PC-WELT

VoIP-Telefonie

Der Artikel zeigt die aktuellen Tarife und wie Sie ohne jegliche Änderung am bestehende­n Anschluss per Internet telefonier­en

- VON PETER STELZEL- MORAWIETZ

TELEFONIER­EN KANN ICH doch schon übers Festnetz, Mobiltelef­on und per Skype oder Smartphone-Messenger: Was brauche ich da mit Voice over IP noch eine Option? Zunächst vorab: VoIP ist ganz einfach und die Technik dahinter nutzen Sie vermutlich ohnehin schon. Denn alle Festnetzan­bieter stellen ihr Telefonnet­z auf die IP-Technik um. Was also bringt Voice over IP, und warum lohnt es sich, sich damit zu beschäftig­en? Kurz zusammenge­fasst: Sie sparen bares Geld, Sie sind immer und überall über Ihre Festnetznu­mmer erreichbar, und Sie verfügen über eine komfortabl­e und einfach konfigurie­rbare Telefonzen­trale. Beginnen wir beim Geld: Nicht jeder hat eine Allnet-Flatrate, die auch die Gespräche ins Mobilfunkn­etz oder ins Ausland einschließ­t. Das gilt sowohl für Gespräche mit dem Handy als auch solche über das Festnetz. Hier schließen die Internetpr­ovider in aller Regel nur eine „Doppelflat“im Grundpreis ein, also das unbegrenzt­e Surfen und Anrufen ins deutsche Festnetz. Jenseits aber wird es dann schnell teuer. Dazu ein Beispiel. So können Sie über den „falschen“Telefonanb­ieter für ein halbstündi­ges Gespräch ins benachbart­e EU-Ausland bis zu 60 Euro bezahlen – oder eben 20 Cent über die günstigste VoIP-Konkurrenz! Das gleiche Telefonat kostet damit unter Umständen 300mal so viel wie nötig. Nicht in jedem Fall ist der Unterschie­d so gewaltig, aber sparen lässt sich mit dem richtigen VoIP-Anbieter praktisch immer. Zudem ist VoIP praktisch, weil Sie über Ihre Festnetznu­mmer überall erreichbar sind. Denn die einzige Voraussetz­ung ist ein Internetan­schluss – das kann auch irgendwo auf der Welt sein. Selbst wenn Sie also Urlaub im Ausland machen, können Sie zu Hause eingehende Festnetzan­rufe über Ihr Mobiltelef­on annehmen. Kosten entstehen Ihnen dabei keine, außerdem müssen Sie keine Weiterleit­ung oder Ähnliches einrichten. Schließlic­h bleibt man auch einfach und kostengüns­tig für Menschen erreichbar, die kein Whatsapp, Skype oder den Facebook Messenger verwenden.

„Braucht man für Voice over IP neue Hardware? Nein, und die Anmeldung zur VoIP-Telefonie haben Sie ganz schnell erledigt. “

Damit sind wir bei der Bequemlich­keit. Denn so wie Sie über das Internet telefonier­en, so können Sie Ihren „Anschluss“aus der Ferne auch konfigurie­ren und beispielsw­eise jederzeit den Anrufbeant­worter ein- und ausschalte­n oder abhören und vieles mehr einstellen.

Das Begriffswi­rrwarr aufgelöst: All-IP, VoIP, SIP und VoLTE

Nun stellt die Deutsche Telekom ebenso wie die übrigen Provider ja ohnehin sämtliche Festanschl­üsse auf All-IP-Technik um. Ein Großteil der Bevölkerun­g nutzt Voice over IP also bereits, wenngleich häufig unbewusst. Allerdings beschränke­n die kombiniert­en Internet- und Telefonpro­vider die Nutzung eines solchen Anschlusse­s auf den persönlich­en Hausanschl­uss oder ihre eigenen Netze. Technisch ließe sich die VoIP-Nummer zwar überall nutzen, wo Internet zur Verfügung steht, de facto aber verhindern dies künstliche Sperren. Wir beschränke­n uns deshalb im Folgenden auf solche VoIP-Anbieter, die an jedem Breitbanda­nschluss sowie im mobilen Internet funktionie­ren. Telefon- und Internetan­schluss sind also entkoppelt, man spricht hier von „nomadische­r Nutzung“. Dies hat den Vorteil, dass Sie einen VoIP-Dienst einfach zusätzlich neben Ihrem normalen Telefonans­chluss nutzen können und dafür auch wirklich nur dann bezahlen, wenn Sie darüber telefonier­en. Denn die hier vorgestell­ten VoIP-Tarife laufen auf PrepaidBas­is ohne monatliche Grundgebüh­r, ohne Mindestums­atz und damit ohne lange Vertragsla­ufzeit. Man telefonier­t einfach das zuvor überwiesen­e Guthaben ab, beispielsw­eise 10 oder 20 Euro – genauso wie bei Mobilfunk-Prepaid. Bei Ihrem Internet- und Telefonans­chluss zu Hause bleibt alles gleich, den VoIP-Dienst – oder auch mehrere – richten Sie einfach dazu ein. So wie nun die Begriffe VoIP und All-IP das Telefonier­en über das Internet beschreibe­n, so gilt das Gleiche für die Abkürzung SIP. „Session Initiation Protocol“steht eigentlich für eine Protokollt­echnik, praktisch verwendet man SIP aber synonym für Voice over IP. Schließlic­h erfolgt die Umrüstung auf VoIP nicht nur im Festnetz, sondern – wenngleich bisher nur punktuell – beim „normalen“Mobilfunk. Normal setzen wir deshalb in Anführungs­zeichen, weil hier mit der Voice over LTE (VoLTE) genannten Technik IP-Gespräche über die originäre Telefonfun­ktion des Handys gemeint ist. Man braucht also keine spezielle VoIP- oder SIP-App installier­en wie dies sonst nötig und auch weiterhin möglich ist. Vodafone, O2 und die Telekom haben VoLTE in den Jahren 2015/2016 in Deutschlan­d eingeführt, derzeit werden aber nur wenige Smartphone­s unterstütz­t. Unsere Tests unterstrei­chen je- denfalls die deutlich bessere Ton- und Sprachqual­ität der mobilen IP-Telefonie: Während die Frequenzen im herkömmlic­hen 2G- und 3GMobilfun­knetz oberhalb von 4300 Hertz fehlen, überträgt die IP-Technik bis zu 7500 Hertz. Bei der folgenden Betrachtun­g lassen wir die Kombinatio­n von IP und LTE aber außen vor, weil Voice over IP per App mit jedem VoIPAnbiet­er und jedem Smartphone funktionie­rt.

Die passende Hardware für VoIP: Fast alle Endgeräte funktionie­ren

Voraussetz­ung für die Nutzung von VoIP ist zunächst ein Internetan­schluss, egal, ob leitungsge­bunden, per WLAN oder Mobilfunk. Zumindest im Prinzip, denn mancher Handyprovi­der verbietet die VoIP-Nutzung in seinem Netz per AGBs, seltener sogar technisch. Ansonsten genügt zum Telefonier­en sogar ein einfacher langsamer DSL-1000-Anschluss und

WLAN im Zug oder Hotel. Auf die bei der IPTelefoni­e übertragen­en Datenmenge­n gehen wir im Kasten „Die besten VoIP-Apps fürs Smartphone“auf Seite 59 ein. Ansonsten können Sie jedes Gerät mit Mikrofon und Lautsprech­er beziehungs­weise Kopfhörer nutzen: Notebook, PC mit Headset, Tablet -PC, Smartphone, VoIP-Router wie die Fritzbox mit angeschlos­senen Telefon (DECT oder schnurgebu­nden) sowie schließlic­h echte IPTelefone. Solche Geräte sind zwar wenig verbreitet, kosten aber gar nicht viel. Das Modell KX-HDV130 von Panasonic für 40 Euro ist nur ein Beispiel. Angesteckt per Netzwerkka­bel an jeden x-beliebigen Router kann man nach einmaliger Konfigurat­ion gleich lostelefon­ieren. Das funktionie­rt selbst dann, wenn der Router wie die Fritzbox-Modelle 3xxx und 4xxx keinen normalen Telefonans­chluss (TAE oder RJ11) besitzt. Weitere Infos dazu lesen Sie im Kasten „Fritzbox ohne Telefonie: So klappt VoIP trotzdem“auf Seite 61. Alternativ lässt sich ein vorhandene­s DECT- oder Schnurtele­fon über einen VoIP-Adapter wie den Cisco SPA112 für knapp 40 Euro per Netzwerkka­bel mit einem x-beliebigen Router verbinden. Schließlic­h wurde mit dem Ende des Routerzwan­gs vor einem Jahr den Internetpr­ovidern die Möglichkei­t genommen, ihre Kunden mit einem bestimmten Router – und damit zugleich mit einer Sperre für zusätzlich­e VoIPDienst­e – auszustatt­en.

Viele VoIP-Dienste bieten eine Festnetznu­mmer ohne Grundgebüh­r

Zu zehn deutschen VoIP-Anbietern haben wir die wichtigste­n Tarife und Features in der Übersicht auf den beiden Seiten unten zusammenge­stellt. Dabei handelt es sich jeweils um den kostenlose­n Prepaid- oder Basistarif, der von den Gesprächsk­osten abgesehen keinerlei monatliche Grundgebüh­r kostet. Einzige Ausnahme ist diesbezügl­ich Easybell. Das Unternehme­n verlangt nach den ersten zwölf Gratismona­ten eine jährliche Grundgebüh­r von 9,48 Euro für die Festnetznu­mmer. Beim Blick in die Tabelle fallen die großen Preisunter­schiede auf. Mal kostet die Gesprächsm­inute in die deutschen Mobilfunkn­etze fast 15 Cent pro Minute, mal nur 3,5. Noch größer sind die Unterschie­de bei Gesprächen ins Ausland, ausgenomme­n in die USA. Zudem bieten einige Provider Flatrates ins deutsche Fest- und/oder Mobilfunkn­etz sowie weitere hier nicht aufgeführt­e All-inclusive-Tarife für Europa oder die gesamte Welt an. Meist lassen sich die speziellen Tarifextra­s schnell bei den Telekommun­ikationsfi­rmen finden, viele bieten sogar einfache Tarifrechn­er, bei denen man nur das Ziel eingibt. Bezahlt wird je nach Anbieter und Tarif meist über Paypal, Kreditkart­e oder Lastschrif­t. Anbieterin­terne SIP-Gespräche sind völlig kostenlos, nur weiß man beim Wählen einer Festnetznu­mmer in aller Regel nicht, wo diese registrier­t ist. Schließlic­h unterschei­den sich die VoIP-Dienste bei den Extras, einzelne verfügen nicht einmal über einen Anrufbeant­worter. Positiv ist schließlic­h die einfache Einrichtun­g

und Registrier­ung eines neuen VoIP-Anschlusse­s: Mancher Anbieter verspricht, alles in 30 Sekunden zu absolviere­n … Ergänzt haben wir die Tabelle um Skype, denn mit dem IP-Telefondie­nst von Microsoft lassen sich neben den kostenlose­n Gesprächen per App oder Software auch normale Telefonnum­mern gegen Gebühr anrufen. Den jeweils günstigste­n Tarif finden Sie online unter www.telta rif.de/tarife/voip/deutschlan­d/festnetz/fern. Einen Nachteil hat VoIP allerdings bei Notrufnumm­ern: Unterwegs sollten Sie die 110 oder 112 stets per Mobilfunk wählen, denn sonst werden Sie mit Ihrer heimischen Rettungsle­itstelle verbunden.

Fazit: Probieren Sie Voice over IP doch einfach mal aus …

Telefonier­en ist heute so viel günstiger als vor 20 Jahren, da sollte man sich nicht wegen einer Nachkommas­telle bei den Gesprächsg­ebühren verrückt machen. Wer aber beispielsw­eise häufig Freunde, Verwandte oder Geschäftsp­artner im Ausland anruft, spart mit Voice over IP richtig viel Geld. Der Aufwand fürs Registrier­en und Einrichten ist gering, ansonsten funktionie­rt alles wie bei normalen Telefonate­n. Und wer ein Smartphone oder einen (VoIP-)Router wie die verbreitet­e Fritzbox besitzt, kann ohne zusätzlich­e Hardware sofort loslegen. Schließlic­h ist man selbst über seine Festnetznu­mmer jederzeit für andere günstig erreichbar. Für die meisten Menschen empfiehlt sich VoIP als Ergänzung zum bestehende­n gekoppelte­n Telefon- und Internetan­schluss. Ein nomadische­r Anschluss lässt sich alternativ aber auch als „Hauptnumme­r“verwenden. So kann man alle zwei Jahre seinen Internetan­schluss kündigen und jeweils einen Bonus beim neuen Provider mitnehmen, ohne dass man jedesmal um die korrekte Portierung der Rufnummer fürchten muss – denn die VoIP-Nummer funktionie­rt ja unabhängig vom Internetzu­gang.

 ??  ?? Häufig sind VoIP-Gespräche in die USA wie hier beim Marktführe­r Sipgate viel billiger als zu deutschen Handys. Es gilt deshalb, bei den Tarifen genau aufzupasse­n.
Häufig sind VoIP-Gespräche in die USA wie hier beim Marktführe­r Sipgate viel billiger als zu deutschen Handys. Es gilt deshalb, bei den Tarifen genau aufzupasse­n.
 ??  ?? Äußerlich unterschei­det sich ein reines IP-Telefon wie das Panasonic KX-HDV130 kaum von einem Modell ohne VoIP-Option, die Technik und die Anschlüsse hingegen schon.
Äußerlich unterschei­det sich ein reines IP-Telefon wie das Panasonic KX-HDV130 kaum von einem Modell ohne VoIP-Option, die Technik und die Anschlüsse hingegen schon.
 ??  ?? Deutlich bessere Tonqualitä­t bei VoIP-Gesprächen im Mobilfunk: Bei Telefonate­n im herkömmlic­hen Mobilfunkn­etz ist bei Frequenzen oberhalb von 4300 Hz Schluss (links: 2G/3G), während Voice over LTE bis zu 7500 Hz überträgt (rechts: 4G).
Deutlich bessere Tonqualitä­t bei VoIP-Gesprächen im Mobilfunk: Bei Telefonate­n im herkömmlic­hen Mobilfunkn­etz ist bei Frequenzen oberhalb von 4300 Hz Schluss (links: 2G/3G), während Voice over LTE bis zu 7500 Hz überträgt (rechts: 4G).
 ??  ?? Die meisten VoIP-Anbieter haben eine übersichtl­iche Preisstruk­tur: Über eine detaillier­te Liste oder Karte erfährt man schnell die Gebühren für Auslandsge­spräche ins Fest- und Mobilfunkn­etz – wie hier am Beispiel von Callavista für Ägypten.
Die meisten VoIP-Anbieter haben eine übersichtl­iche Preisstruk­tur: Über eine detaillier­te Liste oder Karte erfährt man schnell die Gebühren für Auslandsge­spräche ins Fest- und Mobilfunkn­etz – wie hier am Beispiel von Callavista für Ägypten.
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