Vorbild aus dem Valley
Was für eine schöne Erfolgsmeldung: Volkswagen verkaufte im letzten Quartal 2020 mehr Elektroautos als Tesla! Angesichts der Neuausrichtung des weltgrößten Autobauers weg vom Verbrenner dürften in Wolfsburg die Champagnerkorken geknallt haben. Auch wenn die Zahlen durch Hinzunahme von Hybridfahrzeugen arg geschönt sind.
Dennoch steht das Signal im Raum: Die Gefahr, von den jungen Amerikanern aus dem Silicon Valley technologisch überrannt zu werden, ist gebannt – der Platzhirsch weiß sich zu verteidigen. Dass die deutsche Regierung mit mehr als großzügigen Kaufprämien für kleinere E-autos (also gerade nicht für teure Teslas) kräftig mithalf – sei’s drum.
Dass Volkswagen allerdings noch viel Arbeit vor sich hat, weiß jeder, der ein E-auto aus Wolfsburg sein Eigen nennt. Umständliche bis hakelige Software, nicht funktionierende Onlineservices, Ladeprobleme und Serverausfälle dämpfen die Freude am umweltschonenden Fahren. Wenn das Aktivieren des neuen Fahrzeugs in der zugehörigen App schon über eine Woche und eine Vielzahl an Telefonaten erfordert, dann gute Nacht technologischer Fortschritt.
Da verwundert es nicht, dass unlängst der Vorstandsvorsitzende von VW einen radikalen Paradigmenwechsel verkündete. Der weltgrößte Autobauer soll fortan kein Autobauer mehr sein, sondern ein Softwarekonzern. Das erinnert nicht nur an Bill Gates, sondern auch an Valley-ikone Steve Jobs. Der hatte den imac- und iphone-konzern stets als Softwareschmiede beschrieben, und das zu Recht. Denn es ist die Software, die die Chips zum Leben erweckt, sei es in Computern, Smartphones oder eben E-autos. Diese Erkenntnis könnte VW tatsächlich das Schicksal von Nokia ersparen – und damit dem Konzern den Weg in die selbst verschuldete Obsoleszenz. Zu wünschen wäre es.
Herzlichst, Ihr