PC Magazin

CCC hackt Corona-Restaurant­daten

Mitglieder des Chaos Emergency Response Teams des CCC sollten beim Essengehen ihre Corona-Daten in eine elektronis­che Datenbank eingeben. Die Hacker bewiesen sehr schnell: Die 5,4 Mio. Buchungsda­ten sind leichte Beute.

- DAVID GÖHLER

Besucherda­ten mit allen Details auspionier­t

E s war gut gemeint: Ein Restaurant­betreiber wollte das lästige Verfahren der Corona-Datenerheb­ung mithilfe eines Cloud-Dienstes des Anbieters Gastronovi möglichst komfortabe­l gestalten; er betonte auch explizit die Datensiche­rheit.

Mehrere Schwachste­llen entdeckt

Die CCC-Hacker bewiesen ihm das Gegenteil und hatten in relativ kurzer Zeit mehrere Möglichkei­ten gefunden, auf Daten des Cloud-Dienstes zuzugreife­n. Zum einen erlangten sie durch eine fehlerhaft­e Prüfung der Zugriffsre­chte vollen Admin-Zugriff auf sämtliche Systeme mit allen gespeicher­ten Daten. Ebenso erlaubt es ein Fehler in der API des Dienstes, auf die Corona-Daten eines anderen Restaurant­s zuzugreife­n – ganz ohne besondere Rechte. Es wäre über die API auch jedem Hobby-Hacker möglich gewesen, die Menükarten aller Restaurant­s in dem System auszulesen und auf Kosten Dritter Bestellung­en vorzunehme­n oder zu stornieren, und das sogar weltweit. Was aber schwerer wiegt, als die Möglichkei­t hier Schabernac­k zu treiben, waren die Daten im System: Die Hacker konnten auf 87.000 Corona-Datensätze zugreifen und hatten Einblick in 5,4 Mio. Reservieru­ngen und 4,8 Mio. Personenda­tensätze, die bei Bestellung­en erfasst und gespeicher­t werden. Erstaunlic­herweise reichen die Daten teilweise bis zu zehn Jahre zurück – offensicht­lich, weil niemand sich die Mühe macht, die erfassten Daten nach einer gewissen Zeit auch wieder zu löschen.

Bei älteren Datensätze­n konnten sogar Passwörter im Klartext über die API abgerufen werden; bei neuen Accounts werden dafür moderne Hashes genutzt. Allerdings fehlt offensicht­lich eine Passwort-Richtlinie. Per Stichprobe konnten für mehrere triviale Passwörter wie 1234 Hashes gebildet und in der Hash-Datenbank gefunden werden. Da viele die gleichen Passwörter bei mehreren Diensten nutzen, ist das Problem gravierend, wenn die Hash-Daten in falsche Hände geraten. Der Dienstanbi­eter Gastronovi hat auf die Hinweise des CCC sehr zügig reagiert und inzwischen alle Schwachste­llen behoben.

Wie man sich schützt

Generell sollte man sich für verschiede­ne Zwecke eine eigene, kostenlose E-MailAdress­e oder -Weiterleit­ung einrichten. So muss man seine private E-Mail-Adresse und -Domain nicht an andere weitergebe­n.

Und natürlich kann man sich weigern, seine Daten in eine elektronis­che Datenbank einzugeben, bei der man nicht weiß, wo die Daten landen, wer darauf Zugriff hat und wie lange sie gespeicher­t werden.

Für Restaurant-Betreiber hat der CCC auf bit.ly/2ZzPVva eine Empfehlung veröffentl­icht, wie man bei der Erfassung der papiergebu­ndenen Daten vorgehen kann. Sie basieren auf den eigenen Erfahrunge­n in den CCC-Hackspaces.

Die hastig eingeführt­e P icht, seine Daten im Restaurant zur Nachverfol­gung bei Corona-Infektione­n zu hinterlass­en, ist grundsätzl­ich sinnvoll. Aber leider hat der Gesetzgebe­r auch nach Monaten noch keine klaren Vorgaben erlassen, wer darauf zugreifen darf und wie damit umzugehen ist. Die Verunsiche­rung durch polizeilic­he Zugriffe auf diese Daten – für andere Zwecke – macht das System kaputt, weil sich die Gäste verständli­cherweise mit FakeAngabe­n aus der Affäre ziehen wollen. Wo sind die AGBs und Datenschut­zhinweise zur Verarbeitu­ng der Daten, die ich sonst immer mit Unterschri­ft bestätigen muss? Plötzlich nicht mehr wichtig? Ich für meinen Teil habe mir eine Corona-Mail-Adresse zugelegt und nde, dass Donald Duck auch eine schöne Namenskomb­ination ist. Damit kann man mich immer noch erreichen, wenn es notwendig ist.

 ??  ?? Gastronovi bietet Restaurant-Betreibern ein Rundum-sorglosPak­et für ihren Betrieb an. Die vom Chaos Computer Club entdeckten Schwachste­llen wurden vom Betreiber umgehend behoben und in einem Blog-Beitrag gewürdigt.
Gastronovi bietet Restaurant-Betreibern ein Rundum-sorglosPak­et für ihren Betrieb an. Die vom Chaos Computer Club entdeckten Schwachste­llen wurden vom Betreiber umgehend behoben und in einem Blog-Beitrag gewürdigt.
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David Göhler, Autor
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