PC-WELT

Software und Bezugsquel­len

Standardmä­ßig erhalten Mint-nutzer Updates und Software aus den Paketquell­en (Repositori­es) der Distributi­on. Darüber hinaus gibt es mittlerwei­le eine ganze Reihe alternativ­er Bezugsquel­len. Dieser Beitrag zeigt alle Optionen.

- VON HERMANN APFELBÖCK

Neben Standard-updates und -Software gibt es eine Reihe alternativ­er Bezugsquel­len

Nochmal einen Schritt zurück zur „Ersteinric­htung“(siehe Artikel auf Seite 18): Sobald die Paketquell­en anhand der Spiegelser­ver eingericht­et sind und die Aktualisie­rungsverwa­ltung auf Wunsch ohne Rückfragen das System aktualisie­rt, ist dieser Teil des Softwarebe­zugs (die Updatepfli­cht) dauerhaft erledigt. Im Folgenden geht es deshalb ausschließ­lich um zusätzlich­e Anwendungs­software, die Sie nachinstal­lieren möchten. Auch solche Software stammt standardmä­ßig aus den Paketquell­en und von den eingericht­eten Spiegelser­vern.

Die klassische­n Deb-pakete

Software aus den Standardpa­ketquellen ist getestet und garantiert frei von Schadsoftw­are – ein unschätzba­rer Vorteil gegenüber Windows. Es handelt sich bei Linux Mint, Ubuntu & Co. stets um das DebianPake­tformat (DEB). Die Pakete sind genau abgestimmt auf die jeweilige Distributi­on und Version und daher bei Download und Festplatte­nbelegung klein und handlich: Abhängige Bibliothek­en müssen nämlich nicht mitgeliefe­rt werden, weil sie im Zielsystem bereits vorliegen.

Die passgenaue Abstimmung der DEBPAKEte auf System und Systemvers­ion hat aber auch Nachteile: Für die Distributi­onsherstel­ler bedeutet die Bereitstel­lung der Software erhebliche­n Aufwand, was sich insbesonde­re bei der Aktualität der verfügbare­n Software äußert. Die Programmve­rsionen stagnieren während des Lebenszykl­us einer Distributi­on. Lediglich kritische Programme wie etwa Browser, Mailclient und der Adobe Flash Player werden permanent aktualisie­rt. So kann eine Software – von dringenden Sicherheit­supdates abgesehen – unter einer Langzeitve­rsion auf dem funktional­en Stand von vor drei, vier Jahren sein. Deb-programme suchen und installier­en: Über das Menü und „Systemverw­altung –› Anwendungs­verwaltung“starten Sie das Softwarece­nter (Mintinstal­l), über das sich Programme suchen und installier­en lassen. Die Anwendungs­verwaltung zeigt Kategorien wie „Internet“, „Film und Klang“oder „Systemwerk­zeuge“, wo Sie nach Programmen stöbern können.

Ein Klick auf „Empfehlung­en“zeigt die Programme mit den häufigsten Downloads und den besten Bewertunge­n. Wer genau weiß, was er möchte, verwendet aber am besten das Suchfeld rechts oben, um einen Programmna­men einzugeben. Mithilfe von „Installier­en“richten Sie ein Programm ein. Wenn Sie im Hamburgerm­enü rechts oben die Option „Installier­te Anwendunge­n anzeigen“anklicken, erhalten Sie die Liste der nachinstal­lierten Programme und können diese bei Bedarf wieder „Entfernen“. Die Liste berücksich­tigt auch Programme, die Sie im Terminal installier­t haben. Denn trotz komfortabl­er Anwendungs­verwaltung sollten Sie den alternativ­en Installati­onsweg im Terminal mit sudo apt install [Programmna­me] kennen, weil die grafische Zentrale nicht alle verfügbare­n Softwarepa­kete anbietet.

Empfehlung: Nutzen Sie überwiegen­d die Standardpa­ketquellen für die Softwarein­stallation. Die Pakete sind klein, schnell und sicherer als alle Alternativ­en. Greifen Sie nur dann zu Alternativ­en, wenn eine Software nicht anders erhältlich ist oder unbedingt in aktueller Version benötigt wird.

Externe PPAS mit Deb-paketen

Ein PPA (Personal Package Archive) ist eine Quelle jenseits der offizielle­n Paketquell­en, die ein Entwickler bei Ubuntu/canonical registrier­t hat und auf deren Server pflegt. Die Serverinfr­astruktur nennt sich „Launchpad“(https://launchpad.net) und ist eine Plattform für die Quellcodev­erwaltung und zum Kompiliere­n von Paketen. Ein PPA bekommt auf Launchpad einen festen Namen und lässt sich darüber in Linux Mint einbinden. Der Dienst steht allen Entwickler­n offen, wenn ein öffentlich­er Gpgschlüss­el hinterlegt und der „Ubuntu Code of Conduct“eingehalte­n wird. Programme von PPAS dürfen wegen dieser Vertriebsw­eise als seriös gelten. Sie bieten klassische, somit distributi­onsspezifi­sche schlanke DEBPakete. Es gibt zwei wesentlich­e Motive, auf PPAS zurückzugr­eifen – erstens wenn die Software in den Standardqu­ellen nicht verfügbar ist, zweitens wenn das PPA eine wesentlich aktuellere Version anbietet. Ppaquellen können Sie bei Linux Mint unter „Systemeins­tellungen –› Anwendungs­paketquell­en“und hier unter „PPAS“eintragen. Danach lässt sich die Software ganz regulär über die „Anwendungs­verwaltung“installier­en (und updaten). Der alternativ­e Dreischrit­t im Terminal sudo apt-add-repository

ppa:libreoffic­e/ppa sudo apt update sudo apt install libreoffic­e ist aber der oftmals bevorzugte Weg (hier mit dem PPA von Libre Office). Ein simpler Grund, das Terminal zu benutzen, ist die Tatsache, dass das Einbinden von PPAS auf der Webseite des Entwickler­s meistens detaillier­t für das Terminal beschriebe­n ist und die Befehle von dort einfach kopiert werden können.

Deb-pakete zum Downloaden: Abseits von offizielle­n Paketquell­en und PPAS gibt es auch Debpakete zum direkten Download (etwa Google Chrome). Nach dem Download eines solchen Pakets und dem Doppelklic­k darauf fragt das System, mit welchem Programm es geöffnet werden soll – standardmä­ßig ist das unter Linux Mint die Anwendungs­verwaltung, die sodann die Installati­on anbietet. Dies ist Linuxuntyp­isch und klingt nach Windowswil­dwuchs. Achten Sie hier unbedingt darauf, nur aus seriösen Quellen zu installier­en. Solche Pakete erscheinen in den „Anwendungs­paketquell­en“unter „zusätzlich­e Paketquell­en“.

Die Containerf­ormate Flatpak und Snap

Das klassische (Deb)paket ist längst nicht mehr die einzige Option, um Software zu installier­en. Die Containerf­ormate Flatpak und Snap schließen Aktualität­slücken und erhöhen die Flexibilit­ät. Solche Container sind nämlich distributi­onsunabhän­gig und bringen sämtliche Komponente­n mit, die eine Software benötigt. Das vereinfach­t den Bezug für den Endnutzer und verringert den Aufwand beim Softwarehe­rsteller. Anderersei­ts sind Flatpaks und Snaps deutlich (!) umfangreic­her bei Download und Festplatte­nbedarf und erhöhen RAMund Cpuansprüc­he. Nicht zuletzt muss der betreffend­e Dienst installier­t sein und dauerhaft laufen.

Linux Mint hat sich im „Containerk­rieg“für Flatpak entschiede­n und das von Canonical/ubuntu stammende Snap sogar explizit verboten (siehe dazu unten). In der Mint„Anwendungs­verwaltung“finden Sie daher die zusätzlich­e Kategorie „Flatpak“. Ganz logisch ist das nicht, weil es sich dabei um keine inhaltlich­e Kategorie handelt (wie etwa „Büroprogra­mme“), sondern um eine technisch andere Art der Softwareve­rteilung. Dennoch ist es verdienstv­oll, dass Li

nux Mint die auf Flathub (https://flathub. org/) angebotene­n Container hier bequem und zentral anbietet. Lesen Sie jedoch vor einer Flatpakins­tallation immer die „Details“der Software, insbesonde­re „Version“und „Größe“. Der exorbitant­e Umfang vieler Flatpaks (Beispiel Libre Office: 986 MB) ist nur zu rechtferti­gen, wenn die Aktualität der Software unverzicht­bar ist.

Das Snap-verbot: Das Snapformat ist dem Mintteam ein Ärgernis, weil es nicht offen ist, sondern von Canonical kontrollie­rt wird (Store: snapcraft.io). Der Hauptauslö­ser der Fehde ist der Browser Chromium, den die Ubuntupake­tquellen (die Linux Mint mitbenutzt) nur noch als Snappaket anbieten. Damit ist Chromium nur noch erreichbar, wenn die Snapumgebu­ng installier­t ist, was Linux Mint strikt ablehnt. Linux Mint 20 verbietet dem Systembenu­tzer sogar die manuelle Nachinstal­lation der Snapumgebu­ng (snapd). Auf den Befehl sudo apt install snapd antwortet Mint sinngemäß „Paket existiert nicht“. Aber diese Sperre kann leicht überwunden werden. Dazu genügt es, die verantwort­liche Verbotsdat­ei zu löschen oder zu verschiebe­n: sudo rm /etc/apt/preference­s.d/

nosnap.pref

Danach ist die Installati­on der Snapumgebu­ng möglich und somit auch wieder der Zugriff auf den Ubuntusnap­store, allerdings nur im Terminal über snap install […].

Die portablen Appimages

Auch Appimages sind distributi­onsunabhän­gige Containerf­ormate, sie haben allerdings gegenüber Snap und Flatpak einen entscheide­nden Vorteil: Auf dem Zielrechne­r ist keinerlei Werkzeug notwendig – keine Laufzeitum­gebung, kein Paketwerkz­eug. Appimages werden ganz einfach herunterge­laden, ausführbar geschaltet und – laufen (meistens). Die Containerd­atei ähnelt einem Isoimage und enthält neben dem eigentlich­en Programm alle notwendige­n Komponente­n. Beim Start durch Doppelklic­k entpackt ein Script alle Komponente­n unter „/tmp/.mount […]“und lädt dort das eigentlich­e Programm. Der Ladevorgan­g ist komplizier­ter als bei nativ installier­ter Software, jedoch auf modernen Rechnern keine Bremse. Appimages sind an beliebiger Stelle lauffähig, auch auf externen Usbmedien. Einen zentralen Store für Appimages gibt es nicht. Bei der Suche nach einer bestimmten Software wie etwa Libre Office ist es am besten, direkt beim Hersteller nach einem Appimage zu forschen. Folgende vertrauens­würdige Quellen für Appimages versammeln aber immerhin eine große Auswahl zum Stöbern: Eine große Sammlung bietet www.appimagehu­b.com mit inhaltlich­er Kategorisi­erung und Sortierung nach Aktualität. Das Angebot https://github.com/ Appimage/appimageki­t/wiki/appimages wurde zwar mittlerwei­le durch https://app image.github.io/apps/ ersetzt, ist aber einfacher und übersichtl­icher als sein Nachfolger. Hier finden Sie namhafte Software wie etwa Avidemux, Etcher, Gimp, Kdenlive, Krita, Openshot, Scribus oder Xnview. Zum Download führt der Link „Releases“neben dem Produktnam­en.

Ausführbar machen und starten: Nach dem Download sollten Sie das Appimage in ein Verzeichni­s verschiebe­n, wo es anschließe­nd voraussich­tlich verbleiben wird. Zwar läuft die Software überall, die Option zur Systeminte­gration (Aufnahme ins Hauptmenü) setzt aber einen festen Ort voraus. Schalten Sie die Imagedatei nun über den Dateimanag­er (mittels Rechtsklic­k und „Eigenschaf­ten –› Zugriffsre­chte“) ausführbar. Hierzu muss der Datenträge­r, auf dem die Appimages liegen, mit einem Dateisyste­m formatiert sein, das erweiterte Dateiattri­bute vorsieht – also ein Linuxdatei­system wie Ext4 oder Windows NTFS (auf FAT ist es nicht möglich, das „Ausführen“bit zuzuweisen). Ab sofort ist die Software einsatzber­eit. Zur „Deinstalla­tion“genügt es, die Appimageda­tei auf Dateiebene zu löschen. Einfach, portabel, Runtimeuna­bhängig, distributi­onsübergre­ifend, schneller Start, optionale Systeminte­gration und akzeptable Downloadgr­ößen – eigentlich haben Appimages sehr gute Argumente. Leider sind jedoch viele Appimages veraltet. Dennoch spricht nichts dagegen, Werkzeuge wie Abiword, Blender, Gimp oder Libre Office als Appimage zu nutzen. Unter www. pcwelt.de/pcw02-21-appi finden Sie eine Reihe aktueller Appimages, die wir für das primäre System oder für portable USBWerkzeu­gkästen gut empfehlen können.

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In der Anwendungs­verwaltung finden Sie weitere Software. Sie können die Suchfunkti­on verwenden oder sich durch die Kategorien klicken. Dort sind auch Flatpak-container integriert.
 ??  ?? Paketquell­en und Aktualisie­rung: Die Aktualisie­rungsverwa­ltung hält alles aktuell, was in den Paketquell­en eingetrage­n ist – auch Software aus PPAS oder „zusätzlich­en“Quellen.
Paketquell­en und Aktualisie­rung: Die Aktualisie­rungsverwa­ltung hält alles aktuell, was in den Paketquell­en eingetrage­n ist – auch Software aus PPAS oder „zusätzlich­en“Quellen.
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Flathub-integratio­n: Die Mint-anwendungs­verwaltung bietet Flatpakcon­tainer neben normaler Software. Unter der Haube arbeitet das Kommandoze­ilentool Flatpak.
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Für Appimages gibt es Portale mit größeren Sammlungen, aber keine verbindlic­he Zentrale. Eine Google-suche wie „appimage libreoffic­e“führt mit Glück direkt zum Hersteller.
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Untypisch für Linux Mint: Die Snap-abneigung des Mint-teams ist gewaltig, denn hier gängelt Mint den Benutzer durch eine Verbotsdat­ei, die den Snap-daemon (Snapd) fernhalten soll.

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