Pro und Contra Elektroschrott-Pfand
Die Forderung nach einem Pfand für Elektrogeräte steht schon lange im Raum und wäre ein Gewinn für die Umwelt. Behaupten die Befürworter. Ob damit der Elektroschrottberg wirklich weniger wird?
Was bringt ein Pfand der Umwelt?
D as ausgemusterte Smartphone, der kaputte Drucker und der in die Jahre gekommene, nicht mehr Update-fähige PC: Immer häu ger und schneller landen sie in Schubladen, im Keller und schlimmstenfalls im Hausmüll. Gleichwohl das Smartphone zwar noch läuft und beim Drucker der Defekt behebbar wäre, werden sie in den seltensten Fällen beim Händler oder auf dem Wertstoffhof abgegeben. Und nur ein verschwindend geringer Teil der ausgemusterten, elektronischen Geräte kommt zu einem Wiederaufbereiter (Refurbisher) oder wird bei Ebay versteigert und bekommt einen neuen Besitzer. Zusätzlich angeheizt durch immer kürzere Produktzyklen, eine immer geringere Lebendauer sowie kaum vorhandene Reparaturmöglichkeiten von elektronischen Geräten wächst ein immenser Elektroschrottberg heran.
Elektroschrott ist schlecht für Umwelt und Ressourcen
Allein in Deutschland liegen aktuell insgesamt 199,3 Millionen alte Smartphones oder Handys ungenutzt in Schränken und Schubladen. Das hat der Digitalverband Bitkom auf Basis einer repräsentativen Befragung errechnet. Das entspricht einem Anstieg von 60 Prozent innerhalb von zwei Jahren und einer Verdopplung innerhalb
von fünf Jahren. Doch landen auf dem ESchrottberg nicht nur Smartphones, Tablets und Computer, sondern auch Waschmaschinen, Kühlschränke, Haartrockner oder Staubsauger. Weltweit kennt die Zahl der ausgemusterten, elektronischen Geräte nur ein steiles Wachstum nach oben.
So hat der Global E-Waste Monitor 2020 berechnet, dass im vergangenen Jahr insgesamt 53,6 Millionen Tonnen Elektroschrott weltweit angefallen sind. Das entspricht einem Anstieg von 21 Prozent in den letzten fünf Jahren. Dabei entspricht das Gewicht dieses E-Schrotts ganzen 350 Kreuzfahrtschiffen der Größe einer Queen Mary 2 – aneinandergereiht ergäbe das eine Schiffsschlange von 125 km. Dabei liegt Europa mit rund zwölf Millionen Tonnen Altelektrogeräten umgerechnet auf die ProKopf-Zahl mit 16,2 Kilogramm weltweit an erster Stelle. Außerdem prognostiziert der Global E-Waste Monitor, dass die Menge an Elektroschrott in den nächsten zehn Jahren weltweit auf insgesamt 74 Millionen Tonnen jährlich anwachsen wird.
Nur 17,4 Prozent dieses Wohlstandsmülls wird recycelt, und ungefähr acht Prozent landen im Hausmüll. Das bedeutet, dass über 44 Millionen Tonnen verrotten. Dabei ist sowohl das Verbrennen als auch das Verrotten des E-Mülls problematisch. Schließlich enthalten ausgediente Elektrogeräte giftige Stoffe, beispielsweise Quecksilber, FCKWs und bromierte Flammhemmer, die beim Verbrennen oder unsachgemäßer Entsorgung in die Umwelt gelangen. Andererseits werden durch den Verzicht auf Recycling wichtige Ressourcen verschwendet. In Elektrogeräten sind nämlich viele wertvolle Stoffe wie Gold, Kupfer, Platin und Seltene Erden enthalten, deren Förderung Energie- und Ressourcen-intensiv ist. Allein in der 2019 angefallenen Menge an Elektroschrott sind Materialien im Wert von zirka 57 Milliarden US-Dollar verschwendet worden. Eine Verringerung des E-Schrottberges wäre also nicht nur umweltverträglich, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll. Die Einführung eines Pfands für Smartphones und Tablets – es sollte nach Vorstellungen der Grünen 25 Euro betragen – sowie die Forderung nach einem Recht auf Reparatur könnten erste Maßnahmen zu weniger ESchrott sein.
Der Mehrwert durch ein Gerätepfand ist zu gering, der Aufwand zu groß
Kritiker halten entgegen, dass der Aufwand eines Gerätepfands sehr hoch und der damit verbundene Nutzen eher gering ist. So hat eine Studie des Bitkom ergeben, dass in Deutschland jeder Zweite, der schon einmal ein altes Handy ausrangiert hat, dieses an eine Privatperson verkauft hat. Immerhin 41 Prozent haben ihr altes Mobiltelefon zu einer Sammelstelle für Elektromüll gebracht und 17 Prozent beim Hersteller oder Händler zurückgegeben. Außerdem horten Smartphone-Nutzer ihre Altgeräte zum Teil deshalb, weil sie die Bilder darauf auch später noch ansehen oder das ausrangierte Gerät für andere Zwecke einsetzen wollen. Viele Nutzer fürchten auch um die Sicherheit ihrer Daten, wenn sie die Geräte zum Recyclen bringen.
Für die Hersteller bedeutet das Gerätepfand hohe Rückstellungen, die problematisch sind. Ob damit der Elektromüllberg tatsächlich schrumpfen wird, ist wohl auch mehr Wunsch als Realität. Schließlich verp ichtet auch heute schon das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) Händler zur Zurücknahme von Altgeräten. Dabei geht es nicht nur um Smartphones und Tablets, sondern um alle erdenklichen Elektrogeräte. Geräte, die beim Händler abgegeben werden, sollten im Recycling landen. Dass dennoch viele E-Geräte im Hausmüll landen, ist ein gesellschaftliches Problem, dessen Lösung ein Umdenken erfordert.