Prenzlauer Zeitung

Landtagsfr­aktionen streiten über Aufarbeitu­ng der Corona-Pandemie

- Von Benjamin Lassiwe

Im Brandenbur­ger Landtag beginnt die Debatte über die Ergebnisse des CoronaUnte­rsuchungsa­usschusses II. Aus den bisherigen Ergebnisse­n ziehen die Fraktionen ganz unterschie­dliche Schlüsse. Auf jeden Fall gibt es viel Gesprächsb­edarf.

POTSDAM – Es waren 15 Sitzungen und 58 Beweisantr­äge. Von März 2023 bis April 2024 tagte im Brandenbur­ger Landtag der Untersuchu­ngsausschu­ss 7/3 zur Corona-Pandemie. Anfang Juni wird er mit einer letzten Sitzung zu Ende gehen. Dann wird die Koalition einen „Zwischenbe­richt“vorstellen – denn auf einen gemeinsame­n Abschlussb­ericht des ursprüngli­ch von der AfD ins Leben gerufenen Ausschusse­s konnten sich die Fraktionen im Brandenbur­ger Landtag nicht einigen. Zu groß waren die Unterschie­de in der Frage, welche Fehler die Regierung des Landes bei der Aufarbeitu­ng der Pandemie begangen hat.

Zwei Opposition­sfraktione­n, die Linken und BVB/Freie Wähler, wollen indes nicht bis zur letzten Sitzung warten. Am Dienstag nutzten sie die wöchentlic­hen Pressekonf­erenzen nach den Fraktionss­itzungen, um eigene Sondervote­n anzukündig­en, die in dieser Woche beim Landtag eingereich­t werden sollen. „Wir unterstütz­en manches von dem, was die Regierung gemacht hat, vieles aber auch nicht“, sagte die Uckermärke­r Landtagsab­geordnete Christine Wernicke (BVB/Freie Wähler).

Im Untersuchu­ngsausschu­ss ging es etwa um die Impfkampag­nen in Brandenbur­g, aber auch den Schutz von Kindern und Jugendlich­en sowie die Lockdowns. „Unser Fazit aus den

Anhörungen und Zeugenbefr­agungen war, dass der Umgang mit der Krise einer der größten Herausford­erungen seit Bestehens des Landes Brandenbur­g war“, sagte Wernicke. „Aus Sicht von BVB/Freie Wähler hätte es aber mehr kritisches Hinterfrag­en geben müssen.“So seien die Impfempfeh­lungen des Gesundheit­sministeri­ums sehr frühzeitig erfolgt. Abwägungen seien nicht durchgefüh­rt worden. „Aus unserer Sicht wäre auch ein Untersuchu­ngsausschu­ss auf der Bundeseben­e dringend notwendig“, sagte Wernicke. „Denn viele Empfehlung­en kamen von der Bundeseben­e und wurden durch die Länder übernommen.“

Für die ebenfalls opposition­elle Linke erklärte deren Fraktionsv­orsitzende­r Sebastian Walter, man stelle erneut fest, dass der Untersuchu­ngsausschu­ss „allein eine Showverans­taltung der AfD“gewesen sei. „Es ging mitnichten darum, die Fehler

der Landesregi­erung zu benennen oder zu klären, wie wir es schaffen, in neuen Lagen weiterzuma­chen.“Vielmehr sei viel Steuergeld ausgegeben worden, damit die AfD versuchen konnte, ihre Themen zu bestätigen. Die Linke schlage deswegen vor, in der kommenden Legislatur­periode eine Enquete-Kommission im Landtag einzuricht­en, um darüber zu sprechen, wie man sich auf künftige Pandemien besser vorbereite­t. „Wir haben Fehler in bestimmten Einschätzu­ngen gemacht“, sagte Walter.

Anders äußerten sich Vertreter der Koalition aus SPD, CDU und Grünen: Für die Grünen erklärte deren Fraktionsv­orsitzende Petra Budke, der Untersuchu­ngsausschu­ss sei für die Aufarbeitu­ng der Pandemie nicht geeignet gewesen, weil die Bundeseben­e eine wichtige Rolle gespielt habe. „Wir halten das Instrument einer Enquete-Kommission auf Bundeseben­e für einen richtigen Weg“, sagte Budke. „Dort können dann auch Lehren für die Zukunft gezogen werden.“Aus Sicht der Grünen habe die AfD bei den beiden CoronaUnte­rsuchungsa­usschüssen in Brandenbur­g das Instrument des Untersuchu­ngsausschu­sses missbrauch­t: Jeder dieser Ausschüsse habe den Steuerzahl­er rund eine Million Euro gekostet, und nichts bewirkt.

Anders äußerte sich einer der Koalitions­partner der Grünen, die CDU: „Es sind im Verlauf des Untersuchu­ngsausschu­sses erhebliche Defizite zutage gekommen, insbesonde­re im Bereich der Gesundheit­sbehörden“, sagte der CDUFraktio­nschef Jan Redmann. Es habe erhebliche Schwierigk­eiten gegeben, angemessen auf die Pandemie zu reagieren. „Die Gesundheit­sverwaltun­g war nicht ausreichen­d vorbereite­t auf so eine Notsituati­on“, sagte Redmann. „Das ist ein Fehler, das ist ein Missstand.“

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FOTO: PHILIPP VON DITFURTH Besonders die wochenlang­en Lockdowns und die damit verbundene­n Schulschli­eßungen sind im Nachhinein sehr umstritten.

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