Smart gewinnt
Die Kombination aus klassischen Spielen und App-Anbindung wird immer beliebter. Doch bringt es wirklich mehr Spaß, wenn Smartphone, Tablet und Co. mitspielen? ❯ von Corinna Ingenhaag
Gesellschaftsspiele gehören seit jeher zu unserer Kultur. Das gemeinsame Spiel verbindet, dient der Unterhaltung und lehrt uns Neues. Überlieferungen zufolge haben bereits die alten Ägypter zusammengesessen und gespielt. Die Älteren erklären der neuen Generation die Regeln, und so werden die Spiele immer weitergegeben. Eine wichtige Lektion fürs Leben gibt es zu jedem Spiel dazu: ein guter Gewinner und ein guter Verlierer zu sein. Zumindest an dieser Lektion hat sich bis heute nichts geändert.
Doch während in den Anfängen des Spiels ein paar Würfel ausreichten, wurde der spielerische Zeitvertreib mit den Jahren immer komplexer. Gesellschaftsspiele decken eine breite Palette ab. Ob es um knifflige Rätsel geht, die logisches Denken erfordern, oder um Spiele, die die soziale Interaktion und den Teamgeist fördern. Das gemeinsame Spielen bringt die Menschen zusammen. Gleichzeitig wird der Wunsch nach Individualisierung immer größer – wir sind es beinahe schon gewohnt, dass sich Dinge wie von allein an unsere Bedürfnisse anpassen. Dafür
sorgen nicht zuletzt die smarten Technologien, die fest zu unserem Alltag gehören – und die spielen eben fast überall mit.
Wissen und quizzen für jede Altersstufe
Wissensspiele sind beliebt. Eltern kaufen sie, damit ihre Kleinen etwas lernen. Denn spielerisch vermittelte Inhalte bleiben oft viel länger im Kopf, als das, was an der Tafel steht. Gleichzeitig geht es beim Quizzen auch immer um den Wettbewerb. Wer will beim Rennen um den cleversten Kopf schon das Schlusslicht bilden? Doch genau das ist bei Wissensspielen mit der Familie oft ein Knackpunkt. Wenn Zocker unterschiedlichen Alters zusammensitzen, sind die Fragen für die einen zu leicht und für die anderen zu schwer. Statt zu Spaß und Vergnügen führt das womöglich zu Frustration am Spieltisch. Und genau hier setzen smarte Lösungen an. Gesellschaftsspiele mit App sorgen dafür, dass alle, die mitspielen genau die Fragen und Aufgaben bekommen, die ihrer Altersklasse entsprechen. Auf diese Weise ist der Wettbewerb fair, und alle haben die glei
chen Chancen auf den Sieg. Obwohl also alle um dasselbe Spielbrett versammelt sind, erfüllt ein Quiz, dessen Fragen per App ausgespielt werden, den Wunsch nach Individualität. Das gleiche Prinzip gilt natürlich für Spiele, die Sport oder Aktivitätsaufgaben stellen. Auch hier gelingt es den Machern über eine App, den Schwierigkeitsgrad an die altersgemäßen Fähigkeiten der Spielenden anzupassen. Eine WinWinSituation für alle Teilnehmenden also.
Vernetzte Vielfalt
Die Integration der smarten Schnittstelle bringt noch einen weiteren Vorteil: Die Auswahl der Fragen und Aufgaben wird durch den vernetzten Spielzusatz erweitert. Die Fülle an Spielgut lässt sich immer wieder updaten. Bei einigen Spielen versprechen die Macher, regelmäßig frisches Material bereitzustellen. Andere ermöglichen es, neue Themengebiete hinzuzukaufen. So wird das Spiel selbst auf Dauer nicht langweilig. Gleichzeitig kommt diese Upgradefähigkeit dem Aspekt der Nachhaltigkeit zugute. Während durchgespielte Games sonst oftmals
in der Tonne landen, lassen sie sich jetzt ganz einfach erweitern.
Überall mitspielen
Es war schon immer so und wird auch immer so bleiben: Wer nicht mitspielen darf, fühlt sich ausgeschlossen. Und damit niemand beim Kniffel gegen sich selbst verzweifeln muss, bieten verschiedene vernetzte Spiele die Möglichkeit, weitere Mitspieler remote dazuzuholen.
Ganz einfach und unkompliziert löst dies beispielsweise das Gesellschaftsspiel Outsmarted. Der Spieler in der Ferne braucht nur die kostenlose App und einen Zugangscode zum Spiel, schon kann das gemeinsame Raten beginnen. Auch wenn so der ursprüngliche Gedanke des geselligen Beisammenseins nicht direkt erfüllt wird, ist es doch eine schöne Möglichkeit, selbst über weite Entfernungen zusammen zu spielen.
Die App Tabu lädt ebenfalls zum Remote-Spiel ein. Damit können sich Freundinnen und Freunde verbinden und in einer Art Video-Chat um die Wette rätseln. So bringt die Vernetzung Spiele-Fans auf der ganzen Welt zusammen. Und das wiederum ist ja genau das, was ein gemeinsames Spiel ausmacht. Schummeln ist übrigens unter den Argusaugen
der App auch schwierig. Die Applikationen merken sich den Spielstand und stellen bei Bedarf einen unbestechlichen Timer zur Verfügung.
neue Spielerlebnisse dank hybriden Games
Der Mix aus klassischem Spiel und Smartphone-Anwendung erschafft auch in Bezug auf die Erlebnisse neue Möglichkeiten. Diese reichen von einem digitalen Würfel bis zur Einbindung von Clips, Games oder der Moderation per Sprachausgabe. Interactive bindet zum Beispiel Minispiele ins Gesamtkonzept ein. Diese werden dann auf dem Smartphone oder Tablet gespielt. Auf diese Weise entsteht eine abwechslungsreiche Kombination aus klassischem Spielgeschehen und App-Games. Einige Spiele, beispielsweise Alleswisser, ermöglichen sogar ein komplett App-basiertes Spiel. Wer gerade niemanden zum Spielen hat, kann mit Alleswisser gegen einen digitalen Androiden antreten.
Eine andere Art der Verbindung von On- und Offline-Spielen knüpft beispielsweise das Escape-Game Unlock. Das Kartenspiel steckt voller kniffliger Rätsel und aufregender Abenteuer. Die Fälle, die es zu lösen gilt, werden auf dem Smartphone begleitet. Die
App bietet Hilfestellungen, Countdowns und erweitert das Spielgeschehen mit Features, nützlichen Tipps und Hinweisen oder mit der Möglichkeit, geheime Codes zu hinterlegen. Dadurch entsteht ein neuartiges Spielerlebnis.
Spieleklassiker werden deshalb immer wieder mit einer App erweitert. So hat Ravensburger beispielsweise seinem Scotland Yard Master eine digitale Komponente spendiert, die zwar den Grundgedanken des Spiels nicht verändert, aber sehr wohl die Art und Weise, wie wir Mister X zuletzt auf die Schliche kommen. Über die App können wir das Smartphone von Mister X orten oder Zeugen befragen. Das Schöne an dieser Ergänzung ist, dass das Spiel auch ohne App funktioniert. So können die Zockerinnen und Zocker jedes Mal frei entscheiden, ob sie lieber offline spielen oder die App zur Lösungsfindung hinzuziehen wollen.
Smartes Regelwerk
Ein neues Spiel steht auf dem Tisch, und keiner kann erwarten, dass es endlich losgeht. Doch vorab will das Regelwerk sorgfältig gelesen und verinnerlicht werden. Während die Stimmung am Tisch bereits zu kippen droht, setzt der penible Regelverfechter noch einmal die Lesebrille auf, um den Spielverlauf in der Theo
rie zu analysieren. Wer bekommt wie viele Figuren? Wer fängt an, und darf Tante Erna eigentlich auf das rote Feld rücken, obwohl Martin da schon draufsteht?
Diese unentspannte Situation umschiffen wir ganz smart per App. Denn die führt uns im besten Fall detailliert und unmissverständlich durch den Aufbau und das Regelwerk. In vielen Fällen sind sogar Videos eingebunden, die Schritt für Schritt erklären, wie der Spielspaß samt Regeln zu genießen ist.
Spielend lernen
Selbstverständlich stehen Spaß und Geselligkeit beim Spielen im Vordergrund – doch oft lässt sich ganz nebenbei und spielerisch Wissen vermitteln. Besonders für die Jüngsten kann das zwanglose Lernen ein echter Mehrwert sein.
Der Merge Cube setzt dazu auf Augmented Reality. Sie erschafft eine ganz eigene Welt, die die Grenzen zwischen Spielzeug, Lerntool und Digitalisierung verschwimmen lässt. Denn neben den schulischen Inhalten lernen die Kids die Möglichkeiten und den Umgang mit neuen Technologien ganz unbefangen und in einem limitierten Umfang kennen. Einen schönen und sinnvollen Einstieg in die digitale Welt erhalten Kinder auch in den Spielen von Edurino. Sie verbinden physische Spielfiguren mit Inhalten auf dem Tablet.
Die Edurino-Produkte werden mit pädagogischem Hintergrund entwickelt und unterstützen Kinder ganz spielerisch beim Lesen und Schreiben oder beim ersten Umgang mit Zahlen.
Ein weiteres Beispiel für den kindgerechten Einstieg ist die Steuerung der Brio-Lok über die App. Während das Benutzen eines Touchscreens für uns längst zu den Selbstverständlichkeiten des Alltags gehört, müssen Kinder erst noch verstehen, wie die Steuerung des Zugs über den Bildschirm gelingt. Die BrioApp erfordert das Schieben eines Reglers ebenso wie das Drücken diverser Knöpfe. Wie das alles funktioniert, haben die Kleinen schnell verstanden – und schon ist der erste Schritt zum Spielspaß getan.
Gewinne durch Zusatzkosten
Beim Spielen geht es ums Gewinnen. Und beim Verkauf von Spielen geht es um Gewinne – zumindest unter anderem. Darum gibt es für einige Spiele kostenpflichtige Add-ons, die aber zum Teil durchaus ihre Daseinsberechtigung haben. Wollen wir zum Beispiel ein neues Deck im Tabu spielen, müssen wir dafür legitimerweise bezahlen. Auch die Erweiterung eines Fragenkatalogs um neue Rubriken ist bei einigen Games mit Kosten verbunden. Da wir dafür einen Mehrwert erhalten, ist das ebenfalls mehr als vertretbar. Der getestete Merge Cube erfragt nach der dreimonatigen Testphase ein Abonnement – ob das den Spaß Wert ist, kommt auf die Intensität der Nutzung und auf den Spaß am Spiel an. Das kann dann jeder für sich entscheiden.
Die Zukunft des Spielens ist digital
Gesellschaftsspiele entwickeln sich seither weiter und reflektieren in gewisser Form gesellschaftliche, kulturelle und technologische Umstände ihrer Zeit. Dass smarte Technologien auch vor der Welt der Würfel nicht Halt machen, liegt somit auf der Hand. Wie unsere Übersicht zeigt, bietet die Integration digitaler Elemente oft einen handfesten Mehrwert. Spiele werden damit dynamischer, abwechslungsreicher und individueller. Interaktive Elemente können immer wieder neue Konzepte zum Vorschein bringen. Damit haben Spiele mit App-Einbindung gute Karten. Andererseits überdauern Klassiker wie Schach oder Mensch ärgere Dich nicht schon so lange Zeiten, dass wir sie getrost weiterhin in unserem Spieleschrank beherbergen sollten. Denn Menschen zusammenbringen können die Spiele-Oldtimer schließlich immer noch. ❮