Software und Bezugsquellen
Standardmäßig erhalten Mint-nutzer Updates und Software aus den Paketquellen (Repositories) der Distribution. Darüber hinaus gibt es mittlerweile eine ganze Reihe alternativer Bezugsquellen. Dieser Beitrag zeigt alle Optionen.
Neben Standard-updates und -Software gibt es eine Reihe alternativer Bezugsquellen
Nochmal einen Schritt zurück zur „Ersteinrichtung“(siehe Artikel auf Seite 18): Sobald die Paketquellen anhand der Spiegelserver eingerichtet sind und die Aktualisierungsverwaltung auf Wunsch ohne Rückfragen das System aktualisiert, ist dieser Teil des Softwarebezugs (die Updatepflicht) dauerhaft erledigt. Im Folgenden geht es deshalb ausschließlich um zusätzliche Anwendungssoftware, die Sie nachinstallieren möchten. Auch solche Software stammt standardmäßig aus den Paketquellen und von den eingerichteten Spiegelservern.
Die klassischen Deb-pakete
Software aus den Standardpaketquellen ist getestet und garantiert frei von Schadsoftware – ein unschätzbarer Vorteil gegenüber Windows. Es handelt sich bei Linux Mint, Ubuntu & Co. stets um das DebianPaketformat (DEB). Die Pakete sind genau abgestimmt auf die jeweilige Distribution und Version und daher bei Download und Festplattenbelegung klein und handlich: Abhängige Bibliotheken müssen nämlich nicht mitgeliefert werden, weil sie im Zielsystem bereits vorliegen.
Die passgenaue Abstimmung der DEBPAKEte auf System und Systemversion hat aber auch Nachteile: Für die Distributionshersteller bedeutet die Bereitstellung der Software erheblichen Aufwand, was sich insbesondere bei der Aktualität der verfügbaren Software äußert. Die Programmversionen stagnieren während des Lebenszyklus einer Distribution. Lediglich kritische Programme wie etwa Browser, Mailclient und der Adobe Flash Player werden permanent aktualisiert. So kann eine Software – von dringenden Sicherheitsupdates abgesehen – unter einer Langzeitversion auf dem funktionalen Stand von vor drei, vier Jahren sein. Deb-programme suchen und installieren: Über das Menü und „Systemverwaltung –› Anwendungsverwaltung“starten Sie das Softwarecenter (Mintinstall), über das sich Programme suchen und installieren lassen. Die Anwendungsverwaltung zeigt Kategorien wie „Internet“, „Film und Klang“oder „Systemwerkzeuge“, wo Sie nach Programmen stöbern können.
Ein Klick auf „Empfehlungen“zeigt die Programme mit den häufigsten Downloads und den besten Bewertungen. Wer genau weiß, was er möchte, verwendet aber am besten das Suchfeld rechts oben, um einen Programmnamen einzugeben. Mithilfe von „Installieren“richten Sie ein Programm ein. Wenn Sie im Hamburgermenü rechts oben die Option „Installierte Anwendungen anzeigen“anklicken, erhalten Sie die Liste der nachinstallierten Programme und können diese bei Bedarf wieder „Entfernen“. Die Liste berücksichtigt auch Programme, die Sie im Terminal installiert haben. Denn trotz komfortabler Anwendungsverwaltung sollten Sie den alternativen Installationsweg im Terminal mit sudo apt install [Programmname] kennen, weil die grafische Zentrale nicht alle verfügbaren Softwarepakete anbietet.
Empfehlung: Nutzen Sie überwiegend die Standardpaketquellen für die Softwareinstallation. Die Pakete sind klein, schnell und sicherer als alle Alternativen. Greifen Sie nur dann zu Alternativen, wenn eine Software nicht anders erhältlich ist oder unbedingt in aktueller Version benötigt wird.
Externe PPAS mit Deb-paketen
Ein PPA (Personal Package Archive) ist eine Quelle jenseits der offiziellen Paketquellen, die ein Entwickler bei Ubuntu/canonical registriert hat und auf deren Server pflegt. Die Serverinfrastruktur nennt sich „Launchpad“(https://launchpad.net) und ist eine Plattform für die Quellcodeverwaltung und zum Kompilieren von Paketen. Ein PPA bekommt auf Launchpad einen festen Namen und lässt sich darüber in Linux Mint einbinden. Der Dienst steht allen Entwicklern offen, wenn ein öffentlicher Gpgschlüssel hinterlegt und der „Ubuntu Code of Conduct“eingehalten wird. Programme von PPAS dürfen wegen dieser Vertriebsweise als seriös gelten. Sie bieten klassische, somit distributionsspezifische schlanke DEBPakete. Es gibt zwei wesentliche Motive, auf PPAS zurückzugreifen – erstens wenn die Software in den Standardquellen nicht verfügbar ist, zweitens wenn das PPA eine wesentlich aktuellere Version anbietet. Ppaquellen können Sie bei Linux Mint unter „Systemeinstellungen –› Anwendungspaketquellen“und hier unter „PPAS“eintragen. Danach lässt sich die Software ganz regulär über die „Anwendungsverwaltung“installieren (und updaten). Der alternative Dreischritt im Terminal sudo apt-add-repository
ppa:libreoffice/ppa sudo apt update sudo apt install libreoffice ist aber der oftmals bevorzugte Weg (hier mit dem PPA von Libre Office). Ein simpler Grund, das Terminal zu benutzen, ist die Tatsache, dass das Einbinden von PPAS auf der Webseite des Entwicklers meistens detailliert für das Terminal beschrieben ist und die Befehle von dort einfach kopiert werden können.
Deb-pakete zum Downloaden: Abseits von offiziellen Paketquellen und PPAS gibt es auch Debpakete zum direkten Download (etwa Google Chrome). Nach dem Download eines solchen Pakets und dem Doppelklick darauf fragt das System, mit welchem Programm es geöffnet werden soll – standardmäßig ist das unter Linux Mint die Anwendungsverwaltung, die sodann die Installation anbietet. Dies ist Linuxuntypisch und klingt nach Windowswildwuchs. Achten Sie hier unbedingt darauf, nur aus seriösen Quellen zu installieren. Solche Pakete erscheinen in den „Anwendungspaketquellen“unter „zusätzliche Paketquellen“.
Die Containerformate Flatpak und Snap
Das klassische (Deb)paket ist längst nicht mehr die einzige Option, um Software zu installieren. Die Containerformate Flatpak und Snap schließen Aktualitätslücken und erhöhen die Flexibilität. Solche Container sind nämlich distributionsunabhängig und bringen sämtliche Komponenten mit, die eine Software benötigt. Das vereinfacht den Bezug für den Endnutzer und verringert den Aufwand beim Softwarehersteller. Andererseits sind Flatpaks und Snaps deutlich (!) umfangreicher bei Download und Festplattenbedarf und erhöhen RAMund Cpuansprüche. Nicht zuletzt muss der betreffende Dienst installiert sein und dauerhaft laufen.
Linux Mint hat sich im „Containerkrieg“für Flatpak entschieden und das von Canonical/ubuntu stammende Snap sogar explizit verboten (siehe dazu unten). In der Mint„Anwendungsverwaltung“finden Sie daher die zusätzliche Kategorie „Flatpak“. Ganz logisch ist das nicht, weil es sich dabei um keine inhaltliche Kategorie handelt (wie etwa „Büroprogramme“), sondern um eine technisch andere Art der Softwareverteilung. Dennoch ist es verdienstvoll, dass Li
nux Mint die auf Flathub (https://flathub. org/) angebotenen Container hier bequem und zentral anbietet. Lesen Sie jedoch vor einer Flatpakinstallation immer die „Details“der Software, insbesondere „Version“und „Größe“. Der exorbitante Umfang vieler Flatpaks (Beispiel Libre Office: 986 MB) ist nur zu rechtfertigen, wenn die Aktualität der Software unverzichtbar ist.
Das Snap-verbot: Das Snapformat ist dem Mintteam ein Ärgernis, weil es nicht offen ist, sondern von Canonical kontrolliert wird (Store: snapcraft.io). Der Hauptauslöser der Fehde ist der Browser Chromium, den die Ubuntupaketquellen (die Linux Mint mitbenutzt) nur noch als Snappaket anbieten. Damit ist Chromium nur noch erreichbar, wenn die Snapumgebung installiert ist, was Linux Mint strikt ablehnt. Linux Mint 20 verbietet dem Systembenutzer sogar die manuelle Nachinstallation der Snapumgebung (snapd). Auf den Befehl sudo apt install snapd antwortet Mint sinngemäß „Paket existiert nicht“. Aber diese Sperre kann leicht überwunden werden. Dazu genügt es, die verantwortliche Verbotsdatei zu löschen oder zu verschieben: sudo rm /etc/apt/preferences.d/
nosnap.pref
Danach ist die Installation der Snapumgebung möglich und somit auch wieder der Zugriff auf den Ubuntusnapstore, allerdings nur im Terminal über snap install […].
Die portablen Appimages
Auch Appimages sind distributionsunabhängige Containerformate, sie haben allerdings gegenüber Snap und Flatpak einen entscheidenden Vorteil: Auf dem Zielrechner ist keinerlei Werkzeug notwendig – keine Laufzeitumgebung, kein Paketwerkzeug. Appimages werden ganz einfach heruntergeladen, ausführbar geschaltet und – laufen (meistens). Die Containerdatei ähnelt einem Isoimage und enthält neben dem eigentlichen Programm alle notwendigen Komponenten. Beim Start durch Doppelklick entpackt ein Script alle Komponenten unter „/tmp/.mount […]“und lädt dort das eigentliche Programm. Der Ladevorgang ist komplizierter als bei nativ installierter Software, jedoch auf modernen Rechnern keine Bremse. Appimages sind an beliebiger Stelle lauffähig, auch auf externen Usbmedien. Einen zentralen Store für Appimages gibt es nicht. Bei der Suche nach einer bestimmten Software wie etwa Libre Office ist es am besten, direkt beim Hersteller nach einem Appimage zu forschen. Folgende vertrauenswürdige Quellen für Appimages versammeln aber immerhin eine große Auswahl zum Stöbern: Eine große Sammlung bietet www.appimagehub.com mit inhaltlicher Kategorisierung und Sortierung nach Aktualität. Das Angebot https://github.com/ Appimage/appimagekit/wiki/appimages wurde zwar mittlerweile durch https://app image.github.io/apps/ ersetzt, ist aber einfacher und übersichtlicher als sein Nachfolger. Hier finden Sie namhafte Software wie etwa Avidemux, Etcher, Gimp, Kdenlive, Krita, Openshot, Scribus oder Xnview. Zum Download führt der Link „Releases“neben dem Produktnamen.
Ausführbar machen und starten: Nach dem Download sollten Sie das Appimage in ein Verzeichnis verschieben, wo es anschließend voraussichtlich verbleiben wird. Zwar läuft die Software überall, die Option zur Systemintegration (Aufnahme ins Hauptmenü) setzt aber einen festen Ort voraus. Schalten Sie die Imagedatei nun über den Dateimanager (mittels Rechtsklick und „Eigenschaften –› Zugriffsrechte“) ausführbar. Hierzu muss der Datenträger, auf dem die Appimages liegen, mit einem Dateisystem formatiert sein, das erweiterte Dateiattribute vorsieht – also ein Linuxdateisystem wie Ext4 oder Windows NTFS (auf FAT ist es nicht möglich, das „Ausführen“bit zuzuweisen). Ab sofort ist die Software einsatzbereit. Zur „Deinstallation“genügt es, die Appimagedatei auf Dateiebene zu löschen. Einfach, portabel, Runtimeunabhängig, distributionsübergreifend, schneller Start, optionale Systemintegration und akzeptable Downloadgrößen – eigentlich haben Appimages sehr gute Argumente. Leider sind jedoch viele Appimages veraltet. Dennoch spricht nichts dagegen, Werkzeuge wie Abiword, Blender, Gimp oder Libre Office als Appimage zu nutzen. Unter www. pcwelt.de/pcw02-21-appi finden Sie eine Reihe aktueller Appimages, die wir für das primäre System oder für portable USBWerkzeugkästen gut empfehlen können.