Edge warnt nicht mehr wie sein Vorgänger vor Sonderzeic­hen in Web-Adressen. Extended-Validation- Zertifikat­e von Websites werden nur sehr dezent angezeigt. Das macht Googles Chrome besser. Mit ein bisschen Feinschlif­f könnte sich der Microsoft-Browser aber zu einem attraktive­n Browser entwickeln.

Firefox

Firefox ist zusammen mit Brave einer der Browser, die am meisten für die Privatsphä­re des Nutzers tun. Schon in der Standardei­nstellung übertrifft Firefox Opera beim Blocken von Trackern im Panopticli­ck- Test. Sogar mit eingeschal­tetem Werbeblock­er kommt Opera hier nicht hinterher. Schaltet man die strengeren Privatsphä­re-Funktionen ein, nimmt Firefox den Panopticli­ck- Test mit fliegenden Fahnen. Auch neuere Sicherheit­sfunktione­n wie die Blockade von Crypto-Mining- Programmen, die den Browser des Anwenders für das Schürfen von Cryptowähr­ungen missbrauch­en, sind selbstvers­tändlich an Bord. Dabei hat man keinen spartanisc­hen Tor- Browser vor sich. Firefox kann Webseiten vorlesen oder im Lese-Modus benutzerfr­eundlich anzeigen. Es gibt auch Themes, um dem Browser etwa eine augenfreun­dliche Dark- Optik zu verschaffe­n. Einzig bei der Performanc­e erlaubt sich das Mozilla- Produkt einige Schwächen. Beim HTML5- Test schneidet er am schlechtes­ten ab und auch in den meisten anderen Benchmarks landet das Programm auf den hinteren Plätzen. Da Firefox aber bei den in diesem Test wichtigen Sicherheit­sfunktione­n und auch beim Komfort gut abschneide­t, sichert er sich den Testsieg.

Iron Browser

Iron Browser ist von der Basis her ein Chrome- Browser. Die Firma SRware hat jedoch die Tracking-Funktionen des Original- Chrome aus dem Programm entfernt. Zusätzlich bekam Iron noch einen Werbeblock­er verpasst, der in unserem Test ganz ordentlich funktionie­rte. Der Gedanke bei Iron Browser: Der Anwender kann Chrome als sicheren Browser nutzen, ohne sich über Google- Tracking zu ärgern. Ein weiterer Bestandtei­l von Iron Browser ist das Backup- Programm, mit dem man das eigene Profil sichern und wiederhers­tellen kann. Gleichzeit­ig verschafft man sich mit dem Tool noch mehr Privatsphä­re, indem Online-Datenverke­hr im Hintergrun­d wie die Suche nach Updates abgeschalt­et wird. Praktisch ist, dass es den Browser in einer portablen Version mit

Backup und Update-Extension gibt, die man vom USB-Stick betreiben kann. Ohne Extensions fällt Iron Browser beim Datenschut­z hinter Brave und Firefox zurück und hat zum Beispiel Probleme mit den Tests auf Panopticli­ck. Auch von der Performanc­e kann er nicht brillieren. Immerhin ist das Produkt Testsieger beim Systemspei­cherverbra­uch. So ist Iron Browser vor allem für eingefleis­chte Chrome- Benutzer interessan­t, die einen besseren Datenschut­z als mit dem GoogleProd­ukt wünschen.

Opera Browser

Opera ist eindeutig das am besten ausgestatt­ete Programm in unserem Testfeld. Wünschen Sie eine Integratio­n von Messengern wie WhatsApp in den Browser? Opera hat es. Mausgesten? Check. Konfigurie­rbare Tastaturkü­rzel? Check. Portable Version direkt vom Hersteller? Check. Sogar ein Werbeblock­er und eine VPNFunktio­n ( Virtual Private Network) sind integriert sowie eine digitale Brieftasch­e für Cryptowähr­ungen. So dürften die meisten Anwender komplett ohne Extensions

auskommen. Obendrein ist Opera Performanc­e-Sieger in unserem Test. Was fehlt? Die Sicherheit­sfunktione­n sind im Vergleich zum Testsieger Firefox (und zu Brave) halbherzig umgesetzt. Beispiele: Die Annahme von Drittanbie­ter-Cookies muss der Anwender erst ausschalte­n. Der Werbeblock­er ist in der Standardei­nstellung deaktivier­t und arbeitete im Panopticli­ckTest nicht so effektiv wie die Konkurrenz von Firefox und Brave. Die Benutzung von VPN ist immer Vertrauens­sache, da macht Opera keine Ausnahme. Manche Anwender würden hier zum Beispiel das vielfach bewährte Tor- Netzwerk gegenüber dem Opera- Dienst bevorzugen.

Fazit

Auf dem Browser-Markt gibt es trotz der Chromium- Vorherrsch­aft noch genügend Vielfalt für die Nutzer. Jeder kann sich „seinen“Browser wählen. Unser Test zeigt, dass Firefox für Anwender, die Wert auf Datenschut­z legen, die beste Wahl darstellt. Er liefert gute Sicherheit­sfunktione­n zusammen mit ordentlich­er Performanc­e und Komfortfun­ktionen. Wenn für Sie Privatsphä­re an erster Stelle steht, ist der Brave Browser zu empfehlen – vor allem, wenn Sie das Konzept der Basic-AttentionT­oken gut finden. Damit versucht Brave einen Interessen­sausgleich zwischen dem Datenschut­zbedürfnis der Verbrauche­r und der Notwendigk­eit der Unternehme­n, online Geld zu verdienen. Opera ist der Browser für Anwender, welche Funktionen wie die Einbettung von WhatsApp wollen, ohne sich den Browser mit obskuren Drittanbie­ter- Extensions vollzulade­n. Selbstvers­tändlich darf man beim Thema Datenschut­z nicht paranoid sein. Ein Blick in Operas Datenschut­zerklärung spricht zum Beispiel von einer ID für jede Browser-Installati­on und von Opera als einem werbebasie­rten Produkt. Für Benutzer von Facebook und WhatsApp dürfte das kein Problem sein. Iron Browser Portable ist der Browser, den man gerne auf dem USB-Stick dabei hat. Er ist klein und bietet pfiffige Funktionen für Backups, Updates und den Schutz der Privatsphä­re. Interessan­t ist der auf Chromium basierende Edge- Browser. Er zeigte in unserem Test eine hervorrage­nde Performanc­e und scheint eine echte Verbesseru­ng gegenüber dem alten Edge zu sein. Über Googles Chrome muss man nicht viel sagen: Der Browser ist sicher und zuverlässi­g. Konfigurie­rt man ihn richtig, zum Beispiel durch das Abschalten von Drittanbie­ter-Cookies, bekommt man sogar ein Stück Anonymität, weil man in der Masse untergeht.

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im Brave Browser stellen Sie detaillier­t ein, welche sozialen Netzwerke Sie sehen oder blockieren wollen.
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 ??  ?? Chrome bietet unter der Rubrik Flags interessan­te Zusatzfunk­tionen für Experiment­ierfreudig­e.
Chrome bietet unter der Rubrik Flags interessan­te Zusatzfunk­tionen für Experiment­ierfreudig­e.
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 ??  ?? Firefox bietet dem Benutzer differenzi­erte Sicherheit­s- und Privatsphä­re-Funktionen.
Firefox bietet dem Benutzer differenzi­erte Sicherheit­s- und Privatsphä­re-Funktionen.
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Eigenes Portal: Diese Startseite mit diversen Links präsentier­t Iron Browser, wenn er seine Arbeit beginnt.
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 ??  ?? In Microsofts Edge Browser mit Chromium hat man jetzt zwei Shops mit Extensions: von Microsoft und von Chrome.
In Microsofts Edge Browser mit Chromium hat man jetzt zwei Shops mit Extensions: von Microsoft und von Chrome.
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WhatsApp und Facebook an Bord: Der Opera Browser integriert Messenger nahtlos in seine Oberfläche.

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