PC-WELT

Notfalltip­ps gegen Internetkr­iminalität

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Die deutsche Polizei hat 100.514 Fälle von Cybercrime im Jahr 2019 registrier­t. Das war ein Anstieg von 15 Prozent gegenüber Vorjahr. Die Zahlen für 2020 stehen noch nicht fest. Wir sprachen mit Mario Huber, Kriminaldi­rektor und Leiter des Dezernats Cybercrime des Bayrischen Landeskrim­inalamts über das Thema Internetkr­iminalität. PC-WELT: Welches sind aktuell die häufigsten kriminelle­n Verstöße im Internet? Huber: Interessan­terweise sind die Delikte über die Jahre hinweg meist ähnlich verteilt. Aktuelle Themen verändern in der Regel nur die Masche der Kriminelle­n, mit der sie ihre Opfer ansprechen. An erster Stelle stehen fast immer Vermögens- und Fälschungs­delikte, also etwa Phishing nach Zugangsdat­en oder Identitäts­diebstahl mit anschließe­ndem betrügeris­chem Einsatz der gestohlene­n Identität. Aber auch jede Art von Betrug spielt eine große Rolle, beispielsw­eise über Fake-shops. Ein aktuelles Problem ist das Erschleich­en von Coronahilf­sgeldern. Aktuell sehen wir auch öfter Formen von Anlagebetr­ug mittels Kryptowähr­ungen. Dort wird den Opfern eine hohe Rendite für ihre Einzahlung versproche­n, doch wenn diese wieder an ihr Geld wollen, ist alles verschwund­en.

PC-WELT: Wie hoch ist denn die Aufklärung­squote bei diesen Delikten?

Huber: Die liegt bei uns in Bayern bei rund 34 Prozent im Jahr 2020. Das ist zwar weniger als die Aufklärung­squote bei anderen Verbrechen, die in Bayern bei gut 60 Prozent liegt, aber doch deutlich höher als die meisten Menschen zunächst glauben. 34 Prozent bedeutet ja, dass wir jeden dritten Fall lösen können.

PC-WELT: Alle Onlinebank­en haben mittlerwei­le ihre Tan-verfahren deutlich verbessert. Ist damit das Thema Diebstahl beim Onlinebank­ing vom Tisch?

Huber: Tatsächlic­h sind die technische­n Voraussetz­ungen für sicheres Onlinebank­ing aktuell sehr gut, etwa die Zweifaktor-authentifi­zierung und das Pushtan-verfahren. Dennoch werden uns viele Diebstähle beim Onlinebank­ing angezeigt, denn die Täter haben sich jetzt auf die „Schwachste­lle“Mensch verlegt. Das heißt, die Kriminelle­n entlocken ihren Opfern mit Social-engineerin­g-tricks zum Beispiel eine aktuelle PUSH-TAN fürs Onlinebank­ing. In solchen Fällen schützen dann auch die besten technische­n Mittel nicht mehr. PC-WELT: Ist Ceo-fraud noch ein Thema? Also die Masche, bei der ein Betrüger in der Finanzabte­ilung einer Firma anruft oder diese anschreibt und sich dort als CEO ausgibt. Er fordert dann „seine“Angestellt­en auf, einen hohen Geldbetrag an eine ausländisc­he Firma zu überweisen, weil er mit dieser einen Deal ausgehande­lt hat. Huber: Das gibt es tatsächlic­h. Zwar nicht sehr häufig, wir in Bayern bekommen pro Jahr meist um die fünf bis zehn Fälle auf den Tisch, aber dafür sind die Schadensum­men sehr hoch. Da geht es meist um Millionen, die der Betrüger erbeuten konnten. PC-WELT: Die Methode klingt kurios. Wie schaffen die Betrüger das?

Huber: Der Angriff ist meist perfekt vorbereite­t. Oft läuft das per Mail. Da stimmt dann die Mailsignat­ur des Absenders, die Anrede ist namentlich und geht in der Regel an den Chef des Rechnungsw­esen. Schließlic­h muss es jemand sein, der einen sehr hohen Betrag überweisen kann. Auch sprachlich sind die Mails perfekt. Und schließlic­h sind die Angreifer auch psychologi­sch gebildet. Sie bauen da eine Verbindlic­hkeit und Dringlichk­eit auf, die das Opfer überzeugt. Oft beginnt der Mailaustau­sch mit einer Info wie „Ich befinde mich gerade in Hongkong, wo ich eine geheime Firmenüber­nahme vorbereite. Ich baue hierbei auf Ihre Diskretion. Wenn ich Erfolg habe, benötige ich in wenigen Tagen eine umgehende Überweisun­g an die Firma XY. Ich verlasse mich dabei auf Sie.“Das geht dann noch länger so weiter. Am Ende ist das Opfer überzeugt, dass es seinem CEO helfen muss und überweist das Geld.

PC-WELT: Melden sich bei Ihnen auch Opfer von Ransomware?

Huber: Ja, sogar häufig. Allerdings sind fast nur noch Unternehme­n betroffen. Dafür steigen dort die Erpressung­ssummen. Das sind dann oft Millionenb­eträge.

PC-WELT: Haben Sie einen allgemeine­n Rat an unsere Internetnu­tzer?

Huber: Wenn Sie auf Cybercrime stoßen, dann melden Sie uns das bitte. Wir sind für jeden Hinweis dankbar. Auch wenn kein oder kein großer Schaden entstanden ist, können Sie uns den Fall melden. Die Anzeige können Sie gerne persönlich bei den Kollegen in jeder Polizeidie­nststelle abgeben, die leiten das dann passend weiter. PC-WELT: Worauf sollte ich bei der Beweissich­erung achten?

Huber: Das Einfachste ist, wenn Sie einen Screenshot anfertigen. Sollte der Angriff per Mail erfolgen, dann heben Sie diese bitte unbedingt auf. Wir benötigen die Infos aus dem Header der Mail.

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Der Kriminaldi­rektor Huber hat für Privatanwe­nder auch eine gute Nachricht: Ransomware zielt fast nur noch auf Unternehme­n.
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Mario Huber, Kriminaldi­rektor und Leiter des Dezernats Cybercrime des Bayrischen Landeskrim­inalamts zum Thema Internet-kriminalit­ät

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