Digitale Lernkurve
Es gab mal eine Zeit in Deutschland, da war es total angesagt, halluzinogene Stoffe auszuprobieren. Also, mit anderen Worten, zu kiffen. Jeder musste es mal probieren – mit der Konsequenz, dass die deutschen Arztpraxen voll waren mit durchaus vernünftigen Leuten, die nach dem Haschischerstkonsum über Schwindel und Übelkeit klagten.
Eine ähnliche Situation erleben wir gerade wieder, zwar digital, aber nicht weniger besorgniserregend. Zwangshospitalisiert in den eigenen vier Wänden, beginnt für alle das große Experimentieren mit digitalen Medien und virtuellen Communities – und durchaus vernünftige Menschen scheitern grandios an Techniken und Etiketten.
Zu vergessen, dass nach dem Chat die Kamera noch läuft, ist mitunter peinlich, gehört aber zu den Klassikern. Dem eigenen Hausstand zu erklären, dass bei Videokonferenzen möglichst auf kompromittierende Handlungen im Hintergrund zu verzichten ist, gehört ebenso zu den digitalen Grundfertigkeiten wie die Erkenntnis, dass „vertrauliche“Informationen auf Whatsapp schnell mal auf Twitter oder Instagram landen. Von Fotos und Videos ganz zu schweigen.
Dass ein deutscher Ministerpräsident kürzlich meinte, sich in „vertraulicher“Chatrunde zu Handyspielen bei Ministerkonferenzen und zu Spitznamen für die Kanzlerin äußern zu können, ohne dass dies publik würde, zeigt, dass viele wohl noch eine steile Lernkurve vor sich haben. Der Ministerpräsident musste sich bei der Kanzlerin entschuldigen – auch das erinnert irgendwie an frühere Zeiten :)