Internet-shopping per VR
Die Vorteile eines echten Ladens mit der Übersicht eines Online-shops
Facebook, Microsoft, Google, Samsung, bald auch Apple: Alle großen It-firmen setzen verstärkt auf Virtual Reality. Doch abgesehen von Spielen sind Vr-anwendungen bislang fast ausschließlich als Attraktionen auf Messen oder in Einkaufszentren zu finden. Das liegt daran, dass viele Leute mit Virtual Reality zwar vertraut sind als Zusatznutzen für Smartphones oder der heimischen Spielekonsole. Abgesehen davon ist die Erfahrung mit 3D-benutzerschnittstellen oder Vr-hardware noch sehr niedrig. Bisher ist auch wenig darüber bekannt, wie Benutzer mit der zur Verfügung stehenden Vielfalt von Ein- und Ausgabemethoden für virtuelle Umgebungen umgehen.
Dies hat auch damit zu tun, dass aktuelle Vr-anwendungen sich noch zu technisch geben: Bedienerführungen und Interaktion basieren auf Konzepten, die für Desktopcomputer, Mobilgeräte oder Spielekonsolen entwickelt wurden. Häufig werden dabei gängige Standards aus dem Web- oder Mobile-bereich einfach in die neuen virtuellen 3D-umgebungen übertragen, obwohl es entscheidende Unterschiede gibt: Wie gut man sich in einer 3D-welt zurechtfinden kann, hängt beispielsweise von der Auflösung einer Vr-brille ab, von der Entfernung zu den Augen, einer veränderten
Wahrnehmung der Größe und Entfernungen von Objekten und anderem mehr.
Vr-shopping kann ein besseres Kauferlebnis bieten
Viele Experten glauben: Wenn sich hier neue Ansätze finden lassen, kann VR gerade das Einkaufen übers Internet grundlegend verändern. Denn aktuelle Onlineshops sind vor allem praktisch und effizient: Sie sind stets geöffnet und der Kunde findet schnell, was er sucht, kann schnell bezahlen und ist auch schnell wieder weg. Speziell auf dieses Ziel, die Kundenwünsche ohne Zeitverlust zu bedienen, sind die meisten Shopping-systeme ausgelegt. Dabei bleibt das Einkaufserlebnis aber vollkommen auf der Strecke. Das gibt es (optimalerweise) nur beim stationären Einkauf: Produkte lassen sich anfassen und ausprobieren, in einer angenehmen Einkaufsum
„Einkaufen per VR verbindet die Vorteile eines echten Ladens mit der Übersicht eines Online-shops.“
gebung fühlt man sich wohl, bleibt länger und kommt gern wieder. Dass es Kunden gibt, die Erfahrung, Erlebnis und Zufriedenheit höher schätzen als die reine Effektivität eines Shops, belegen etwa die steigenden Besucher- und Verkaufszahlen an verkaufsoffenen Sonntagen in Kaufhäusern.
Per Online-shopping mit VR könnten Händler idealerweise beide Kundengruppen bedienen: Solche, denen Effektivität einer logischen Bedienerführung wichtig ist, wie auch solche, die ein echtes Einkaufserlebnis schätzen.
Effizient, aber langweilig: Die Schwächen von Online-shops
Im Allgemeinen bieten aktuelle Onlineshops lediglich 2D-inhalte. Sie verwenden einfache 2D-schnittstellen wie Hyperlinks, Labels, Icons und Menüs. Hier sind nur die Produkte wichtig, und der Kunde soll das gewünschte möglichst schnell finden, damit Bequemlichkeit und Verkaufszahlen stimmen. Die Produkte sind zumeist in einer Listen- oder Kachelansicht sortiert, der Kunde findet sie durch permanentes Scrolling oder seitenbasierte Navigation. Dieser Ansatz funktioniert besonders bei der textbasierten Suche nach Produkten, wenn der Kunde also bereits eine Vorstellung vom Produkt hat, das er erwerben möchte. Mit der dreidimensionalen Welt in Geschäften hat das nicht mehr viel zu tun.
Ein Vr-shop könnte stattdessen von seiner dritten Dimension sowie 3D-schnittstellen profitieren, wie 3D-grafiken, natürlichen Interaktionsmetaphern oder Avataren. Dabei könnten lebendigere Inhaltsdarstellungen eine positivere Resonanz beim Verbraucher erzeugen. Im Vergleich zu 2D-online-shops ließen sich Produkte eines Vrshops 3D-gerendert darstellen. Auf diese Weise kann der Kunde das Produkt von jeder Seite betrachten und einen besseren Eindruck von seiner Größe, Form und sogar vom Gewicht bekommen.
Durch das Nutzen der dritten Dimension bietet VR außerdem eine erweiterte Form der Visualisierung, die die Kundenzufriedenheit steigern kann und damit das Shopping-erlebnis. Dies ermöglicht natürlichere Bedienerführungen – beispielsweise eine direkte Kamerasteuerung durch Drehen des Kopfes – als die übliche Maus/tastaturinteraktion in einer Desktop-umgebung. Um diese in der virtuellen Realität kundengerecht abzubilden, muss man allerdings
wissen, wie Anwender verschiedene Dienste in einer virtuellen Einkaufswelt benutzen, welche Interaktionsformen und Eingabegeräte für den Vr-einkauf am besten sind und schließlich, wie ein Virtual-realityshop tatsächlich gestaltet sein sollte: Wie ein echter Supermarkt oder eher eine Plattform, die nur Vorteile aus dem Offlinekanal übernimmt und diese mit den Vorteilen einer virtuellen Realität verbindet.
Wo Vr-shopping besser sein kann als der Online-einkauf
Der Hauptgrund, warum zum Beispiel Möbel in physikalischen Geschäften gekauft werden, ist, dass der Kunde vor Ort das
Möbelstück anfassen und testen kann. So bekommt er eine bessere Vorstellung davon, wie es in der eigenen Wohnung aussehen könnte, aber noch mehr, wie es sich anfühlt – etwa der Stoff beim Kauf eines Sofas. In einem zweidimensionalen Onlinemöbelgeschäft fehlt dieses Erlebnis. Vr-möbelgeschäfte haben somit großes Potenzial, weil der Kunde auf der physischen Couch sitzen und direkt individuelle Komponenten wie Farbe, Textur, Größe, Form konfigurieren und fühlen kann, während er sich mittels Vr-brille in seiner eigenen virtuellen Wohnung befindet.
Ikea hat bereits einen ersten Schritt zu einem Vr-möbel-shop gemacht: Mit der kos
tenfreien Vr-anwendung aus dem Steam Store kann der Nutzer eine Ikea-küche erforschen, mit den einzelnen Elementen interagieren und sie dann nach seinen Wünschen konfigurieren.
Ebenso könnte man in zukünftigen Vr-elektronikgeschäften Produkte virtuell testen, konfigurieren und in allen Variationen ausprobieren. Ein Beispiel dafür wäre es, ein neues Soundsystem fürs Wohnzimmer von Bose, Sonos oder Teufel nicht nur zusammenzustellen, sondern auch direkt mittels Vr-headset und High-end-kopfhörern in der eigenen Wohnumgebung zu testen. Eine besondere Chance für Vr-shopping könnte sich sowohl für Online-supermärkte als auch Lebensmittellieferdienste ergeben. Es gibt zwar mittlerweile bereits einige Online-supermärkte im Netz, doch insbesondere
in Deutschland werden diese von den Kunden kaum angenommen. Umfragen zufolge kaufen die Kunden Lebensmittel hauptsächlich offline, da im Vergleich zu anderen Warenarten wie Elektronik, Möbeln oder Kleidung das Angebot an Warengruppen, Kategorien und Abteilungen größer ist und daher ein Online-lebensmittelgeschäft unübersichtlicher ist als ein Online-shop für elektronische Geräte. Der genannte Hauptgrund für den stationären Einkauf war aber das Einkaufserlebnis.
So sollte ein guter Vr-shop gestaltet sein
Um die Vorteile von Online- und Offlineshopping zu verbinden, muss ein Vr-shop also folgende Vorgaben erfüllen: Er sollte übersichtlich sein, durch kundenfreundliche Kategorisierung, Schilder, Regalnamen und Filterung. Er sollte eine effiziente Suchfunktion bieten, aber auch das persönliche Einkaufserlebnis durch Spracheingabe und interaktive Assistenzsysteme simulieren sowie Produkte und deren Eigenschaften wie Größe, Gewicht, Belichtung und Form realistisch darstellen.
Dabei darf man nicht vergessen, dass das Kundenerlebnis und der Grad der Immersion selbst eines optimal konzipierten Online-vr-shops stark durch die verwendete Hardware und die Infrastruktur bestimmt werden, wie Auflösung, Renderqualität sowie Rechenleistung und Netzwerklatenz. Um möglichst viele Kunden zu erreichen, darf er nicht nur auf einem High-end-vrready-pc funktionieren, sondern auch auf einem aktuellen Vr-fähigen Smartphone.
Fazit: Vr-shopping steht noch ganz am Anfang
Vr-shops überzeugen mit ihrer multisensorischen und multimodalen virtuellen Fülle. Kunden erhalten dabei verglichen mit normalen Online-shopping-anwendungen umfangreichere Informationen zu Produkten und deren Komponenten.
In einem gewöhnlichen Online-einkaufszentrum benutzen die Kunden zumeist eine recht einfache Bedienerführung mit textbasierter Suche und Listen- oder Kachelansicht von 2D-produktfotos. Das ist zwar oft effizienter verglichen mit einem Einkauf in physikalischen Geschäften, stellt die Kunden allerdings häufig weniger zufrieden – es fehlt das Einkaufserlebnis.
Außerdem führt diese Art des Online-shoppings schließlich dazu, dass die Kunden zu passiven Beobachtern von Produktinformationen und Bildern werden, während die Vr-kunden 3D-gerenderte Produkte in ihrer eigentlichen Größe, Gewicht und Form in einer virtuellen 3D-umgebung und über natürliche Nutzerschnittstellen anfassen, inspizieren und testen können.
Jedoch ist auch Vorsicht geboten: Zu viele Informationen in der Vr-umgebung und zu deutliche Unterschiede zwischen Realität und Virtualität können zu Problemen führen. Es ist aus diesem Grund noch mehr Wissen darüber erforderlich, wie sich Vrshops optimal darstellen lassen – beispielsweise grafische Ansätze oder sogar abstrakte Konzepte wie die Produktsuche in einer übersichtlicheren virtuellen Wohnung.
Ein weiterer Aspekt, den man künftig genau
er untersuchen sollte, ist die Visualisierung eines virtuellen Ladens. Der in dem Kasten auf dieser Seite erwähnte Praxis-test zum Beispiel nutzte ein virtuelles Shopping-umfeld auf der Grundlage der Layoutdaten eines existierenden Supermarktes. Aufgrund von Performanzproblemen von WEB-VR sowie Smartphone kam dabei allerdings eine kleinere Einzelhandelsfläche von rund 180 Quadratmetern auf nur einer Etage zum Einsatz, um möglichen Motion-sickness-effekten aus dem Wege zu gehen, die häufig bei virtuellem Wechsel der Etagen, wie etwa über Treppen, auftreten können. Zusätzlich zu verschiedenen Ladenlayouts müssen künftige Studien auch die Unterschiede zwischen der Ladengröße in allen drei Dimensionen, also der unterschiedlichen Anzahl von Etagen und Größen der Marktfläche, untersuchen, da der Mensch dazu neigt, zweidimensional zu denken, und die Längsachse besser zugänglich ist als die Querachse. Auf diese Weise könnte es für Kunden dann leichter sein, sich in virtuellen Geschäften mit weniger Etagen und weniger Wendungen nach links oder nach rechts zu orientieren.