Die Ersteinrichtung
Nach einer Neuinstallation sind einige fundamentale Einstellungen empfehlenswert bis unverzichtbar. Dieser Beitrag bespricht wesentliche Pflichten der Systemeinrichtung, optionale Desktop-anpassungen nur, soweit sie das Tool Mintwelcome anbietet.
Nach einer Neuinstallation sind einige fundamentale Einstellungen empfehlenswert
Ein neu installiertes Linux Mint, das Sie nach der Anmeldung auf die Bedienungsoberfläche befördert, ist noch nicht komplett eingerichtet. Der Alltag kann beginnen, wenn die folgenden Pflichten abgearbeitet sind. Wir orientieren uns einfach am „Willkommensbildschirm“(Mintwelcome), den Linux Mint bei jeder Anmeldung automatisch lädt, solange Sie das Kästchen rechts unten aktiviert lassen. Der Willkommendialog nennt unter „Erste Schritte“wesentliche Einrichtungspflichten und er übernimmt sogar einige Aufgaben aktiv selbst. Erfahrene Anwender sind auf diese Schrittfolge nicht angewiesen, es ist jedoch kein Fehler, diesen Vorschlägen zu folgen.
Farben und Leisten im Willkommen-dialog
Der Punkt „Schreibtischfarben“ist in Linux Mint 20 neu. Technisch wichtig ist er nicht, allerdings nützlich, da er als globaler Farbwähler plus Schalter für helle oder dunkle Anwendungsoptik dient. Diese pauschale Einstellungsoption ist deutlich einfacher als die Anpassung unter „Einstellungen –› Themen“, denn dort gibt es für Fensterrahmen, Symbole, Steuerung (Programmoptik) und Schreibtisch (Menü und Leiste) je eine eigene Einstellung, die man aufeinander abstimmen muss.
Leistenlayout: Der nächste Punkt „Leistenanordnung“ist der Cinnamonvariante vorbehalten. Die Wahl des Leistenlayouts als „Klassisch“oder „Modern“(Standard) sollte lediglich bei der Ersteinrichtung verwendet werden. Sie setzt nämlich die aktuelle Leistenkonfiguration komplett auf Standardeinstellungen zurück und eignet sich nicht zum Experimentieren zwischen den zwei Layouts. Position und Größe der Leiste(n), Bestückung durch Applets, Konfiguration von Einzelapplets – alles geht verloren. Diese Warnung liefert Ihnen zwar auch das „Willkommen“fenster, sie wird aber gern übersehen oder unterschätzt.
Für die meisten Benutzer dürfte das moderne Leistenlayout mit der „Gruppierten Fensterliste“, die sich an der Taskleiste von Windows orientiert, die bessere Wahl sein.
Die Systemschnappschüsse (Timeshift)
Benötigt man die „Systemschnappschüsse“? Linux Mint meint – unbedingt. Und fordert an mehreren Stellen zu deren Einrichtung auf, unter anderem auch im „Willkommen“fenster. Mit etwas Glück kann man ein Linux Mint jahrelang ohne solche Rückversicherung nutzen. Doch wenn es ernsthaft klemmt, wird man diese Investition von etlichen GB Datenspeicher schmerzlich vermissen. Mintbenutzer, denen vor manuellen Reparaturen mit Livesystemen oder in der (virtuellen) Konsole graut, sollten Timeshift aktivieren.
So geht’s: Starten Sie das Tool über den „Willkommen“dialog oder im Hauptmenü unter „Systemverwaltung/systemwerkzeuge –› Timeshift“. Beim ersten Start wird der „Schnappschusstyp“abgefragt. Übernehmen Sie bitte das „RSYNC“, sofern Sie Linux Mint mit Ext4dateisystem installiert haben (Standard). Im nachfolgenden Schritt geht es um den „Schnappschussort“, also um den Zieldatenträger der Sicherung. Timeshift bietet aus technischen Gründen lediglich Partitionen mit Linuxdateisystem an. Standardziel – wenn nur eine Festplatte vorliegt – ist das Wurzelverzeichnis, wo ein zusätzlicher Ordner „timeshift“entsteht. Ideal wäre ein unabhängiger zweiter Datenträger als Ziel, der muss dann aber immer zur Verfügung stehen, wenn Sie einen
automatisierten Timeshiftplan verwenden. Im letzten Schritt definieren Sie dann einen Zeitplan („Schnappschussebenen“) sowie die Menge der gespeicherten Systempunkte. Bei normaler Benutzung sollten wöchentliche Sicherungen und drei bis fünf aufbewahrte Sicherungspunkte genügen. Mit „Weiter“und „Beenden“ist die Einrichtung abgeschlossen und voll automatisiert. Beachten Sie, dass der erste Sicherungspunkt ein komplettes Backup der Systemverzeichnisse ablegt, deshalb lange dauert und viel Platz beansprucht. Weitere Wiederherstellungspunkte fallen wesentlich kleiner und schneller aus, weil Timeshift nur noch geänderte Dateien speichert und unveränderte Dateien als Hardlinks zum letzten Sicherungspunkt abbildet. Wiederherstellen: Diese Aktion im Pannenfall ist natürlich kein Schritt einer Ersteinrichtung, darf aber hier nicht unter den Tisch fallen. Am bequemsten ist die Wiederherstellung mit Timeshift selbst: Das Tool zeigt in seiner Liste der Momentaufnahmen alle Punkte nach Alter geordnet. „Wiederherstellen“schreibt einen markierten Punkt zurück.
Jeder Timeshiftnutzer sollte wissen, dass eine Wiederherstellung notfalls auch im Terminal, folglich in der virtuellen Konsole (Tastenkombination Strgaltf1) möglich ist, falls die Oberfläche streikt. Die einfachste Methode, einen Snapshot wiederherzustellen, bietet der folgende Befehl: sudo timeshift --restore
Daraufhin zeigt Timeshift die Liste aller verfügbaren Snapshots an und der gewünschte kann mit der angegebenen Kennziffer ausgewählt werden.
Des Weiteren sollten Sie wissen, dass das darunterliegende Tool Rsync die BackupSätze von Timeshift einfach als unkomprimierte Ordner und Dateien ablegt. Daher können Sie gezielt einzelne Dateiobjekte suchen und zurückkopieren – am bequemsten in Timeshift mit „Durchsuchen“. Dieses Wissen ist jedoch auch wichtig für den „Worst Case“: Die Schnappschüsse liegen im Backupdatenträger unter „/timeshift/ snapshots“. Somit lässt sich ein früherer Systemzustand mit jedem Livesystem notfalls manuell rekonstruieren.
Die Treiberverwaltung
Der nächste Punkt unter „Willkommen“ist die „Treiberverwaltung“, die auch unter „Systemeinstellungen“oder im Hauptmenü unter „Systemverwaltung“anzutreffen ist. Dies ist wichtig, um proprietäre Herstellertreiber zu installieren, die in der Regel bessere Leistung liefern als die OpensourceStandardtreiber. Mehr als der Start des Tools ist nicht erforderlich, denn die Treibersuche erfolgt dann automatisch. Erwarten Sie aber nicht zu viel: Auf vielen Syste
men wird das Fenster nur zurückmelden, dass der Rechner keine zusätzlichen Treiber benötigt. Typische Kandidaten für eine erfolgreiche Treibersuche sind Grafikkarten von Nvidia und AMD sowie einige Netzwerkadapter. Falls mehrere Treiber angeboten werden, verwenden Sie immer den ersten mit der Auszeichnung „empfohlen“.
Die Aktualisierungsverwaltung
Dieser Punkt ist der wichtigste sowie vordringlichste. Es geht darum, Linux Mint seine Bezugsquellen für Updates und Software mitzuteilen und anschließend die bereits anstehenden Updates zu laden und zu installieren. Die „Aktualisierungsverwaltung“(Mintupdate) ist natürlich nicht nur unter „Willkommen“, sondern auch im Hauptmenü unter „Systemverwaltung“zu erreichen. Nach dem Start klicken Sie auf „Auffrischen“(holt die Updateliste vom Server) und danach auf „Aktualisierungen installieren“. Die funktionsidentischen Terminalbefehle sudo apt update sudo apt upgrade werden immer wieder gerne erwähnt, sind aber im grafischen Tool bequemer zu erledigen. Im weiteren Alltag sorgt die Aktualisierungsverwaltung weitgehend automatisch dafür, dass Updates regelmäßig eingepflegt werden. Wie weitgehend, lässt sich einstellen: Über „Bearbeiten –› Einstellungen –› Optionen“können Sie die Häufigkeit des „Auffrischens“definieren (also wie oft das System nachsieht, ob neue Updates bereitstehen). Unter „Bearbeiten –› Einstellungen –› Automatisierung“können Sie erlauben, dass Updates ohne Ihre Einwilligung automatisch installiert werden.
Beim Start der „Aktualisierungsverwaltung“werden Sie auch (solange Sie auf das Angebot nicht reagiert haben) dazu aufgerufen, zu einem lokalen Spiegelserver zu wechseln. Spiegelserver sind die beiden Webserver mit Mint und Ubuntupaketen, von denen Ihr System Updates und Software bezieht. Der Mintaufruf, lokale Server zu verwenden, ist zu einem gewissen Teil eigennützig, um die Standardserver von Mint und Ubuntu zu entlasten. Da Sie jedoch auch als Nutzer von schnellen deutschen Servern profitieren, sollten Sie das Angebot wahrnehmen: Beim Klicken auf die voreingestellten Server startet ein Geschwindigkeitstest, der die schnellsten Server nach oben sortiert (überwiegend deutsche Universitäten). Lassen Sie sich Zeit, bis sich die Rangliste stabilisiert, und wählen Sie dann einen der schnellsten Server. Wenn Sie die Spiegelserver später wieder ändern wollen, kommen Sie über das Menü mit „Systemverwaltung –› Anwendungspaketquellen“an diese Einstellung.
Die Systemeinstellungen
Der nächste Punkt unter „Willkommen“ist ein sehr pauschales Angebot: Die „Systemeinstellungen“führen Sie zur Steuerzentrale des jeweiligen Desktops, unter Cinnamon das Tool Cinnamonsettings. Das Angebot der „Systemeinstellungen“fällt bei den drei Mintdesktops etwas unterschiedlich aus und führt über die Ersteinrichtung hinaus. Die dafür wesentlichen Punkte sind jedoch überall vertreten:
Sprachunterstützung: Bei der Installation legen Sie die Sprache „Deutsch“fest, was aber noch kein konsequent deutschsprachiges System ergibt. Deshalb ist es erforderlich, unter „Systemeinstellungen –› Sprachen“die Sprachpakete zu komplettieren. Wenn Sie dort auf „Sprachen hinzufügen/entfernen“gehen, so zeigt der Eintrag „German, Germany“vermutlich „Einige Sprachpakete fehlen“. Dies korrigieren Sie, indem Sie auf „Sprachpakete installieren“klicken.
Monitoreinstellungen: Linux Mint erkennt die optimale Auflösung automatisch. Dennoch gibt es Anlässe, die Einstellungen nachzujustieren: Bei einem Betrieb mit zwei Monitoren ist es immer notwendig, den primären Bildschirm und die optimale Anordnung der Monitore unter „Systemeinstellungen –› Bildschirm“festzulegen (XFCE: „Anzeige“). Hier arrangieren Sie die gewünschte Dualmonitoranordnung einfach mit der Maus.
Zusätzliche Benutzerkonten: Nach der Installation gibt es lediglich das Benutzerkonto, das Sie beim Setup angelegt haben. Unter Umständen genügt Ihnen dieses eine Systemkonto dauerhaft. Es hat sudoRecht und somit den Status „Systemverwalter“: Trotzdem sollten Sie wissen, wie Sie Konten verwalten und einrichten. Unter „Systemeinstellungen –› Benutzer und Gruppen“können Sie Benutzerkonten einsehen, Kennwörter und Kontotyp ändern sowie neue Konten anlegen, wobei Konten vom Typ „Systemverwalter“automatisch sudoRecht erhalten. Neue Konten können Sie wahlweise mit oder ohne Homeverschlüsselung einrichten. Das ist ein interessanter Aspekt für den Fall, dass Sie die Homeverschlüsselung bei der Installation für Ihr eigenes Konto für unnötig erachtet hatten. Die Mate und Xfceedition bieten in der Benutzerverwaltung die Option „Persönlichen Ordner verschlüsseln…“an, wenn Sie ein neues Konto einrichten. Ausgerechnet Cinnamon lässt diese Option vermissen. Hier hilft dieser alternative Terminalbefehl: sudo adduser --encrypt-home [name] Im Anschluss daran legen Sie das Passwort fest und bestätigen alle Abfragen mit der Eingabetaste.
Integration von Internetkonten: Unter „Systemeinstellungen –› Internetkonten“machen Sie Cinnamon mit Ihren Webkonten bekannt (Mate und XFCE bieten diesen Punkt nicht). Nach einer Anmeldung bei Google, Facebook, Microsoft, Nextcloud und anderen werden einige Programme direkt mit dem Webdienst verknüpft. Besonders nützlich ist die Verbindung des Dateimanagers Nemo zum Googlekonto, sofern Sie Google Drive verwenden. Google Drive erscheint dann im Dateimanager unter „Netzwerk“. Ebenso kann Nemo die Dateien von Nextcloudservern direkt anbieten. Für Microsoft Onedrive fehlt solch ein Service ebenso wie für Dropbox, wobei Dropbox allerdings unter www.dropbox. com/de/install-linux seinen eigenen LinuxClient anbietet.
Wlan-zugang einrichten: Mit Kabelverbindung ist Linux Mint sofort im Netz und im Internet. Bei WLAN besteht die übliche Pflicht, sich am eigenen WLAN mit dem Kennwort anzumelden.
Die Cinnamonedition bietet hierfür einen eigenen Punkt „Netzwerk“in den Systemeinstellungen. In den anderen Editionen (sowie auch bei Cinnamon) ist der übliche Weg aber das Netzwerksymbol in der Systemleiste (Networkmanager). Nach Auswahl des Wlannetzes und nach Eingabe des Kennwortes wird das Zugangskennwort dauerhaft gespeichert.
Wird der Wlanadapter nicht erkannt, fehlen die Option „Funknetzwerk aktivieren“und die Anzeige der nahen Funknetze. Dann hilft möglicherweise eine vorübergehende Kabelverbindung und das Nachladen des proprietären Treibers über die „Treiberverwaltung“. Es gibt allerdings USBWLANDONgles, die unter Linux nicht arbeiten.
Die Anwendungsverwaltung
Die Verknüpfung zur „Anwendungsverwaltung“(Mintinstall) unter „Willkommen“ist erneut ein recht pauschales Angebot. Mit dieser grafischen Softwarezentrale suchen und laden Sie fehlende Programme nach. Näheres dazu und einige Empfehlungen bringen die nachfolgenden Beiträge.
Für die Ersteinrichtung ist nur die Codecausstattung zu nennen, falls Sie bei der Installation die Option „Multimediacodecs“nicht aktiviert hatten. Das wichtige Sammelpaket für diverse Audio und Videocodecs finden Sie in der „Anwendungsverwaltung“, wenn Sie nach „codec“suchen.
Die Firewall
Den letzten „Willkommen“schritt „Firewall“sollten Sie ignorieren, wenn Ihr System keine Kommunikation über das Internet mit SSH, Bittorrent, RDP oder Multiplayerspielen benötigt. Dann sind nämlich automatisch alle Ports geschlossen.
Die Firewall – es handelt sich um die grafische Oberfläche GUFW für UFW (Uncomplicated Firewall) – kennt drei unterschiedliche Profile, die nach den jeweiligen Standorten benannt sind („Zuhause“, „Büro“, „Öffentlich“). Über den großen Schiebeschalter schalten Sie die Firewall ein und aus. Zu jedem Profil können Sie individuelle Regeln anlegen. Hierzu wechseln Sie in den Bereich „Regeln“und klicken auf das kleine Pluszeichen. Der nächste Dialog gliedert sich in drei Bereiche, wovon „Vorkonfiguriert“die einfachste Wahl darstellt. Über „Richtlinie” entscheiden Sie zwischen „Erlauben“, „Verweigern“oder „Ablehnen“. Und mithilfe von „Richtung“können Sie festlegen, ob es sich um eingehenden oder ausgehenden Datenverkehr handelt. Der Unterschied zwischen „Verweigern“und „Ablehnen“: „Ablehnen“(Reject) bedeutet, dass der Absender des Datenverkehrs eine Nachricht erhält. Das einfachere „Verweigern“blockt die Anfrage ohne Antwort. Die Firewall besitzt viele vordefinierte Anwendungen. Um beispielsweise eingehenden Datenverkehr für die Dropbox zu erlauben, wählen Sie die Kategorie „Netzwerk“und suchen die Anwendung aus dem entsprechenden Listenfeld. Die Feinjustierung erreichen Sie anschließend mit einem Klick auf den kleinen Pfeil am unteren Bereich des Dialogs. Mit Klick auf „Hinzufügen“werden die Regeln aktiviert.