DIE BESSERE MAIL
Nach wie vor ist E-Mail für die meisten Anwender wichtiger als Facebook, Twitter & Co. Doch welcher Anbieter ist der beste? PCgo hat sechs beliebte Webmail-Dienste verglichen. von Sven Hähle
Jeden Tag werden weltweit mehr als 200 Milliarden E-Mails verschickt, während eine Milliarde Menschen Facebook nutzen und über Twitter 500 Millionen Nachrichten gesendet werden. Das sind Ergebnisse der Studie „The State of Social Marketing 2015“der Agentur Simply Measured aus Seattle, USA. Doch was macht E-Mails dermaßen erfolgreich? Vor allem sind es die Unternehmen. Nur ein Viertel aller E-Mails werden von Privatleuten verschickt, aber Unternehmen vertrauen der E-Mail mehr als anderen Kommunikationskanälen.
Deutsche Anbieter vorn
Viele Unternehmen nutzen E-Mails unter der eigenen Domain, Privatanwender bevorzugen Webmail-Dienste. Die Anbieter aus Deutschland sind am beliebtesten: Ein Viertel der Deutschen hat eine E-Mail-Adresse von GMX, ein weiteres Viertel verwendet Web.de, und mehr als zehn Prozent der Bundesbürger erledigen ihre elektronische Post über T-Online, den Online-Dienst der Telekom. Die meisten Anwender nutzen die kostenlosen Angebote dieser Webmailer, aber auch die kostenp ichtigen Varianten sind beliebt. Daher vergleichen wir die Webmail-Dienste mit dem größten Funktionsumfang – egal, ob es sich um Bezahl- oder Gratisangebote handelt. Es treten die kostenp ichtigen Angebote von GMX, T-Online und Web.de gegen die kostenlosen, internationalen Dienste Gmail, Outlook.com und Yahoo Mail an. Um Ihnen den Vergleich leichter zu machen, haben wir in der Tabelle auf Seite 69 alle Funk-
tionen mit einer „1“gekennzeichnet, die sich in den kostenlosen Versionen ändern oder wegfallen.
Jede Menge Speicherplatz
Die Werbung gibt vor, Speicherplatz sei das wichtigste Kriterium für Webmail-Dienste. Doch das stimmt nicht, und keiner der Testkandidaten bietet zu wenig. Google startete sein Angebot Gmail im Jahr 2004 mit einem GByte Speicherplatz – damals eine Sensation. Heute bietet Gmail 15 GByte für E-Mails und Dateien und liegt damit in unserem Vergleich an letzter Stelle. Auch das kostenlose GMX, das wir nicht getestet haben, ist mit maximal 1,5 GByte knapp bemessen. Hingegen gibt es bei unserem Preis-LeistungsSieger Web.de im Club-Tarif überhaupt kein Speicherplatzlimit – genau wie beim kostenlosen Angebot Outlook.com von Microsoft, dem Nachfolger von Hotmail und Live. Und auch das ganze TByte Speicherplatz für E-Mails, das Yahoo Mail o eriert, wird kaum jemand ausnutzen. Beachtenswert ist, dass alle Anbieter außer Google zwischen Speicherplatz für E-Mails und Speicherplatz für Dateien unterscheiden. Kommt eine E-Mail mit einem Dateianhang an, belegt sie jedoch den E-MailSpeicher. Bei Bedarf lässt sich der Anhang in den Dateienspeicher verschieben, die E-Mail kann gelöscht oder archiviert werden. Beim Testsieger GMX TopMail gibt es beispielsweise 10 GByte Speicherplatz für E-Mails, der dynamisch wächst: Pro Monat kommen 100 MByte Speicherplatz hinzu. Zudem erhält der Kunde 10 GByte Speicherplatz für Dateien. T-Online bietet im getesteten Tarif Mail & Cloud L sogar 100 GByte Platz für Dateien. Microsoft und Yahoo haben eine etwas andere Herangehensweise: Sie erlauben es dem Nutzer, die Cloud-Dienste OneDrive (Microsoft) und Dropbox (Yahoo) mit dem E-Mail-Konto zu verbinden, sodass sich dort E-Mail-Anhänge und andere Dateien speichern lassen. Für OneDrive und Dropbox können allerdings Kosten anfallen – je nachdem, für welches Tarifmodell sich der Kunde entscheidet. Google unterscheidet nicht zwischen Speicherplatz für E-Mails und für Dateien. Sollten die kostenlosen 15 GByte Speicherplatz aufgebraucht sein, gibt es mehr gegen Gebühr. Für 1,99 US-Dollar monatlich erhält der Kunde 100 GByte Speicherplatz, für 9,99 USDollar im Monat ein ganzes TByte.
Dateianhänge und Office
Bleiben wir noch beim Thema Dateien, besser gesagt: bei den Dateianhängen. Die maximale Größe für Dateianhänge entscheidet darüber, ob sich bestimmte Dateien verschicken und empfangen lassen. GMX und Web.de erlauben 100 MByte große Dateianhänge – das ist sehr großzügig. Bei Gmail sind dagegen nur 25 MByte erlaubt – das reicht möglicherweise nicht für alle Fälle. Beispielsweise kann ein per Vollformatkamera aufgenommenes Digitalfoto mehr als 25 MByte groß sein – es ließe sich mit Gmail nicht verschicken. Microsoft und Yahoo begrenzen Dateianhänge ebenfalls auf 25 MByte, haben sich jedoch eine Lösung für größere Dateien ausgedacht: Diese landen in OneDrive oder Dropbox, während in die E-Mail automatisch ein entsprechender Download-Link eingefügt wird. Wer Dateianhänge online bearbeiten will, sollte sich für Outlook.com oder Gmail entscheiden. Microsofts Webmail-Dienst Outlook.com ist eng mit O ce 365 verzahnt. Wer etwa ein Abonnement von O ce 365 Home oder O ce 365 Personal abschließt, kann per E-Mail erhaltene Word-, Excel-und
PowerPoint-Dateien direkt im Browser bearbeiten. Ein TByte OneDrive-Speicherplatz gibt es gleich dazu. Google verknüpft Gmail mit seinem Online-Speicher Google Drive und dem kostenlosen Online-O ce Google Docs. Im Vergleich zu O ce 365 bietet Google Docs weit weniger Funktionen, doch es reicht allemal aus, um einfache O ce-Dokumente online zu bearbeiten. Um auf gespeicherte Dateien zuzugreifen, bieten die Webmail-Dienste drei Möglichkeiten. Per Webbrowser klappt es bei allen Anbietern. Eine Desktop-App bieten Google, Microsoft, T-Online und Yahoo an. Den Zugri per WebDAV ermöglichen GMX, Microsoft, T-Online und Web.de. Mit WebDAV lässt sich der Online-Speicher als komfortables Windows-„Laufwerk“einbinden.
Viel zu viele Adressen?
Bei T-Online Mail & Cloud L erhalten Kunden 50 t-online.de-Adressen, beim Testsieger GMX TopMail gibt es 50 GMX-Adressen und dazu 20 Fun-Domains wie ist-einmalig.de oder partyheld.de. Selten brauchen einzelne Anwender so viele E-Mail-Adressen. Selbst wenn ein Account für die ganze Familie genutzt wird, sollten weniger Adressen ausreichen. Der Web.de Club bietet eine Web.de-, 4 Email.de- und 15 andere Adressen – das genügt. Google, Microsoft und Yahoo verfolgen ein anderes Konzept: Jeder Nutzer soll sich einen eigenen Account anlegen. Bei Gmail gibt es pro Account nur eine feste E-Mail-Adresse, dafür aber beliebig viele Aliasse – sozusagen Ersatzadressen für die Hauptadresse. Wer zum Beispiel die Adresse max.mustermann@gmail.com hat, kann max.mustermann+privat@gmail.com oder jede andere Kombination mit einem + nutzen. Wenn Herr Mustermann seine Adresse nicht preisgeben will, nutzt er vielleicht max. mustermann+spam@gmail.com. Mit Filtern wird die Post automatisch in verschiedene Ordner einsortiert oder gelöscht. Auch Microsoft setzt auf das Prinzip „Eine EMail-Adresse pro Account“und bietet zu jeder Adresse bis zu zehn Aliasse, die sich allerdings nur einmal pro Jahr ändern lassen. Bei Yahoo sind bis zu zwei Adressen pro Account erlaubt, außerdem beliebig viele Aliasse – das ist sehr gut. Außerdem bietet Yahoo Wegwerf-Adressen an: spezielle Adressen, die sich nach Verwendung sofort löschen lassen. Sie sind dann sinnvoll, wenn man seine Adresse nicht verraten will.
E-Mail made in Germany
Dass die kostenp ichtigen Angebote von GMX, Web.de und T-Online die drei vorderen Plätze in unserem Test belegen, verdanken sie neben Extras auch Sicherheitsaspekten: „E-Mail made in Germany“ist eine gemeinsame Initiative von 1&1, Deutsche Telekom, Freenet.de, GMX, STRATO und Web.de, die sich verp ichtet haben, hohe Sicherheitsstandards einzuhalten. Sie garantieren, dass Daten ausschließlich in Deutschland gespeichert und dabei deutsche Datenschutzstandards eingehalten werden. Dabei nutzen sie nach eigenen Angaben nur Rechenzentren in Deutschland. Damit Anwender E-Mail made in Germany auf Anhieb erkennen, kennzeichnen die Websites und mobilen Apps der Provider alle untereinander zugestellten E-Mails mit einem Gütesiegel. Wichtig: Die Daten zwischen den Diensten werden immer verschlüsselt übertragen. Noch mehr Sicherheit garantiert „De-Mail“, das im Test GMX, Web.de und T-Online anbieten: ein rechtsverbindliches System, das nachweisliche und vertrauliche Online-Kommunikation garantiert. Absender und Empfänger von De-Mails sind eindeutig identi -