Browser im Test
Welcher Browser ist der beste? So einfach die Frage, so einfach die Antwort: wieder einmal Chrome. Doch auch die übrigen Programme haben ihre Stärken, vor allem der wenig genutzte Opera- Browser.
Chrome, Firefox, Edge, IE und Opera im großen Vergleich: Tempo, Sicherheit, Funktionen
SIND SIE EIN FIREFOX-TYP? Oder stehen Sie auf Chrome? Oder nutzen Sie gar den Internet Explorer (IE)? Diese etwas ungewöhnliche Fragestellung soll verdeutlichen, dass viele Menschen zum Surfen im Internet meist einen ganz bestimmten Browser bevorzugen. Firefox steht in Deutschland derzeit mit knapp 40 Prozent Marktanteil (noch) an der Spitze, gefolgt von Chrome mit etwas unter 30 Prozent und vom Internet Explorer mit aktuell nur noch rund 15 Prozent (Quelle: Statista GmbH). Genutzt wird das jeweilige Standardprogramm zum Surfen vor allem aus Gewohnheit, nicht weil es unbedingt besser als die Konkurrenz wäre. Probiert man mal eine andere Software aus, stellt man schnell fest: So viel anders zu bedienen ist sie gar nicht, unter Umständen aber viel schneller. Das traf in der Vergangenheit vor allem auf den betagten Internet Explorer zu, der mit der Geschwindigkeit von Chrome, Firefox und Co. nicht mithalten konnte und auch deshalb kontinuierlich Marktanteile verlor. 2004 setzten noch weit über 90 Prozent der Internetnutzer den MicrosoftBrowser ein – dieser hatte seinerseits in früheren Jahren im „Browserwettkampf“den ehemaligen Spitzenreiter Netscape Navigator in die Bedeutungslosigkeit geführt.
Microsoft bringt mit Edge einen ganz neuen Browser
Microsoft stand also vor der Entscheidung, entweder den Internet Explorer radikal zu verschlanken und damit auch die immer mitgeschleppte Kompatibilität zu früheren Webstandards aufzugeben. Oder eben einen radikalen Neuanfang in Form eines neuen Browsers zu wagen. Genau das hat der Software-Konzern mit der Entwicklung von Windows 10 getan.
„Nur wenige InternetSurfer nutzen Opera, doch dieser Browser leistet im Test erstaunlich viel.“
Beim letzten Browser-Vergleich von PC-WELT im vergangenen Sommer konnte die damals noch unter der Bezeichnung Project Spartan laufende Vorabversion des Edge allerdings nicht wirklich überzeugen. Seitdem wurde der neue Browser immer wieder aktualisiert und verbessert, in erheblichem Maße nochmals mit dem ersten großen Update von Windows 10 im November (Version 1511). Zeit und Grund genug also, die Programme zum Surfen erneut zu testen: Wie schlägt sich Microsofts Neuentwicklung im Vergleich zum bisherigen Internet Explorer, zu Chrome, Firefox und Opera? Damit sind zugleich die fünf wichtigsten Browser für den Windows-PC genannt. Safari für Windows wird schon seit Jahren nicht mehr weiterentwickelt, der steigende Marktanteil resultiert allein aus der zunehmenden Verbreitung von Apple-Computern. Die beiden Alternativen Pale Moon und Vivaldi kommen derzeit nicht über einen Exotenstatus hinaus; immerhin hat Vivaldi nun den Beta-Status erreicht und firmiert nicht mehr als „Experimental“. Getestet wurden die fünf Programme auf einem Standard-PC mit Core i5-CPU, acht GByte RAM, SSD und aktuellem Windows 10 in der 64-Bit-Version – ein Rechner also, wie er in ähnlicher Form in vielen deutschen Haushalten steht. Ausgenommen von Opera haben wir jeweils die 64-Bit-Variante der Browser für den Vergleich herangezogen, nur bei Opera basiert die prinzipiell leistungsfähigere Variante immer noch auf der früheren Presto-Engine und ist deshalb bei Version 12.17 stehengeblieben. Opera 32 Bit dagegen fußt längst auf Chromium und ist bei Version 34 angelangt.
Die Geschwindigkeit allein ist beim Surfen längst nicht alles
Schaut man nur auf die Benchmark-Ergebnisse, die die Funktions-und Performance-Tabelle am Schluss dieses Artikels zusammenfasst, zeigt sich folgendes Bild: Der alte Internet Explorer läuft dem restlichen Testfeld in allen Belangen hinterher, an der Spitze steht ohne Wenn und Aber nach wie vor Chrome. Knapp hinter der Software von Google und damit erstaunlich weit vorne ordnet sich Opera ein. Firefox liegt inzwischen nur noch im Mittelfeld, ist also etwas in die Jahre gekommen – trotzdem erledigt das Mozilla-Tool nach wie vor ordentlich seine Arbeit. Der neue Edge lässt sich noch nicht genau klassifizieren. Das liegt auch daran, dass Microsoft seinen Browser auch seit dem Erscheinen von Windows 10 ständig weiterentwickelt hat – in einigen Bereichen also ganz offensichtlich mehr als in anderen. Während Edge beim Allroundtest Browsermark, beim Microsofteigenen Speedtest Chalkboard und bei Peacekeeper nach wie vor schwächelt, liegt er bei Google Octane, Jetstream und Sunspider (die beiden letzten messen die Javascript-Performance) an der Spitze. Gefühlt im Surfalltag hat Edge subjektiv durchaus zu den Konkurrenten aufgeschlossen. Klar ist aber auch, dass die pure BrowserPerformance nicht alles ist. Wer viele Erweiterungen aktiviert hat, surft abhängig von den zur Verfügung stehenden Hardware-Ressourcen langsamer. Ausgebremst wird das OnlineErlebnis unter Umständen auch durch die installierte Sicherheitsuite. Und wenn die schwache Onboard-Grafik im Computer schon beim Rendern der Webseiten an ihre Grenzen stößt, tut sie das bei allen Surfprogrammen. In der Praxis spielen also bei Bewertung und Nutzen der Browser weitere Aspekte eine Rolle, darunter – dank der Unterstützung mobiler Betriebssysteme – die Synchronisationsmöglichkeiten mit Smartphone oder Tablet-PC. Unterschiede gibt es ferner bei der Funktionsvielfalt und bei der Sicherheit. Auf beides gehen wir im Detail noch ein.
Deutliche Funktionsunterschiede der Browser im Detail
Auch wenn die Browser längst weit mehr leisten als nur Webseiten anzuzeigen, ist und bleibt dies ihre Kernfunktion. Und so arbeiten
alle Programme bei der Eingabe einer Webadresse mit einer Vorschlagskombination aus dem bisherigen Verlauf, den Lesezeichen und der Websuche – nur der neue Edge spart die Bookmarks (noch) aus. Sehr ähnlich sind auch ihre Bedienoberflächen: Chrome, Edge, IE und Opera verfügen über ein kombiniertes Feld für die Adresseingabe und die Online-Suche, Firefox behält die Zweiteilung von früher für URL und Suche weiter bei. Standard bei den Testkandidaten sind ferner ein Formular- und ein Passwortmanager. Wichtig ist die Passwortverwaltung vor allem vor dem Hintergrund der unterstützten Mobilplattformen. Von Chrome, Opera und seit November auch von Firefox existieren nun Versionen für Android und iOS, so dass die meisten Besitzer eines Smartphones darüber auch von unterwegs schnellen Zugriff auf ihre diversen Cloudzugänge haben. Edge dagegen beschränkt sich auf das firmeneigene Windows Mobile, die konkurrierenden Betriebssysteme bleiben derzeit außen vor. Schwächen zeigt Edge zudem bei der Synchronisation. Zusätzliche Funktionen durch Erweiterungen, von denen es für Chrome und Firefox Tausende gibt, hat Microsoft für seinen neuen Browser erst für dieses Jahr angekündigt. Googles Chrome schließlich glänzt durch die integrierte Übersetzungsfunktion sowie durch die Anbindung des persönlichen Assistenten Google Now, von der allerdings nur Nutzer mit einem Android-Smartphone profitieren. Edge hat wie Firefox einen praktischen Lesemodus integriert, der alles Überflüssige einer Webseite ausblendet und so das Lesen längerer Textpassagen sehr angenehm macht. Außerdem werden die Leselisten mit anderen Geräten synchronisiert – darauf allerdings beschränkt sich zusammen mit den Bookmarks der Abgleich auch schon. Die übrigen Browser leisten hier mehr. Hervorzuheben ist in Edge noch die Notiz- und Malfunktion, bei der man mit der Maus beziehungsweise auf Touchgeräten mit dem Finger beliebige Seitenelemente markieren, beschriften und dann teilen kann.
Tausende Erweiterungen gibt es für Chrome und Firefox
Firefox lässt sich mit tausenden Zusatztools aus dem Netz funktional erweitern. Bereits integriert sind der Messenger Hello, eine Notizfunktion und ein Werbe- beziehungsweise Trackingblocker. Da passt es nicht mehr in die Zeit, dass Mozilla beim Öffnen neuer Tabs neben bereits besuchten auch gesponsorte Webseiten auflistet. Dass Microsoft in seinen Browsern WebRTC (Web Real-Time Communication) und damit die standardisierte Videotelefonie nicht unterstützt, liegt schlicht an Skype: Man möchte sich keine Konkurrenz zum firmeneigenen Dienst ins Haus holen. Opera schließlich verfügt über einen Turbomodus, der die Datenmengen vor allem bei Fotos und Videos durch Komprimierung verkleinert und so Webseiten schneller lädt. Erweiterungen gibt es für Opera ebenfalls, allerdings bei Weitem nicht so viele wie für Chrome und Firefox. Apropos Webstandards: So wie bei WebRTC bestehen auch bei anderen Standards und den implementierten Audio- und Videocodecs Unterschiede. Die Tabelle am Artikelende fasst ganz oben die Kompatibilität von drei unterschiedlichen Webstandards zusammen. In dieser Rubrik liegen Chrome und Opera an der Spitze, gefolgt von Firefox. Der neue Edge ist zwar deutlich besser als der IE, kommt aber bei den Standards nicht über den vorletzten Platz hinaus.
Sicherheit: Lücken für Schadcode zunehmend geschlossen
Formal könnte man die Integration eines PDFViewers und des Flash-Players zur funktionellen Ausstattung zählen, schließlich müssen Sie als Anwender beides nicht mehr installieren. Tatsächlich stehen dahinter aber Sicherheitsaspekte. Denn über Flash wurde in der Vergangenheit ein beträchtlicher Teil des Web-Schadcodes eingeschleust. Adobe als Entwickler dieser Software hat bei bekannt gewordenen Sicherheitslücken mitunter nur langsam reagiert. Google kümmert sich wie Microsoft in Edge um die PDF- und Flash-Implementierung deshalb nun selbst, die NPAPI-Schnittstelle für die Plug-ins fehlt bei Chrome ebenso wie Firefox in der 64-Bit-Version sogar ganz. HTTP Strict Transport Security (HSTS) ist bei allen Programmen Standard und sorgt dafür, dass die Browser nicht auf unverschlüsselte Verbindungen zurückfallen, so lange verschlüsselte zur Verfügung stehen. Firefox schließlich ist noch anfälliger für Schadcode, weil seine einzelnen Browsertabs nicht voneinander getrennt, sondern gemeinsam in einer Singleprozessarchitektur laufen.
Alle Programme bieten automatische Updates und den privaten Modus, der beim Surfen die Kontrolle über die eigenen Daten und die Identität gewährleisten soll. In der Praxis allerdings verliert der Privatemodus an Bedeutung, weil Webseitenbetreiber zunehmend die Wiedererkennung über Fingerprints einsetzen ( www. pcwelt.de/2004702).
Fazit: Google Chrome ist wieder einmal Testsieger, aber …
Also alles wie gehabt, schließlich liegt Chrome im Gesamtvergleich wieder vorn? Hinsichtlich des Google-Browsers lautet die Antwort „ja“: Google legt nicht nur die beste Performance hin, der Browser lässt sich auch vielfältig erweitern und ist vergleichsweise sicher. Das gute Abschneiden von Opera kommt jedoch etwas überraschend, denn trotz 32-BitVersion ist er sehr schnell. Zudem läuft der Browser von Windows 10 Mobile abgesehen auf allen wichtigen Mobilplattformen und unterstützt viele Webstandards. Nur bei den Zusatzfunktionen und Erweiterungen bleibt er Mittelmaß. Da wiederum punktet Firefox, ein im Übrigen weiterhin guter Allrounder, der allerdings bei den Benchmarks zunehmend ins Hintertreffen fällt. Der neue Edge lässt sich noch nicht abschließend beurteilen, da er „noch nicht fertig“ist. Sichtbar ist der Performance-Gewinn durch den neuen Edge-HTML-Renderer. Ansonsten bessert Microsoft noch ständig nach und will in den nächsten Monaten auch Erweiterungen anbieten. Verbesserungswürdig ist die Synchronisation, gelungen dagegen sind Lesemodus und Cortana-Integration. Den Internet Explorer schließlich sollte man wirklich nur noch bei Webseiten verwenden, wenn alle anderen Browser scheitern. Gleichzeitig heißt das, dass Sie durchaus aus Gewohnheit bei Ihrem Standard-Browser bleiben können – es sei denn, es handelt sich um den IE. Die anderen Programme dagegen lohnen es durchaus, einmal ausprobiert zu werden.