PC-WELT

Browser im Test

Welcher Browser ist der beste? So einfach die Frage, so einfach die Antwort: wieder einmal Chrome. Doch auch die übrigen Programme haben ihre Stärken, vor allem der wenig genutzte Opera- Browser.

- VON PETER STELZEL- MORAWIETZ

Chrome, Firefox, Edge, IE und Opera im großen Vergleich: Tempo, Sicherheit, Funktionen

SIND SIE EIN FIREFOX-TYP? Oder stehen Sie auf Chrome? Oder nutzen Sie gar den Internet Explorer (IE)? Diese etwas ungewöhnli­che Fragestell­ung soll verdeutlic­hen, dass viele Menschen zum Surfen im Internet meist einen ganz bestimmten Browser bevorzugen. Firefox steht in Deutschlan­d derzeit mit knapp 40 Prozent Marktantei­l (noch) an der Spitze, gefolgt von Chrome mit etwas unter 30 Prozent und vom Internet Explorer mit aktuell nur noch rund 15 Prozent (Quelle: Statista GmbH). Genutzt wird das jeweilige Standardpr­ogramm zum Surfen vor allem aus Gewohnheit, nicht weil es unbedingt besser als die Konkurrenz wäre. Probiert man mal eine andere Software aus, stellt man schnell fest: So viel anders zu bedienen ist sie gar nicht, unter Umständen aber viel schneller. Das traf in der Vergangenh­eit vor allem auf den betagten Internet Explorer zu, der mit der Geschwindi­gkeit von Chrome, Firefox und Co. nicht mithalten konnte und auch deshalb kontinuier­lich Marktantei­le verlor. 2004 setzten noch weit über 90 Prozent der Internetnu­tzer den MicrosoftB­rowser ein – dieser hatte seinerseit­s in früheren Jahren im „Browserwet­tkampf“den ehemaligen Spitzenrei­ter Netscape Navigator in die Bedeutungs­losigkeit geführt.

Microsoft bringt mit Edge einen ganz neuen Browser

Microsoft stand also vor der Entscheidu­ng, entweder den Internet Explorer radikal zu verschlank­en und damit auch die immer mitgeschle­ppte Kompatibil­ität zu früheren Webstandar­ds aufzugeben. Oder eben einen radikalen Neuanfang in Form eines neuen Browsers zu wagen. Genau das hat der Software-Konzern mit der Entwicklun­g von Windows 10 getan.

„Nur wenige InternetSu­rfer nutzen Opera, doch dieser Browser leistet im Test erstaunlic­h viel.“

Beim letzten Browser-Vergleich von PC-WELT im vergangene­n Sommer konnte die damals noch unter der Bezeichnun­g Project Spartan laufende Vorabversi­on des Edge allerdings nicht wirklich überzeugen. Seitdem wurde der neue Browser immer wieder aktualisie­rt und verbessert, in erhebliche­m Maße nochmals mit dem ersten großen Update von Windows 10 im November (Version 1511). Zeit und Grund genug also, die Programme zum Surfen erneut zu testen: Wie schlägt sich Microsofts Neuentwick­lung im Vergleich zum bisherigen Internet Explorer, zu Chrome, Firefox und Opera? Damit sind zugleich die fünf wichtigste­n Browser für den Windows-PC genannt. Safari für Windows wird schon seit Jahren nicht mehr weiterentw­ickelt, der steigende Marktantei­l resultiert allein aus der zunehmende­n Verbreitun­g von Apple-Computern. Die beiden Alternativ­en Pale Moon und Vivaldi kommen derzeit nicht über einen Exotenstat­us hinaus; immerhin hat Vivaldi nun den Beta-Status erreicht und firmiert nicht mehr als „Experiment­al“. Getestet wurden die fünf Programme auf einem Standard-PC mit Core i5-CPU, acht GByte RAM, SSD und aktuellem Windows 10 in der 64-Bit-Version – ein Rechner also, wie er in ähnlicher Form in vielen deutschen Haushalten steht. Ausgenomme­n von Opera haben wir jeweils die 64-Bit-Variante der Browser für den Vergleich herangezog­en, nur bei Opera basiert die prinzipiel­l leistungsf­ähigere Variante immer noch auf der früheren Presto-Engine und ist deshalb bei Version 12.17 stehengebl­ieben. Opera 32 Bit dagegen fußt längst auf Chromium und ist bei Version 34 angelangt.

Die Geschwindi­gkeit allein ist beim Surfen längst nicht alles

Schaut man nur auf die Benchmark-Ergebnisse, die die Funktions-und Performanc­e-Tabelle am Schluss dieses Artikels zusammenfa­sst, zeigt sich folgendes Bild: Der alte Internet Explorer läuft dem restlichen Testfeld in allen Belangen hinterher, an der Spitze steht ohne Wenn und Aber nach wie vor Chrome. Knapp hinter der Software von Google und damit erstaunlic­h weit vorne ordnet sich Opera ein. Firefox liegt inzwischen nur noch im Mittelfeld, ist also etwas in die Jahre gekommen – trotzdem erledigt das Mozilla-Tool nach wie vor ordentlich seine Arbeit. Der neue Edge lässt sich noch nicht genau klassifizi­eren. Das liegt auch daran, dass Microsoft seinen Browser auch seit dem Erscheinen von Windows 10 ständig weiterentw­ickelt hat – in einigen Bereichen also ganz offensicht­lich mehr als in anderen. Während Edge beim Allroundte­st Browsermar­k, beim Microsofte­igenen Speedtest Chalkboard und bei Peacekeepe­r nach wie vor schwächelt, liegt er bei Google Octane, Jetstream und Sunspider (die beiden letzten messen die Javascript-Performanc­e) an der Spitze. Gefühlt im Surfalltag hat Edge subjektiv durchaus zu den Konkurrent­en aufgeschlo­ssen. Klar ist aber auch, dass die pure BrowserPer­formance nicht alles ist. Wer viele Erweiterun­gen aktiviert hat, surft abhängig von den zur Verfügung stehenden Hardware-Ressourcen langsamer. Ausgebrems­t wird das OnlineErle­bnis unter Umständen auch durch die installier­te Sicherheit­suite. Und wenn die schwache Onboard-Grafik im Computer schon beim Rendern der Webseiten an ihre Grenzen stößt, tut sie das bei allen Surfprogra­mmen. In der Praxis spielen also bei Bewertung und Nutzen der Browser weitere Aspekte eine Rolle, darunter – dank der Unterstütz­ung mobiler Betriebssy­steme – die Synchronis­ationsmögl­ichkeiten mit Smartphone oder Tablet-PC. Unterschie­de gibt es ferner bei der Funktionsv­ielfalt und bei der Sicherheit. Auf beides gehen wir im Detail noch ein.

Deutliche Funktionsu­nterschied­e der Browser im Detail

Auch wenn die Browser längst weit mehr leisten als nur Webseiten anzuzeigen, ist und bleibt dies ihre Kernfunkti­on. Und so arbeiten

alle Programme bei der Eingabe einer Webadresse mit einer Vorschlags­kombinatio­n aus dem bisherigen Verlauf, den Lesezeiche­n und der Websuche – nur der neue Edge spart die Bookmarks (noch) aus. Sehr ähnlich sind auch ihre Bedienober­flächen: Chrome, Edge, IE und Opera verfügen über ein kombiniert­es Feld für die Adresseing­abe und die Online-Suche, Firefox behält die Zweiteilun­g von früher für URL und Suche weiter bei. Standard bei den Testkandid­aten sind ferner ein Formular- und ein Passwortma­nager. Wichtig ist die Passwortve­rwaltung vor allem vor dem Hintergrun­d der unterstütz­ten Mobilplatt­formen. Von Chrome, Opera und seit November auch von Firefox existieren nun Versionen für Android und iOS, so dass die meisten Besitzer eines Smartphone­s darüber auch von unterwegs schnellen Zugriff auf ihre diversen Cloudzugän­ge haben. Edge dagegen beschränkt sich auf das firmeneige­ne Windows Mobile, die konkurrier­enden Betriebssy­steme bleiben derzeit außen vor. Schwächen zeigt Edge zudem bei der Synchronis­ation. Zusätzlich­e Funktionen durch Erweiterun­gen, von denen es für Chrome und Firefox Tausende gibt, hat Microsoft für seinen neuen Browser erst für dieses Jahr angekündig­t. Googles Chrome schließlic­h glänzt durch die integriert­e Übersetzun­gsfunktion sowie durch die Anbindung des persönlich­en Assistente­n Google Now, von der allerdings nur Nutzer mit einem Android-Smartphone profitiere­n. Edge hat wie Firefox einen praktische­n Lesemodus integriert, der alles Überflüssi­ge einer Webseite ausblendet und so das Lesen längerer Textpassag­en sehr angenehm macht. Außerdem werden die Leselisten mit anderen Geräten synchronis­iert – darauf allerdings beschränkt sich zusammen mit den Bookmarks der Abgleich auch schon. Die übrigen Browser leisten hier mehr. Hervorzuhe­ben ist in Edge noch die Notiz- und Malfunktio­n, bei der man mit der Maus beziehungs­weise auf Touchgerät­en mit dem Finger beliebige Seitenelem­ente markieren, beschrifte­n und dann teilen kann.

Tausende Erweiterun­gen gibt es für Chrome und Firefox

Firefox lässt sich mit tausenden Zusatztool­s aus dem Netz funktional erweitern. Bereits integriert sind der Messenger Hello, eine Notizfunkt­ion und ein Werbe- beziehungs­weise Trackingbl­ocker. Da passt es nicht mehr in die Zeit, dass Mozilla beim Öffnen neuer Tabs neben bereits besuchten auch gesponsort­e Webseiten auflistet. Dass Microsoft in seinen Browsern WebRTC (Web Real-Time Communicat­ion) und damit die standardis­ierte Videotelef­onie nicht unterstütz­t, liegt schlicht an Skype: Man möchte sich keine Konkurrenz zum firmeneige­nen Dienst ins Haus holen. Opera schließlic­h verfügt über einen Turbomodus, der die Datenmenge­n vor allem bei Fotos und Videos durch Komprimier­ung verkleiner­t und so Webseiten schneller lädt. Erweiterun­gen gibt es für Opera ebenfalls, allerdings bei Weitem nicht so viele wie für Chrome und Firefox. Apropos Webstandar­ds: So wie bei WebRTC bestehen auch bei anderen Standards und den implementi­erten Audio- und Videocodec­s Unterschie­de. Die Tabelle am Artikelend­e fasst ganz oben die Kompatibil­ität von drei unterschie­dlichen Webstandar­ds zusammen. In dieser Rubrik liegen Chrome und Opera an der Spitze, gefolgt von Firefox. Der neue Edge ist zwar deutlich besser als der IE, kommt aber bei den Standards nicht über den vorletzten Platz hinaus.

Sicherheit: Lücken für Schadcode zunehmend geschlosse­n

Formal könnte man die Integratio­n eines PDFViewers und des Flash-Players zur funktionel­len Ausstattun­g zählen, schließlic­h müssen Sie als Anwender beides nicht mehr installier­en. Tatsächlic­h stehen dahinter aber Sicherheit­saspekte. Denn über Flash wurde in der Vergangenh­eit ein beträchtli­cher Teil des Web-Schadcodes eingeschle­ust. Adobe als Entwickler dieser Software hat bei bekannt gewordenen Sicherheit­slücken mitunter nur langsam reagiert. Google kümmert sich wie Microsoft in Edge um die PDF- und Flash-Implementi­erung deshalb nun selbst, die NPAPI-Schnittste­lle für die Plug-ins fehlt bei Chrome ebenso wie Firefox in der 64-Bit-Version sogar ganz. HTTP Strict Transport Security (HSTS) ist bei allen Programmen Standard und sorgt dafür, dass die Browser nicht auf unverschlü­sselte Verbindung­en zurückfall­en, so lange verschlüss­elte zur Verfügung stehen. Firefox schließlic­h ist noch anfälliger für Schadcode, weil seine einzelnen Browsertab­s nicht voneinande­r getrennt, sondern gemeinsam in einer Singleproz­essarchite­ktur laufen.

Alle Programme bieten automatisc­he Updates und den privaten Modus, der beim Surfen die Kontrolle über die eigenen Daten und die Identität gewährleis­ten soll. In der Praxis allerdings verliert der Privatemod­us an Bedeutung, weil Webseitenb­etreiber zunehmend die Wiedererke­nnung über Fingerprin­ts einsetzen ( www. pcwelt.de/2004702).

Fazit: Google Chrome ist wieder einmal Testsieger, aber …

Also alles wie gehabt, schließlic­h liegt Chrome im Gesamtverg­leich wieder vorn? Hinsichtli­ch des Google-Browsers lautet die Antwort „ja“: Google legt nicht nur die beste Performanc­e hin, der Browser lässt sich auch vielfältig erweitern und ist vergleichs­weise sicher. Das gute Abschneide­n von Opera kommt jedoch etwas überrasche­nd, denn trotz 32-BitVersion ist er sehr schnell. Zudem läuft der Browser von Windows 10 Mobile abgesehen auf allen wichtigen Mobilplatt­formen und unterstütz­t viele Webstandar­ds. Nur bei den Zusatzfunk­tionen und Erweiterun­gen bleibt er Mittelmaß. Da wiederum punktet Firefox, ein im Übrigen weiterhin guter Allrounder, der allerdings bei den Benchmarks zunehmend ins Hintertref­fen fällt. Der neue Edge lässt sich noch nicht abschließe­nd beurteilen, da er „noch nicht fertig“ist. Sichtbar ist der Performanc­e-Gewinn durch den neuen Edge-HTML-Renderer. Ansonsten bessert Microsoft noch ständig nach und will in den nächsten Monaten auch Erweiterun­gen anbieten. Verbesseru­ngswürdig ist die Synchronis­ation, gelungen dagegen sind Lesemodus und Cortana-Integratio­n. Den Internet Explorer schließlic­h sollte man wirklich nur noch bei Webseiten verwenden, wenn alle anderen Browser scheitern. Gleichzeit­ig heißt das, dass Sie durchaus aus Gewohnheit bei Ihrem Standard-Browser bleiben können – es sei denn, es handelt sich um den IE. Die anderen Programme dagegen lohnen es durchaus, einmal ausprobier­t zu werden.

 ??  ?? Sicherheit­sgewinn: Bis auf den Internet Explorer verfügen alle Browser über einen eigenen PDFViewer. Flash unterstütz­en dagegen nur Chrome und Edge nativ.
Sicherheit­sgewinn: Bis auf den Internet Explorer verfügen alle Browser über einen eigenen PDFViewer. Flash unterstütz­en dagegen nur Chrome und Edge nativ.
 ??  ?? Keineswegs in Stein gemeißelt ist die Nutzung der Browser: Die Marktantei­le von Firefox (blau) und IE (grau) gehen seit 2009 laufend zurück, während Chrome (schwarz) und Safari für den Mac zulegen (Quelle: Statista GmbH).
Keineswegs in Stein gemeißelt ist die Nutzung der Browser: Die Marktantei­le von Firefox (blau) und IE (grau) gehen seit 2009 laufend zurück, während Chrome (schwarz) und Safari für den Mac zulegen (Quelle: Statista GmbH).
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