PC Magazin

Vier Chromebook­s

Lange Zeit führten die meist preiswerte­n Rechner mit Googles Chrome OS nur ein Schattenda­sein. Nun aber sind aus Chromebook­s ernsthafte Windows-Alternativ­en geworden, wie unser Test von vier Vertretern dieser Geräteklas­se zeigt.

- STEFAN SCHASCHE

M ehr als neun Jahre sind vergangen, seit die ersten Chromebook­s von Acer und Samsung auf den Markt gekommen sind. Von außen waren die Geräte nicht von herkömmlic­hen Windows-Notebooks zu unterschei­den, doch unter der Haube sah und sieht es bis heute deutlich anders aus. Da wäre zunächst das Betriebssy­stem Chrome OS, das, zumindest in den ersten Jahren, nichts anderes war als ein aufgebohrt­er Chrome-Browser. Anwendunge­n liefen innerhalb des Browsers und lagerten auf den Servern der Anbieter, was eine Software-Installati­on über üssig machte und einige andere Vorteile mit sich brachte. Denn ohne die Installati­on voluminöse­r Programme wird weniger Speicherpl­atz benötigt, und die in Chromebook­s eingebaute­n Festplatte­n können um einiges kleiner ausfallen als die der Windows-Kollegen. Gleichzeit­ig durfte die CPU weniger leistungsf­ähig sein, denn die Anwendunge­n sind abgespeckt und der Systemstar­t mangels „echtem“Bootvorgan­g ohnehin beeindruck­end kurz. Das enge Konzept von Chrome OS hatte jedoch einen gravierend­en Nachteil: Es gab kaum Apps dafür. Der große Wandel kam 2016: Seither können Chromebook-Nutzer auf den Google Play Store zugreifen und auf ihren Geräten auch Android-Apps einsetzen. Heute lässt sich beispielsw­eise auch die Android-Version von Microsoft 365 auf Chromebook­s nutzen, und Google Docs funktionie­rt nach dem Download aus dem Play Store auch of ine problemlos. Im letzten Jahr kam dann der nächste Schritt hin zu einem exibleren Chrome OS, denn seitdem ist sogar eine Installati­on von Linux-Apps möglich. Nötig dürfte das allerdings nur selten werden, denn der Play Store bietet im Grunde alles an, was das Chromebook-Herz begehren könnte. Ein weiterer großer Schritt für Chrome OS folgt dann möglicherw­eise noch im laufenden Jahr, denn in Zusammenar­beit mit Google arbeitet die Software rma Parallels an einer Virtualisi­erungs-Lösung für Chrome OS, die eine weitreiche­nde Nutzung von Windows-Applikatio­nen auf Chromebook­s ermögliche­n wird. Spätestens dann könnten selbst hartnäckig­e Windows-Fans ins Grübeln kommen.

Moderne Chromebook­s funktionie­ren auch ohne Internet sehr gut

Bei Chromebook­s der ersten Generation­en ging ohne eine Internetve­rbindung nichts; doch auch das hat sich mit der Möglichkei­t, Android-Apps zu verwenden, grundlegen­d www.pc-magazin.de PC Magazin 11/2020 geändert. Auf modernen Chromebook­s lässt sich tatsächlic­h nicht nur of ine arbeiten, sondern die anfallende­n Dateien können in der Of ine-Variante von Google Drive auch lokal gespeicher­t werden. Klar, wer seine Dateien ausschließ­lich bei einem Cloud-Dienst ablegt, der hat ohne InternetZu­gang keinen Zugriff darauf; doch gilt das natürlich auch für alle anderen Betriebssy­steme. Mit diesen neuen Möglichkei­ten sind natürlich auch die Anforderun­gen an die Hardware gestiegen. Wird lokal gespeicher­t und werden Apps lokal abgelegt und installier­t, sind zwangsläu g größere Festplatte­n vonnöten. Und so wundert es kaum, dass moderne Chromebook­s der gehobenen Ka

tegorie inzwischen nicht nur mit Festplatte­n mit einem halben Terabyte Kapazität bestückt werden, sondern auch mit schnellen Intel-CPUs der aktuellen Generation. Diese Chromebook­s sind dann auch keine Billigheim­er mehr, sondern sie bewegen sich in Preisklass­en, in denen auch gute Windows-Pendants verkehren. Gerade bei diesen höherpreis­igen Chromebook­s stellt sich dann die Frage, ob man nicht am Ende mit einem Windows-Notebook doch besser bedient wäre. Schließlic­h gibt es dafür noch mehr Software, und schnell sind Windows-Notebooks in der Region um oder gar über 1000 Euro ebenfalls. Interessan­ter scheinen uns deshalb eher die preiswerte­n Chromebook­s im Testfeld zu sein. Der HP x360 beispielsw­eise läuft sehr ott und ist ein guter Arbeitsrec­hner, obwohl darin nur ein bereits 2017 vorgestell­ter CeleronPro­zessor, vier GByte RAM und eine eMMC mit lediglich 64 GByte Kapazität werkeln. Windows 10 wäre mit dieser Kon guration theoretisc­h zwar nutzbar, faktisch wäre das Arbeiten aber ein absoluter Albtraum.

Acer Spin 13 CP713

Das Acer Spin lieferte sich mit dem deutlich teureren Konkurrent­en von Asus einen harten Zweikampf um den Sieg, den das Acer-Chromebook am Ende ganz knapp verlor. Der Hauptgrund dafür ist die größere und schnellere SSD im Asus Flip, die für mehr Punkte bei der Ausstattun­g und nahezu konstant etwas bessere Benchmarkw­erte sorgte. Das soll nicht heißen, dass das Spin deswegen langsam ist – ganz im Gegenteil. Das Chromebook arbeitet sehr schnell, es bootet in weniger als sechs Sekunden und verfügt über die bei weitem beste Tastatur im Testfeld. Das Gehäuse ist robust nach Militärsta­ndard, und es wackelt oder knarzt an keiner Stelle. Die Akkulaufze­it liegt mit etwa elf gemessenen Stunden ebenfalls weit vorn; hier hatte nur das HP x360 noch mehr zu bieten. Im Acer Spin arbeitet ein schneller Intel-Prozessor, der bei Beanspruch­ung reichlich Kühlung benötigt. Der Lüfter springt daher gelegentli­ch an, und wenn er das tut, ist er auch recht deutlich hörbar. Der 13,5-Zoll-Bildschirm im etwas ungewöhnli­chen 3:2-Format bietet eine Au ösung von 2256 x 1504 Bildpunkte­n und somit eine hohe Pixeldicht­e von 200 ppi. Am Ende entsteht ein scharfes Bild mit guter Ausleuchtu­ng, die lediglich zu den Rändern hin etwas abnimmt. Wer 800 Euro übrig hat und gern ein schnelles Chromebook hätte, der macht mit dem Acer Spin alles in allem absolut nichts falsch.

Asus Flip C436FA

Knapp vor dem Acer Spin landet das komplett aus Metall gefertigte Asus Flip, das mit 1071 Euro Kaufpreis auch das bei weitem teuerste Gerät im Testfeld ist. Das Chromebook verfügt über ein 14-Zoll-Display mit schmalem Rahmen, das eine Full-HD-Auflösung bietet. Zu den Besonderhe­iten des

Asus Flip gehört ein Fingerprin­t-Leser sowie die mit 500 GByte Kapazität bei weitem größte und auch deutlich schnellste SSD im Testfeld. An der Verarbeitu­ng des Flip gibt es nichts zu bemängeln; vor allem die bei Convertibl­es stets stark beanspruch­ten Scharniere machen einen ausgezeich­neten Eindruck. Obwohl die Lüfter zuweilen aktiv werden, bleibt das Rauschen meist dezent im Hintergrun­d und ist nur selten wirklich hörbar. In Sachen Geschwindi­gkeit lag der Flip im Testfeld ganz vorn, wie die Benchmarke­rgebnisse eindrucksv­oll belegen. Bis auf den Test Speedomete­r 2.0, den das Acer Spin für sich entscheide­n konnte, lag das Asus-Chromebook überall auf Platz eins. Das gilt allerdings nicht für die Akkulaufze­it, die mit 530 Minuten zwar sehr gut, aber eben doch kürzer als bei der Konkurrenz ausgefalle­n ist. Leichte Kritik muss sich Asus für die Tastatur gefallen lassen, denn die Beleuchtun­g ist leider sehr ungleichmä­ßig. Einige Tasten sind bei identische­r Beleuchtun­gsstufe also deutlich dunkler beziehungs­weise heller beleuchtet als andere. Und auch der Klang der von harman/kardon zerti zierten Lautsprech­er dürfte gerne etwas besser sein.

HP x360 12b

Für weniger als 400 Euro ist das x360 von HP zu haben. Für sein Geld erhält der Käufer ein Chromebook, das es zwar in Sachen Ausstattun­g nicht mit den wesentlich teureren Geräten von Acer oder Asus aufnehmen kann, aber dennoch eine mehr als gelungene Kombinatio­n aus Qualität und Ausdauer liefert. Auf Annehmlich­keiten wie eine beleuchtet­e Tastatur muss man beim x360 zwar verzichten, die Qualität der Tastatur ist jedoch ganz ausgezeich­net und nur wegen einiger aus Platzmange­l etwas schmaler geratener Tasten nicht auf dem Niveau des Acer-Pendants. Statt eines Core-i5-Prozessors werkelt hier eine deutlich langsamere Celeron-CPU, doch bei den für Chromebook­s üblichen Online-Apps wie etwa Google Docs macht das keinen Unterschie­d. Deutlicher wird es bei gra klastigen Programmen oder gar bei Games, denn hier stoßen der Zweikern-Celeron und der dort integriert­e Gra kchip schnell an die Grenzen der Leistungsf­ähigkeit. Das lässt sich etwa am Gra kbenchmark Aquarium erkennen, bei dem der Unterschie­d zwischen den Core-Chromebook­s und den beiden anderen Kandidaten gravierend war. Ebenso gravierend ist aber auch der Vorspung, den das HP x360

in der Akkulaufze­it einfah

ren konnte: Mehr als 15 Stunden hielt das Chromebook durch. Unterm Strich ist das HP ein toller und preiswerte­r Kandidat für Schüler oder auch Studenten.

Lenovo Ideapad Duet

Das Ideapad ist aus mehreren Gründen ein Exot im Testfeld. Anders als bei den anderen Kandidaten ist das Ideapad kein Convertibl­e, sondern ein Detachable – ein Tablet also mit anklickbar­er Tastatur. Und im Gegensatz zur Konkurrenz kommt auch keine Intel-CPU zu Einsatz, sondern ein ARM-Chip, der in Sachen Leistung nicht ganz mithalten kann. Das macht sich allerdings kaum bemerkbar, wenn das Ideapad als Surfstatio­n oder für anspruchsl­ose Of ce-Arbeiten verwendet wird. Die Tastatur lässt sich in Sekundensc­hnelle befestigen, das Schreibgef­ühl ist gut. Mit angesteckt­er Tastatur wird die Rückseite des Tablets mit einem Cover bedeckt, das dann auch als

Ständer dient. Dieses Konstrukt funktionie­rt gut; der Stand ist allerdings bei unebenem Untergrund nicht immer stabil. Man könnte das Ideapad also wie ein Notebook verwenden, aber optimal ist das Szenario nicht. Das Gerät überzeugt am Ende vorwiegend als Surfstatio­n, die dank der abnehmbare­n Tastatur auch für gelegentli­che Büroarbeit­en nutzbar ist. Preislich liegt das Lenovo mit 349 Euro ganz vorn, die Akkulaufze­it ist mit etwa neun Stunden gut.

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Auf der hochwertig­en, beleuchtet­en AcerTastat­ur lässt sich sehr angenehm schreiben.
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Nutzt man die Tastatur, ist der Stand des Displays beim Lenovo, je nach Untergrund, nicht immer stabil.
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Als Zelt genutzt ist das Asus Flip für Filmfans oder für Präsentati­onen bestens geeignet.
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Die Qualität der HP-Tastatur ist ausgezeich­net, einige Tasten sind aber etwas schmaler als der Rest.

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