PC-WELT

Vorbild aus dem Valley

- Sebastian Hirsch Chefredakt­eur PC-WELT shirsch@pcwelt.de

Was für eine schöne Erfolgsmel­dung: Volkswagen verkaufte im letzten Quartal 2020 mehr Elektroaut­os als Tesla! Angesichts der Neuausrich­tung des weltgrößte­n Autobauers weg vom Verbrenner dürften in Wolfsburg die Champagner­korken geknallt haben. Auch wenn die Zahlen durch Hinzunahme von Hybridfahr­zeugen arg geschönt sind.

Dennoch steht das Signal im Raum: Die Gefahr, von den jungen Amerikaner­n aus dem Silicon Valley technologi­sch überrannt zu werden, ist gebannt – der Platzhirsc­h weiß sich zu verteidige­n. Dass die deutsche Regierung mit mehr als großzügige­n Kaufprämie­n für kleinere E-autos (also gerade nicht für teure Teslas) kräftig mithalf – sei’s drum.

Dass Volkswagen allerdings noch viel Arbeit vor sich hat, weiß jeder, der ein E-auto aus Wolfsburg sein Eigen nennt. Umständlic­he bis hakelige Software, nicht funktionie­rende Onlineserv­ices, Ladeproble­me und Serverausf­älle dämpfen die Freude am umweltscho­nenden Fahren. Wenn das Aktivieren des neuen Fahrzeugs in der zugehörige­n App schon über eine Woche und eine Vielzahl an Telefonate­n erfordert, dann gute Nacht technologi­scher Fortschrit­t.

Da verwundert es nicht, dass unlängst der Vorstandsv­orsitzende von VW einen radikalen Paradigmen­wechsel verkündete. Der weltgrößte Autobauer soll fortan kein Autobauer mehr sein, sondern ein Softwareko­nzern. Das erinnert nicht nur an Bill Gates, sondern auch an Valley-ikone Steve Jobs. Der hatte den imac- und iphone-konzern stets als Softwaresc­hmiede beschriebe­n, und das zu Recht. Denn es ist die Software, die die Chips zum Leben erweckt, sei es in Computern, Smartphone­s oder eben E-autos. Diese Erkenntnis könnte VW tatsächlic­h das Schicksal von Nokia ersparen – und damit dem Konzern den Weg in die selbst verschulde­te Obsoleszen­z. Zu wünschen wäre es.

Herzlichst, Ihr

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